„Kulturelle Amnesie“: Was wir nicht wissen dürfen, damit sexuelle Ausbeutung funktioniert

Schema des Faserverlaufes im menschlichen Gehirn und Rückenmark

By Christoph Theodor Aeby [Public domain], via Wikimedia Commons

This information [harms of prostitution, pornography and trafficking] has to be culturally, psychologically, and legally denied because to know it would interfere with the business of sexual exploitation.

Diese Fakten [die Schäden, die Prostitution, Pornografie und Menschenhandel anrichten] müssen kulturell, psychologisch und rechtlich geleugnet werden, denn das Wissen darüber würde das Geschäft mit der sexuellen Ausbeutung stören.

Die Leugnung, Verdrängung, Bagatellisierung und das Ausradieren der offensichtlichen Gewalt und Brutalität, mit der (kommerzielle) sexuelle Ausbeutung verhaftet ist, macht mich in Diskussionen zum Thema Prostitution oft sprach- und ratlos. Wie kann es passieren, ein System wie Prostitution noch zu befürworten, obwohl – so meine ich – gewusst wird, welchen maßlosen „menschlichen Schaden“ es anrichtet?

Melissa Farley1 geht in einem Artikel, der 2006 im Yale Journal of Law and Feminism unter dem Titel: „Prostitution, Trafficking, and Cultural Amnesia: What We Must Not Know in Order To Keep the Business of Sexual Exploitation Running Smoothly2 erschien, der Fragestellung nach, warum es – so sinngemäß zusammengefasst – für das Funktionieren der Sex-Industrie wichtig ist, die Gewalt im Kontext (kommerzieller) sexueller Ausbeutung zu leugnen und auszublenden.

In diesem Beitrag stelle ich die Kernaussagen dieses Artikels heraus.

Obwohl schwerste sexuelle, physische, psychische Gewalt und Folter dem System der Sexindustrie inhärent sind, ist eben dieses gewollte Unwissen darüber und das Ausblenden und Bagatellisieren dieser Brutalität unabdingbar für das Funktionieren von Prostitution und Menschenhandel. Es ist wichtig, nicht zu wissen, was tatsächlich geschieht. Denn

There is an economic motive to hiding the violence in prostitution and trafficking.

Es ist von wirtschaftlichem Interesse, die Gewalt in Prostitution und Menschenhandel auszublenden.

Neue Sprachregelungen, die im Kontext neoliberaler und kapitalistischer Konzepte gewachsen sind, unterstützen den menschlichen Verdrängungsapparat dabei, die Gewalt umzudeuten, neu zu definieren und damit auch ein neuartiges, an der eigentlichen Brutalität vorbeigehendes, Bewusstsein für die Sex-Industrie zu entwickeln.

When prostitution is conceptually morphed into sex work, brutal exploitation by pimps becomes an employer-employee relationship. When prostitution is defined as labor, the predatory, pedophiliac purchase of a human being by a john becomes a banal business transaction.

Wenn Prostitution konzeptionell als Sexarbeit umgedeutet wird, dann wird aus der brutalen Ausbeutung durch Zuhälter ein Arbeitgeber-Arbeitnehmerinnen-Verhältnis. Wenn Prostitution als (ganz normale) Arbeit definiert wird, dann wird der rücksichtslose, pädophile Kauf von Menschen durch Freier zum ganz gewöhnlichen (Tages-)Geschäft.

1. In order to view prostitution as a job, and in order to keep the business of sexual exploitation running smoothly, we can not know that prostitution is extremely violent.

1. Um Prostitution als Job zu betrachten und das Geschäft mit sexueller Ausbeutung am Laufen zu halten, können wir nicht wissen, dass Prostitution extrem gewaltvoll ist.

Yet this is what the „job“ of prostitution requires; that women put themselves in jeopardy every time they turn a trick. And then we ask, „How do you prevent it from leading to danger?“ The answer is, you can’t. Count the bodies.

Dabei ist es das, was die „Arbeit“ Prostitution erfordert; dass Frauen sich jedes Mal, wenn sie sich verkaufen, in Gefahr begeben. Und dann fragen wir: „Wie schützt du dich davor, dass es gefährlich wird?“ Die Antwort ist, du kannst es nicht. Zähl‘ die Leichen.“

ZItat einer Prostitutions-Überlebenden

Ein Großteil der prostituierten Frauen hat psychische, physische und sexuelle Gewalt in der kindlichen und jugendlichen Sozialisation erlebt und sieht in den Gewalterfahrungen und der späteren Prostitution einen deutlichen Zusammenhang. Überlebende erzählen uns das, zahlreiche Studien belegen das. Prostitution ist gefährlich, voller Gewalt und tödlich, es ist unerheblich, ob diese „indoor“ oder „outdoor“ stattfindet. Gewalt gehört zum Alltag der Prostitution, es macht keinen Unterschied, ob diese legalisiert ist oder nicht. Die verbale Gewalt in der Prostitution ist unsichtbar, aber hat fatale Folgen. Dazu zählt die Degradierung der Frau zum Objekt, der Verlust ihrer Identität, ihres Namens und ihrer Gefühle. Die Frauen in der Prostitution erleben ihren Körper als Ware und nicht mehr als integralen Bestandteil ihrer Persönlichkeit. Die meisten Frauen können ohne Dissoziation nicht prostituiert werden, die Dissoziation schützt sie vor Schmerz, Scham und Wut. Ein Großteil der Frauen entwickelt durch die Prostitution eine Posttraumatische Belastungsstörung, mit der Panik, Depressionen, Schlaflosigkeit, Albträume und Schreckhaftigkeit verbunden sind.

It‘ s almost like I trained my mind to act like I like [prostitution] but not have any thoughts. I have the thoughts like „What is this doing to my body and my mind and my self-esteem?“ a few days later but not as it“s happening … Even though the guys are paying me for it, I feel like they’re robbing me of something personal. And I wonder, „Why are they doing this?“

Es ist fast so, als hätte ich meinem Kopf beigebracht, so zu tun, als würde ich [die Prostitution] mögen, aber mir dabei keinerlei Gedanken zu machen. Einige Tage später habe ich so Gedanken wie „Was macht das mit meinem Körper und meinen Kopf und meiner Selbstachtung?“, aber nicht in dem Moment, in dem es passiert … auch wenn die Typen mich dafür bezahlen, fühle ich mich trotzdem so, als würden sie mir etwas total Persönliches rauben. Und ich frage mich: „Warum tun sie das?“

Zitat einer Prostitutions-Überlebenden

 

2. In order to consider prostitution a job, and in order to keep the business of sexual exploitation running smoothly, we can not know that racism and class prejudice, like sexism, are intrinsic to prostitution.

2. Um Prostitution als Job anzusehen und das Geschäft mit sexueller Ausbeutung am Laufen zu halten, können wir nicht wissen, dass Rassismus und Klassen-Vorurteile, genauso wie Sexismus der Prostitution immanent sind.

The critical question with respect to sex, race, and class-based discrimination in prostitution is not “did she consent?” but “has she been offered the real choice to exist without prostituting?”

Die entscheidende Frage im Hinblick auf Geschlecht, race und klassenbasierter Diskriminierung ist nicht „Hat sie zugestimmt?“ sondern „Hatte sie eine reale Chance, ohne Prostitution zu leben?“

Die Prostitution ist das Parade-Beispiel für die Intersektion von Sexismus, Rassismus und Klassismus. Es sind eben diese ohnehin marginalisierten Frauen, die in der Prostitution verkauft werden: Frauen, die rassistischer und/oder klassistischer Diskriminierung unterliegen, Frauen aus „bildungsfernem“ Umfeld und/oder Armut und/oder gewaltvollen respektive dysfunktionalen Familienstrukturen. Women of Color3 sind in der Prostitution über-repräsentiert, rassistische Stereotypen sind vorherrschend, die Sexkäufer streben nach etwas „Exotischem“, etwas „Anderem“. Innerhalb der Prostitution sorgen Rassismus und Klassismus für die Existenz einer Hierarchie unter den prostituierten Frauen, „ganz unten“ sind dabei [in z. B. Mexiko, USA, China, Bangkok] die indigenen Frauen [in Deutschland sind es überwiegend Roma-Frauen aus Osteuropa].

Es existiert der Mythos, dass manche Frauen innerhalb der Prostitution durch sog. „Klassenprivilegien“ geschützt sind, damit ist die Falschannahme gemeint, dass das Auftreten als so genannte Escorts oder High-Class-Call-Girls vor der Gewalt und Ausbeutung in der Prostitution schützt. Dem ist nicht so. Es ist auch falsch, davon auszugehen, dass die prostituierten Frauen immer am gleichen Ort verbleiben, denn die Orte, in denen Frauen prostituiert werden, sind die, in denen die größte Nachfrage besteht. Frauen werden dort hin gebracht, wo Zuhälter und Menschenhändler den größen Profit rausschlagen können.

My experience in prostitution gives the lie to … common beliefs about the hierarchy of prostitution, the streets being the worst-case scenario and …[escort] service being the best. … all I can say is, whether you turn tricks in a car by the Holland tunnel or in the Plaza Hotel, you still have to take off your clothes, get on your knees or lie on your back, and let this stranger use you in any way he pleases.

Meine Erfahrung in der Prostitution straft den Gedanken Lüge … allgemein von einer Hierarchie in der Prostitution auszugehen, in der die Straße das „Worst-Case“-Szenario ist und … [Escort] Service das Beste … ich kann nur sagen, ob du die Nummer in einem Auto vor einem Autobahntunnel schiebst oder im Plaza-Hotel, du musst immer noch deine Klamotten ausziehen, auf die Knie gehen oder auf dem Rücken liegen und von einem Fremden dich so benutzen lassen, wie es ihm gerade beliebt.

Evelina Giobbe, Prostitutions-Überlebende

3. In order to consider prostitution a job, and in order to keep the business of sexual exploitation running smoothly, we can not know that prostitution, pornography and trafficking meet or exceed legal definitions of torture.

3. Um Prostitution als Job anzusehen und das Geschäft mit sexueller Ausbeutung am Laufen zu halten, können wir nicht wissen, dass Prostitution, Pornografie und Menschenhandel den offiziellen Definitionen von Folter entspricht oder sie überschreitet.

Folter ist

jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden[, …] oder um sie oder einen Dritten einzuschüchtern oder zu nötigen, oder aus einem anderen, auf irgendeiner Art von Diskriminierung beruhenden Grund, wenn diese Schmerzen oder Leiden von einem Angehörigen des öffentlichen Dienstes oder einer anderen in amtlicher Eigenschaft handelnden Person, auf deren Veranlassung oder mit deren ausdrücklichem oder stillschweigendem Einverständnis verursacht werden. 4

Verbale und physische sexuelle Belästigung, erzwungenes Nacktsein, Vergewaltigung … das Alles ist Folter, es ist unerheblich, ob diese politisch motiviert ist oder im System Prostitution stattfindet; es existiert heutzutage Übereinkunft darüber, dass Folter auch „im privaten Umfeld“ stattfindet und nicht nur durch amtliche Personen durchgeführt wird. Laut Amnesty International sind die jeweiligen Staaten verantwortlich für jede ausgeübte Folter an Frauen, unabhängig vom Kontext, in dem sie verübt wird und unabhängig davon, wer der Täter ist.5

Während staatlich/politisch motivierte Folter öffentlich angeprangert wird, werden vergleichbare Taten an prostituierten Frauen ignoriert. Trotz der offensichtlichen Ähnlichkeit zwischen politisch motivierter Folter und der an Frauen in der Pornografie, herrscht allgemeines Schweigen über den Sadismus, der von Männern an Frauen verübt wird: Frauen werden fotografiert und gefilmt und dienen zur sexuellen Unterhaltung wie z. B. auf Junggesellenabschieden und in Strip-Clubs. Folter gehört zum Alltag in der Pornografie, der insbesondere (sadistische) Praktiken, in denen Frauen massiv degradiert und massiv erniedrigt werden [z. B. Bukkake], inhärent sind.

[T]orture aims to undermine the way the victim relates to his or individual’s personality. . . . The sexual nature of these acts shows that the torturers realise the centrality of sexuality for their victims’ identity. The perpetrators in these photographs aim to destroy their victim’s sense of self by inflicting and recording extreme sexual humiliation.

Folter zielt darauf ab, die Art und Weise, in der das Opfer zu seiner […] Persönlichkeit steht, zu unterminieren. … Die sexuelle Wesensart solcher Taten zeigt, dass die Folterer klar erkennen, welch zentrale Bedeutung die Sexualität für die Identität des Opfers hat. Bei solchen Fotografien zielen die Täter darauf ab, das Selbstwertgefühl ihrer Opfer zu zerstören, in dem sie ihnen extreme sexuelle Erniedrigung zufügen und diese filmen.

Joanna Bourke, Historikerin

Diese Beschreibung von Folter [durch Militär-Regimes] trifft exakt die der Prostitution und Pornographie, in der Frauen auf die gleiche Weise sexuell erniedrigt werden (Bourke stellt diese Ähnlichkeit in ihrem Artikel nicht heraus). Zuhälter und Menschenhändler verwenden die 3-Säulen-Strategie politischer Folterer: Schwächung, Angst und Abhängigkeit. Systematische Unterdrückung, Gehirnwäsche, Indoktrination und körperliche Übergriffe gehören zum Alltag prostituierter Frauen und sie zielen darauf ab, jegliche Form von Selbstkontrolle und freiem Willen und Denken auszulöschen. Die extreme Gewalt in der Prostitution wie die der Folter, dient wirtschaftlichen Interessen und sadistischer Befriedigung und sie signalisiert der prostituierten Frau, dass sie völlig wertlos ist oder eben eine Hure, ein Tier oder weniger Wert als ein Mensch.

[T]he word ‚prostitute‘ does not imply a ‚deeper identity‘, it is the absence of an identity: the theft and subsequent abandonment of self. What remains is essential to the ‚job‘: the mouth, the genitals, anus, breasts … and the label.

Das Wort ‚Prostituierte‘ beinhaltet keine ‚tiefere Identität‘, sondern die Abwesenheit einer Identität: die Entwendung des Selbst und die darauf folgende Selbstaufgabe. Was bleibt, ist essentiell für den ‚Job‘: der Mund, die Genitalien, Anus, Brüste … und das Stigma.

Evelina Giobbe, Prostitutions-Überlebende

4. In order to consider prostitution a job, and in order to keep the business of sexual exploitation running smoothly, we can not know that pornography is action taken against real women, that it is advertising for prostitution, and that pornography is one way to traffic women.

4. Um Prostitution als Job anzusehen und das Geschäft mit sexueller Ausbeutung am Laufen zu halten, können wir nicht wissen, dass Pornografie eine Tat ist, die sich gegen reale Frauen richtet, dass sie [Pornografie] Werbung für Prostitution ist und dass Pornografie eine Art und Weise ist, mit Frauen zu handeln.

The filming of 251 men’s prostitution of Grace Quek (called Annabel Chong) was sold as „The World’s Biggest Gang Bang.“ After being edited down to 4 hours, the film became hardcore pornography. The filming of johns assaulting Quek was stopped after 10 hours because she was bleeding internally. For Quek, the film was not an idea, it was not a narrative, it was nota representation. Real johns perpetrated real sexual assaults on her resulting in real physical and psychological injuries.

Die Verfilmung der Prostituierung von Grace Quek (bekannt als Annabel Chong) durch 251 Männer wurde als „Der größte Gang Bang der Welt“ verkauft. Nachdem der Film auf eine Länge von 4 Stunden [herunter] bearbeitet wurde, wurde er zu Hardcore-Pornografie. Das Filmen der Freier, die Quek [sexuell] misshandelten, wurde nach 10 Stunden gestoppt, weil sie innere Blutungen hatte. Für Quek war dieser Film keine Vorstellung, keine Geschichte, es war keine Darstellung. Echte Freier begingen echte sexuelle Übergriffe an ihr, die zu echten physischen und psychischen Verletzungen führten.

Pornographen und Zuhälter verfolgen das gleiche Ziel: Sie beuten Mädchen und Frauen aus, zwingen sie in die Sex-Industrie und dazu, in ihr zu bleiben. Pornografie ist gefilmte Prostitution und ihre Konsumenten erhalten sie als ein „Dokument der Erniedrigung“. Pornografie wird von Zuhältern genutzt, um den prostituierten Frauen klar zu machen, was sie von ihnen für Praktiken verlangen. Prostitution wird im Internet beworben und ist damit untrennbar mit Pornografie verbunden. Internet-Pornografie und -Prostitution bieten die Möglichkeit der Anonymität, Zuhälter und Pornografen können problemlos „Doppelleben“ führen und unterstützen sich gegenseitig mit Informationen, wo am besten Frauen gekauft werden können. Prostituierte Frauen, deren Zuhälter pornografisches Material von ihnen anfertigten, zeigten deutlich schwerere Symptome der Posttraumatischen Belastungsstörung als andere prostituierte Frauen.

5. In order to consider prostitution a job, and in order to keep the business of sexual exploitation running smoothly, we can never talk about johns or tricks.

5. Um Prostitution als Job anzusehen und das Geschäft mit sexueller Ausbeutung am Laufen zu halten, können wir niemals über über Freier oder den „Sex“ an sich reden. .

Leihen eines Organs für 10 Minuten.

Ich benutze sie so wie ich andere Einrichtungen, ein Restaurant oder öffentliche Toiletten benutzen dürfte.

Etwas, in das er [der Freier] sich entleeren kann, eine Art menschliche Toilette.

[Prostitution] nimmt ihnen [den prostituierten Frauen] einen Teil ihrer Selbst, den sie nicht zurück bekommen können. Sie können sich selbst nicht mehr im Spiegel anschauen.

Wenn die Kommunikation in der Partnerschaft nicht funktioniert, kannst du [immer noch] zu einer Prostituierten gehen.

… es ist wie ein Kinderspiel, du sammelst Punkte.

Ich habe dafür [Prostitution] bezahlt. Du [prostituierte Frau] hast keine Rechte. Du bist jetzt mit mir zusammen.

Prostitution sagt aus, dass Frauen weniger wert sind als Männer.

Sie gibt das Recht auf, „Nein“ zu sagen.

Männer stehen ‚drauf, Frauen zu kontrollieren, sie benutzen ihre körperliche Macht, um Frauen zu kontrollieren. Genau genommen ist es bezahlte Vergewaltigung. Währenddessen machst du sie unterwürfig, damit du die dominante Person bist. Sie hat zu tun, was du willst.

Ich war wie ein Kind in einem Süßigkeiten-Laden. Ich mein, es war ein Leichtes für mich, vier Weiber an einem Nachmittag zu erledigen. … Ich dachte, das ist es, was Männer tun.

Perspektive der Freier

Ich war jeden Tag Zeugin schlimmster Männer, [Zeugin] ihrer Rücksichtslosigkeit, ihres hohen Anspruchs. Von ihrer Art und Weise, wie sie sich so völlig abtrennen von der, mit der sie gerade Sex haben. … Das hatte ein System, das älter und mächtiger war, als ich mir je vorstellen konnte. Wer war ich? Ich war nur ein Mädchen. Was sollte ich dagegen tun? Wenn ich nur irgendwie Macht hätte, dann würde ich dafür sorgen, dass ich niemals gekauft, verkauft oder verliehen worden wäre.

Die Perspektive der prostituierten Frau

Freier sind Durchschnittsbürger, nicht, wie vielleicht angenommen, abnormale sadistische Psychopathen. Sie kommen aus allen möglichen Alterssparten und sozialen Klassen. Die meisten sind verheiratet oder leben in Partnerschaft.

6. In order to normalize prostitution in everybody’s culture, postmodern theory helps to keep the real harms of prostitution, pornography, and trafficking invisible.
6. Um Prostitution in jeder Kultur zu Normalität werden zu lassen, hilft die postmoderne Theorie dabei, die realen Verletzungen/Schäden in Prostitution, Pornografie und Menschennhandel unsichtbar zu machen.
Mit der postmodernen Herangehensweise wurden Temini geschaffen, die dafür sorgen, dass Lebenswirklichkeiten und Wahrheiten verschwinden. Die Objektifizierung, Degradierung und sexuelle Erniedrigung der Frau weicht der Verblendung durch neoliberale Sprachkonstrukte; ein paar wahllose Beispiele folgen:

 

  • Freier/Sexkäufer sind interessierte Gruppen
  • Zuhälter sind Manager
  • freiwillige Prostitution impliziert, dass sie zugestimmt hat, obwohl sie meistens überhaupt keine andere Chance hatte [zu überleben]
  • Sexarbeit definiert Prostitution zu [ganz normaler] Arbeit um
  • die migrantische Sexarbeiterin, transnationale migrantische Arbeit oder flexible Arbeit machen Glauben, dass dies [Prostitution] eine ganz normale [und globale] Arbeitspraktik ist
  • die Bezeichnung Erotik-Unternehmerin
  • die sexuelle Ausbeutung in Strip-Clubs heißt jetzt sexuelle Selbstbestimmung
  • Bordelle haben Namen wie Massage-Salon, Sauna,Wellness-Oase, Swinger-Club
  • Prostitution = Sexualassistenz
  • in den USA repräsentiert der Ausdruck ‚ho‚ die bigotte Vorstellung, dass alle Frauen, inbesondere afro-amerikanische Frauen, geborene Huren sind
  • Frauen in der Prostitution tragen jetzt Bezeichnungen wie Escort, Hostesse, Stripperin, Tänzerin, Sexarbeiterin
  • der Begriff Sexarbeiterin suggeriert, dass Prostitution eher ein zumutbarer Job für arme Frauen ist als eine Verletzung ihrer Menschenwürde
  • die Frau in der Prostitution = Bedeutungssystem / Cyborg-Montage / der weibliche Körper in Fleisch und Blut in sexueller Interaktion gegen eine Art Bezahlung ohne inhärente Bedeutung

In that one word – work – we lose ground in the political struggle to understand prostitution as violence against women.

Durch dieses eine Wort – Arbeit – verlieren wir den Boden in dem politischen Kampf, Prostitution als Gewalt gegen Frauen zu verstehen.

Die Postmoderne leugnet die psychologische Zersplitterung, die Vergewaltigung und Folter und ihre Abspaltung als direkte Auswirkung von Prostitution, Pornografie und Menschenhandel. Prostituierte Frauen werden als Strateginnen „full of agency“ angesehen, sogar von „dissociative proficiency“ [!sic] ist die Rede; Victim Blaiming von Menschen, die eigentlich Opfer von Vergewaltigung resp. männlicher Gewalt sind, ist an der Tagesordnung; man spricht von „Risiko bereiten“ prostituierten Frauen, die sich willentlich selbst Schaden zufügen, ohne diese Form der Selbstschädigung als Reinszenierung sexueller Gewalt oder Vernachlässigung in der Kindheit zu verstehen. In der Prostitution existiert ein ganz reales Machtgefälle, in der der Mann die soziale, legale und wirtschaftliche Macht hat, die Frau zu entmenschlichen, zu objektifizieren und zu fetischisieren, dazu zählen rassistische und sexuelle Gewalt, Sadismus und (sexuelle) Entwürdigung und in aller Regelmäßigkeit Taten, die Folter gleichkommen.

Grace Quek, die Hauptdarstellerin in „Der größte Gang Bang weltweit“ wird als „die neue feministische Ikone“ angesehen, „die provoziert und schamlos ist“. Als sie in einem Interview auf die Narben auf ihren Armen angesprochen wird [es geht um die Langzeitfolgen von Selbstverstümmelung], antwortet sie: „Der Schmerz bringt mir Erleichterung“. Warum wurde eigentlich nicht ein einziger Mann, der Grace Quek [Gang-Bang-]vergewaltigte wegen sexueller Gewalt angeklagt?

Postmoderne IdeologInnen sind Komplizen der Männer, die sexuelle Gewalt ausüben und dazu gehören Freier, Zuhälter und Pornografen.

7. In order to view prostitution as a job, and in order to keep the business of sexual exploitation running smoothly, we can not know that when prostitution is legalized or decriminalized, it gets worse. And we can not know that there are some excellent laws that are aimed squarely at abolishing the institution of prostitution while at the same time supporting the women in it to escape.

7. Um Prostitution als Job anzusehen und das Geschäft mit sexueller Ausbeutung am Laufen zu halten, können wir nicht wissen, dass es noch schlimmer wird, wenn Prostitution legalisiert oder entkriminalisiert wird. Und wir können nicht wissen, dass es ausgezeichnete Gesetze gibt, die direkt darauf abzielen, die Institution Prostitution abzuschaffen, während zeitgleich die Frauen in ihr dabei unterstützt werden, aus ihr [Institution Prostitution] auszusteigen.

In der Debatte darum, ob die Legalisierung oder die Illegalisierung der Prostitution sinnvoller ist, tauchen in der Regel die auf, die auf dem Recht auf Prostituierung beharren, dies wird in erster Linie von Zuhältern und Freiern propagiert und solchen, die aus der Prostitution eine Angelegenheit der Menschenrechte im Sinne eines Menschenrechtes auf Sexualität machen. Es gibt Organisationen, die die bürgerlichen Rechte von Frauen verletzt sehen, wenn ihnen [den Frauen] das „Recht auf Sexarbeit“ genommen wird. Verwirrung entsteht auch dadurch, dass sich LobbyistInnen der Sex-Industrie Namen von Menschenrechts- oder Gesundheits-Organisationen aneignen. Die GAATW verfolgt hinsichtlich ihrer Ziele [wirbt für Prostitution als Sexarbeit] beispielsweise das genaue Gegenteil von der CATW [wirbt für Abschaffung der Prostitution].

LobbyistInnen behaupten, dass die Legalisierung der Prostitution ihr soziales Stigma beseitigen würde. In Wirklichkeit werden Frauen in der legalen Prostitution genauso schlecht behandelt wie in der illegalen: sie bleiben physisch und sozial abgelehnt; die Legalisierung hilft auch nicht, vor Gewalt zu schützen; und Il-Legalisierung hin oder her: Niemand möchte die Prostitution in seiner Nachbarschaft, deshalb bleiben die Orte, in der sie stattfindet, auch die gleichen.

Andrea Dworkin plädierte dafür, die prostituierte Frau zu entkriminalisieren, während die Nachfrageseite, die Freier und Zuhälter, kriminalisiert resp. bestraft wird, so wie es in Schweden der Fall ist. Ein solches Gesetz signalisiert, dass in der Prostitution eine schwächere Person ausgebeutet wird und es sieht Unterstützungsmöglichkeiten für die Frauen vor, um die Prostitution verlassen zu können.

Es existieren internationale Vereinbarungen, die die Prostitution ablehnen:

Die UN-Konvention von 1949 erklärte Menschenhandel und Prostitution für unvereinbar mit der Menschenwürde. Die Palermo-Konvention von 2000 erklärte [das Konstrukt] „Zustimmung“ im Kontext von Menschenhandel für irrelevant und forderte die Staaten dazu auf, rechtliche Interventionen zu etablieren, die an der männlichen Nachfrage prostituierter Frauen ansetzt; sie zielte auch auf eine Reihe weiterer Formen von sexueller Ausbeutung wie z. B. Pornografie. Ein Bericht der UN von 2006 merkte an, dass Prostitution, so wie sie in der Welt praktiziert wird, die rechtlichen Voraussetzungen von Menschenhandel erfüllt und dass deshalb von einer Legalisierung der Prostitution abgeraten wird.

Our goal is to abolish the institution of prostitution while at the same time standing in solidarity with sisters who are currently prostituted.

Unser Ziel ist, die Institution der Prostitution abzuschaffen und zeitgleich solidarisch mit unseren Schwestern zu sein, die gegenwärtig prostituiert werden.


Weiterführende Informationen


Fußnoten

1 Melissa Farley, * 1942, Feministische Aktivistin, Klinische Psychologin, Wissenschaftlerin, untersuchte in zahlreichen Studien die Auswirkungen von Prostitution, Zwangsprostitution, Menschenhandel, Sex-Industrie und Sexueller Gewalt
2 Sinngemäß: „Prostitution, Menschenhandel und Kulturelle Amnesie: Was wir nicht wissen dürfen, damit das Geschäft mit sexueller Ausbeutung problemlos am Laufen gehalten werden kann“
3 Women/Person of Color (W/POC): Eine selbstbestimmte Bezeichnung von und für Menschen, die nicht weiß sind. Das Konzept „People of Color“ setzt voraus, dass Menschen, die nicht weiß sind, über einen gemeinsamen Erfahrungshorizont in einer mehrheitlich weißen Gesellschaft verfügen (Der Braune Mob e. V.)
4 Definition der UN-Antifolterkonvention
5 „Broken Bodies, Shattered Minds: Torture and Ill-Treatment of Women“ (Amnesty International); Anmerkung dazu: Schade, dass dieser Bericht von Amnesty International offensichtlich keinen Einfluss auf Positionierung hinsichtlich Prostitution genommen hat

 

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