So vermeidest du eine Vergewaltigung

Wer kennt sie nicht, diese wundervoll hilfreichen Tipps, nicht zum Opfer einer Vergewaltigung oder sexueller Belästigung zu werden: Zieh dich nicht zu aufreizend an, trink nicht zu viel Alkohol, lass dein Getränk nicht unbeobachtet, sende keine Signale aus, die er missverstehen könnte, besuche einen Selbstverteidigungskurs. Undsoweiter undsoweiter. Das Perfide daran: Die Schuld für ein Verbrechen wird so dem Opfer auferlegt, die Verantwortung vom Täter weggenommen. Deshalb wird diese Strategie auch als Victim Blaming bezeichnet.

Zitat von Wanjuki

“Vergewaltigung existiert, weil Vergewaltiger sich entscheiden zu vergewaltigen.” – Wagatwe Sara Wanjuki

Hier ein paar WIRKLICH GUTE Tipps, die jeder beherzigen sollte:

  • Ein kurzer Rock ist keine Einladung zum Sex.
  • Habe keinen Sex mit einer Person, die schläft, egal ob das Bett dir oder ihr gehört.
  • Habe keinen Sex mit einer Person, die ohnmächtig ist.
  • Nutze es nicht aus, wenn eine andere Person betrunken ist.
  • Schütte einer anderen Person nichts ins Glas, um ihr Verhalten zu beeinflussen.
  • Wenn du im Dunkeln hinter einer Person her läufst, die alleine ist, wechsele die Straßenseite.
  • Betrete keine Wohnungen, in die du nicht eingeladen bist.
  • Wenn du einer Person in einer hilflosen Situation hilfst, leiten sich daraus keinerlei Ansprüche auf Sex ab.
  • Helfe nicht einer anderen Person und erschleiche ihr Vertrauen, weil du andere Absichten hast.
  • Wenn du mit einer fremden Person alleine im Aufzug bist: Lass sie in Ruhe.
  • Wenn eine Person während des Sex ihre Meinung ändert: Hör auf.
  • Wenn sie eine bestimmte Sexpraktik nicht will: Akzeptiere es.
  • Wenn eine Person gerade nicht in der Stimmung ist: Lass sie in Ruhe.
  • Wenn es sich um ein Kind handelt: Finger weg.
  • Sag deinen Freunden, Kindern, Enkeln, dass es nicht in Ordnung ist, jemanden sexuell zu belästigen oder zu vergewaltigen.
  • Wenn dein Freund dir erzählt, er habe eine Person vergewaltigt oder sexuell belästigt: Zeige ihn an und sag ihm, er ist nicht mehr dein Freund.
  • Wenn du Zeuge einer sexuellen Belästigung/einer Vergewaltigung wirst: Greife ein.
  • Kommuniziere mit deinem Sexualpartner und versichere dich, dass ein ausbleibendes Nein auch wirklich ein Ja ist.
  • Wenn du nicht alleine in der Lage bist, dich zu kontrollieren: Gehe nicht ohne eine weitere Person in die Öffentlichkeit.
  • Wenn deine Hemmschwelle unter Alkoholeinfluss sinkt: Trinke keinen.
  • Objektifiziere Frauen nicht, sie sind Menschen.
  • Konsumiere keine Medien, in denen Frauen zu Objekten degradiert werden (Werbung, Zeitungen, Musik, Filme, …)
  • Schweige nicht zu Sexismus im Alltag, sondern beziehe deutlich Stellung.
  • Pass auf deine Sprache auf und benutze keine Worte wie “Schlampe”, “Hure”, “Nutte” usw.
  • Wenn eine Person direkten Körperkontakt meidet: Respektiere es.
  • Gib niemals einem Opfer die Schuld oder in irgendeiner Weise das Gefühl, sie hätte die Tat mit “adäquatem” Verhalten verhindern können.
  • Gib keine schlauen Tipps, nicht zum Opfer zu werden.

(Diese Liste wurde angeregt durch folgende Kampagne)

Jackson Katz schreibt in seinem Buch “Der Macho Komplex: Warum manche Männer Frauen verletzen und wie alle Männer helfen können” wie er häufig in seinen Vorträgen in gemischt-geschlechtlichen Gruppen zunächst die Männer fragt, was sie alltäglich tun, um nicht Opfer von Gewalttaten zu werden und dies auf der einen Tafelseite niederschreibt, anschließend das Gleiche mit den anwesenden Frauen. Regelmäßig bliebt die eine Tafelseite leer und auf der anderen reicht der Platz nicht aus. Nicht selten macht dies alle TeilnehmerInnen wütend. Die einen, weil sie realisieren, wie die Angst ihren Alltag bestimmt, die anderen, weil ihnen bewusst wird, was ihre Partnerinnen, Ehefrauen, Töchter, … alltäglich erleben müssen. Im besten Fall führt die Bewusstmachung der Zustände zu dem Willen, etwas zu ändern. Wie sehr würde es dabei schon helfen, wenn sich der Fokus endlich auf die richten würde, die wirklich etwas ändern können: die potentiellen und tatsächlichen Täter.

6 Kommentare

  1. Schaukel_kind

    Toller Text und danke für die J.Katz Referenz, die Methode finde ich toll, Privilegierten ihre Position zu verdeutlichen.

  2. Das ist eine ganz tolle, auch schön konkrete Liste! Nur einem Punkt stimme ich nicht zu: die Kontrolle über eine Anzeige sollte einzig und allein bei der Betroffenen liegen.

  3. Käsestulle

    Ich bin sicher, dass Männer all das wissen. Diebe wissen auch, dass sie nicht stehen dürfen.
    Nur einige halten sich nicht dran.

  4. Hanna Dahlberg

    Hallo Gunhild,
    danke für diesen Hinweis. Ich schwanke so ein bisschen. Auf der einen Seite hast du vollkommen Recht: Wenn eine Freundin als Betroffene mir von einer Vergewaltigung erzählen würde, dann wäre ich vehement dafür, dass nur sie entscheiden kann ob Anzeige erstattet wird oder nicht. Wenn mir hingegen ein Freund erzählen würde er hätte vergewaltigt (worum es hier geht), dann gibt es zwei Möglichkeiten: 1) Ich kenne das Opfer und ich kann sie ansprechen und ihr anbieten im Falle einer Anzeige entsprechend auszusagen, dass der Täter dies und jenes gesagt habe und ihr damit Rückendeckung geben und evtl die Entscheidung erleichtern. 2) Ich kenne das Opfer nicht und weiß nicht ob sie angezeigt hat oder nicht und kann sie auch nicht fragen. Dann würde ich es wohl tun, denn wenn sie angezeigt hat, dann könnte es ihr helfen und wenn nicht, dann wird das Verfahren wahrscheinlich eh eingestellt, wenn der Täter schweigt und nichts ermittelt werden kann. In einem evtl. zukünftigen Fall ist das aber zumindest schonmal aktenkundig.

    Was meinst du?

  5. Hallo Hanna,
    naja, die Situation in einem Anzeigeprozess zu sein, wenn die Anzeige erstmal erstattet wurde, ist für die Betroffene ja gleichartig, ob sie deine Freundin ist (und du ihr die Entscheidung überlässt) oder der Vergewaltiger dein (früherer) Freund und du – wahrscheinlich auch aus verständlicher Wut über ihn – die Entscheidung selbst in die Hand nimmst. Aber in letzterem Fall würde ihr ohne ihre Zustimmung etwas aufgezwungen.
    Im Zusammenhang mit der Tat muß danach das Wohlergehen der Betroffenen im Mittelpunkt stehen und vor allem auch ihre Selbstbestimmung. Gibt für mich zwei Gründe, dass die Entscheidung über eine Anzeige unter allen Umständen bei der Betroffenen/Überlebenden liegen muss. Zum einen weil sexuelle Gewalt völlig gegen die Selbstbestimmung der (des) Betroffenen geht und der Kernpunkt danach ist, ihre (seine) Selbstbestimmung zu achten – vor allem auch im Zusammenhang mit der Tat. Zum anderen, weil das Justizsystem betroffenenfeindlich ist und vielfach reviktimisierend wirkt, mit langer Prozessdauer, Angriffen auf die Integrität der Betroffenen, erzwungener Wiederbegegnung mit dem Täter und vielem weiteren mehr. Die hohe Wahrscheinlichkeit, dass das Verfahren eingestellt wird – oder der Täter nicht verurteilt – oder wenn verurteilt, dann auf Bewährung – ist hoch, und hat für sich genommen zusätzlich eine schädliche und niederschmetternde Wirkung, die den Heilungsprozess richtiggehend zurückschlagen kann.

    Das ist natürlich total unbefriedigend, weil es bedeutet, dass ein Vergewaltiger unbelangt und unbekümmert seiner Wege geht. Das ist der Zustand der hiesigen Rape Culture, in der es so gut wie keine betroffenenfreundliche, angemessene In-Verantwortungnahme derartiger Gewalttäter gibt. Umso wichtiger sind Signale und Handlungen im persönlichen Rahmen, wie eben z.B. einem Vergewaltiger die Freundschaft aufkündigen. Auf dem Blog High on Clichés gibt es seit einiger Zeit eine gute Serie zum Thema “You can stop rape”, hier über Freundschaft mit Vergewaltigern: https://highoncliches.wordpress.com/2012/08/11/tw-you-can-stop-r-schritt-4-warum-seid-ihr-freunde/

  6. PS: Wir (die IfGbsG) haben hier auch die tollen Broschüren von Navina verlinkt: http://ifgbsg.org/broschuren/ . “Wegbegleitung” passt hier glaube ich ganz gut und ohnehin sollten die weite Verbreitung finden: “Im Heft “Wegbegleitung” findest du Informationen zur Unterstützung von Betroffenen von sexualisierter Gewalt. Hier geht es vor allem um Möglichkeiten des Umgangs mit sexualisierter Gewalt, den Umgang mit der_dem Betroffenen und den Umgang mit dir selbst als Supporter_in. Dieses Heft darf sehr gerne weiter verbreitet werden!”

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