Das Jahr 2019 endete mit einem Schock für eine junge 19-jährige Britin in Zypern. Das Jahr endete ebenso stellvertretend für alle Frauen mit einem Schock, für alle Frauen, die glaubten, dass wir die schlimmsten Auswüchse von Rapeculture in Europa hinter uns gelassen haben. Ihre Geschichte weist erschreckende Parallelen zum Netflix Film ,,Unbelievable‘‘ auf. ,,Unbelievable‘‘ (Unglaubwürdig) handelt von einer ebenfalls 18 jährigen Frau, die vergewaltigt wurde und von der Polizei in den USA der Falschaussage beschuldigt wurde. Sie musste ihre Anzeige zurückziehen und sagen, dass sie gelogen hatte und es nie eine Vergewaltigung gegeben hat.
Dieser Film hat eine grausame, neue aktuelle Wiederholung in der Wirklichkeit gefunden. Wer hätte das gedacht in der Zeit von ,,#metoo‘‘?
Die junge britische Frau, deren Anonymität bisher gewahrt werden konnte, wurde am 30.12.2019 von einem Richter in Zypern schuldig gesprochen wegen Falschaussage. Sie hatte Mitte Juli 2019 Anzeige erstattet, da sie von einer Gruppe von zwölf jungen israelischen Männern im Alter von 15 bis 22 Jahren im Urlaubsort Ayia Napa vergewaltigt wurde. Die Anzeige hat sie kurze Zeit später zurück gezogen. Es drohen ihr jetzt bis zu einem Jahr Gefängnis und eine Geldstrafe von 1000 Euro.
Die junge Frau befand sich für einen durch Arbeit finanzierten Urlaub auf Zypern. Sie lernte dort einen 21-jährigen Israeli, angehender Fußballspieler, kennen und begann eine Romanze mit ihm. Es gibt Fotos von beiden zusammen aus dieser kurzen gemeinsamen Zeit. Wenige Tage nach dem Kennenlernen hatte sie freiwillig Sex im Hotelzimmer mit ihm. Hier findet die romantische Zeit ein brutales Ende. Während sie mit ihrem neuen Freund Sex hatte, kamen plötzlich und überraschend 11 seiner Freunde in das Zimmer. Ihr Partner hielt sie fest nach unten während sich seine Freunde mit der Vergewaltigung abwechselten. Sie weiß nicht wie viele es waren, aber Kondome mit verschiedenen DNA Spuren der Männer wurden im Zimmer gefunden. Die sexuellen Handlungen wurden zum Teil gefilmt. Es gibt Videoausschnitte, die auf Pornoseiten hochgeladen wurden. Vielleicht war hier geplant sie mit den Aufnahmen unter Druck zu setzen und eine Anzeigenerstattung zu verhindern.
Die Männer wollten fast alle bald ihren Militärdienst in Israel ableisten und machten deshalb kurz vor Antritt gemeinsam Urlaub. Zeugenaussagen belegen, dass die Männer an dem Tag der Vergewaltigung vor dem Hotelzimmer gemeinsam warteten und einer von ihnen sagte, … :‘‘ dass das englische Mädchen bald kommen würde ‚ und das sie sie alle ficken würden..”. Sie gaben dabei an und lachten.
Die damals 18 Jährige wurde von ihren Freundinnen, nachdem sie aus dem Zimmer entkommen konnte, in ein medizinisches Zentrum gebracht, und dort riefen die Mitarbeiter die Polizei.
Die Männer wurden nach der Anzeigenerstattung inhaftiert. Nachdem die 18-Jährige jedoch am 27.Juli die Anzeige zurücknahm, wurden die Täter entlassen und am Flughafen von Ben Gurion bei ihrer Ankunft wie Helden empfangen. Es wurde mit Champagner angestoßen, und sie sangen:…‘‘ die Britin ist eine Hure”…Alleine diese Vorstellung löst bei mir Übelkeit aus. Wie kann man Männer, die ein GangBang durchführten, feiern? Wieso ist eine Frau eine Hure? Was sind denn dann diese Männer? Nichts mehr wie dreckige Täter.
Nach Erstattung ihrer Anzeige wurde sie nochmals am 27 Juli von der Polizei verhört. Sie wurde, laut ihrer Familie und laut ihr, an diesem Tag gezwungen ihre Anzeige zurück zu ziehen. Es gibt Aussagen auf Snapchat die dies bestätigen.
Sie wurde von Dr. Tizzard, einer britischen Psychologin, mit PTSD diagnostiziert. Hierzu wurde eine Stimmanalyse durchgeführt. Ja, das ist mittlerweile möglich. Unsere Stimme verrät vieles über unsere Psyche. Die junge Frau wurde in diesem traumatisierten Zustand verhört, alleine, über neun Stunden lang. Ein Anwalt wurde ihr nicht zur Verfügung gestellt. Der Horror den sie hier erleben musste ist unvorstellbar. Es gibt auch keine Aufnahmen dieses Verhörs. Allerdings ist dies mittlerweile Standard und auch in Zypern sollten mittlerweile die technischen Voraussetzungen bestehen um Verhöre aufzunehmen. Oder war es Absicht, keine Aufnahmen anzufertigen?
Die Rücknahme ihrer Anzeige wurde auf ein Blatt Papier geschrieben und laut Familie in schlechtem Englisch…:,, I discovered them recording me doing sexual intercourse.‘‘…:,,Ich entdeckte wie sie mich filmten während ich Geschlechtsverkehr ausübte…‘‘. In der Gerichtsverhandlung sagte sie, sie hatte bei diesem Verhör Angst um ihr Leben.
Die Verteidigung sagt aus, dass die junge Frau freiwillig Sex mit 12 Männern haben wollte und nur wegen der Videoaufnahme, die gegen ihren Willen stattfand, Anzeige erstattete. Ein kurzer Ausschnitt der Aufnahme fand sich vor kurzem auf Pornoseiten wieder und wurde durch die Männer in sozialen Medien und bei Whatsapp geteilt. In diesem hört man die Männer auf Hebräisch sagen‘‘ .. du bist meine Hure, sag, dass du meine Hure bist…‘‘. Sie ist daraufhin zu hören, wie sie fragt, was sie sagen und bekommt die Antwort auf Englisch:,,Wir sagen, dass du sehr sexy bist..‘‘.
Sie musste nach der Aussage, dass sie nicht vergewaltigt wurde, einen Monat in das Gefängnis in Zypern. Mittlerweile wohnt sie in sicheren Unterkünften auf Zypern, da sie zwar entlassen wurde, aber ihr Pass von den zyprischen Behörden eingezogen wurde. Man stelle sich vor, dass ein Urlaubsflirt im Gefängnis endet mit monatelangem Aufenthalt im Ausland…
Weitere rechtliche Ungereimtheiten finden sich im Umgang mit der forensischen Pathologie wieder. Der forensische Gutachter der Familie, Dr. Matsakis, wurde erst im Zeugenstand bei Gericht mit dem staatlichen Bericht der Pathologie konfrontiert. Der Bericht stellt deutliche Verletzungen dar, inklusive Vaginalblut, die mit dem Bericht der jungen Frau über den Ablauf der Vergewaltigung übereinstimmen.
Zypern hat eine sehr schlechte Statistik bezüglich der Verurteilung von Vergewaltigungen, wie übrigens auch Deutschland. Natürlich werden in diesem Fall auch politische Aspekte diskutiert. Zypern sucht eine wirtschaftliche Beziehung zu Israel und einer der jungen Männern soll der Sohn eines ehemaligen israelischen Politikers sein. Diese Faktoren sind aber nur der zusätzliche Zuckerguss auf der Torte. Auch diese Aspekte sind übertragbar. Immer wieder spielt der politische gesellschaftliche Einfluss der Eltern von Tätern eine Rolle in erschreckenden Urteilen von öffentlichkeitswirksamen, medial bekannten, Vergewaltigungsfällen in aller Welt. Auch hier nichts Neues. Diese junge Frau kommt aus der Mittelschicht und hatte einen begehrten Studienplatz, den sie jetzt verloren hat. Normalerweise sind Mittelschicht und Studium Pluspunkte im Kampf bei Gericht für Frauen, aber im Zweifel nützt auch das nichts. Zumindest nicht, wenn die Gegenseite einen mindestens ähnlichen Hintergrund hat. Und ja, natürlich sollte dies keine Relevanz haben, aber auch dies wird in den britischen Medien besonders hervorgehoben.
Verschiedene, auch deutsche Medien, haben über den Fall berichtet. Interessanterweise findet man aber, je nach Quelle, andere Inhalte. Relevante Informationen werden weggelassen, die junge Frau wird als Folge in den Kommentarspalten als Lügnerin bezeichnet, sowie alle Frauen implizit als Lügnerinnen bezeichnet werden. Wenn eine lügt über eine Vergewaltigung, dann lügen automatisch alle Frauen, immer. In welcher Welt möchte eine Frau, freiwillig, mit 12 Männern Sex haben? Welcher kranken Pornofantasie ist diese Idee entsprungen?
Aus vielen Gründen berührt mich dieser Fall besonders. Wahrscheinlich, da auch ich mich, als ich jung war, in riskante Situationen begeben habe, die nur mit Glück nicht in einer Vergewaltigung endeten.
Vielleicht auch, da ich Töchter habe und weiß, wie jung eine 18-Jährige tatsächlich ist.
Vielleicht auch, da ich mir vorstellen kann , wie es sich anfühlen muss mit einem Urlaubsflirt Sex und Spaß zu haben, und zu erleben wie elf weitere Männer das Zimmer währenddessen betreten.
Während eines Urlaubs in Tunesien in einer Hotelanlage, vor vielen Jahren, öffnete meine kleine Tochter die Zimmertür als es klopfte. Zehn junge Männer betraten daraufhin das Zimmer während ich lesend im Bett lag. Ich wusste, dass mein Leben an einem seidenen Faden hing und musste vom Bett aus ein makaberes Gespräch führen. Der junge Mann behauptete, er sei von der Rezeption geschickt worden, da die Lampe nicht mehr funktionieren würde. Ich antwortete ganz ruhig, dass alle Lampen funktionieren würden und wir verabschiedeten uns freundlich voneinander. Meine Töchter waren auch ruhig. Hätte auch nur eine von uns geschrien, oder gezeigt, dass wir anderes vermuteten, wäre der ganze Vorfall anders verlaufen. Nur durch diese Idiotie klappte es. Ich glaube meine Töchter haben mich gerettet, aber auch die Tatsache, dass ich im Bett lag. Die Gruppe hatte sich spontan entschieden mich in Ruhe zu lassen, und brauchte eine Geschichte, um wieder gehen zu können. In der Nacht fanden danach mehrere Raubüberfälle in der Anlage statt.
Das ist nicht vergleichbar, in keiner Weise, aber ich kann mich trotzdem noch an das Gefühl der absoluten Ohnmacht und Hilflosigkeit in der Situation erinnern. Ich war komplett chancenlos angesichts einer Übermacht von 10 Männern. Ich glaube, wir wissen alle, dass wir Alles tun würden um eine solche Situation einfach nur zu überleben. Ich hätte Alles getan. Stellen wir uns einfach vor in einem Zimmer vor 12 Männern zu liegen, wie diese junge 18 jährige Frau, nackt….welche Optionen hätten wir?
Den Kampf, den die junge Frau in Zypern führt, ist ein Kampf für uns Alle. Im Augenblick wurden über 80000 englische Pfund gespendet um alle notwendigen Gerichtskosten zahlen zu können. Das Crowdfunding wird ohne Entschädigung von einem englischen Anwalt koordiniert. Die Familie wird, sollte es sein müssen, bis vor den europäischen Gerichtshof gehen. Justice Abroad unterstützt die Familie.
Wie fühlt es sich an als Mutter einen Sohn zu haben, der an einer Gruppenvergewaltigung teilnimmt. Einen Sohn zu haben, der es als normal ansieht, eine Frau als Hure zu beschimpfen um sie dann zu vergewaltigen, abwechselnd mit seinen Freunden. Würde man ihn mit Champagner empfangen nach seiner Freilassung aus dem Gefängnis? Wurde mit diesen jungen Männern über Pornografie gesprochen? Ab welchem Alter konnten sie Pornografie konsumieren? Wurde mit ihnen über Sexualität, Gewalt, Konsens, Intimität, Verantwortung, Ethik und Leidenschaft gesprochen, als sie noch jung genug waren um sich anders entwickeln zu können?
Ich für mich kann sagen, dass ich keinen Sohn mehr hätte, wäre mein Sohn an einer Gruppenvergewaltigung beteiligt. Wahrscheinlich hätte ich aber genau deshalb keinen Sohn, der dies tun würde. Aber das sind Mutmaßungen. Würde ich über Pornografie mit meinem Sohn sprechen? Die Auswirkungen von Pornografie? Über Männlichkeit und Sexualität? Wie früh würde ich mit ihm darüber sprechen? Pornokonsum beginnt in der heutigen Zeit mit 12 Jahren.
Die Vorgehensweise dieser Vergewaltigung erinnert an den Ablauf von Pornofilmen. Hier gibt es für mich keinen Zweifel. Mit wie viel Jahren haben diese Männer angefangen Pornos zu sehen? Wie oft konsumieren sie jetzt Pornos. Hat jemand diese Frage gestellt? Hat jemand den Zusammenhang von Pornografie und Taten wie diesen in den Medien hergestellt? Ich habe bisher Nirgends etwas davon gelesen. Nirgends.
Die Methode der Gruppenvergewaltigung wiederholt sich mittlerweile, so erscheint es mir zumindest. Ein Mann beginnt eine romantische Beziehung und leitet eine Gruppenvergewaltigung ein. Zur Erpressung wird die Vergewaltigung aufgenommen. Einen ähnlichen Fall mit Serienvergewaltigungen durch Freunde gab es vor einigen Jahren in Deutschland, unter anderem. Es reicht.
Was bleibt zu sagen: Ich glaube ihr.
https://www.gofundme.com/f/Help-Teen-Victim-Get-Justice-In-Cyprus
Fundraiser by John Hobbs : Help Teen Victim Get Justice In Cyprus – GoFundMeJohn Hobbs Help Teen Victim Get Justice In Cyprus In the early hours of Sunday the 28th of July 2019, following a week of traumatic events, our daughter was awww.gofundme.com |
Mir fehlen die Worte. Das ist in etwa das Schlimmste was einer Frau oder einem Mädchen passieren kann. Und dann auch noch verhöhnt werden von Tätern und Justiz. Die junge Frau wird jahrelange Therapie benötigen, während die Täter auch noch stolz sind auf ihre Tat. Wie tief kann eine Gesellschaft, die solches nicht nur duldet, sondern dem Opfer noch fehlende Glaubwürdigkeit vorwirft noch fallen? Ja, wir leben in einer “rapeculture”.
Dem Horror und der Gewalt gegen Frauen scheint nach unten keine Grenzen gesetzt. Auch von der Justiz nicht. Alles erinnert wieder so sehr an die Zeit der “Hexenverbrennungen” und die Zeit der “gefallenen Mädchen”, die man verachtete, ausstiess, und ihnen das “uneheliche Kind” (Balg) wegnahm. Mit weniger Glück kam sie noch in eine Anstalt. Zumindest in Irland. Die Sünderin! Wie lange noch soll dies eigentlich so gehen? Wann wird dieses Elend endlich als das erkannt was es ist? Ein grauenvoller und grausamer Krieg gegen Mädchen und Frauen und ihre weiblichen Körper.
Ps. Ich habe früher Frauen nach einer Vergewaltigung zu Befragungen bei der Polizei und vor Gericht begleitet. Es hat mich traumatisiert. Sekundär-Truma nennt man das. Die Befragungen waren darauf angelegt, die Frau “unglaubwürdig” zu machen, in dem sie einem regelrechten Kreuzverhör ausgesetzt wurde, mit unzähligen unrelevanten Detailfragen. Ausserdem wurde jede ihrer Antworten noch auseinander genommen und Widersprüche gesucht. Ich nehme doch schwer an, die Befragung dieser Frau in Zypern (7 Stunden ohne Anwalt) ist ebenso verlaufen. Schändlich. Es geht immer nur darum, die Frau anzuklagen und die Täter zu schützen.
Auch Polizisten und Richter sind in erster Linie Männer und erst in zweiter Linie neutrale Instanzen. Solche Befragungen sollten zwingend auf Video aufgezeichnet werden müssen, damit man die ganze Schändlichkeit und Parteilichkeit von neutraler Stelle anschauen kann. Seit meiner Arbeit mit diesen vergewaltigten Frauen, kann ich allen nur raten, keine Anzeige zu machen, wenn sie nicht am Schluss dreifach traumatisiert als “Lügnerin” enden will. Es ist abscheulich und es besteht diesen Handlungsbedarf auf diesem Gebiet. Auch sehe ich kaum einen Unterschied zu den Frauen-hassenden Mullah-Regimes.