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Stalking? – Das ist Privatsache

Stalker

Stalker by Patrik Nygren, Flickr CC BY-SA 2.0

Ein Gastbeitrag von Stephanie Zimmer

Es gab dieses Jahr etwas sehr Unerfreuliches in meinem Leben, das ich am liebsten jedem erzählt hätte, so sehr trieb es mich um, weil ich es so ungerecht fand. Doch ich dachte mir, ach, dein Fall war ja noch harmlos und das Problem ist ja bekannt, darüber haben ja auch schon andere berichtet. Aber als ich heute in der Politiksparte eines Buchgeschäftes stöberte und feststellte, dass dort hauptsächlich Männer über die immerselben Themen referieren, dachte ich mir, dann darf ich das auch. Mein Fall ist auch politisch.

In meinem Wohnort soll ein schönes Naherholungsgebiet platt gemacht werden. Das empörte mich und zusammen mit anderen haben wir eine BürgerInneninitiative gegründet. Einen aus der Gruppe fand ich schon immer nervig, weil er sich machomäßig gab. Der Sache zuliebe versuchte ich, damit klarzukommen, was mir nicht leicht fiel. Manchmal, wenn er beleidigt oder bockig war, behandelte ich ihn wie ein kleines Kind, damit er wieder funktionierte. Er bekam mit, dass ich mich auch abolitionistisch gegen Prostitution engagiere. Durch einen Zufall ergab sich hierzu eine Diskussion per Email. Er sprach mich auf meine Aktivitäten an und versuchte, mich zu bekehren, mich von meiner abolitionistischen Haltung abzubringen. Zunächst erzählte er, dass seine Schwester einmal in der Prostitution tätig war. Wenig später outete er sich selber als ehemaligen Freier. Als Abolitionistin hatte ich die leise Hoffnung, etwas über den Charakter und die Beweggründe von Freiern zu erfahren. Aber es folgte das immergleiche selbstmitleidige Geseier von Bedürfnissen. Die Stimmung gegen Freier verglich er doch tatsächlich mit der Judenhetze in Hitlers ‚Mein Kampf‘ und deren juristische Verfolgung wie in Schweden bezeichnete er als ‚mccarthyesk‘. Nichts Geringeres! Immerhin beurteilte er seine Puffgänge als Fehler – aber nur sich selber gegenüber. So stelle er sich Sexualität nicht vor. Reue oder Mitleid den Frauen gegenüber? Fehlanzeige. Sie müssten diesen Job ja nicht machen. Er sagte wörtlich, er habe gemerkt, dass den Frauen „ihr Job unangenehm“ sei, dass sie „von ihrer Arbeit angewidert“ seien und dass er bei ihnen „auf Ablehnung“ gestoßen sei. Und er hätte sich zudröhnen müssen, um das nicht zu merken. Es ist mir ein Rätsel, wie mann unter diesen Umständen überhaupt einen Ständer kriegen kann, wieso mann diese Frauen dann noch ein zweites, drittes, viertes… Mal aufsucht, wie mann sich selber nur so erniedrigen kann. Das fand ich alles ziemlich widerlich. Ich blendete es aber aus, dem Naturschutz zuliebe.

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