Dies ist eine Übersetzung des Artikels „Esto decimos las feministas“ von Pilar Aguilar Carrasco (*1946 in Siles/Spanien, Feministische Soziologin, Wissenschaftlerin, feministische Film- und Fernsehkritikerin), die uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde von Radfem Munich.
Hinweis: Das generische Femininum war ausdrücklich gewünscht :-).
Man kann mit den Vorwürfen, die viele Feministinnen gegen das sogenannte „Trans-Gesetz“ erheben, einverstanden oder nicht einverstanden sein. Aber es ist inakzeptabel, dass uns Handlungen, Positionen, Worte vorgeworfen werden, die uns nicht gehören.
Wir treten dafür ein, dass Menschen, ihre Rechte, ihre Gefühle, und ihre Art zu sein, respektiert werden müssen. Wir fordern es für jeden Menschen. Es ist auch das, was die aktuelle Gesetzgebung unseres Landes vorschreibt.
Und brauchen bestimmte Gruppen, die als besonders benachteiligt, wehrlos oder verletzlich gelten (wie Transsexuelle, Flüchtlinge, Lesben, Schwule, Menschen mit Behinderungen oder Angehörige ethnischer Minderheiten usw.) einen besonderen Schutz? Brauchen sie Gesetze, die für sie spezifische Aspekte festlegen, sie speziell vor Aggressionen schützen und diejenigen bestrafen, die sie demütigen und misshandeln? Selbstverständlich und Feministinnen sind NICHT DAGEGEN.
Aber Feministinnen, wie auch viele andere Menschen, sind der Meinung, dass dieser Schutz keineswegs bedeutet, dass eine Selbstdefinition ausreicht, um de facto zu einer Gruppe zu gehören, die besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Niemand kann sich selbst als behindert bezeichnen, niemand kann sich selbst als Vollwaise bezeichnen, niemand kann sich selbst als Flüchtling bezeichnen, niemand kann sich selbst als arbeitslos bezeichnen … Kurz gesagt: sie können es, aber die rechtliche Anerkennung fordert bestimmte Voraussetzungen.
Dieser Entwurf eines „Trans-Gesetzes“ wird jedoch die Selbstdeklaration als ausreichend betrachten. Ein Privileg, das sonst NIEMAND hat. Ich zum Beispiel kann in meinem Ausweis kein anderes Alter oder einen anderen Geburtsort eintragen lassen, aber ich könnte zu einem Gericht gehen und dort erklären, dass ich ein Mann bin.
Andererseits sieht das Gesetz besondere Hilfen für Trans-Personen vor: z. B. am Arbeitsplatz, Reservierungen und Quoten. Das ist im Vergleich zu allen anderen Hilfsbedürftigen ein krasse Benachteiligung. Denn alle anderen müssen eigentlich Bescheinigungen und Nachweise über ihren Stand oder Status vorlegen, anstatt nur Selbsterklärungen.
Befürworter dieses Gesetzes behaupten, es sei erniedrigend für Trans-Menschen, Psychotherapeutinnen oder Ärztinnen aufsuchen zu müssen, weil so was „pathologisierend“ sei.
Aber wenn eine Person eine Magenverkleinerung wünscht, braucht sie eine Diagnose von einem oder mehreren Fachleuten, die bescheinigen, dass sie wirklich fettleibig ist und dass ihre Fettleibigkeit nicht auf andere Probleme zurückzuführen ist, die ebenfalls behandelt werden sollten.
Auch wer unter Migräne leidet, muss, um eine adäquate Medikation zu erhalten, zu einer Spezialistin gehen, der zunächst eine Reihe von Tests durchführt.
Es scheint also, dass die einzigen Menschen, die keine Psychotherapeutin oder Ärztin aufsuchen müssen, diejenigen sind, die sich trotz männlichem Körper und männlichen Genen als Frauen betrachten oder umgekehrt. Menschen, deren Behandlungen und Operationen zudem von der Krankenversicherung bezahlt werden. Seltsam, nicht wahr?
Was ist mit Minderjährigen? Zum Beispiel: Ein 12-jähriges Mädchen – oder ein 15-jähriger Teenager – erklärt, dass sie es nicht ertragen kann, kleine Brüste zu haben (oder das, was sie für klein hält), sie fühlt sich verlegen oder abgewertet. Sie bittet also um ein Implantat und droht mit Selbstmord. Was sollen die Eltern tun? Nun, gehen Sie mit ihr zu einer Psychotherapeutin, um herauszufinden, was für ein tiefes Unwohlsein sie hat, was sie wirklich will, wenn sie sich mehr Brüste wünscht, warum sie unter solchem Stress leidet, wie man handeln kann, um sich mit ihrem Körper zu versöhnen …
Aber wenn das Mädchen nicht will, dass ihre Brüste vergrößert werden, sondern dass sie abgeschnitten werden, dann müssen wir ihren Wunsch akzeptieren, denn ihn in Frage zu stellen, nach Ursachen zu suchen, zu versuchen, ihn zu analysieren, sie auf die Konsequenzen aufmerksam zu machen, etc. etc. wäre Transphobie und würde bedeuten, sie zu pathologisieren.
Ein 10-jähriger Junge – oder ein 17-jähriger Junge – verlangt die Einnahme von Wachstumshormonen, weil er der Kleinste in der Klasse ist oder weil er ein Mädchen mag, das größer ist als er und ihm das peinlich ist, oder weil das, was er sich am meisten auf der Welt wünscht, ein Basketballspieler zu sein, und wenn er das nicht bekommt, möchte er lieber sterben. Wenn er nicht an richtig diagnostizierten Zwergenproblemen leidet, werden sie das Gleiche tun wie die vorherigen: eine Psychotherapeutin konsultieren, um die Wurzeln des Unbehagens zu finden, versuchen, ihn mit seinem eigenen Körper zu versöhnen.
Aber wenn er statt Wachstumshormonen nach Pubertätsblockern fragt, dann können sie nur „Amen“ sagen.
Es gibt auch eine andere Modalität, diejenige, die erklärt: „Ich fühle mich wie eine Frau, mehr als eine Frau, aber ich möchte keine Hormone nehmen oder mich operieren lassen. Ich liebe es, einen Bart zu haben und über meine spektakuläre männliche Genitalien zu “schwänzen“. Kurz gesagt: „Ich hab die Eier, um eine Frau zu sein“ (der Satz ist ein wörtliches Zitat).
Feministinnen sind nicht dagegen, dass jeder sich so fühlt und betrachtet, wie er es für richtig hält. Wir sehen es sicher nicht gerne, wenn sich jemand im Fernsehen als Frau ausgibt und gleichzeitig damit prahlt, Frauen zu belästigen und einen riesigen Penis zu haben. Nein, es gefällt uns nicht, aber wir fordern auch nicht, das zu verbieten. Was wir nicht akzeptieren können, ist, dass seine Selbsterklärung ausreicht, damit diese Person legal in unsere Räume eindringen kann (Umkleideräume, Heime, Gefängnisse, usw.). Damit sie sich auf die Gesetze berufen kann, die uns vor machistischer Gewalt schützen. Damit sie sich für Frauen vorbehaltene Quoten bewerben kann (Quoten, die zaghaft versuchen, unsere strukturelle Ungleichheit zu mildern). Damit sie mit uns in Sportarten konkurrieren kann, in denen der Knochenbau und die Muskulatur ihnen einen klaren Vorteil verschafft. Damit sie verlangen kann, dass ihre Probleme als -”nicht menstruierende Frau”, gleich wie alle andere Problemen von Frauen behandelt werden.
Was Feministinnen nicht zulassen können, ist, dass das rechtliche Frausein als etwas von unserem Geschlecht Losgelöstes katalogisiert wird. Und nur als bloßes Gefühl und Selbstwahrnehmung, als eine persönliche Option behandelt wird. Denn welchen Sinn würde es machen, gegen eine Ungleichheit zu kämpfen, die optional ist? Wer über Unterdrückung klagt, muss nur zum anderen Geschlecht „übergehen“?
Vergleichen wir: Solange es Rassismus gibt, würden es Schwarze akzeptieren, wenn man ihnen sagt, dass Schwarz- oder Weißsein eine Wahl ist, ein Gefühl, eine Selbstwahrnehmung? Oder dass es Menschen gibt, die total „nordisch“ aussehen, aber schwarz sind, weil ihre Wünsche es so diktieren? Dass es Cis-Schwarze und Trans-Schwarze gibt? Dass jeder, der sich als schwarz definiert, das Recht hat, sich auf für ihn reservierte Studienplätze zu bewerben? Dass Cis-Schwarze privilegiert sind, weil sie nicht wissen, was Trans-Schwarze erleiden, wenn die Sonne ihre helle Haut verbrennt? Würden Schwarze akzeptieren, dass man ihnen, wenn sie antirassistische Maßnahmen fordern, sagt: „Wenn du nicht gerne schwarz bist, dann sei weiß“? Nein: Solange Schwarzsein Marginalisierung bedeutet, eine größere Wahrscheinlichkeit von Armut, Unterwerfung, Ausbeutung und Tod, werden Schwarze niemanden akzeptieren, der ihnen sagt, dass Schwarzsein eine Selbstwahrnehmung ist, ein Gefühl, eine Wahl wie das Färben der Haare blond oder blau. Sie werden auch nicht akzeptieren, dass man ihnen sagt, der antirassistische Kampf müsse sich auch mit der Situation der Weißen befassen, um nicht engstirnig zu sein (etwas, das, mutatis mutandis, der feministischen Bewegung ständig gesagt wird).
Dieser Unsinn, der so deutlich wahrgenommen wird, wenn wir über Rassismus sprechen, wird nicht verstanden, wenn wir über Patriarchat sprechen. Einfach, weil diese weiterverbreitet, verallgemeinert, verinnerlicht ist und alle Lebensordnungen betrifft.
Ein paar Fragen noch:
Wie erklärt man sich, dass progressive und linke Kräfte unendlich viel mehr von den „Problemen“ von Trans-Personen bewegt sind, als von denen, die mehr als zwei Millionen Frauen mit unterschiedlichen Behinderungen betreffen oder die Tausende von guineischen, rumänischen oder ukrainischen Prostituierten, usw. usw. usw.?
Wie ist es zu erklären, dass die Medien ständig die „Probleme“ von Trans-Personen aufgreifen und nur sehr gelegentlich denen Raum geben, die z.B. Tausende von Frauen betreffen, die Mütter werden oder ihren Arbeitsplatz behalten müssen? Warum veröffentlichen sie ein Manifest zugunsten des „Trans-Gesetzes“ und lassen ein anderes aus, das es in Frage stellt und das jedoch von viel mehr Menschen und Verbänden unterzeichnet und befürwortet wurde als das erste?
Warum ist das Ministerium, das sich mit den Problemen der Hälfte der Bevölkerung befassen muss, am schlechtesten mit Personal und Mitteln ausgestattet und nimmt zudem Probleme an, die wenig mit uns zu tun haben? Warum hat dieses Ministerium kein einziges Gesetz zur Verbesserung vorgeschlagen, das uns wirklich nützt? Warum wartet es darauf, Gesetze gegen den Menschenhandel zu erlassen (es ist das Minimum)? Wie kann ein Ministerium, das angeblich sexistische Verhaltensweisen und Handlungen verurteilen soll, einen Verein wie Chrysallis subventionieren und fördern, der von extremem Sexismus durchdrungen ist, bis hin zu der Ansicht, dass ein Mädchen, das sich nicht kümmert, weil es einen Ohrring verloren hat oder das Rosa oder Rüschen (sic) nicht liebt, nicht seiner weiblichen Bestimmung entspricht und deshalb ein Junge ist?
Ich werde zum Schluss kommen, um nicht zu lange zu reden:
Wir wenden uns gegen die Missachtung und Misshandlung eines jeden Menschen. Wir respektieren jedermanns Gefühle, aber sollten Wünsche und Gefühle automatisch zu Gesetzen werden, die keine anderen Anforderungen als die der Selbstdefinition stellen? Nein. Vor allem dann nicht, wenn sie den Rechten der Frauen schaden oder zu einer vergleichbaren Benachteiligung gegenüber anderen Gruppen führen, die genauso viel oder mehr Hilfe benötigen.
Feministinnen kämpfen für eine Welt, in der Sex (denn ja, wir sind eine geschlechtliche Spezies) nicht mit Unterwerfung, Gewalt, aufgezwungenen Rollen, Einschränkungen … verbunden ist. Wir suchen nicht nach einer „parodistischen Vermehrung der Geschlechterrollen“, sondern nach deren Verschwinden. Und, der Weg geht weiter, nicht, indem wir Frauen verwischen oder indem wir bestätigen, dass unser Zustand wahlfrei ist, sondern indem wir gegen die Unterdrückung kämpfen, die uns auferlegt wird, weil wir Frauen sind.
Diese Sonderregelungen für Trans-Leute macht insofern Sinn, da es sich in den meisten Fällen um Männer handelt, die behaupten (oder befinden) Frauen zu sein. Weil sie sich so fühlen. Und meistens natürlich auch „denken“, die „besseren“, sprich „wirklichen“ Frauen zu sein. Besser als die biologischen „Cis-Frauen“.
Wenn „Mann“ behauptet eine Frau zu sein und sich fühlt wie eine Frau, dann ist es vermutlich keine Frau, sondern ein Mann, der behauptet eine Frau zu sein und Rechte und Akzeptanz einfordert, die ihm eigentlich nicht wirklich zustehen. So was kann nur ein Mann. Wenn sich etwas dermassen männlich in den Vordergrund spielt, ist die Chance, dass es ein Mann ist (und keine Frau) doch sehr (98%) beträchtlich. Wenn etwas quakt wie eine Ente und watschelt wie eine Ente, ist es vermutlich zu 98% eine Ente. Da nützen Büstenhalter, make up und Rock wenig. Das penetrante und rechthaberische Verhalten verrät das wahre Geschlecht.
Der Artikel tut sooooo gut! Ein großer Dank an alle Übersetzerinnen!
Ich finde dieses Thema sehr schwierig. Als lesbische Cis-Frau kann ich der Diskussion nur bedingt folgen.
Ich glaube verstanden zu haben, dass Trans-Menschen ein besonderes Gesetzt benötigen, weil eben diese Feststellung der eigenen Wahrnehmung im eigenen Körper nicht so einfach gesetzlich festzustellen ist wie zB ein Grad der Behinderung, und dass die aktuelle Feststellung entwürdigend ist. Dies muss sich unbedingt ändern. Dennoch würde ich es nicht wagen, in diesem Kontext von Privilegien sprechen zu wollen.
Wo ich dem Text eindeutig zustimme, ist dass es mehr als nur eine Selbstfeststellung benötigt. Ich denke allerdings, dass die Wahrheit irgendwo in der Mitte liegen muss. Zumindest pschychologische Gutachten würde ich als sinnvoll erachten, wenn das Personal dafür geschult wird. Wenn man Geschlechter nicht nur als binäres System von männlich und weiblich begreift, ist einigen Menschen auch nicht damit geholfen, das Geschlecht zu wechseln – auch wenn das zunächst einmal die einfachste (wenn auch mit vielen Komplikationen verbundene) Lösung erscheint. In einigen (wenigen) Fällen hilft schon, wenn die typischen Zuweisungen für das entsprechende Geschlecht entfallen. Man schaue sich mal Berichte von nonbinären Personen an und Personen, die retransitioniert (heißt das so?) sind.
Ich kann den Ansatz des Artikels, unseren weiblichen „safe space“ nicht kampflos aufzugeben, durchaus nachvollziehen. Ich glaube daher, dass die richtige Lösung für alle noch nicht gefunden ist. Das Gesetzt aber ist ein guter Anfang, der nicht nicht ganz zu Ende gedachte wurde.
Sehr treffend. Danke für den aufklärerischen Beitrag.
@Yvonne: Ich stimme voll und ganz zu! Aber: Diese Beschreibung betrifft nur eine sehr kleine Minderheit innerhalb einer Minderheit. Sie auf alle trans Frauen auszudehnen wäre eine unzulässige Verallgemeinerung.
Der Vergleich mit der Situation der Schwarzen bringt den ganzen Blödsinn gut auf den Punkt. Dieser aufgebauschte Trans-Diskurs hat dikursstrategisch die Funktion, die auf Körperlichkeit basierende Identität als Frau aufzulösen und abzulösen durch eine beliebige Instant-Ersatz-Identität. Durch Ent-Grenzung wird das Original entwertet, indem es für jeden zugänglich gemacht wird.
Normalerweise erschöpft sich – wie zutreffend ausgeführt wurde – Identität nicht in blosser Selbstbekundung, sondern ist zugleich ein interaktiver Aushandlungsprozess; d.h. gerade die Zuordnung zur Kategorie Geschlecht hängt auch von einer überzeugenden „Performance“ ab, die die anderen Beteiligten mit ins Boot holt.
Der Anpruch von biologischen Männern aufs Frau-Sein ist eine getarnte feindliche Übernahme. Die dazu passende Metapher: Wolf im Schafspelz!
Netter Versuch, aber leider durchschaut, da zu offensichtlich und zu plump.
Brava! Ein guter Artikel. Ich frage mich leider nur, wie viele wir davon noch brauchen um gehört zu werden….
Viele, fürchte ich. Gerade heute habe ich wieder einen Artikel einer Gender“forscherin“ gelesen, im dem erklärt wurde, Frauen seien keine Klasse, Feminismus müsse vorrangig intersektional sein und Transpersonen seien die unterdrückteste Gruppe überhaupt und bräuchten die Unterstützung der Frauen.
So lange an den Universitäten solche Mythen gelehrt werden und jede Kritik, jede abweichende Meinung, totgeschwiegen wird, haben wir das Problem weiter.
Deshalb, hört niemals auf diese Artikel zu finden, zu übersetzen und zu verbreiten! Manchmal ist es schon genug zu wissen, dass frau nicht allein ist…..
@Alex „Transpersonen seien die unterdrückteste Gruppe überhaupt und bräuchten die Unterstützung der Frauen.“
Genau, die Aufgabe von Frauen ist es, sich um a n d e r e zu kümmern – vorzugsweise um Männer. Selbst dann, wenn diese lieber Frauen sein wollen.
Alter Wein in neuen Schläuchen. Was ist mir langweilig. Gääähn,