Überlegungen mit Hilfe von „Kritischen Überschreitungen“ gemäß Maisha Maureen Eggers
Von Luise
Natürlich sind wir AntisexistInnen, aber wie kann gehandelt werden? Muss es immer vom großen Manifest aus geschehen? Was ist mit den Zeiten zwischen den Demos oder Aktionstagen? Und große Programme bringen es nicht unbedingt. Wann soll ich zu den hohen Zielen hingelangen?
Ist es nicht so, dass mensch oftmals von einer Lesung, einem Aktionstag für die super-offene befreite LGBTI-Gesellschaft nachhause geht- und auf der Straße wieder ins Kontrastprogramm fällt, in die Wildwest-Manier des ausufernden kapitalistischen Chaos, mit Werbeindustrie als Wichsvorlagen, sexistischer Sprache und Kraftmeierei, männlich-normativ mit Sauf-Aus und Hau-drauf- in öffentlichem Raum, Arbeitsplatz oder Web-Foren? In diesem Wilden Westen sollte eigentlich Antisexismus zuallererst zum Tragen kommen, oder? Natürlich zählt es auch, im Internet homophobe Sprüche abzuwehren- aber die größere Kunst bleibt die Abwehr von solchen Sprüchen im realen Leben.
Mehr noch… ich denke es sind nicht immer die coolen Sätze, mit denen wir ganz einfach die Sexisten entlarven könnten. Wichtig ist die Geste, die Ablehnung, das Widerwort und der deutliche selbstbewusste Ton sein, der den sexistischen Alltag stört. Doch es wird zu wenig gestört, es läuft zu vieles seinen Gang. Coole Gesichter seh ich reihenweise, aber viele von ihnen sind nur gleichgültig und passiv. Mehr noch…ich glaube kaum, dass es genügt, den jungen Mädchen zu sagen, sie sollten selbstbewusst und stark auftreten- wenn den Kids zugleich der Anspruch an cooles und angepasstes Erfolgsstreben ans Bein gebunden wird. Wir werden nix erreichen mit großen Gesten, sondern mehr mit banalen, alltäglichen: Ich-Sagen und Aufmucken. Stop! Wer stänkert hier? Macker draußenbleiben! Vielleicht sieht, wer Alltagssexismus stört, nach der gesellschaftlichen Norm gar nicht so cool aus? ( Vor allem, solange noch die Übung des Einschreitens fehlt). Aber die/der Handelnde zeigt Gesicht und kann darauf zählen, dass sie/er Ärger bei sexistisch Sprechenden hervorruft, Denn die hoffen nur auf ungestörtes Dominieren.
Das Straßenleben ist reguliert von der konformen Signalsprache, und dass da keine herrschaftlichen Prägungen ausgedrückt würden, kann nur vermeinen, wer an den Osterhasen glaubt. Nicht nur politische SprecherInnen, sondern der Markt selbst und das Mittun an seinen Werten wirken und schaffen Normen. Was sich verkauft, ist gut. Wer materiellen Erfolg hat, hat recht. Der Stärkere und Brutalere allemal. Davon werden die Moralvorstellungen geschaffen, die wirken und mehr gelten als moralische Ansprachen über Demokratie.
Mackermentalität wird nun mal vom System gut bedient mit Sexindustrie und alten Männlichkeitsritualen, angefangen bei Biertrinker-Ritualen. Es prägt auch das öffentliche Leben, die Straße, die Verkehrsmittel, die Mediensprache. Dann ertönt manchmal die sexistische , oder rassistische, Äußerung, das plötzliche Projizierungswort, Bild oder Ressentiment. Ein hasserfüllter Spruch in der U-Bahn, wenn zwei angetrunkene Kumpels über vermeinte „Schlampen“ reden. Dann heißt es rasch auf die frauenfeindliche Provokation reagieren und sich einen Moment lang aus der eigenen Anonymität hinausbegeben. Meist wird sich geduckt. Von allen anständigen BürgerInnen, die im U-Bahnwagen sitzen. Das Einschreiten bei sexistischer oder rassistischer Pöbelei ist eine Rarität. Und das Jahrzehnte nach der großen feministischen Strömung mit den 68-ern, und bei einer immer mehr textenden und klugschwätzenden Gesellschaft mit Sozialtrainings und Demokratie-Gequatsche. Es ist peinlich.
Richtig! Das Feigste ist der Mann, der nur stark und gross ist, wenn er Frauen demütigen und „klein“ machen oder halten kann, mit sexistischen Sprüchen, etc. Weitere männliche Feigheiten sind Gewalt gegen Schwächere, vor allem Frauen und Kinder, Vergewaltigungen und das Abstreiten davon,…. „SIE hat’s provoziert,… etc. das feige Verstecken hinter den Frauen , wahlweise Sekretärinnen oder Praktikantinnen, die Schuld abschieben auf die Opfer, etc. etc. Wir kennen es ja alle!
Das Zeitfeigste ist leider das Mittun von den Gehilfinnen, …..das Schweigen und Wegschauen der Frauen selbst, wenn sie etwas sagen sollten, das selbstgerechte: „Also MIR könnte so etwas nicht-passieren“, das Mittun, wenn andere Frauen ausgebeutet und „gemobbt“ werden, und die empörte besserwisserische Selbstgerechtigkeit, wie auch der Neid vieler Frauen.
JA! Ich bin total einverstanden! Fangen wir einfach bei UNS SELBST und unserem eigenen Verhalten an! Ich habe mich immer für geplagte Frauen eingesetzt und wurde dafür auch von andern Frauen belächelt und ausgegrenzt!
Es stimmt! Es sind NICHT NUR die Männer! Auch Frauen tendieren dazu, dem Opfer wenigstens Mitschuld zu geben!
(Kleidung, lockerer Lebenswandel, etc. etc.) Wir sind ALLE nicht von alten Vorurteilen gegen Frauen immun!
Und dort fängt die erste Aufräumarbeit an! Bei uns selbst und unserem Schweigen und Wegschauen oder gar Mittun, weil’s halt einfacher ist! (Und Jede ist dann froh, dass „der Kelch“ diesmal an IHR vorbeigegangen ist!…….)