Alle Artikel von Edda Leinschein

Zukunft Rotlicht(-Profiteure)

Rotlichviertel Frankfurt am Main

By Arne Hückelheim [CC BY-SA 3.0 or GFDL], via Wikimedia Commons

Auf einer Internetseite wird – ganz frisch – eine „bundesweite Zusammenkunft für Sexworker und Betreiber“ unter dem Motto Zukunft Rotlicht 2018 beworben. Die Veranstaltung, die sich als „Deutschlands 1. Rotlicht-Kongress“ präsentiert, ist angekündigt für den 23. April in Frankfurt a. M.

Sie findet im SAALBAU Gallus statt, einem Bürgergemeinschaftshaus, wo FrankfurterInnen und Nicht-FrankfurterInnen seit vielen Jahren zum kulturellen, sozialen, kreativen, politischen und festlichen Austausch zusammenkommen.

Zukunft Rotlicht 2018 verspricht „Wissen & Networking“, „Branchenbekannte Fachfirmen kennenlernen“ und „Experten (!sic) aller relevanter Bereiche“, darüber hinaus u. a. Kaffee, Brezeln, Currywurst und Prosecco (letzteren aber nur, wenn an der „PartyNetzwerk – Afterwork – Party“ teilgenommen wird).

Ermöglicht bzw. „gesponsert“ wird das Event vom „Rotlicht“ selbst, finden sich im Footer doch fast ausnahmslos Unternehmen, deren Profit sich aus der Sexindustrie speist. Allerdings ist die Sponsorenliste im Laufe der letzten Tage etwas geschrumpft, die Verweise auf einschlägige Anzeigenportale zur Vermittlung von Sexjobs Frauen in der Prostitution wie ladies.de oder kollegin.de sind zwischenzeitlich aus der heißen Auflistung verschwunden. Verstehe einer das Rotlicht, das ist ein guter Punkt, denn es sollte tatsächlich einmal gefragt werden, wer denn damit so gemeint ist, mit diesem „Rotlicht“ und dieser ominösen „bundesweiten Zusammenkunft für Sexworker und Betreiber“. Dass das alles so herrlich ungegendert ist, deutet ja bereits eine einschlägige Richtung an.

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Die arme und die nicht arme Prostituierte

Listen

Ky via Flickr, (CC BY 2.0)

Hinweis: Der Artikel wurde zwischenzeitlich einmal offline genommen (aus Gründen), beim Wiederherstellungsprozess sind leider ein paar Kommentare verschütt gegangen, das bitten wir zu entschuldigen, gfs. dann einfach nochmal kommentieren.

Oder: Die Zwangsprostituierte und die „freiwillige“ Prostituierte

Oder: What the fuck

Zwei Dinge kamen in Diskussionen um Prostitution neuerdings immer wieder auf.

  1. Es gehe nicht um die „weiße, freiwillige deutsche Prostituierte, die sich nebenbei ein Taschengeld verdient“, sondern um Zwangsprostituierte und Frauen, die sich aus Notlagen heraus prostituieren.
  2. Die Forderung, bis wir das Nordische Modell durchgesetzt hätten, müssten wir auf die straffe Umsetzung des ProstSchG pochen, denn dies sei wenigstens etwas und besser als nichts.

Dazu habe ich als ehemals prostituierte Frau Folgendes zu sagen:

Ich möchte Prostitution abschaffen.

Und will sie keiner einzigen Frau zumuten. Ich wiederhole: keiner.

Auch nicht der „Freiwilligen“ oder der, die sagt, sie habe ein Recht dazu, sie wolle das so, auch nicht der weißen deutschen Studentin, die sich damit ihr Studium finanziert. Weil es keinen Unterschied macht.

„Ja, aber die weiße deutsche „freiwillige“ Prostituierte …“

Ja, was aber?

Selbstverständlich respektiere ich die Frau, die das sagt und ihre „Entscheidung“. Aber ich spiele das damit verbundene Leid nicht herunter – auch wenn sie es gegenwärtig noch anders sieht. Ich weiß um die Umstände, die so eine „Entscheidung“ bedingen, es könnte sich – by the way – um Zwang handeln – ich sag’s ja nur.

Fangen wir ernsthaft diese Diskussion (wieder) an? Auszuklamüsieren, was nun Zwang ist und was nicht?

Wann habe ich angefangen zu pennen, um nicht mitzukriegen, dass wir uns ob der Basics immer noch nicht klar respektive einig sind?

So zu tun, als leite sich aus Parametern wie weiß, Sprachkenntnisse, deutsche Staatsangehörigkeit die Legitimation einer Zweispaltung ab, nämlich in arme ausgebeutete Zwangs-Prostituierte vs. „gut situierte“ (oder wie auch immer andere) Prostituierte, ist naiv, zynisch und entbehrt jeder feministischen und wissenschaftlichen Grundlage. Sie lässt Faktoren außen vor, die maßgeblich mitbedingen, ob wir prostituiert werden.

Wissen wir eigentlich auch schon längst – dachte ich.

Prostitution ist etwas, was keiner Frau zugemutet werden darf.

Sie muss weg.

Es gibt objektive Kriterien, die definieren, was sexuelle Ausbeutung ist. Prostitution ist sexuelle Ausbeutung. Durch eine Umdefinition, die im Grunde das Ende des Herunterbrechens auf die subjektive Ebene ist, nämlich: ich fühle mich nicht ausgebeutet (ich finde es empowernd, ich mache das gerne, etc.), wird die Ausbeutung nicht weniger Ausbeutung. Durch die Spaltung von außen in die, die zwangsprostituiert wird und die, die es „freiwillig tut“, wird die Ausbeutung auch nicht weniger Ausbeutung. So oder so: die Folgen für die Frau und nicht zuletzt für die Gesellschaft bleiben gravierend, ja katastrophal.

Prostitution schadet. Prostitution tötet. Prostitution macht den Körper und die Seele kaputt. Oft ein Leben lang.
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