Anerkennung durch Sex?

Toilet Sign

By AIGA [Public domain], via Wikimedia Commons

Wir wollen den feministischen Diskurs beleben und unterschiedliche Ansätze zur Diskussion stellen. Deshalb erscheinen bei uns regelmäßig Gastbeiträge, die nicht zwangsläufig die Haltung der oder aller Störenfriedas wiedergeben, aber wichtige Impulse für die feministische Debatte geben können.

Sexuelle Gewalt scheint ein zentraler Bestandteil meines Lebens zu sein/werden, obwohl ich selbst in meinem Leben nicht nennenswert solche erfahren habe. Zumindest wenn ich dies vergleiche mit so ziemlich fast allen Personen in meinem persönlichen Umfeld. Inzwischen glaube ich, dass die Dunkelziffer noch viel höher liegt als immer angenommen. Ich glaube nicht daran, dass es Zufall ist, dass ich fast nur Menschen kenne, die Schlimmes in der Vergangenheit erlebt haben.

Der Umgang mit sexueller Gewalt durch Betroffene ist sehr unterschiedlich: Die einen haben ein für alle Mal mit Männern gebrochen und wollen kein Exemplar dieser Spezies jemals wieder nahe an sich heran lassen. Andere fassen nur sehr schwer Vertrauen und führen (meistens extrem belastete) Beziehungen. Und einige bezeichnen sich selbst als absolut beziehungsgestört und verhalten sich mitunter auffallend promiskuitiv. Sicherlich gibt es auch andere Beispiele und sicherlich gibt es auch vieles dazwischen. Es geht hier weder um eine Kategorisierung, noch um eine Bewertung.

Promiskuität muss kein Hinweis auf erlebte sexuelle Gewalt sein, und sie ist auch nicht per se als problematisch zu bewerten oder gar – mit welcher Begründung auch immer – abzulehnen.

Mir fällt jedoch in verschiedenen Kontexten auf, dass einige Frauen (ob mit oder ohne Gewalterfahrung) versuchen, sich über ihre Sexualität Anerkennung von Männern zu verschaffen. Und da rede ich nicht nur von Interviews mit Sexarbeiterinnen* (verwendet als Eigenbezeichnung), in denen ich dies bereits mehrfach als Motiv für ihre Tätigkeit gelesen habe.

Ich habe jahrelange eigene, internationale Berufserfahrung, in einem Bereich in dem Frauen sehr selten verantwortliche Positionen einnehmen und dessen Attitude man leicht mit dem altbekannten “Sex, Drugs & Rock n Roll” zusammenfassen könnte. Die Zahl der weiblichen Positionsinhaberinnen in diesem Bereich liegt landesweit unter einem Dutzend und es ist ziemlich schwer sich als Frau überhaupt Respekt zu verschaffen. Sexualkontakte im beruflichen Umfeld würden die eigene Autorität untergraben und dafür sucht Frau sich besser Partner aus einem anderen Bereich, auch wenn die Versuchung manchmal zweifelsohne groß ist. Andernfall sucht Frau sich am besten gleich eine andere Arbeit. Hier konsequent zu bleiben führt dazu, dass ich keinerlei sexuelle Belästigungen in einem äußerst männerdominierten Arbeitsbereich erleben muss und als “eine von ihnen” angesehen werde.

In diesem Bereich sind Männer qua Status interessant für Frauen, egal ob sie attraktiv sind oder sich pflegen. Ich habe erlebt, dass Frauen diese Männer als uninteressant bewerteten und erst nachdem sie des Status gewahr wurden ihre Meinung änderten. Viele werden jetzt bestimmt denken: “Ich habs doch schon immer gesagt, Frauen sind alle käuflich”. Ich will an der Stelle betonen, dass Geld hier tatsächlich überhaupt keine Rolle spielt: Nicht mit jedem Status ist Reichtum verbunden.

Ich muss zur Ehrenrettung der Männer sagen, dass nicht alle ihre Möglichkeiten schamlos ausnutzen. Sehr viele sind nicht interessiert die auch häufig vorkommende Abwesenheit von zu Hause für beispielsweise Seitensprünge oder den “schnellen und unkomplizierten Sex” zu nutzen. Aber bei denjenigen die es tun ist eines mir immer wieder aufgefallen: Die zu 90% vorhandene Respektlosigkeit den Frauen gegenüber mit denen sie in die Kiste gehüpft sind. Wie heißt es immer so schön “Der Gentleman schweigt und genießt”? Forget it! Diese Gentlemänner muss man suchen wie die Nadel im Heuhaufen. Gegenüber den Frauen geben sie sich respektvoll und supernett. Es kommt nicht selten vor, dass auf einer sehr liebevollen Ebene Kontakte weitergepflegt werden bis zu einem Wiedersehen, an dem Mann die Bettgeschichte wiederholen kann. “Warm halten” heißt das wohl. Hinter dem Rücken der Frauen wird jedoch abfällig über sie geredet und sie wird niemals die Chance haben wieder auf eine Augenhöhe mit diesem Mann zu kommen, von ihm respektiert oder als gleichwertiger Mensch anerkannt zu werden. Sie bekommt einen Stempel “kann gut blasen” oder “für alles offen” und darauf wird sie reduziert. Interesse an der Persönlichkeit besteht nicht.

Bei der Gruppe derjenigen, die ihren Status nicht ausnutzen, kann man nochmal unterscheiden zwischen jenen, die sich nur über die “dummen Küken” offen lustig machen und jenen die sowohl von ihren Kollegen als auch den Frauen mit denen sie verkehren belustigt sind. Letztere sind meines Erfahrung diejenigen die keinen Unterschied in der Bewertung der jeweils Beteiligten machen und die am ehesten Frauen generell mehr Respekt entgegen bringen. Sie schreiben eine Frau auch nicht grundsätzlich ab, sondern können unter Umständen ein Interesse auf einer anderen Ebene entwickeln.

Was ich sagen will: Aus meiner Erfahrung meinen viele der Frauen, von denen ich einige auch auf einer  sehr freundschaftlichen Ebene näher kennen gelernt habe und ihnen schon seit vielen Jahren immer wieder begegne, aus ihrer offenen Sexualität Anerkennung zu ziehen. Das tun sie jedoch nicht. Sie werden von den Männern ausschließlich (!) auf ihre Verfügbarkeit als Sexpartnerin reduziert.

Für mich, als sexuell aufgeschlossenen Menschen, ergibt sich daraus eine gewisse Zurückhaltung zum Selbstschutz und einige selbst auferlegte Regeln und Leitsätze:

  1. Männer mit denen ich zusammenarbeite (oder potentiell irgendwann zusammen arbeiten werde) sind für sexuelle Kontakte grundsätzlich tabu
  2. Ich muss zunächst mit mir selbst im Reinen sein, ein gesundes Selbstbewusstsein haben und kann über Sexualität weder Anerkennung noch Respekt erlangen
  3. Grundlage auch für sexuelle Abenteuer muss immer ein gewisses persönliches Fundament sein: Ich muss merken, dass ich auf einer anderen Ebene als der sexuellen von einem Mann respektiert werde

In der Praxis erweist sich die konsequente Einhaltung als Schutz sowohl vor persönlichen Enttäuschungen als auch vor einem Ruf als “Schlampe”. Ein Mann der einer Frau mit der er schläft einen gewissen Grundrespekt gegenüber bringt, wird erfahrungsgemäß nicht mit dem gemeinsam Erlebten prahlen, sondern es mit hoher Wahrscheinlichkeit für sich behalten. Außerdem besteht so die Chance auf ein echtes freundschaftliches Verhältnis, selbst nach einem One-Night-Stand.

Für mich steht aufgrund meiner langjährigen Erfahrungen jedenfalls fest: Der Versuch als Frau durch Sex Anerkennung von einem Mann zu erlangen ist zum Scheitern verurteilt. Mir ist wichtig zu betonen, dass es mir nicht darum geht irgendwen zu verurteilen, sondern nur aufzuzeigen welche gesellschaftlichen Mechanismen ich wahrnehme. Mein Umgang damit muss auch keinesfalls für jede der Richtige sein. Er ist nur einer von vielen Versuchen im Patriarchat möglichst schadlos zu überleben…

N. L.

13 Kommentare

  1. Grundsätzlich konnte ich diese Beobachtung auch schon machen. Allerdings ist das ja nur wieder ein Problem des Patriarchats. Wären wir alle anders sozialisiert, würden viele Frauen nicht denken Sie müssten sich überhaupt die Anerkennung von Männern in einem anderen Bereich als im Beruf aneignen, denn Freundschaften und private Kontakte setzen Respekt und Anerkennung meiner Meinung nach vorraus. Und viele Männer wachsen anscheinend mit der Überzeugung auf Frau müsste sich ihre Anerkennung verdienen, was aber anscheinend unmöglich ist, denn geht Frau nicht mit ihnen ins Bett ist sie prüde und langweilig, tut Frau es ist sie gleich ne Schlampe und nicht mehr ernstzunehmen. Was zeigt dass es generell an Respekt fehlt. Sie erwarten von ihren männlichen Kollegen ja schließlich auch nicht mehr als gute Arbeit und ein normales Maß an sozialer Verträglichkeit (wobei Menschen in hohen Positionen sich das anscheinend sparen können).Generell sollten Mann und Frau immer Achtung voreinander haben, egal auf welcher Ebene sie sich begegnen. Diese Achtung und den Respekt sollte Mann/Frau sich nicht verdienen müssen, den sollte ein Lebewesen erwarten dürfen. Aber da bin ich wohl zu idealistisch… Und natürlich sich nicht alle Männer so,oder alle Frauen so…aber die im Artikel beschriebene Tendenz ist schon vorhanden…

  2. Sich sexuelle Lust verkneifen aus lauter Angst davor als “Schlampe” zu gelten? – Das kann´s doch wohl nicht sein! Wer hat denn das “Schlampe-Spiel” (die Heilige und die Hure) erfunden?
    Nimmt für sich selbst aber alle Freiheiten in Anspruch? – Das Leben (einer Frau) ist zu kurz und zu kostbar,zugunsten eines “guten Rufes” auf Lust zu verzichten. – Das “Schlampe/Hure/Nutte/Vo…” fällt auf die Benutzer selbst zurück. Die Besorgnis um den “guten Ruf” ist rückwärts gewandt.So kann´s nie was werden mit weiblicher sexueller Selbstbestimmung!

  3. “Das Leben (einer Frau) ist zu kurz und zu kostbar,zugunsten eines “guten Rufes” auf Lust zu verzichten. ” Die Frauen sollen ihre Lust dann halt untereinander ausleben. So werden Männer einfach ausgeschlossen und können Frauen nicht mehr kontrollieren.

  4. Angelika Eberl

    Antwort an Jutta: “Das “Schlampe/Hure/Nutte/Vo…” fällt auf die Benutzer selbst zurück.”
    Tut es das? Überleg mal, wie das so ist – im Kollegenkreis: Wie wird da ein Mann angesehen, der Sex mit einer Kollegin hatte? Wie wird die Frau angesehen – vor allem, wenn er hinter ihrem Rücken Intimes erzählt? Wem glauben die männlichen Kollegen wohl? Wird er nicht so angesehen, als ob “er sie rumgekriegt hat” und sie “sich hat rumkriegen lassen”? ERgo: Er, der tolle Hecht, sie wird mit weniger schmeichelhaften Attributen besetzt. So ist es leider.
    Achtung vor den Kollegen bekommt sie nur, wenn sie “es schafft”, dass er ihr dauerhafter Freund wird, der sie vor anderen verteidigt und zu ihr steht – also, wenn er sich ernsthaft in sie verliebt. Das tut er in der Regel aber nicht, wenn der Sex zu schnell kommt, sondern eher, wenn sie “schwierig” ist – eine stolze, feste Burg… Interessante Männer – jedenfalls die, die mich interessiert haben, lieben Herausforderungen. Den größten Fehler, den die meisten verliebten Frauen machen, ist, zu schnell mit dem Mann ins Bett zu gehen. Klingt altmodisch, ist aber Regel Nr. 1. Wenn sie wirklich nichts weiter vom Mann will, als Sex, dann ist schneller Sex kurz nach dem Kennenlernen ok – aber dann lieber mit Jemandem aus einer anderen Stadt, oder im Urlaub – nie mit Kollegen, die tratschen.
    Aber ist es nicht so, dass eine Frau von einem Mann, der ihr ausnehmend gut gefällt, mehr will, als Sex? Bei mir war das jedenfalls so, ich wollte Beziehungen – und da gelten dieselben Anbahnungsregeln, wie zu Großmutters Zeiten:
    Sie kann beruflich noch so toll und noch so schön sein – Achtung entwickeln die meisten Männer vor einer Frau nicht deswegen, sondern durch ihren Widerstand – so paradox es klingt. Menschen begehren das, was sie nicht so leicht haben können, wo sie sich ernsthaft anstrengen müssen – und je interessanter der Mann ist, desto mehr sollte frau sich zurückhalten, um seine Kreativität anzuregen. Aber keine Sorge: Aus anfänglichem “Frust” wird später “Lust”. Also Zeit mit ihm verbringen ohne Sex, das Verlangen bis ins Fieberhafte steigern durch die hohe Kunst des Flirts – Blicke, zufällige Berührungen, dezenter Ausschnitt, nicht nach dem Mund reden, eigenständig sein, es ist auch unerlässlich, von Zeit zu Zeit Zorn über sein “respektloses Verhalten” zu zeigen (Anlässe finden sich immer), aber hinterher wieder auf ihn zuzugehen, damit er merkt, dass er gewisse Grenzen nicht überschreiten darf – Wechselbad der Gefühle bereiten, bis ihn keine andere mehr interessiert und er nachts nicht mehr schlafen kann… Dann “hart” bleiben, wenn das Drängeln kommt, das sich bis zu irrationalen Vorwürfen (“du Grausame”) steigern kann. Das “Hart bleiben” ist das Schwierigste, weil frau selbst vor Verlangen brennt – aber wenn Du es schaffst, dann hast Du ihn.
    Ich weiß auch gar nicht, ob diese uralten Regeln wirklich soziokulturell sind, oder nicht eher mit der Psyche des Menschen zusammenhängen: Ein verlockendes ZIel, das man unter vielen Mühen erst erringen muss, das schätzt man hinterher am meisten. Das ist ja auch bei Frauen so. Manche Menschen kämpfen jahrelang um einen anderen Menschen… und endlich klappt es dann doch. Das ist Glück. Aber ein Glück, das frau mitgeschmiedet hat.

  5. @Ann Onym: “Die Frauen sollen ihre Lust dann halt untereinander ausleben. So werden Männer einfach ausgeschlossen und können Frauen nicht mehr kontrollieren.”

    Und wenn ich aber keine Lust/sexuelle Anziehung gegenüber Frauen empfinde? Wenn ich nun mal auf Männer stehe? Dann hab ich Pech gehabt, oder was möchtest du sagen?

    @Angelika Eberl: Ich nehme mal folgenden Abschnitt exemplarisch für deinen gesamten Beitrag:
    “Achtung vor den Kollegen bekommt sie nur, wenn sie “es schafft”, dass er ihr dauerhafter Freund wird, der sie vor anderen verteidigt und zu ihr steht – also, wenn er sich ernsthaft in sie verliebt. Das tut er in der Regel aber nicht, wenn der Sex zu schnell kommt, sondern eher, wenn sie “schwierig” ist – eine stolze, feste Burg… Interessante Männer – jedenfalls die, die mich interessiert haben, lieben Herausforderungen.”

    Ist das dein Ernst? Ich meine, es ist ok, wenn du das so handhabst und das für dich der richtige Weg ist, aber da eine allgemeingültige Aussage daraus zu stricken (und das tut dein Beitrag), finde ich grenzwertig. Wenn ich ein Interesse an einer Beziehung habe, dann kann ich trotzdem gleich zu Anfang mit jemandem Sex haben und von ihm Respekt erwarten und muss nicht ernst einen “Schautanz” à la Nähe und Abstand aufführen. (Mit all diesen Hintergedanken, wie du es beschreibst, kommt mir das auch sehr manipulativ vor. Du schreibst direkt, wie du mit den Gefühlen eines anderen Menschen spielst. Finde ich nicht gut.) Wenn der Mann dann deswegen das Interesse verliert, weil er die Frau für “zu leicht zu haben” hält, dann ist er vielleicht auch schlichtweg der Falsche. Wenn ich jemanden kennenlerne, möchte ich mir nicht erst Wochen und Monate den Kopf zerbrechen, wie ich mich interessant mache, seine Aufmerksamkeit errege, ihm gefalle, etc. Das ist zutiefst patriarchal und auf IHN bezogen (“Was will er?” “Wie denkt er von mir, wenn ich…?”). Entweder, er mag mich so wie ich bin, auch wenn wir gleich in der Kiste landen oder ich mir sehr lange Zeit damit lassen will, oder er ist nicht der Richtige für mich. Das ist eine individuelle Sache, wie die Frau es für sich eben als richtig erachtet. Es gibt Frauen, die gehen gleich zu Beginn zur Sache und andere, wie dich, die sich eben Zeit lassen. Beides ist in Ordnung und zu akzeptieren (wobei ich die von dir beschriebenen Beweggründe für die Zurückhaltung, wie gesagt, sehr kritisch sehe). Zudem gibt es auch Männer, die ihr Interesse nicht nach dem ersten schnellen Sex verlieren. Deine allgemeingültige Aussage dazu und das eine Frau “schwierig” sein muss, damit ein Mann sich für sie interessiert, ist schlichtweg sexistisch. Zeitgleich sagst du, dass Frauen, die sich anders verhalten, keinen Stolz und keinen Selbstwert (“stolze, feste Burg”) haben. WTF??? Du hast damit “Schlampe” nur netter und subtiler verpackt.

    “Den größten Fehler, den die meisten verliebten Frauen machen, ist, zu schnell mit dem Mann ins Bett zu gehen. ”

    Mit jemandem schnell ins Bett zu gehen, ist zunächst mal kein Fehler. Den Frauen danach das Scheitern einer möglicherweise intensiveren Beziehung anzulasten, eben weil sie zu schnell bereit für Sex war, aber schon. Du gibst den Frauen die Schuld dafür, wenn der Mann zu oberflächlich für weiteres Kennenlernen ist.

    “Wenn sie wirklich nichts weiter vom Mann will, als Sex, dann ist schneller Sex kurz nach dem Kennenlernen ok – aber dann lieber mit Jemandem aus einer anderen Stadt, oder im Urlaub”

    Frauen sollen also ihre Sexualität verstecken und woanders ausleben? Ernsthaft?

    “Klingt altmodisch , ist aber Regel Nr. 1”

    Hier Regeln aufzustellen ist blödsinnig. Was soll das? Ich möchte mich so verhalten wie ich bin und aus der Situation entscheiden, was ich für gut, richtig, angebracht erachte und mich nicht an ein Regelwerk halten. Und ja, altmodisch und rückwärtsgewandt ist dein Beitrag sehr wohl.

    Ich könnte jetzt hier noch mehr schreiben, weil mich dieser Beitrag wahnsinnig aufregt, belass es aber jetzt in meiner Eile bei dem kurzen Abriss. Ich finde deinen ganzen Beitrag sehr problematisch, da er von Sexismen und patriarchalen Denkmustern durchzogen ist. Geht gar nicht.

  6. Angelika Eberl

    Hallo Kami,
    danke für Deine Kritik.
    Ich verstehe Deine Empörung – und stehe doch zu dem, was ich schrieb. Es ist die Frucht meiner Lebenserfahrung. Aber keine braucht sich an das, was ich schreibe, zu halten, jede ist frei. Aber meine Gedanken sind auch frei.
    Dein Beitrag zeigt deutlich den Unterschied zwischen „Wunsch“ (Ideologie) und Realität. Die menschliche Psyche ist halt kompliziert – und Du kannst Dich auf den Kopf stellen und verbittert anklagen, dass etliche Männer im Patriarchat so reagieren und eine „schnelle Eroberung“ negativ bewerten und sich das Maul über sie zerreißen – es sollte doch möglich sein, dass eine Frau gleichberechtigt einen One-Night-Stand haben kann und trotzdem respektiert wird – viele scheren sich einen feuchten Kehrricht um Deine Empörung und Deine Wunschvorstellung. Gerade läuft ja die Diskussion um die Pick-Up-Artists… Ein Grund mehr, das, was ich vorschlage, mal zu durchdenken und nicht eben gleich als “reaktionär” und “manipulativ” abzuwerten.

    Ich beschreibe halt, wie meine Erfahrungen sind. Man muss Männer so nehmen, wie sie sind und nicht erwarten, dass sie von vorne herein so sind, wie man sie sich wünscht. Und da mich immer der männliche, durchsetzungsstarke Typus gereizt hat – mehr als der sanfte Alternative – wie ich gestehe – das ist halt so bei mir – hat mich meine Lebenserfahrung eben gelehrt, wie man verfahren könnte, sollte, müsste, um diesen Typus zu gewinnen. Schief ging es trotzdem auch manchmal. Aber wenn es klappt, kann man dann, wenn die Beziehung steht, ihn dafür gewinnen, gewisse Verhaltensweise allmählich zu hinterfragen.

    Aber gerade in der Anfangsphase sind die Gefühle noch nicht so klar. Als Frau, vor allem als junge, unerfahrene, weiß man zunächst nicht, ob das „glühende Interesse“ des Mannes eine nur von der Lendengegend ausgehende Lohe ist oder ob auch sein Herz entflammt ist – oder beides zusammen oder nur die Lendengegend. Oft weiß es der Mann selbst noch nicht so genau, vor allem, wenn es ein jüngerer Mann ist. Gefühle sind ja für viele Männer ein Buch mit sieben Siegeln – selbst ihre eigenen. Und dann kann es schon passieren, dass, wenn es nur ein Strohfeuer war, beide nach dem ersten Sex sehr enttäuscht sind. Wenn dann die Frau sich emotional schon zu sehr gebunden hat, ist das sehr schmerzhaft für sie, vor allem, wenn sie dann auch noch leicht verspottet wird. Aber: Wer nicht bereit ist, sich verletzlich zu machen, wird die Liebe nicht finden, da hast Du schon Recht.
    Bloß: Den „Coup de foutre“, die „Liebe auf den ersten Blick“ kann man auch schnell verspielen…
    Meiner Erfahrung nach muss das Herz nämlich ebenfalls entzündet werden, wie ein Ofen, der ja auch mit Brennstoffen gefüttert werden muss, wenn er warm bleiben soll. Und dazu dient die Zeit des ausgedehnten Flirts, in dem sich beide kennenlernen und gemeinsame Unternehmungen machen, ohne es gleich zum Letzten kommen zu lassen. Es geht darum, neues „Brennholz“ in den Ofen zu geben. Was ist daran manipulativ? Oder – ist es angesichts der Gefahren, die heutzutage durch „Pick-Up-Artists“ drohen, nicht auch gerechtfertigt, erst einmal abzuwarten – aber diese „Wartezeit“ so schön und spannend wie möglich zu gestalten?
    Liebe Grüße
    Angelika

  7. Liebe Angelika, ich verstehe, was du sagen willst, und wie schon erwähnt, ist es ok, wenn das für dich persönlich der Weg der Wahl ist. Trotzdem finde ich die Einstellung, dass Männer nun mal so sind und man deshalb Dinge so und so machen muss, soll, kann, … nicht gut. Es belässt den derzeitigen Status Quo und zwingt wieder einmal die Frauen, ihr Verhalten anzupassen. Das ist der Punkt, um den es mir geht. Wie sich jetzt jede einzelne persönlich ihre*n Liebste*n angelt, will ich gar nicht diskutieren. Die eigentliche Problematik ist, dass die Sexualität von Männern und Frauen mit zweierlei Maß bemessen und be-/verurteilt wird, was vor allem zu Lasten der Frauen geht, da diese entweder “Schlampen” oder “prüde/frigide” genannt werden. Und ohne dir zu nahe treten zu wollen, so wirken deine Erklärungen auf mich nur wie die Reproduktion bereits bestehender Geschlechterklischees (“Weil Männer nun mal so und so sind, muss Frau das und das tun.”, die Frau soll “eine stolze, feste Burg” sein, die erobert werden will/muss [Ist dir die Objektifizierung, Frau = Gebäude, eigentlich bewusst?], etc.). Das ist in meinen Augen kein Ansatz, um etwas am derzeitigen System zu verändern. Deine Erklärungen beziehen sich nicht wirklich auf die Problematik, sondern stellen Regeln für Frauen (und nur für Frauen, nicht für Männer!) auf, wie sie im derzeitigen System einen festen Partner bekommen – oder verallgemeinert gesagt, am besten ohne Stigma überleben. Die Sexualität/Wünsche/Wille der Frauen fällt dabei nicht ins Gewicht, sollte doch aber hier in der Diskussion der eigentliche Schwerpunkt sein. Es geht darum, die Stigmata, Machtgefälle und Bemessung mit zweierlei Maß abzuschaffen, anstatt “nur” Wege zu finden, wie man da als Frau am besten ohne Schaden durchkommt ohne am Fundament zu rütteln.

    Du magst meine Einstellung idealistisch oder Wunschdenken nennen, aber wie soll man denn ohne dergleichen etwas verändern? Und ja, ich möchte etwas verändern an all diesen Tatsachen. Wenn ich dich richtig verstehe, soll ich mich nicht empören, weil es die, die es betrifft, eh nicht interessiert. Also soll ich einfach ruhig sein und mitspielen, mich anpassen. Ich halte diesen Ansatz für falsch. Frauen waren über Jahrhunderte ruhig und angepasst, und haben dadurch das System (wenn auch ungewollt) mitgetragen/mittragen müssen. Ich möchte dieses System aber nicht mittragen. Und eine gesellschaftliche Veränderung beginnt damit, dass die Menschen den Mund aufmachen. Und wenn es genug sind, werden sie auch laut genug sein, dass man ihre Empörung nicht mehr ignoriert. Ich empfinde diesen Weg als zielführender, anstatt sich “nur” zu arrangieren.

    Ich denke, wir vertreten da grundsätzlich verschiedene Positionen, die wohl nicht in Einklang gebracht werden können.

  8. Angelika Eberl

    Liebe Kami,
    Du schreibst:
    “Du magst meine Einstellung idealistisch oder Wunschdenken nennen, aber wie soll man denn ohne dergleichen etwas verändern? Und ja, ich möchte etwas verändern an all diesen Tatsachen. Wenn ich dich richtig verstehe, soll ich mich nicht empören, weil es die, die es betrifft, eh nicht interessiert.”

    Nein, Dein Wunschdenken gefällt mir im Grunde und Empörung ist verständlich – mich hat das ja früher, als ich noch jung war, auch sehr empört -diese zweierlei Bewertung – Nur: Die Ungerechtigeit ist die, dass die Frauen in dieser Hinsicht immer noch die Kürzeren ziehen – wie ja auch der Ausgangstext oben zeigt. Das ist ungerecht, aber ein Fakt – und ich glaube, das hat mit Psychologie zu tun. Dagegen zu kämpfen hieße aber “Umerziehung” bis in die Gefühle hinein. Und Umerziehung ist immer ein zweischneidiges Schwert – denn wie will man das machen? Im Sozialismus hat das ja auch nicht geklappt – die “Schaffung des “Neuen Menschen”. Durch “Erziehung” an Schulen? Das hieße Indoktrination – was ja gerade mit dem neuen Bildungsplan versucht werden soll – und das birgt wieder andere Gefahren. Aber wahrscheinlich meinst Du Aufklärung und Sensibilisierung – und das ist ein legitimer Weg, der an die Einsicht appelliert und der die Freiheit zulässt.

    Heute bin ich viel gelassener, weil ich auch älter bin und seit 16 Jahren in einer engen Beziehung lebe und keine neuen Beziehungen anbahnen muss – Treue ist mir wichtig- und natürlich war ich meinem Mann gegenüber immer ehrlich… manipuliert habe ich nie. Aber in den Beziehungen, die ich voher hatte, habe ich mich anfangs schon zurückgehalten – das kann man doch nicht gleich Manipulation nennen. Ich habe auch die schmerzhaften LIebes-Erfahrungen gemacht – wie die meisten – und interessanterweise gerade dann, wenn ich die Ratschläge von “Dr. Sommer” über “Sei spontan” befolgt habe… (Ironie aus)

    Das, was ich in den oberen Posts geschrieben habe, bezieht sich auf eine alternative Verhaltensweise für die ersten Wochen des Kennenlernens – aber natürlich muss eine gewisse Grundehrlichkeit vorhanden sein. Ich hätte es als erfolgreiches Beispiel, als Alternative und nicht als allgemeine Regel formulieren sollen. Das war, glaube ich, der Aufhänger für Deinen Ärger. Die “feste Burg” ist tatsächlich eine widersprüchliche Metapher – vielleicht sollte ich lieber “Charakterfestigkeit” sagen, was bedeutet, dass man sich eben nichts gefallen lässt, auch keine noch so kleinen Rücksichtslosigkeiten, sondern “wehrhaft” ist. Denn ganz wichtig ist der gegenseitige Respekt.
    Was ich – vielleicht überspitzt – deutlich machen wollte, ist, dass junge Mädchen und Frauen sich gut kennenlernen sollten, bevor sie sich auf den schnellen Sex einlassen. Ich habe es deshalb überspitzt ausgedrückt, weil unsere Gesellschaft ja häufig das Gegenteil propagiert und damit – meiner Ansicht nach vielen Jugendlichen gar keinen Gefallen tut: Sie sagen schon zu 12Jährigen: “Sei allzeit bereit für die Lust, nimm das Kondom mit” (Kein Scheiß ich habe das neulich so etwa in einem Artikel über den neuen, umstrittenen Bildungsplan zur Sexualerziehung an Schulen gelesen – und war stinksauer). Man sollte die Jugend Sex in ihrem eigenen Tempo kennenlernen lassen und nicht überall propagieren, dass Sex das allerhöchste der Gefühle sei, sondern auch auf die vielen Gefahren hinweisen, die gerade unerfahrenen jungen Mädchen drohen können.
    Ich wünsche Dir einen schönen Abend
    Angelika

  9. Liebe Angelika, gut, dass du noch einmal so ausführlich geantwortet hast. Ich spreche natürlich von Aufklärung und Sensibilisierung, nicht von Umerziehung. Mir ist klar, dass man nicht einfach ein Dogma über eine Gesellschaft legen kann, um sie zu ändern. Ich meinte tatsächlich, das Ansprechen, Aufmerksammachen und Vorleben.

    Wenn du die Voraussetzungen mit “Charakterfestigkeit/Wehrhaftigkeit” umschreibst, dann verstehe ich jetzt im Gegensatz zu vorhin, was du meinst. Solange dies nicht zum Nachteil weniger charakterfester oder wehrhafter Frauen/Mädchen ausgelegt wird!

    Ich stimme dir auch bezüglich der Sexualisierung der Jugendlichen zu und dass jeder seine Zeit haben sollte, sich frei zu entwickeln. Wahrscheinlich war das wohl doch nur ein großes Missverständnis zwischen uns. Bitte verzeih mir, wenn ich dir da unrecht getan habe, aber ich habe es eben komplett anders verstanden, als du es in deinem 3. Kommentar erklärt hast, wie man ja auch an meinem 1. Post erkennt.

    Natürlich habe auch ich auf “die spontane Art” schon schmerzhafte Erfahrungen gemacht. Ich kann allerdings eben auch vom Gegenteil berichten, nämlich Männern (sogar 2 Arbeitskollegen), die danach nicht die Achtung vor mir verloren haben und mit denen ich jetzt gut befreundet bin.

    “Das, was ich in den oberen Posts geschrieben habe, bezieht sich auf eine alternative Verhaltensweise für die ersten Wochen des Kennenlernens”

    Wenn wir uns darauf einigen können, dass auch andere Verhaltensweisen legitim sind (dazu zählen leider auch die, bei denen man verletzt wurde, schließlich liegt die Entscheidung zur Verletzung bei dem anderen und nicht bei einem selbst), du also keine Allgemeingültigkeit vorraussetzt – und so verstehe ich das gerade – dann würd ich es jetzt dabei belassen. Auch wenn ich deine Alternative immer noch kritisch sehe, denke ich, dass wir das so stehen lassen können.

    Danke nochmal für die ausführliche Erklärung und dir auch einen angenehmen Abend!

  10. @Kami ich gebe Angelika Recht. Das ist nun mal die männliche Realität. Wenn du Männer so liebst musst du das eben auch mit in Kauf nehmen. Oder einfach mal gucken ob du nicht doch mehr Spaß mit einer Frau haben kannst. Alles in allem.

  11. (…) dass nicht alle ihre Möglichkeiten schamlos ausnutzen.

    Aha. Täten Frauen so etwas, wäre das natürlich „empowert“, nicht wahr?

  12. @Kami:
    Selbstbefriedigung: Sex mit jemandem der mich wirklich respektiert.

    Sexuelle Lust ist kein Grund, mit Männern ins Bett zu gehen die eine dann nicht mehr respektieren. Die emotionale Komponente, die am Sex mit anderen Menschen interessant ist, ist ja bei solchen Männern gar nicht da. Oder nur als Illusion im Kopf der Frau.
    Wenn du Männer finden kannst, die nicht so denken: Gratuliere. Ich habs aufgegeben. Ist zuviel Mühe.

    Insgesamt halte ich es für zielführender in den Sexstreik zu treten bis alle Männer ausreichend motiviert sind, gegen die Brandmarkung sexuell aktiver Frauen zu kämpfen.

    Und: Viele Frauen haben von ihrer sexuellen Promiskuität anscheinend gar nix. Befriedigen den Mann oral und gehen dann nach Hause.
    Wenigstens ein Orgasmus oder zwei sollte bei der Promiskuität schon rausspringen. Sonst ruiniert sich Frau ihren Ruf ja ganz umsonst. Wie die Autorin des Artikels schon schreibt: Anerkennung springt da gewiss nicht bei raus.

  13. Für mich ist dieses Problem eine Ebene tiefer angesiedelt als die Entscheidung, ob frau jetzt schnell mit einem Mann Sex hat oder wartet. Frauen sollten sich vielmehr mit der Frage auseinendersetzten, warum sie durch patriarchal denkende und fühlende Männer, die ihre typisch männliche Sozialisation nicht problematisch finden, sexuell erregt werden. Es gibt ja auch viele Frauen, die es sexuell erregt, wenn Männer auf sie herabsehen. Diese intrapsychischen Strukturen sind Folge der patriarchalen weiblichen Sozialisation und natürlich auch bei vielen Feministinnen vorhanden. Eine wirklich freie Sexualität wird eine Frau erst haben wenn sie diese Strukturen in sich erkannt, bearbeitet und aufgelöst hat. Dann sind Arschlöcher schlicht und einfach uninteressant für sie, und sie findet nur mehr respektvolle Männer attraktiv. Und wenn immer mehr Frauen miese Typen (sexuell) boykottieren ist das auch ein effektiver Schlag gegen das Patriarchat.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert