Kategorie: Sexuelle Gewalt

Gedanken über sexuelle Belästigung, ihre Gründe und Auswirkungen – Bericht aus Dresden

No quiero tu piropo, quiero tu respeto

by Marta García Terán via Flickr, [CC BY-NC-SA 2.0]

Ein warmer Sommertag, den ich mit Feunden im Park verbrachte. Wir hätten den Sonntag bis zum Schluss genießen können, wäre da nicht ein Zwischenfall gewesen. Eine meiner Freundinnen bemerkte, während wir herumalberten, wie auf der anderen Seite der kleinen Grünfläche ein Mann immer wieder um eine junge Frau herumkreiste, die allein auf dem Gras lag und las. Schließlich stellte er sich in etwa fünf Metern Entfernung genau hinter sie auf, um sie von dort aus ausführlich zu beobachten. Als er sich dann zu ihr begab, sahen wir, dass ihr dies unangenehm war. Glücklicherweise hatte ich nur Tage zuvor den simplen, aber ungemein hilfreichen Tipp gehört, in Fällen von Belästigung einfach einmal hinzugehen und bei der Frau oder dem Mädchen vorsichtig anzufragen, ob alles in Ordnung ist. Der jeweilige Typ merkt so, dass sein Verhalten eben nicht ok ist, während sie sich nicht allein und der Situation ausgeliefert fühlt.

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Wenn man anfängt, bisherige externe männlicher Gewalt zu zählen….

Dicentra Spectabilis

By Wuzur (Own work) [GFDL or CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

In seinem Buch „The Macho Paradox“ stellt Jackson Katz eine Einführungsfrage vor, die er bei Veranstaltungen in gemischten Gruppen stellt. Er fragt zuerst Männer, was sie tun, im alltäglichen Leben, um sich vor sexueller Gewalt zu schützen. Danach stellt er diese Frage den Frauen. Wie wir uns vorstellen können, benennen Frauen unzählige mehr Sicherheitsmaßnahmen und Vorkehrungen als Männer, falls diese überhaupt etwas benennen.

Dieser Kontrast soll Männer zum Nachdenken anregen. Allerdings regte es auch mich zum Nachdenken an. Ich überlegte vor allem, inwiefern ich von Gewalt durch Männer, externe Gewalt, im Laufe meines Lebens schon betroffen war. Und ich merkte schon nach sehr kurzer Zeit, dass ich eine Liste machen musste, und das mir immer mehr und mehr einfiel.  Es waren keine hervorstechenden Einzelfälle, nein, sondern genügend für eine Liste. Es fehlen verbale Übergriffe und verbale Belästigungen; zu viele.

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So vermeidest du eine Vergewaltigung

Wer kennt sie nicht, diese wundervoll hilfreichen Tipps, nicht zum Opfer einer Vergewaltigung oder sexueller Belästigung zu werden: Zieh dich nicht zu aufreizend an, trink nicht zu viel Alkohol, lass dein Getränk nicht unbeobachtet, sende keine Signale aus, die er missverstehen könnte, besuche einen Selbstverteidigungskurs. Undsoweiter undsoweiter. Das Perfide daran: Die Schuld für ein Verbrechen wird so dem Opfer auferlegt, die Verantwortung vom Täter weggenommen. Deshalb wird diese Strategie auch als Victim Blaming bezeichnet.

Zitat von Wanjuki

„Vergewaltigung existiert, weil Vergewaltiger sich entscheiden zu vergewaltigen.“ – Wagatwe Sara Wanjuki

Hier ein paar WIRKLICH GUTE Tipps, die jeder beherzigen sollte:

  • Ein kurzer Rock ist keine Einladung zum Sex.
  • Habe keinen Sex mit einer Person, die schläft, egal ob das Bett dir oder ihr gehört.
  • Habe keinen Sex mit einer Person, die ohnmächtig ist.
  • Nutze es nicht aus, wenn eine andere Person betrunken ist.
  • Schütte einer anderen Person nichts ins Glas, um ihr Verhalten zu beeinflussen.
  • Wenn du im Dunkeln hinter einer Person her läufst, die alleine ist, wechsele die Straßenseite.
  • Betrete keine Wohnungen, in die du nicht eingeladen bist.
  • Wenn du einer Person in einer hilflosen Situation hilfst, leiten sich daraus keinerlei Ansprüche auf Sex ab.
  • Helfe nicht einer anderen Person und erschleiche ihr Vertrauen, weil du andere Absichten hast.
  • Wenn du mit einer fremden Person alleine im Aufzug bist: Lass sie in Ruhe.
  • Wenn eine Person während des Sex ihre Meinung ändert: Hör auf.
  • Wenn sie eine bestimmte Sexpraktik nicht will: Akzeptiere es.
  • Wenn eine Person gerade nicht in der Stimmung ist: Lass sie in Ruhe.
  • Wenn es sich um ein Kind handelt: Finger weg.
  • Sag deinen Freunden, Kindern, Enkeln, dass es nicht in Ordnung ist, jemanden sexuell zu belästigen oder zu vergewaltigen.
  • Wenn dein Freund dir erzählt, er habe eine Person vergewaltigt oder sexuell belästigt: Zeige ihn an und sag ihm, er ist nicht mehr dein Freund.
  • Wenn du Zeuge einer sexuellen Belästigung/einer Vergewaltigung wirst: Greife ein.
  • Kommuniziere mit deinem Sexualpartner und versichere dich, dass ein ausbleibendes Nein auch wirklich ein Ja ist.
  • Wenn du nicht alleine in der Lage bist, dich zu kontrollieren: Gehe nicht ohne eine weitere Person in die Öffentlichkeit.
  • Wenn deine Hemmschwelle unter Alkoholeinfluss sinkt: Trinke keinen.
  • Objektifiziere Frauen nicht, sie sind Menschen.
  • Konsumiere keine Medien, in denen Frauen zu Objekten degradiert werden (Werbung, Zeitungen, Musik, Filme, …)
  • Schweige nicht zu Sexismus im Alltag, sondern beziehe deutlich Stellung.
  • Pass auf deine Sprache auf und benutze keine Worte wie „Schlampe“, „Hure“, „Nutte“ usw.
  • Wenn eine Person direkten Körperkontakt meidet: Respektiere es.
  • Gib niemals einem Opfer die Schuld oder in irgendeiner Weise das Gefühl, sie hätte die Tat mit „adäquatem“ Verhalten verhindern können.
  • Gib keine schlauen Tipps, nicht zum Opfer zu werden.

(Diese Liste wurde angeregt durch folgende Kampagne)

Jackson Katz schreibt in seinem Buch „Der Macho Komplex: Warum manche Männer Frauen verletzen und wie alle Männer helfen können“ wie er häufig in seinen Vorträgen in gemischt-geschlechtlichen Gruppen zunächst die Männer fragt, was sie alltäglich tun, um nicht Opfer von Gewalttaten zu werden und dies auf der einen Tafelseite niederschreibt, anschließend das Gleiche mit den anwesenden Frauen. Regelmäßig bliebt die eine Tafelseite leer und auf der anderen reicht der Platz nicht aus. Nicht selten macht dies alle TeilnehmerInnen wütend. Die einen, weil sie realisieren, wie die Angst ihren Alltag bestimmt, die anderen, weil ihnen bewusst wird, was ihre Partnerinnen, Ehefrauen, Töchter, … alltäglich erleben müssen. Im besten Fall führt die Bewusstmachung der Zustände zu dem Willen, etwas zu ändern. Wie sehr würde es dabei schon helfen, wenn sich der Fokus endlich auf die richten würde, die wirklich etwas ändern können: die potentiellen und tatsächlichen Täter.