Unsere Störenfrieda des Monats: Kate Millett

Buchcover: Sexual Politics

„Die Welt befand sich im Tiefschlaf, und Kate Millett hat sie aufgeweckt.“

Das sagte Andrea Dworkin vor einiger Zeit über die gestern nur wenige Tage vor ihrem 83. Geburtstag verstorbene Kate Millett.

Eine Freundin schreibt:

„Als ich damals Kate Millett`s „Sexual Politics“ gelesen habe, hatte ich einen dieser Momente, in denen mir schwante, dass vielleicht nicht ich es bin, die durchgeknallt ist, sondern alles andere.“

Katherine Murray Millett wurde am 14. September 1934 in St. Paul, Minnesota, geboren. Ihr Vater, ein Alkoholiker, verließ die Familie als Kate 14 war, woraufhin die Mutter mit ihren drei Töchtern in Armut zurückblieb. Eine Tante finanzierte die Ausbildung, die in einer Professur für Englische und Vergleichende Literatur resultierte. Kate Millett gilt als eine der Vordenkerinnen des Radikalfeminismus. Ihre Dissertation trug den Titel „Die Tyrannei des Mannes in unserer Gesellschaft“.

Kate Millett hat in ihrem 1969 erschienen Buch „Sexual Politics“ –  das von Dworkin „das Alpha und Omega der Frauenbewegung“ genannt wird – eindrucksvoll erläutert, warum Geschlecht (sex) mit politischen Implikationen verbunden ist. Sie beschrieb die männliche Dominanz, die sich überall, auch im Geschlechtsverkehr, bemerkbar macht – und brach damit gesellschaftliche Tabus. Das Buch wurde ein Bestseller und 1971 auch ins Deutsche übersetzt („Sexus und Herrschaft“).  Ihre Analysen bezogen – und das war neu – anthropologische, soziologische, ökonomische und geschichtliche Methoden mit ein, und auch vor den Werken der Sexualliberalen, den Autoritäten der liberalen Linken, machte sie nicht halt und nahm sie gnadenlos auseinander.

Ihre Ausführungen zu „Konsens“ und die Rolle von weiblicher Sozialisation und innerer Kolonisation, sind in den heutigen Debatten zu „Freiwilligkeit“ und „Selbstbestimmung“ in Bezug auf die Prostitution aktueller denn je.

Kate Millett gründete 1978 das „Millett Center for Arts“ auf ihrer Farm in Poughkeepsie. Ihre Illustrationen, Zeichnungen und Fotografien wurden weltweit ausgestellt.  Nach der gescheiterten Ehe mit dem japanischen Künstlerkollegen Fumio Yoshimura erfolgte ihr lesbisches Coming Out. Zum Zeitpunkt ihres Todes war sie bereits viele Jahre mit Sopie Keir liiert, die sie erst kürzlich geheiratet hat.

Millett war Aktivistin bei Redstockings und den New York Radical Feminists. Nach der Buchveröffentlichung von “Sexual Politics” sprachen sie alle von Millett: Sie tingelte durch die Talkshows, sprach auf Podien und Demonstrationen und machte, wie sie sagte, „ein kleines Vermögen“. Die ganze Aufmerksamkeit machte ihr psychisch jedoch schwer zu schaffen: Sie sah sich selbst nicht als Sprecherin der Frauenbewegung und nicht als Politikerin. Sie fühlte sich überwältigt. Eine manisch-depressive Erkrankung wurde diagnostiziert, stellte sich jedoch viele Jahre später als falsch heraus. In „The Loony Bin Trip“ (1990) schilderte Millett ihre Psychiatrie-Erfahrungen, und engagierte sich in Folge in der Anti-Psychiatrie-Bewegung.

2001 nannte die Zeitung Guardian Millett „troublemaker“ – zweifellos war Kate Millett eine echte Störenfrieda. Ihr politischer Einfluss war bahnbrechend für die radikalfeministische Bewegung. Kate selbst sagte:

„Ich liebe es Ärger zu machen. Es ist ein wundervoller Job. Er wird zwar nicht bezahlt, aber er garantiert dir viele Abenteuer“

Danke für alles, Kate – neben dem verdienten Platz in den Geschichtsbüchern hast du einen Platz in unseren Herzen!

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