Feminismus in Zeiten der Austerität

End Patriarchy

istolethetv via Flickr, [CC BY 2.0]

Karen Ingala Smith (KIS, auf dem Bild) ist die Vorstizende von nia, einer Wohltätigkeitsorganisation mit einem feministischen Ethos, die Frauen mit sexueller und häuslicher Gewalterfahrung unterstützt. In diesem Interview mit Socialist Resistance (SR) geht es um männliche Gewalt gegen Frauen, die Auswirkungen der Austerität auf Unterstützungsprojekte für Frauen und die Wichtigkeiten von Räumen ausschließlich für Frauen.

SR: Du betreibst den Blog „Counting Dead Women„. Tödliche, männliche Gewalt ist wahrscheinlich der am leichtesten zu messende Indikator von Gewalt gegen Frauen. Wie groß sind die Ausmaße dieses Problems gemessen an offiziellen Daten und deiner Kenntnis zum Thema?

KIS: Ich habe mit dem Zählen der ermordeten Frauen Anfang 2012 angefangen, als 8 Frauen in Großbritannien in den ersten drei Tagen des Jahres ermordet wurden. Ich war frustriert, weil keine Schlüsse gezogen wurden und die systematische männliche Gewalt gegen Frauen ignoriert wurde. Als ich einmal angefangen hatte zu zählen, konnte ich nicht mehr aufhören, zum einen, weil ich durch dieses Dokumentieren Dinge gelernt habe, die nicht in offiziellen Statistiken zu finden sind. Außerdem nehmen diese offiziellen Statistiken in der Art, wie sie präsentiert werden, den Frauen ihre Menschlichkeit und es ist zu einfach, nicht davon berührt zu sein, was Frauen durch die Hände von Männern angetan wird. Ich bin mir nicht sicher, ob tödliche, männliche Gewalt der am einfachsten zu messende Indikator ist, und zwar, weil die offiziellen Statistiken das ganze Ausmaß des Problems verdecken und ich weiß, wie viel Zeit ich damit verbracht habe, abseits von offiziellen Statistiken, eine Dokumentation von Frauen, die durch Männer getötet wurden, zu erstellen.

Die vorhandenen Statistiken sagen uns eine Menge über die Beziehung zwischen einem Mordopfer und seinem Killer. Wir kennen das Geschlecht des Opfers und ob es durch den Partner oder Ex-Partner getötet wurde, durch ein Elternteil, einen anderen Verwandten, Bekannten oder einen Fremden, aber das Geschlecht des Täters wird in diesen Kategorien nicht dargestellt. Zum Beispiel sagen uns die offiziellen Statistiken, dass zwischen 2001 und 2012 im Durchschnitt 11 Frauen pro Jahr durch ihr Kind getötet wurden. Durch Counting Dead Women habe ich herausgefunden, dass im Jahr 2012 16 Frauen durch ihren Sohn getötet wurden, 2013 waren es 13 Frauen und 2014 bis zum September (Zeitpunkt des Interviews, Anm. der Übersetzerin) waren es 9 Frauen. Es wurden also die meisten – fast alle – Frauen, die von ihrem Kind getötet wurden, von ihrem Sohn getötet; und das wird in den offiziellen Statistiken völlig verdeckt.

Ein Thema ist auch, was gezählt wird, zum Beispiel was ist mit den Männern, die nicht wegen Mordes, sondern Totschlags verurteilt werden (Mord ist bereits ein sagbar schlechtes Wort für die Natur der tödlichen männlichen Gewalt gegen Frauen, aber das Wort Totschlag macht Frauen völlig unsichtbar). Außerdem gibt es Fälle, bei denen der Mann weder wegen Mordes noch wegen Totschlags für schuldig befunden wurde, inklusive einer Frau, die im letzten Jahr mit mehr als 30 Wunden nackt über ihrem blutbesudelten Bett erhangen aufgefunden wurde, ihr Mann, den die Polizei schlafend neben ihr aufgefunden hatte, wurde freigesprochen. Ich ringe seit ich mit der Dokumentation angefangen habe mit mir selbst über das, was ich zähle und was nicht. Im Moment habe ich mich für die Dokumentation von Frauen, 14 Jahre und älter, Frauen, die in Großbritannien von Männer getötet wurden und britische Frauen, die im Ausland getötet wurden, entschieden. Unabhängig von der Beziehung zwischen der Frau und dem Mann, der sie getötet hat; unabhängig davon, wie er sie getötet hat und wen er sonst noch getötet hat; unabhängig davon, ob der Fall es in unserem patriarchal und von Männern konstruierten juristischen System es vor Gericht schaffte, das in aller Regel alles andere als Gerechtigkeit für die Frauen herbeiführt; unabhängig davon, was wir von seinem Motiv wissen und was wir nicht wissen.

SR: Die Organisation Nia, für die du arbeitest, hieß früher Hackney Women’s Aid (HWA). Auf der Seite heißt es, eure Arbeit ist „dem feministischen Ethos“ verpflichtet. Was für einen Unterschied bedeutet das im Vergleich zu anderen Gruppen, die ähnliche Arbeit verrichten?

KIS: Traurigerweiser macht die Tatsache, dass wir uns feministisch nennen es bereits anders, es ist immer seltener der Fall, dass Gruppen dies tun. Aber natürlich ist es mehr als das.

Es bedeutet, dass wir in unserer Arbeit männliche Gewalt benennen und unsere Arbeit in einem Rahmen tun, der anerkennt, dass es Ungleichheiten zwischen Frauen und Männern in der Gesellschaft gibt und dass männliche Gewalt gegen Frauen und Mädchen sowohl Grund als auch Konsequenz dieser Ungleichheit ist. Es bedeutet, dass wir männliche Gewalt gegen Frauen nicht reduzieren in individuelle Taten von individuellen Männern, sondern sie als Schlüsselelement männlicher Dominanz über Frauen betrachten, unterstützt und normalisiert von patriachalen Institutionen, Einstellungen, sozialen Normen und Werten.

Einen feministischen Ansatz zu haben heißt, dass wir glauben, wenn Frauen uns erzählen, was ihnen passiert ist und wir Frauen nicht für das, was ihnen geschehen ist, verantwortlich machen.

Es bedeutet, dass, wenn wir über Empowerment sprechen, es nicht darum geht, dass Frauen sich mit individuellen Entscheidungen wohl fühlen, sondern dass wir erkennen, dass es Machtunterschiede zwischen Individuen und Gruppen gibt und Geschlecht, Race, Klasse und andere Formen struktureller Ungleichheit unsere Entscheidungsmöglichkeiten und Lebenschancen limitieren und „Entscheidungen“ im Kontext struktureller Ungleichheit getroffen werden. Wir sehen unsere Rolle darin, Frauen und Kindern ihre Möglichkeiten verständlich zu machen und sie darin zu unterstützen, Entscheidungen zu treffen innerhalb dieser limitierten Möglichkeiten und uns für die Frauen und Kinder, mit denen wir arbeiten, individuell aber auch kollektiv einzusetzen.

Feministische Unterstützung anzubieten, bedeutet anzuerkennen, dass Frauen und Mädchen spezielle Bedarfe haben, die von anderen Unterstützungsangeboten nicht abgedeckt werden, dass Frauen und Mädchen die männliche Gewalt erlebt haben, verschiedene Bedarfe haben, dass unsere Angebote sensibel und bedarfsgerichtet auf die individuellen und kollektiven weiblichen Bedarfe sind, ganz im Gegensatz zu einem „One fits all„-Ansatz.

Es bedeutet, dass wir nicht einfach irgendwelche Angebote machen, sondern auch Bewusstsein schaffen für männliche Gewalt und Machtungleichgewichte und dass wir uns für eine Veränderung stark machen.

SR: Organisationen wie die HWA sind entstanden aus einer großen feministischen Bewegung und viele sind verschwunden. Andere wurden „professionalisiert“. Damit unterstehen sie oft lokalen und nationalen Regierungen und das macht sie vielleicht weniger verantwortlich gegenüber den Frauen, die ihre Angebote nutzen. Beeinflusst dies eure Arbeit?

KIS: Auf jeden Fall. Ich arbeite nun bereits seit 24 Jahren in dem Bereich und ich habe gesehen, wie häusliche und sexuelle Gewalt mainstreamiger wurde, aber als dies passierte, die feministische Perspektive, die mal zentral für die Bewegung war, abgetrennt wurde.

Ich bin wütend, denn in den 90er Jahren wurde unabhängigen Organisationen sichere finanzielle Unterstützung angeboten, die spezialisierte Angebote anbieten, welche von Überlebenden und Aktivistinnen entwickelt worden waren. Finanzielle Unterstützung in Verbindung mit einem Leistungsvertrag mit den lokalen Verwaltungen. Um 2005 wurden diese Verträge aufgelöst und es wurde nach dem jeweils günstigsten Anbieter gesucht. Dabei haben wir sehr viele spezialisierte Frauenorganisationen verloren und dieser Prozess dauert nach wie vor an. Es wird immer härter für unabhängige, frauengeführte Organisationen zu überleben, und dieser Überlebenskampf nimmt uns die Energie, die wir eigentlich bräuchten, um die Frauen, Mädchen und Kinder zu unterstützen und uns für einen gesellschaftlichen Wandel stark zu machen.

Ich würde nicht sagen, dass „professionell“ und „feministisch“ exklusiv zusammen gehören – und das ist eine Balance, die wir ständig zu halten versuchen – aber nia wird derzeit von 20 verschiedenen Unterstützern am Leben gehalten, jeder einzelne mit eigenen Zielen, Outputs und Erlösen, die in der Regel aber nicht immer von dem Unterstützer festgelegt werden. Wir müssen diese Ziele erreichen oder wir verlieren die Unterstützung und wenn wir aus dem Bild fallen und die Arbeit geht an eine Organisation, die nicht auf dem feministischem Verständnis von männlicher Gewalt gegen Frauen aufgebaut ist, dann ist das in meinen Augen ein massiver Rückschritt für Frauen.

Es ist ein ständiger Kampf – und einer der Gründe warum mein Blog und Counting Dead Women so wichtig für mich ist. Die meisten meiner Arbeitsstunden beschäftige ich mich damit, nia und die Qualität unserer Angebote aufrechtzuerhalten. Nur in meiner Freizeit habe ich die Möglichkeit, über männliche Gewalt gegen Frauen nachzudenken und darüber zu schreiben.

SR: Die Regierung soll die Angebote auf ihren Kern reduzieren. Wie wirkt sich das auf eure Angebote aus und die Frauen, die sie benutzen?

KIS: Ich gebe dir ein Beispiel von etwas, was mit einem Schutzhaus passiert ist. Im Jahr 2010 gab es eine Ausschreibung für 33 Betten in 5 Schutzhäusern im Wert von maximal 419,000 Pfund pro Jahr. Die lokale Frauengruppe hatte bereits seit über 30 Jahren Schutzhäuser betrieben. Die Vergabe ging aber an eine große Organisation, keine spezielle Frauenorganisation, weil sie ein Angebot zu 338,462 Pfund gemacht hatten.

Um diese günstigere Vertragssumme zu erreichen, setzte die neue Organisationsgeschäftsführung auf beschnittene Arbeitnehmer_innenrechte, entließ die bisherigen Mitarbeiterinnen, bot ihnen neuen Verträge zu schlechteren Konditionen mit mehr Arbeitsstunden pro Woche und einem geringeren Jahresgehalt an. Die meisten mussten dies annehmen. Seitdem, da ein Teil des Stabes ging und neue angeheuert wurden, ist die Bezahlung schlechter geworden. Der zentrale Fokus liegt nun nicht mehr auf „Was können wir mit dem Geld für Frauen und Kinder tun?“ sondern „Wie können wir den Vertrag erfüllen – und nichts weiter – für möglichst wenig Geld?“

Ich habe von früheren Mitarbeiterinnen solcher Organisationen gehört, dass sie angewiesen wurden, die Jobs Bewerberinnen mit geringeren Qualifikationen, Erfahrungen und Haltungen anzubieten.

Mit dem Verlust dieses Vertrages wurde der Bereich der spezialisierten, frauengeführten Wohltätigkeit massiv angeschlagen. Man geht davon aus, dass eine Wohltätigkeitsorganisation mit geringeren Eckkosten bessere Arbeit abliefert. Aber das ist nicht so einfach. Um legal und sicher zu agieren, gibt es einen Punkt unter denen keine Kürzungen mehr machbar sind. In diesem Beispiel hier hat das Angebot – bisher noch – überlebt, aber viele in anderen Teilen des Landes haben geschlossen, inklusive spezialisierte Frauenangebote.

Qualität kostet etwas. Nia hat drei verschiedene Qualitätsmerkmale: Krisenintervention im östlichen London (Rape Crisis Service Standard) und Unterstützungsangebote bei häuslicher Gewalt (Advice Quality Standard, CAADA Leading Lights). Alle drei Standards setzen einen gewisse Qualität des Angebots, des Managements, der Versicherungen und der Ausbildung voraus. Es ist teurer, noch bessere Qualität anbieten zu können und noch teurer ist die Tatsache, nachweisen zu können, dass du das tust.

Inwiefern betrifft das Frauen? Ich höre regelmäßig, dass Frauen abgewiesen werden, weil ihre Unterstützungsbedarfe zu hoch sind oder weil sie zum Beispiel kein Englisch sprechen. Ein Schutzhaus lehnte eine Frau ab mit der Begründung, sie habe ein Alkoholproblem, da sie sagte, sie trinke abends zwei Gläser Wein. Die Frauen werden von weniger Mitarbeitern mit weniger Qualifikationen und weniger Erfahrung unterstützt. Und der Abstand zwischen uns und ihnen, also den Mitarbeiterinnen und den „Angebotsnutzerinnen“ wird immer größer. Frauenangebote wurden ursprünglich von Frauen gemacht, die wussten, dass sie sich nicht von den Frauen, die sie nutzen, unterscheiden, viele Mitarbeiterinnen waren selbst Überlebende männlicher Gewalt. Ich sehe das heute immer seltener, und ich denke die Nutzerinnen der Angebote – Frauen, die männliche Gewalt erfahren haben und darauf auf eine komplett verständliche und natürliche Weise reagieren – werden mehr und mehr pathologisiert.

SR: Die Idee von autonomen Frauenräumen wird immer wieder in Frage gestellt. Warum handelt es sich dabei um eine wichtige Idee, die verteidigt werden muss?

KIS: Weil Männer dominieren, überproportional Raum einnehmen, egal ob es um Politik oder öffentlichen Nahverkehr geht. Männer definieren und bestimmen die Parameter einer Diskussion und Frauen werden dazu sozialisiert zuzuhören und dies zuzulassen.

Ich denke mit männlicher Präsenz geht zu leicht verloren was Feminismus ist – nämlich der Kampf der Befreiung der Frau von männlicher Unterdrückung – und es geht dann nur noch um Gleichberechtigung und bevor du dich versiehst, dreht sich der Diskurs um männliches Leid. Männer werden zu defensiv, wenn Frauen männliche Macht, männliche Gewalt, männliche Anspruchshaltung, männliche Privilegien diskutieren; offen gessagt würde es zu nichts führen, denn wir würden unsere ganze Zeit damit vergeuden, auf Männer zu reagieren, denen es ständig gelänge, dass sich alles um sie dreht. Bring ein paar Männer zusammen, um über männliche Gewalt zu diskutieren und schau dir an, wie schnell das Thema männlicher Opfer aufkommt; oder schließe Wetten ab, ob „männliche Opfer“ oder „nicht alle Männer …“ zuerst fällt.

Es ist eine gute Erfahrung für Frauen, mal weg von dem männlichen Blick zu sein und weg von der männlichen Agenda. Ich glaube nicht, dass es möglich ist, in Anwesenheit von Männern so viel Distanz zu gewinnen und wirklich zu verstehen, wie Frauen durch Männer beeinflusst werden. Auch außerhalb der Politik sind Frauenräume selten und kostbar, etwas das viele Frauen niemals erleben, alleine aus diesem Grund sind sie schon sehr wertvoll.

SR: Du hast gesagt „bei Feminismus geht es nicht um Gleichberechtigung, sondern um die Befreiung der Frau von männlicher Unterdrückung“, sagst aber auch, du weißt nicht wie eine Gesellschaft ohne Patriarchat aussehen würde. Wie wirkt sich das auf Aktivitäten und Veränderung aus?

KIS: Ich denke, das macht klar, dass uns das Brüten über den kleinen Dingen nicht weiterbringt. Es meint nicht, dass kleine, lokale Aktivitäten nicht wichtig sind, aber wir müssen sie in einen großen Rahmen einbetten. Zum Beispiel gibt es bei Morden an Frauen durch Männer häufig Klagen über Fehler der Polizei. Aber all das Herumdoktern an Polizei-Verfahrensweisen wird männliche Gewalt nicht beenden, nicht in einer Welt, in der Frauen objektifiziert und benutzt werden, in der sozial konstruiertes Geschlecht zur weiblichen Unterordnung genutzt wird, in der das Gesetz von reichen, weißen Männern gemacht wird und den Interessen von reichen, weißen Männern dient. Es bedeutet, dass ich wenig Erwartungen für weitreichende Veränderungen sehe bis ich sterbe und ich verstehe, dass dies zu Mutlosigkeit führen kann, aber ich hoffe, dass meine Aktionen als Feministin uns einen kleinen Schritt in Richtung einer anderen Gesellschaft führen.

SR: Du hast einen Arbeiter_innenklassehintergrund. Hat dies deinen Feminismus beeinflusst?

KIS: Ich komme nicht nur aus der ArbeiterInnenklasse, sondern wuchs auch in den 80er Jahren in einer Hüttnerstadt im Norden auf , während des Niedergangs des Handwerks, ähnlich dem Niedergang des Bergbaus in anderen Teilen des Nordens und im Binnenland. Während einer Generation wurde das Leben gewöhnlicher Menschen massiv verändert. Ich konnte mir nicht vorstellen, was mein Leben mit den so genannten „posh girls“ zu tun haben könnte. Ich war klassenbewusst, bevor ich geschlechterklassenbewusst war. Also war die erste Sache, die meine Klassenzugehörigkeit beeinflusste, die Prämisse, dass Feminismus albern sei.

Und dann begann ich zu begreifen, wie die Geschlechtsklasse und die soziale Klasse zusammen bestimmte Rahmenbedingungen erschufen und dass Arbeiterklassefrauen nicht gleich waren wie Arbeiterklassemänner und verstand, dass Dinge, die ich als unvermeidlich akzeptierte, dies nicht waren. Obwohl ich zu jung war, um als Opfer gesehen zu werden, wuchs ich in Yorkshire in den 70er und 80er Jahren auf, wissend, dass wir wegen des „Rippers“ nicht sicher waren (natürlich wussten wir nicht, dass es Peter Sutcliffe war, bevor er gefasst wurde). Es gab männliche Gewalt gegen Frauen in meiner Familie, in der Familie meiner Freundinnen und in den Beziehungen meiner Freundinnen, wie viele junge Frauen hatte ich direkte Erfahrungen mit männlicher sexueller Gewalt, aber ohne eine feministische Analyse hatte ich kein Konzept für dies als Teil eines Kontinuums männlicher Gewalt, die die Funktion hat, Frauen zu kontrollieren und einzuschränken. Ich war von männlicher Gewalt umgeben, jedoch unfähig dies zu sehen.

Dass der Equality Act von 2010 Alters, Behinderung, Geschlechtsumwandlung, Race, Religion und Glaube, Geschlecht, sexuelle Orientierung, Ehe und zivile Partnerschaft, Schwangerschaft, Mutterschaft, aber nicht Klasse und Armut umfasst, ist ein Skandal. Es ist ein wenig wie die Unfähigkeit, männliche Gewalt zu analysieren und zu bekämpfen, wenn wir sie nicht benennen können. Es kann keine Strategien geben, Lebenschancen, die durch Klasse und Armut beschnitten werden, zu bewältigen, wenn wir sie nicht als fundamentale Ursachen sowie Konsequenzen für Ungleichheit und Benachteiligung sehen. Und es geht nicht nur um die Reduzierung sozialer Mobilität, denn wenn du soziale Mobilität hast, brauchst du „Haben“ und „Nicht haben“. Ich glaube, dass Klasse die am wenigsten verstandene Ungleichheit geworden ist. ich habe Leute erlebt, die Klassenpolitik nicht verstehen und mir gesagt haben, dass ich „an Arbeiterklassenglaubwürdigkeit eingebüßt“ habe, weil ich heute eine Geschäftsführerin bin. Das passiert, wenn Politik auf Identitätspolitik reduziert wird oder Nichtpolitik. Arbeiterklasse zu sein, bedeutet, zu oft weniger Ansprüche zu haben, sich mit weniger zufrieden zu geben und sicherlich als weniger wert beurteilt zu werden. Ich sehe noch immer die überraschten Blicke, wenn ich auf großen Meetings vor Leuten spreche, die ich niemals zuvor getroffen habe, wenn sie meinen nördlichen Arbeiterklasseakzent hören.

Mit meiner wachsenden Lebenserfahrung habe ich verstanden, wie wichtig es für den Feminismus ist, die Vielzahl der Ungleichheiten zu berücksichtigen, wie Race, Behinderung, Heteronormativität; und zu verstehen, dass wenn wir nicht inne halten und nachdenken, werden wir Prämissen aufstellen, die ausschließen und ignorieren und wir werden nicht die Leben derjenigen ändern, die nicht immer in der vordersten Reihe sind.

 

Dieser Beitrag erschien am 7. Oktober 2014 auf Socialist Resistance, die Veröffentlichung der Übersetzung erfolgt mit freundlicher Genehmigung

0 Kommentare

  1. „Ich denke mit männlicher Präsenz geht zu leicht verloren was Feminismus ist – nämlich der Kampf der Befreiung der Frau von männlicher Unterdrückung – und es geht dann nur noch um Gleichberechtigung und bevor du dich versiehst, dreht sich der Diskurs um männliches Leid. Männer werden zu defensiv, wenn Frauen männliche Macht, männliche Gewalt, männliche Anspruchshaltung, männliche Privilegien diskutieren; offen gessagt würde es zu nichts führen, denn wir würden unsere ganze Zeit damit vergeuden, auf Männer zu reagieren, denen es ständig gelänge, dass sich alles um sie dreht. Bring ein paar Männer zusammen, um über männliche Gewalt zu diskutieren und schau dir an, wie schnell das Thema männlicher Opfer aufkommt; oder schließe Wetten ab, ob „männliche Opfer“ oder „nicht alle Männer …“ zuerst fällt.“
    Wie wahr. Genau das erlebe ich so oft. Und es geht mir so auf die Nerven. Und immer wieder komme ich nur zu dem Fazit Neid. Männer sind neidisch. Entweder auf unsere Orgasmusfähigkeit, Empfindsamkeit oder auch darauf, dass wir es als Frauen ja soviel besser haben. Wir müssen nicht in den Krieg (gleicher Mann der das gesagt hat zockt gerne Videospiele) und so weiter und so fort.

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