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Dörte, wir müssen reden: mehr Männer, mehr Probleme

Kopie Zeitungsartikel Sächsische Zeitung

Donnerstag, den 7. Juli morgens, blieb mir beim Frühstück fast das Brötchen im Halse stecken. Grund dafür war dieser Artikel in der Sächsischen Zeitung:
Mir ist vor Schreck gleich gar nicht klar, wo ich anfangen soll. Hinzu kommt das Problem der Sprach-, oder besser: Wortlosigkeit. Dieses Phänomen, das weiß ich aus Gesprächen mit Freundinnen und weiblichen Bekannten, betrifft nicht nur mich. Die Frage lautet: Wie formuliere ich, dass es ein mehr oder weniger neues Phänomen gibt, welches mir Angst macht, ohne dass ich rassistisches Vokabular gebrauche?

Ich beschreibe zunächst mal, was mir im letzten halben Jahr so passiert ist und was ich gesehen habe, draußen auf der Straße.

Da gab es:

  • Einen Mann der mir von der Haltestelle nach Hause folgte, nachdem ich in seine Richtung geschaut hatte
  • Männer, an denen ich nicht vorbeigehen konnte, ohne dass sie mich ansprachen („Hallo“, „schöne Frau“, Kussgeräusche).
  • Männer denen ich nicht ins Gesicht schauen kann, mit denen ich Blickkontakt vermeiden muss, weil sie sich sonst ermuntert fühlen auf mich zuzukommen und mich zu bedrängen.
  • Männer, die den ganzen Tag auf unserer größten Einkaufsmeile, der Prager Straße, rumhängen und fast alle Frauen anmachen, die an ihnen vorbeilaufen.
  • Männer, die ebendort in Gruppen minderjährige Mädchen umringen, sie ansprechen, anfassen.
  • Männer, die sich mir in den Weg stellten und mich sehr aggressiv fragten, ob ich „ficken“ will, und die mich daran hinderten, ihnen auszuweichen und an ihnen vorbeizulaufen.
  • Männer, die mich im Vorbeigehen als „Fotze“ oder „Schlampe“ bezeichneten, oder die hinter meinem Rücken ausspuckten.
  • Männer, die mich fragten ob ich ficken will, und die mich als „Rassistin“ und „schwul“ bezeichnen und mir Schläge anboten, als ich ablehnte.

All das waren nicht nur Aktionen einzelner Männer, diese Männer standen oft in Gruppen zusammen. Ich habe nicht gezählt, wie oft das vorkam, es ist jedenfalls inzwischen soweit, dass meine Hand automatisch zum Pfefferspray geht, wenn ich an solchen Gruppen vorbei muss, und nein, das sind keine Vorurteile, das sind Erfahrungswerte – leider. Und ich werde aus solchen Gruppen heraus jedes Mal angesprochen. JEDES. VERDAMMTE. MAL. Und ich kann froh sein, wenn es dabei bleibt. Und für diejenigen LeserInnen unter uns, die immer noch auf Vergewaltigungsmythen stehen: Nein, ich bin nicht Miss Universum. Nein, ich trage nicht täglich einen Minirock. Nein, ich sehe das nicht als Kompliment und nein, ich will das nicht!

Und jetzt die Frage: Wie soll ich diese Männer – denn natürlich sind es Männer, das Merkwürdige ist, dass sich alle darum kloppen, wer jetzt schlimmer ist, Migranten oder Deutsche, aber daran, dass es Männer sind, stört sich selten jemand – bezeichnen, ohne rassistisch zu sein? Es sind bestimmt nicht alle Flüchtlinge. Es sind bestimmt nicht alle Asylbewerber. Soll ich sagen: „es sind Männer mit Migrationshintergrund“? Soll ich sagen: „es sind Männer mit dunkler Haut“? Wie soll ich sie nennen? „Die da“?

Und da fängt die Sprachlosigkeit an. Sie beginnt dabei, dass ich nicht benennen kann, welche Gruppe hier für diese stark veränderte Atmosphäre auf der Straße sorgt. Das Problem verläuft sich dort weiter im Sand, wo der „nicht alle“-Konflikt hinzukommt. Jede Frau, die Gewalt durch Männer problematisiert, hört ihn dauernd: den Einwand „aber nicht alle Männer sind so!“. Dieser Spruch ist aus mehreren Gründen problematisch.

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