Sojourner Truth – ein Leben als Kampf für ihre Wahrheit

Sojourner Truth

By Unidentified Artist (Details of artist on Google Art Project) [Public domain], via Wikimedia Commons

[…] If the first woman God ever made was strong enough to turn the world upside down all alone, these women together ought to be able to turn it back and get it right-side up again. […]”Sojourner Truth (1851)Ain’t I a Woman?

[…] wenn die erste Frau, die Gott je schuf, stark genug war, die Welt von oben nach unten zu drehen, dann sollten diese Frauen zusammen in der Lage sein, sie wieder richtig zu drehen und die richtige Seite nach oben zu kriegen.[…]

Sojourner Truth war eine Abolitionistin der Sklaverei und eine Frauenrechtlerin, die allerdings auch streng religiös war. Ihre eigene Lebensgeschichte war von schrecklichem Leid und Gewalt geprägt.

Sie hat durch ihre Verbissenheit einen wichtigen Baustein für das Frauenwahlrecht für schwarze Frauen gelegt, auch wenn dieses Ziel erst lange nach ihrem Tod erreicht wurde.

Sojourner wurde ca. 1797 als Isabella Baumfree geboren. Sie war eines von ungefähr 12 Kindern der Sklaven James und Elisabeth Baumfree in New York. Die Familie  befand sich im Besitz des Colones Hardenbergh, der nur holländisch sprach.

Mit 9 Jahren wurde sie auf einer Auktion, bei der auch  Schafe verkauft wurden, an John Neely verkauft, den sie später als brutal beschrieb. Sie wurde weitere zwei Mal verkauft, bis sie schließlich mit 14 Jahren in den Besitz von John Dumont kam. Hier lernte sie erstmals überhaupt Englisch. Zuvor wurde sie verprügelt, da sie kein Englisch konnte. Es auch gibt Nachweise, dass Sally, die Ehefrau von Dumont, sie sexuell missbraucht hatte.

Ungefähr 1815 verliebte sich Sojourner in einen Sklaven von einer angrenzenden Farm, der Robert hieß. Sie bekamen eine gemeinsame Tochter, aber Dumont untersagte die Beziehung, da gemeinsame Kinder dem Besitzer von Robert rechtlich zustehen würden. Die beiden sahen sich nie wieder. Sojourner wurde 1817 dann gezwungen einen älteren Sklaven namens Thomas zu heiraten. Sie bekamen einen gemeinsamen Sohn, Peter, und zwei Töchter, Elisabeth und Sophia.

Der Staat New York befreite alle SklavInnen am 4 Juli 1827. Allerdings floh Sojourner schon am Ende von 1826 mit ihrer kleinen Tochter Sophia nachdem Dumont sein Versprechen sie freizulassen nicht eingehalten hatte. Ihre andere Tochter und ihren Sohn ließ sie zurück. Kurz nach ihrer Flucht erfuhr sie, dass ihr Sohn Peter im Alter von 5 Jahren illegal verkauft worden war, nach Alabama.

Sie klagte vor Gericht und bekam ihren Sohn zurück aus dem Süden. Dieser Fall war einer der ersten Gerichtsfälle, in dem eine schwarze Frau erfolgreich gegen einen weißen Mann vor einem amerikanischen Gericht gewann.

Sie konvertierte zum Christentum. Der Glaube gab ihr vielleicht die Kraft, ihr grauenhaftes und schmerzhaftes Schicksal zu überstehen. Sie nutzte ihren Glauben allerdings auch, später, um politisch aktiv zu werden und zu kämpfen. Schließlich arbeitete sie als Haushaltshilfe für den Evangelikalen Elijah Pierson. Dann zog sie als Haushaltshilfe in die Wohnung von „Prophet Matthias“, einem Sektenführer und Betrüger. Kurz nach ihrem Wegzug von Elijah starb dieser und Matthews wurde beschuldigt, diesen vergiftet zu haben um an sein Vermögen zu gelangen. Die Sektenmitglieder Folgers versuchten Sojourner der Vergiftung an Elijah zu beschuldigen, und auch hier klagte Sojourner erfolgreich wegen Rufmord.

Ihr Sohn Peter lebte bei Sojourner bis 1839. Zu diesem Zeitpunkt begann er auf einem Walfangschiff zu arbeiten. Bis 1841 erhielt sie drei Briefe von ihm. Als das Schiff 1942 wieder im Hafen war, war Peter nicht an Bord und sie erfuhr nie, was mit ihm passiert war.

1843 änderte Isabella Baumfree ihren Namen in Sojourner Truth und widmete ihr Leben dem methodistischen Glauben und der Abolition der Sklaverei.

1844 trat sie der  Northampton Association of Education and Industry in Northampton, Massachusetts bei. Gegründet von AboltionistInnen der Sklaverei unterstützte die Organisation auch Frauenrechte und Pazifismus. Die Mitglieder lebten zusammen auf dem Anwesen und versorgten sich selbst. Sojourner traf führende Abolitionisten der damaligen Zeit. Die Gemeinde ging 1846 schon wieder auseinander, aber ihre eigene Zeit als politische Aktivistin hatte jetzt erst begonnen.

Ihre Memoiren wurden 1850 in “The Narrative of Sojourner Truth: A Northern Slave“ veröffentlicht. Sie selbst konnte weder lesen noch schreiben und diktierte den Inhalt.

Im selben Jahr hielt sie eine Ansprache während der  ersten National Women’s Rights Convention in Worcester, Massachusetts.  Bald begann sie herumzureisen und Ansprachen zu halten zu den Themen Sklaverei und Menschenrechte. Sie war einige der wenigen entflohenen SklavInnen die berühmt wurden als AbolitionistInnen.

1851 hielt Truth eine Rede bei der Ohio Women’s Rights Convention in Akron. Die Rede wurde bekannt als..“Ain’t I a Woman?“, obwohl die Rede ursprünglich nicht diesen Satz beinhaltete und erst 12 Jahre später so genannt wurde. Sie selbst sprach sicherlich kein Südstaatenglisch, aber medial wirksamer war dies sicherlich.

Ihr Ruf wuchs weiter und sie wurde noch bekannter. Doch auch in der AblitionistInnenbewegung wurden ihre Ansichten als äußerst radikal gesehen. Sie forderte gleiche politische Rechte für alle Frauen und kritisierte die Bewegung für die fehlende Forderung nach diesen Rechten auch für schwarze Frauen. Sie sprach Besorgnis aus, dass Rechte für Frauen nicht mehr erlangt werden würden, wenn Rechte für schwarze Männer erst erreicht waren. Ganz nach dem Motto, man muss backen solange der Ofen noch heiß ist. Ihre Befürchtung, dass sich niemand lange für Frauenrechte interessieren würde nach Abschaffung der Sklaverei bewahrheitete sich leider. Die U.S. Verfassungsänderung, die Frauen das Wahlrecht gab, wurde erst 1920 verabschiedet, fast vier Jahrzehnte nach ihrem Tod.

Während des amerikanischen Bürgerkriegs half sie schwarze Truppen für die Union Army anzuwerben und sie traf mehrmals Abraham Lincoln. Anscheinend erhoffte sie ihn von ihrem Anliegen, der Abschaffung der Sklaverei, aber auch universelle Menschenrechte, zu überzeugen.

Die Bevölkerung der Südstaaten bestand zur Zeit des Bürgerkriegs aus neun Millionen Einwohnern, davon 3,5 Millionen Sklaven, und war landwirtschaftlich geprägt. Der Norden war industriell geprägt und hatte eine Bevölkerung von 22 Millionen.

Als Abraham Lincoln zum Präsidenten gewählt wurde, verließen die meisten Südstaaten die Vereinigten Staaten (Sezession) 1860/61. Die Nord und Südstaaten waren zutiefst gespalten auf wirtschaftlicher und sozialer Ebene. Schutzzölle des Nordens für die Industriegüter spielten eine Rolle, ebenso wie die durch die Verfassung geschützte Sklaverei der Staaten unterhalb der Mason-Dixie-Linie.

Abraham Lincoln war allerdings kein Befürworter  von gleichen und universellen Menschenrechten. In einer Ansprache sagte er zum Beispiel, dass er nicht die soziale und politische Gleichheit der weißen und schwarzen Rasse herbeiführen wolle. Er war gegen das Wahlrecht für Schwarze, gegen das Recht Ämter zu besetzen oder die Heirat mit Weißen.

Er glaubte nur an das Recht, dass auch Schwarze die Früchte der eigenen Arbeit genießen dürfen sollten. Lincoln war ein Befürworter der Rassenapartheid, wie er am 17 Juli 1858 deutlich sagte.

Auch nach Lincolns Emanzipationserklärung kämpfte Sojourner Truth gegen Rassentrennung in öffentlichen Verkehrsmitteln. Im Jahre 1865 fuhr sie in der Straßenbahn in der nur Weiße fahren durften.

Ein weiteres wichtiges Projekt für sie war es, Land für ehemalige SklavInnen vom U.S. Kongress zu fordern, damit diese sich selbst versorgen könnten. Sie sollten von Schuldenarbeit bei reichen Landbesitzern befreit sein. Sojourner Truth  konnte den Kongress aber nicht von diesem Konzept überzeugen. Sie sagte aber deutlich, dass es ehemaligen SklavInnen zustehe, denn die Ausbeutung der Sklavenarbeit hatte schließlich zum Reichtum der Vereinigten Staaten beigetragen. Antikapitalistinnen heute verwundert es nicht, dass niemand der politischen Elite im Kongress Interesse daran hatte,  ehemaligen SklavInnen ein unabhängiges Leben zu ermöglichen, da unverändert billige ArbeiterInnnen gesucht wurden, sowohl in der Industrie, wie auch im Agrarbereich. Die brutale Ausbeutung zur besseren Profitmaximierung musste fortgesetzt werden, wenn auch ohne den offiziellen Titel der Sklaverei.

Ihre Religion nutzte Sojourner Truth argumentativ gegenüber männlichen  Abolitionisten in der Frage der Frauenrechte indem sie sie fragte, ob sie nicht an Jesus glaubten.: „Well, Jesus is the son of God and Mary. Man had nothing to do with it.“ (Jesus ist der Sohn von Gott und Maria, Männer hatten damit nichts zu tun).

Auch wenn vielen uns als europäische Feministinnen ihre sehr strenge Gläubigkeit fremd sein mag, so ist sie eine der wenigen damaligen Frauen, die eine Verbindung von Sexismus und Rassismus herstellte.

There is a great deal of stir about colored men getting their rights but not a word about the colored women’s theirs, you see, the colored man will be masters over the women, and it will be just as bad as it was before.

Es gibt eine Menge Zirkus darüber, dass schwarze Männer ihre Rechte bekommen sollen, aber kein Wort über die Rechte der schwarzen Frauen. Ihr seht, die schwarzen Männer werden die Herren über die Frauen sein und es wird genauso schlimm sein wie zuvor.

Völlig davon abgesehen, dass ein so schwieriger Lebensweg, der trotzdem im Kampf für universelle Menschenrechte mündete,  Respekt und Bewunderung verdient.

Sojourner Truth ist leider kaum bekannt in Europa.

Die Anerkennung des Frauenwahlrechts war das Ende der Frauenbewegung […] Als das Wahlrecht endlich gebilligt wurde, hatte die jahrelange Kanalisierung der feministischen Energien in dieses begrenzte Ziel, das ursprünglich nur ein Schritt auf dem Weg zur politischen Macht sein sollte, die Frauenbewegung völlig ausgelaugt. Das Stimmzettelmonster hatte alles andere aufgefressen. Drei Generationen waren seit der Gründung der Frauenbewegung vergangen. Die überragenden Strateginnen waren alle tot. Die Frauen, die später zur feministischen Bewegung kamen, um sich für das begrenzte Ziel des Frauenwahlrechts einzusetzen, hatten nie die Zeit, ein eigenes, größeres Bewusstsein zu entwickeln: Als das Ziel erreicht war, hatten sie vergessen, wozu sie das Wahlrecht eigentlich haben wollten. Die Reaktion hatte gesiegt […] Jene Rednerinnen, denen es gelang sich den Mob vom Leib zu halten und in einer Zeit, als es Frauen nicht erlaubt war, in der Öffentlichkeit Reden zu halten, Familie, Kirche und Staat anzugreifen, die in kargen Eisenbahnabteilen in die Kuhdörfer des Westens fuhren, um zu kleinen Gruppen sozial benachteiligter Frauen zu sprechen, sie waren um einiges lebendiger als all die vielen lieben Frauengestalten, die uns beschert wurden. Die befreiten Sklavinnen Sojourner Truth und Harriet Tubman, die trotz des hohen Kopfgeldes, das auf ihre Ergreifung ausgesetzt war, immer wieder zurückgingen, um andere von ihren Plantagen zu befreien, sie haben mehr geleistet als der schicksalsgeschlagene John Brown. Wir können es nicht einfach auf die leichte Schulter nehmen, dass die kraftvollen Persönlichkeiten der Frauenbewegung in der Standardversion der amerikanischen Geschichtsschreibung zugunsten von scheinheilig-heiligen Vorbildern ausgelassen werdenSchulamith Firestone, 1987

Quellen:

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