Kategorie: Die Störenfriedas stellen 5 Fragen

„March of Roses“- Interview mit Anke Lauterbach

Schwangere Frau, Pregnant Woman

By Øyvind Holmstad (Own work) [CC BY-SA 4.0], via Wikimedia Commons

Am 6 März fand in vielen deutschen Städten der „March of Roses“ statt, organisiert von Mother Hood e. V. , einem Bündnis aus Eltern und Hebammen.

Ziel dieses „March of Roses“ war es, auf Gewalt während der Geburt aufmerksam zu machen. Auch in Deutschland sind die Bedingungen der Geburtshilfe oft schlecht und verschlechtern sich zunehmend.

Mother Hood e.V. fordert eine gute Versorgung von Mutter und Kind während Schwangerschaft, Geburt und dem ersten Lebensjahr.

Im Februar 2014 bestand die Gefahr, dass die Arbeit von Hebammen unmöglich sein könnte in absehbarer Zeit, da die Kosten für die notwendige Haftplichtversicherung nicht mehr finanzierbar waren.

Die Facebookgruppe „Hebammenunterstützung“ hatte innerhalb kurzer Zeit 16 000 Likes und zusammen mit der Facebookgruppe „Rettet unsere Hebammen“ mehr als 70 000 Familien erreicht.

Auf der Seite von Mother Hood finden sich auch spannende eigene Publikationen zum Thema Geburt, die über Ammenmärchen und Mythen rund um Vorsorge, Geburt und Wochenbett aufklären.

So hat zum Beispiel unter anderem das „Valsava Pressen“ (Kopf auf die Brust, tief Luft holen und für die Dauer der Wehe pressen) unerwünschte Nebenwirkungen, und trotz aller gegenteiligen wissenschaftlichen Erkenntnis, finden die meisten Geburten immer noch in Rückenlage statt. Geburtshilfe wird bestimmt durch die eigene Kultur. Sorge um die Gesundheit und das Wohlbefinden von Frauen und Säuglingen spielen kaum eine Rolle.

Wir, die Störenfriedas, haben schon einige Artikel zu dem Thema weibliche Gesundheit und auch Gewalt in der Gynäkologie veröffentlicht.

Aus diesem Grund freuen wir uns über alle Aktionen und Veranstaltungen, die dieses für uns Frauen so essentielle Thema im Fokus hat, und freuen uns besonders, dass Anke Lauterbach, Veranstaltungskoordinatorin des March of Roses in Wiesbaden, sich die Zeit genommen hat, uns ein Interview zu geben.

SF: Welches Ereignis hat Sie bewogen, von Gewalt in der Gynäkologie zu sprechen? Das private ist oft politisch und umgekehrt und vielleicht gab es hier persönliche Ereignisse, die zu dieser Einschätzung führten oder gab es andere Beweggründe?

Anke Lauterbach: Das Thema kam eher auf mich zu, als ich auf das Thema…;) Und zwar im Rahmen der Mother Hood Arbeit, in der wir uns als Eltern für die Hebammen stark machen. Die Problematik ist euch sicher bekannt. Aber ich erkannte rasch, dass das Thema Gewalt in der Geburtshilfe wohl auch „mein“ Thema ist, das bearbeitet werden wollte.

Daher war es mir auch ein Anliegen, nicht nur am Roses Day eine Rose niederzulegen, sondern auch aktiv zu werden und für alle sichtbar auf die Straße zu gehen, um dieses Tabu zu brechen.

Am 6. März fanden die Demos „March of Roses“ international statt; in Deutschland gab es neben Wiesbaden noch Veranstaltungen in Kiel, Hannover und Düsseldorf.

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Das norwegische Staatsfernsehen und der Porno – 5 Fragen an… Ane Stø, Kvinnegruppa Ottar

Foto: Privat

Wir haben ein Interview geführt mit Ane Stø von der Kvinnegruppa Ottar in Oslo, zu einer aktuellen feministischen Debatte in Norwegen.  Die feministische Gruppe Ottar ist die größte feministische Organisation in Norwegen und befasst sich hauptsächlich mit den Themen Pornographie und Prostitution.

Die Störenfriedas: Die Fernsehsendung Trygdekontoret erregt seit Ende Februar die Gemüter. Was genau ist der Stein des Anstoßes?

Ane: Sie haben für eine TV-Debatte zum Thema Pornographie einen Pornofilm produzieren lassen, um die neuesten Trends in der Pornoindustrie zu illustrieren. NRK ist ein öffentlich-rechtlicher Fernsehsender wird von jedem norwegischen Haushalt finanziert mit einer jährlichen Summe von 300 Euro, und die Verwendung dieses Geldes um einen Pornofilm zu kaufen und die Pornoindustrie zu unterstützen, führte zu zahlreichen Beschwerden beim Fernsehkomittee. Unsere Beschwerden wurden von der feministischen Bewegung in den Medien veröffentlicht, und es gab zahlreiche Debatten im Radio und Fernsehen über die Tatsache, dass NRK die Pornokultur promotet.

Die Störenfriedas: Wie bewertet ihr als Stop Pornculture Initiative den Kauf von Pornosequenzen im Ausland, insbesondere in Bezug auf das Sexkaufverbot. Räumt ihr einen Klage gegen NRK3 Chancen ein?

Ane: In der feministischen Bewegung sehen wir die Herstellung und den Kauf von Pornographie auf einer Ebene wie den Kauf von Sex. Es gibt keinen Unterschied ob ich jemanden dafür bezahle Sex zu haben, ob mit oder ohne Kamera. Traurigerweise sieht die Gesetzgebung das anders, es gibt hier ein Schlupfloch bezüglich der Herstellung von Pornographie, und es braucht einen längeren politischen Prozess um dieses zu schließen. Bezüglich des Sexkaufverbots wird NRK damit leider davonkommen.

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5 Fragen an Kajsa Ekis Ekman: „Leihmutterschaft ist die kleine Schwester der Prostitution“

Kajsa Ekis Ekman

© Zeitung Sydsvenskan (zur Verfügung gestellt von Kajsa Ekis Ekman)

Wie kam es zu deiner Beschäftigung mit dem Thema Leihmutterschaft?

Ich habe ein Buch über Prostitution geschrieben. Insbesondere auch über die Spaltung des eigenen Selbst, die in der Prostitution überall präsent ist und die ihre Wurzeln historisch sowohl im Kapitalismus als auch in der Unterdrückung der Frau hat. Währenddessen gab es eine Kampagne in Schweden, Leihmutterschaft zu legalisieren, das heißt die Auftragsschwangerschaft. Ich habe die Parallelen sofort gesehen. Es wurden die selben Argumente verwandt wie „sie tut es aus freiem Willen“, „wenigstens kommt sie so an Geld heran, sie würde sonst aus Armut sterben“ und „eine Frau kann mit ihrem Körper tun, was sie will.“ Auch hier geht es um eine Trennung von Körper und Geist, ebenso wie die historische Einteilung von Frauen in Brüterinnen und Huren.

Welche sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen sind für Leihmutterschaft feststellbar?

Bei Leihmutterschaft geht es (hauptsächlich) um reiche Menschen aus dem Westen, die ihre eigenen, genetischen Kinder möchten, aber diese nicht selbst zur Welt bringen können: entweder weil die Frau unfruchtbar ist oder es sich um ein männliches homosexuelles Pärchen handelt. Sie benutzen Frauen aus den ärmeren Ländern oder Klassen als Brüterinnen. Diese reichen Menschen kümmern sich nur um ihre eigenen Gefühle – was die schwangere Frau dabei empfinden könnte, ist vollkommen egal. Sie ist nur da, um ihren Körper zur Verfügung zu stellen.

Du sagst „Leihmutterschaft ist die kleine Schwester der Prostitution“ – kannst du das erklären?

Wir sehen dieselben Charakteristiken in beiden Industrien: Hauptsächlich Frauen werden benutzt, für Sex oder Reproduktion. Es wird von ihnen erwartet, dass sie reichen Männern Sex und Babies zur Verfügung stellen, ohne dabei etwas zu fühlen. Aber Leihmutterschaft ist eine viel kleinere Industrie, sie fängt gerade erst an zu wachsen. Wir können sie immer noch stoppen.

Wie weit verbreitet ist Leihmutterschaft denn heutzutage und wie wird sie in der Regel von der Gesellschaft bewertet?

Leihmutterschaft wurde zuerst in den 70er Jahren in einigen Staaten der USA legalisiert, und wanderte als Folge des Embyronentransfers (Eizellspende, bei der die weibliche Eizelle nicht die der Leihmutter ist) weiter nach Indien, denn durch sie können farbige Menschen weiße Kinder bekommen, aber zu günstigeren Konditionen als mit einer weißen Leihmutter. Leihmutterschaft ist heute verbreitet in der Ukraine, China, Thailand, Israel, und auch in Europa versucht die Leihmutterschaftsbewegung eine Legalisierung zu erwirken. Die EU hat Leihmutterschaft jedoch als Ausbeutung von Frauen verboten, also gibt es hier Entwicklungen in beide Richtungen.

Was können Interessierte tun und an wen können sie sich wenden? Gibt es nationale oder internationale Intiativen?

Sie können ihre Stimme in ihrem Land erheben und es als das bezeichnen was es ist: Ausbeutung von Frauen. In Schweden haben wir ein Netzwerk mit dem Namen „Nej till Surrogat“ (Nein zur Leihmutterschaft – http://www.nejtillsurrogat.se/). Ich rufe alle Feministinnen und alle, die nicht wollen, dass Kinder und Frauen verkauft werden, dazu auf, ihre eigenen Gruppen zu initiieren und Druck aufzubauen, damit diese Industrie gestoppt wird.

 

Kajsa Ekis Ekman ist schwedische Journalistin und hat ein sehr empfehlenswertes Buch über Prostitution, Leihmutterschaft und das gespaltene Selbst (Being and Being Bought: Prostitution, Surrogacy and the Split Self) geschrieben.