Care Revolution – But I do not care about care

Nurse feeding baby

By Photo copyrighted by A. Jackson Co., Baltimore, Md.No copyright renewal.This record contains unverified, old data from caption card.Caption card tracings: Children--Care...; Photog. I.; Nurses...; Shelf. [Public domain], via Wikimedia Commons

Eine nächtliche Wutschrift und warum ich die care revolution nicht mag….

seit einiger Zeit geistert der Begriff der Care Revolution durch einige Teile der linken Szene, besonders durch die Linkspartei. Zuletzt stand diese auch im Fokus der neuen „Lotta“, Zeitung der Fraktion im Bundestag.

Dieser Begriff, ganz modern und cool auf Englisch, soll alle Frauen vereinen, egal ob sie entgeltlich oder unentgeltlich Sorgearbeit leisten.

Als radikale Feministin schäumt mir mittlerweile der Mund vor Wut, wenn ich das Wort Sorgearbeit höre. Ich würde diesen Ausdruck sogar gerne als Unwort des Jahres vorschlagen. Und das hat viele Gründe.

Erstens: die Linke unterstellt mir als Frau, dass ich für Sorgearbeit zuständig bin und zu sein habe, ganz automatisch, quasi per Geschlecht. Es ist meine ganz natürlich Aufgabe als Frau mir Gedanken zu machen über Kindererziehung, Pflege und was weiß ich. Die Argumentation hierzu ist, dass Frauen diese Aufgaben ja sowieso erfüllen, also weiter so und mehr so. So ungefähr jedenfalls.

Ich interessiere mich aber als Frau, Sorry, nicht für Sorgearbeit. Noch nie.  Aus Prinzip. Und jetzt? Bin ich keine Frau, da ich meiner anscheinend natürlichen Verpflichtung nicht nachkommen möchte oder einfach nur keinen Bock mehr auf Sorgearbeit habe?

Zweitens: der Ausdruck Sorge drückt eine völlige Hilflosigkeit aus. Eine Frau, die sich sorgt, ist nicht aktiv. Sie macht sich einfach nur Sorgen, ob der schrecklichen Situation und muss eventuell sogar noch getröstet werden, mit Worten wie…“ach, mach Dir keine Sorgen. Alles wird gut…“ das ist zumindest meine Idee hierzu.

Drittens: seit Jahrzehnten kämpfen Frauen darum, dass typisch weibliche Berufe, in die Frauen dank gegenderter Erziehung, inklusive dem Barbietraumhaus, gepresst werden, anerkannt werden entsprechend der notwendigen Qualifikation und Fähigkeiten. Die Bezahlung sollte der Qualifikation entsprechend sein, und nicht dem Geschlecht entsprechend.

Die Linke sagt mir jetzt, dass viele Berufe, die ein Studium oder eine sehr intensive Ausbildung benötigen, nichts weiter sind als Sorge (Arbeit). Das sagen auch schon meistens Männer seit Jahrzehnten..“.Was ist das schon Sozialarbeit oder Krankenschwester sein…ein bischen Lächeln und Tee kochen..“. Die Ausbildung oder das Studium haben anscheinend nur Alibifunktion-es sind ja keine wirklichen schweren Berufe, so wie richtige Männerberufe, in denen man(n) zum Beispiel rechnen muss oder ein räumliches Vorstellungsvermögen besitzen muss, oder ganz groß und stark sein muss, wie zum Beispiel Taxifahrer oder Klimatechniker.

Viertens: sich um Kinder oder Haushalt ( Männer) zu „sorgen“ bringt nicht wirklich viel. Es erfordert eher andere Kompetenzen um Kinder zu selbständigen Mitgliedern der Gesellschaft zu machen, wie zum Beispiel sie auch Verhaltenskonsequenzen erleben zu lassen und hiermit ihre Empathiefähigkeit zu stärken. Sich nur zu „sorgen“ bedeutet auch, dass der andere (extra männliche Form) glaubt, es ausschließlich Wert zu sein, dass sich um ihn gesorgt wird und er auch keine Verantwortung für das eigene Handeln übernehmen muss. Handeln bestimmt das Denken, wie wir ja von Karl Marx gelernt haben, und wenn Frauen diese Aufgabe der Sorge weiter zugetragen wird, wird ihre untergeordnete Rolle hierdurch verstärkt. Nur die anderen werden umsorgt, denn sie sind wichtig. Respekt ist hierdurch also nicht zu erreichen und Veränderung auch nicht. Sorge als Ausgangspunkt und Begriff der Veränderung ist also auch in diesem Zusammenhang ungünstig. Konsequenzen bringen Veränderung und sonst gar nichts.

Das Wort Sorgearbeit ist also in vielerlei Hinsicht abzulehnen. Frauen sollten sich nicht spalten lassen, das stimmt, denn wir alle müssen gemeinsam im Patriarchat überleben und gemeinsam versuchen etwas zu verändern. Aber der Begriff Sorgearbeit ist hierfür wirklich nicht dienlich, und auch auf Englisch wird es nicht besser.

Als radikale Feministin würde ich es von einer angeblichen feministischen Partei wie die LINKE.  schon sehr begrüßen, wenn sich stärker und deutlicher dafür eingesetzt werden würde, dass endlich geschlechtergerechte Erziehung forciert wird, oder andere Maßnahmen, damit es endlich ein Ende hat, dass mir als Frau  so etwas wie Kindererziehung oder Pflege zugeschoben wird. Ich hatte schon als kleines Mädchen keine Lust drauf und habe meinen Puppen immer die Haare abgeschnitten oder deren Körper mit Kuli bemalt. Niemand würde mich also in der Pflege haben wollen oder im Kindergarten…..und es ist nicht meine Aufgabe als Frau mir vorzustellen, wie unsere Gesellschaft die Pflege organisieren möchte. Obwohl, ich gebe es zu, mir vielleicht doch Gedanken machen sollte, denn es gibt ja mittlerweile die Idee, entsprechend zum Beispiel der Integrativen Validation, Männern in Pflegeheimen selbstbestimmte Sexarbeiterinnen zuzuschicken, damit sie ihre sexuellen Bedürfnisse befriedigen. Es kann ja schließlich auch nicht sein, dass wir es zulassen, dass ein Mann, der sich regelmäßig in jungen Jahren junge Prostituierte geleistet hat, oder Frauen ständig sexuell belästigt hat, diesen Bedürfnissen nicht auch noch im Pflegeheim mit Demenz nachkommen kann. In jedem Fall sollte ich mich in diesem Fall dann doch mit Pflege beschäftigen, bevor ich zusehen muss, wie unsere zunehmende Aufteilung der Welt in Männer, die Frauen kaufen und nutzen , und Frauen die sich verkaufen und benutzen lassen, sich bis hin zur Pflegestation fortsetzt und bis hin zu einer Zeit, in der ein Mann nichts braucht für seine  Bedürfnisbefriedigung, außer seiner Erektionsfähigkeit.

In diesem Fall mache ich mir tatsächlich Sorgen….große Sorgen….Allerdings über die Gewalt gegenüber Frauen, die unsere Gesellschaft durchdringt, und Frauen zu ständig verfügbar zu seienden Objekten degradiert. Aber das Thema Gewalt gegen Frauen hat die Partei bis jetzt vergleichsbar erfolgreich gemieden, obwohl fast jede Frau Gewalt durch Männer erfahren hat, auf die eine oder andere Art, und dies dann doch vielleicht schon eine der größten Bedrohungen unserer Gesellschaft ist. Zumindest ist es kein Nebenschauplatz unter ferner liefen oder etwas was sich nach der Abschaffung des Kapitalismus sich von alleine lösen wird.

Ansonsten, um es ganz „cool“ auf Englisch auszudrücken: I do not care about care und I am not your nurse just because I have a vagina.

 

 

3 Kommentare

  1. Liebe Störenfriedas, liebe Ariane Panther,

    bei eurem Blogpost über die Care-Revolution gibt es keine Möglichkeit
    zum Kommentieren, daher schreibe ich euch_dir als Mail.

    Ich habe mich über den Text ziemlich gewundert, denn er ist auf fast
    allen Ebenen falsch und uninformiert.

    Zum einen verstehe ich nicht, warum darin dauernd von „den Linken“ die
    Rede ist, denn „die Linken“ – ob als politische Bewegung oder als
    Partei – haben nicht mehr mit der Bewegung Care Revolution zu tun als
    dass einige Personen in beiden Bewegungen aktiv sind.

    Ich verstehe außerdem nicht, warum du einen Zusammenhang zwischen dem
    Thema Care und deinem Frausein bzw. Vaginahaben herstellst. Die
    Bewegung Care-Revolution will ja genau diese Verknüpfung aufheben
    insofern sie darauf hinwirkt, dass Care-Arbeiten nicht mehr
    stillschweigend einer bestimmten „Sorte“ von Menschen übertragen
    werden (überwiegend Frauen, neuerdings aber zunehmend Migrantinnen und
    Migranten), sondern als zentraler Faktor von“ Ökonomie“ ernstgenommen
    werden.

    In der Bewegung Care-Revolution engagieren sich auch viele Männer und
    gemischte Gruppen, allerdings stimmt es, dass es deutlich mehr Frauen
    als Männer sind. Aber diskreditiert das die Bewegung oder macht sie zu
    einem „Frauenanliegen“? Davon scheinst du irgendwie auszugehen, und
    ich verstehe nicht, warum.

    Dein Lösungsvorschlag, Care-Arbeit doch einfach zu professionalisieren
    und in den Erwerbsarbeitsmarkt zu integrieren, ist schon ziemlich alt.
    Die Care-Revolution-Bewegung ist allerdings gerade aus der Erfahrung
    erwachsen, dass genau das nicht funktioniert. Das Besondere ist
    nämlich, dass sich hier Menschen zusammengeschlossen haben, die sich
    mit Care-Arbeit auskennen oder sich dafür interessieren, und zwar
    sowohl solche, die diese Arbeit unbezahlt in Haushalten oder sonstwie
    ehrenamtlich tun, als auch solche, die diese bezahlt und professionell
    tun.

    Gerade letztere berichten davon, wie problematisch es ist, wenn diese
    Tätigkeiten einer betriebswirtschaftlichen Effizienzlogik unterworfen
    werden und die dahinter stehenden Beziehungen vollkommen
    entpersonalisiert werden (wie es für Tauschbeziehungen auf dem Markt
    üblich und notwendig ist). Das bedeutet natürlich nicht, dass man dies
    alles wieder auf die Familie und ins Private verlagern soll, sondern
    dass es notwendig ist, sich hier etwas Besseres auszudenken und die
    Alternative Privathaushalt/Markt nicht länger zu akzeptieren.

    Es ist natürlich dein gutes Recht, dass das alles dich nicht
    interessiert. Das muss es auch nicht, wir alle interessieren uns für
    unterschiedliche Themen. Aber dass du dieses Desinteresse zu einer
    strategischen Option für „radikalen Feminismus“ hochstilisierst finde
    ich, ehrlich gesagt, etwas albern. Laut loslachen muss ich, wenn du
    dann als Gewährsmann auch noch ausgerechnet auf Karl Marx
    zurückgreifst.

    Ich bin immer dafür, innerfeministisch zu streiten und
    unterschiedliche Positionen auszuformulieren. Ich finde aber auch,
    dass ein gewisses Maß an Respekt dabei sinnvoll ist, der vor allem
    darin besteht, sich über die Positionen der anderen, die man
    kritisiert, zumindest ein Minimalbisschen vorher kundig zu machen und
    nicht gleich an der Oberfläche mit arrogantem Besserwisserinnengestus
    herumzuranten.

    Dass mit dem Oberbegriff „Care“ jedenfalls etwas völlig anderes
    gemeint ist, als du dir zusammenphantasiert, lässt sich zum Beispiel
    in unserem ABC des guten Lebens nachlesen
    http://abcdesgutenlebens.wordpress.com/category/care/ (und ich
    schreibe das auch, weil wir als Autorinnenkollektiv Mitglied im
    Netzwerk Care-Revolution sind).

    Liebe Grüße,
    Antje Schrupp

    PS: Wenn es nur ein Versehen war, dass die Kommentarfunktion unter dem
    Blogpost abgeschaltet war, könnt Ihr diesen Kommentar dort gerne
    veröffentlichen.

    PPS: Ansonsten habe ich mich darüber gefreut, dass Ihr mit dem Bloggen
    angefangen habt, es waren schon viele Texte dabei, die ich interessant
    und inspirierend fand, aber wie das immer so ist – man schreibt dann,
    wenn man sich aufregt :))

  2. Anonymous

    Ich glaube leider eher, dass Du nicht verstanden hast, was ich sagen möchte. Es geht um die prinzipiellen Frage, inwiefern es mir als Frau als feministisches Thema aufgedrängt werden kann, eine Care Revolution in das Zentrum der Veränderung zu stellen. Ich habe dargelegt, wieso es, meiner Ansicht nach, wenig hilfreich ist, diesen Begriff zu nutzen und insbesondere Frauen aufzuerlegen. Es wird ja schließlich ständig im Rahmen der Care Revolution erwähnt, dass insbesondere Frauen einen Hauptteil der Sorgearbeit leisten. Das sich einige Männer auch an der Care Revolution beteiligen, mag sehr nett sein, trotzdem halte ich, wie gesagt, den Ansatz, Sorgearbeit in das Zentrum von Veränderung oder von Feminismus zu stellen aus vorgenannten Gründen für falsch.
    Welchem Textteil entnimmst Du die Forderung Carearbeit in die Erwerbsarbeit zu integrieren? Ich habe lediglich angemerkt, dass dieser Begriff die Ausbildung, Qualifikation und die Studiengänge vieler Frauen negiert.
    Der Ansatz der Care Revolution verstärkt die traditionelle Zuständigkeit von Frauen für das Thema Sorge und wird ja wohl nicht umsonst seit langer Zeit in feministischen linken Zusammenhängen immer wieder erwähnt. Ich habe zumindest noch nicht bemerkt, dass die Hauptzielgruppe dieses Ansatzes männlich ist. Oder wird versucht Manager und Bauarbeiter für ein Mitwirken an einer Care Revolution zu gewinnen? Und darum geht es-schlicht und ergreifend. Sorgearbeit wird Frauen, egal mit welchem spannenden Ansatz, als Hauptzielgruppe zugeschoben, auch wenn die Zielsetzung eine andere Aufteilung von Care ist, auch bezüglich der Geschlechter.Und sprachlich ist es auch noch problematisch. Andere mögen anderer Meinung seien, aber ich sehe das so. Mir hier Unverständnis des Konzeptes zu unterstellen ist interessant. Ich habe es sehr wohl verstanden, und genau deshalb kritisiere ich es.

  3. Der Beitrag ist schon alt, aber nach wie vor aktuell, also: natürlich kann jede einzelne Frau ein völliges Desinteresse an „Care“-Themen haben. Aber für die politische Debatte ergibt es einfach keinen Sinn, gesellschaftliche Fakten zu ignorieren/ leugnen und so zu tun, als wären beide Geschlechter in demselben Maß von den Problemen in diesem Bereich betroffen. Frauen erledigen den Hauptteil der Carearbeit im Privaten wie auch im Berufsleben. Ob man das gut und wünschenswert findet oder nicht und ob man sich als Individuum selbst damit identifizieren kann, spielt zunächst keine Rolle. Es ist einfach ein Fakt. Den muss man für die Analyse der Situation und alle angestrebten Veränderungen mit einbeziehen, sonst geht der Aktivismus an der Realität vorbei und wird mit großer Wahrscheinlichkeit wenig zielführend sein.

    Frauen sind logischerweise die Hauptzielgruppe dieser Bewegung, weil sie faktisch auch die Hauptbetroffenen sind, alles andere wäre realitätsfern. Da viele der Probleme und Diskriminierungen dieser Berufe und der unentgeltlichen Carearbeit direkt wie indirekt damit zusammenhängen, dass sie von Frauen ausgeübt werden bzw. ihnen lange als „natürliche“ Aufgabe angedichtet wurden, es also multiple Zusammenhänhe und Wechselwirkungen zwischen den Geschlecht und dem Status diese Aufgaben gibt, ist es ebenso sinnvoll, sie auch im feministischen Diskurs zu behandeln. Wie stark man sie ins Zentrum stellt, ist Ausrichtungssache. Sie komplett außen vor zu lassen würde aber die Lebensrealität sehr vieler Frauen ignorieren und diese Frauen nicht adäquat vertreten.

    Wie gesagt: wenn das Thema Carearbeit einzelne Frauen nicht interessiert, ist das ihr gutes Recht. Dass es aber für einen großen Teil der Frauen wichtig ist, ändert sich dadurch wohl kaum und gegebene Verhältnisse einfach nicht sehen zu wollen, ist wenig konstruktiv.

    Dass jemand, der sich sorgt, automatisch hilflos und passiv sein muss, ist etymologisch und inhaltlich eine durchaus zweifelhafte Interpretation. Vielleicht wäre „kümmern“ eine bessere Übersetzung, da hier das aktive Handeln mehr im Mittelpunkt steht. Aber in „sich sorgen/ sich Sorgen machen“ und für etwas „Sorge tragen“ hat das Wort „Sorge(n)“ schon sehr unterschiedliche Bedeutungsschwerpunkte. Einmal nachdenklich und ängstlich sein, einmal die Verantwortung für etwas zu haben. Ganz so einfach ist das selbst auf der sprachlichen Ebene nicht.

    Also wenn der Autorin alles, was mit „Care“ zu tun hat schon immer auf die Nerven geht, kann sie das Thema ja weitestgehend meiden und sich den anderen, ebenfalls wichtigen, feministischen Themen zuwenden. Aber dieses Thema nicht in feministische Debatten und/oder als primär Frauen betreffende Sache im öffentlichen Diskurs sehen zu wollen, weil es der persönlichen Ausrichtung nicht entspricht, finde ich nicht sinnvoll.

    In der Bewegung sind die Hauptbetroffenen logischerweise auch die Hauptzielgruppe des Aktivismus und Veränderung kann nur durch mehr Sichtbarkeit und „Lautstärke“ in der Gesellschaft erreicht werden. Dafür muss man Verhältnisse ersteinmal anerkennen und dann bearbeiten. Wenn man direkt von nicht vorhandenen Wunschvorstellungen ausgeht, ist die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Realität ändert, gering. Also immer auf und weiterhin viel Erfolg!

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