Julia O`Connell Davidson hat zahlreiche Studien zu männlichen Prostitutionstouristen durchgeführt. Sie fand dabei unter anderem heraus, dass der Sextourismus den Männern insbesondere dazu dient ihren übergeordneten Status als Männer zu bekräftigen. Sie zeigten sich u.a. verärgert über das Verhalten der prostituierten Frauen in ihren Herkunftsländern, die sich „emotional und sexuell kalt“ verhalten würden und sich „wenig Mühe zu gefallen geben“ würden. Generell zeigte sich in den Einstellungen der Befragten eine „frauenfeindliche Wut“ auf westliche Frauen im Allgemeinen, weil diese sich Männern gegenüber gleichberechtigt verhalten und sie nicht als ihre Herren und Meister anbeten.
Der häufig verwendete Begriff „Sextourismus“ ist verharmlosend, da er schädliches männliches Verhalten wie Spaß und Unterhaltung, die auf Gegenseitigkeit beruht, darstellt und das Leid der prostituierten Personen unsichtbar macht.
Emere Distor und Dee Hunt fassen ihre Ergebnisse zu einer Studie über australische Prostitutionstouristen in die Philippinen wie folgt zusammen:
Die Sextourismusindustrie ist wichtig. Sie ist groß, sie ist reich und sie ist schädlich. Sie lebt gut von der Armut der Philippinen und dem Rassismus und Sexismus, der in Australien, Neuseeland und auf den Philippinen existiert. Sie setzte Frauen und Mädchen der Gewalt und Demütigung aus und hält sie darin gefangen, Tag für Tag, Jahr für Jahr, bis sie sie nicht mehr länger gebrauchen kann. Sie malt ein Bild der Philippinen als einer Nation von verfügbaren, sich unterordnender Frauen, die gevögelt, geschlagen, geheiratet, abgelegt, geschieden, getötet werden können.
Anhand des „Sex“-Tourismus lassen sich die globalen Strömungen der Ungleichheit gut darstellen. In dieser neokolonialen Praxis besuchen reiche, oft weiße, westliche Männer arme Länder, um Frauen, die sich um des Überlebens willen prostituieren müssen, sexuelle zu benutzen. Dem männlichen Wunsch nach den mächtigen Orgasmen wird alles andere untergeordnet.
Nun ist es aber so, dass immer wieder angeführt wird, dass es auch weibliche Prostitutionstouristinnen gibt, die sich Sex von armen, überwiegend afrikanischen oder karibischen, Männern kaufen. Dies soll als Beleg gelten, dass Frauen genauso schlimm sind wie Männer, bzw. dies soll männliches Fehlverhalten legitimieren. Nun ist es in der Tat so, dass es bei Prostitution nicht ausschließlich um die Unterdrückung von Frauen geht, sondern auch um Unterdrückung nach Klasse und Ethnizität. Frauen können in Umständen in denen sie in der Hierarchie höher stehend bezeichnet werden können , in der Tat manchmal auch zu Täterinnen werden. Dies ist genauso zu verurteilen.
Interessanterweise gibt es aber auffällige Unterschiede im Vergleich von männlichem und weiblichem Prostitutionstourismus in Bezug auf Macht, Auswirkungen und Konsequenzen, wie Wissenschaftlerinnen wieJulia O`Connell Davidson und Cynthia Enloe herausgefunden haben.
Zum einen ist heterosexueller weiblicher Prostitutionstourismus zahlenmäßig ein sehr viel kleineres Phänomen als männlicher Prostitutionstourismus. Auch gibt es keine Straßen- oder Bordellprostitution von Männern und Jungen für Frauen, an keinem Zielort für Prostitutionstourismus.
Am interessantesten ist aber Folgendes: Während die prostituierten Frauen die männlichen Sexkäufer ohne eigenes, sexuelles Vergnügen bedienen, und die Männer die sexuellen Interaktionen fest in der Hand haben, bedienen weibliche „Sextouristinnen“ ebenfalls männliche Sexualität.
Ein Strandjunge aus Barbados erklärt:
Eine Frau aus Baja vögelt nicht und sie will dir nicht mal einen blasen. Du musst sie darum anbetteln und trotzdem tut sie es vielleicht nicht und wenn sie es tut, benimmt sie sich, als tue sie dir einen Gefallen. Bei einer weißen Frau musst du betteln, damit sie aufhört!
Die „Sextouristin“ bedient also den ortsansässigen Mann und dieser behält kraft seines männlichen Privilegs und der auf männlicher Dominanz aufgebauten Sexualität die Kontrolle über die sexuelle Interaktion.
Während die schädlichen Auswirkungen des Prostitutionstourismus durch Männer sehr gut belegt sind, gibt es keine Hinweise auf vergleichbare traumatische Erfahrungen ausgelöst durch weiblichen Sextourismus.
Forscherinnen sind sich sogar weitgehend einig, dass die prostituierten Männer in diesem Fall sogar
durch ihr sexuelles Engagement mit weiblichen Touristinnen gewinnen können, weil sich bspw. in karibischen Gesellschaften der maskuline Status der Männer unter ihresgleichen nach der Anzahl ihrer sexuellen Erfahrungen bemisst, und weiße Frauen mehr zählen.
Es handelt sich um
traditionellen Sex der männlichen Oberhoheit, in dem die Männer penetrieren. Sie müssen sich nicht um des Überlebens willen distanzieren, während ihre Körper als Objekte benutzt werden. (Kempadoo)
Sanchez Taylor hebt hervor, dass die männliche Macht zu Gewalt der „Strandjungen“ gegen ihre touristischen Partnerinnen führen kann, wenn die Beziehung über die Dauer des Urlaubs fortbesteht. Dies ist oft der Fall. Die „Sextouristinnen“ haben zwar die wirtschaftliche Macht, dies macht jedoch nicht das Machtgefälle wett, welches den „Strandjungen“ zu einer höheren Position in der Geschlechterhierarchie verhilft. Eine große Anzahl von Frauen in der Studie von Sanchez Taylor, die ausgewandert sind um ihre ortsansässigen Freunde zu heiraten oder unverheiratet mit ihnen zu leben, landete in „extrem missbräuchlichen Beziehungen“ und erhielt keine Unterstützung nach Meldung dieser bei der Polizei.
All dies sollte bei Gleichsetzung von männlichem und weiblichem Prostitutionstourismus nicht in Vergessenheit geraten.
Quellen und Tipps zum Weiterlesen:
- Cynthia Enloe: Bananas, Beaches and Bates. Making feminist sense of internationel politics. London: Pandora, 1989
- Emere Distor unc Dee Hunt: Confronting Sexual Exploitation, Brisbane, Australia: Centre for Philippine Concerns, 1996
- Sheila Jeffreys: Die industrialisierte Vagina, Marta, Press 2014
- Kamala Kempadoo: Continuties and Change. In Kempadoo, Kamala: Sun, Sex, and Gold. Tourism and Sex Work in the Carribean. Lanham, MD: Rowman and Littfield, S. 3-36, 1999
- Julia O`Connell Davidson: Fantasy Islands. Exploring the demand for sex tourism, in Kempadoo, Kamala: Sun, Sex, and Gold. Tourism and Sex Work in the Carribean. Lanham, MD: Rowman and Littfield, S. 37-54, 1999
- Joan Philipp: Tourist-Oriented Prostitution in Barbados: The Case of the Beach Boy and the white female tourist“, in Kempadoo, Kamala: Sun, Sex, and Gold. Tourism and Sex Work in the Carribean. Lanham, MD: Rowman and Littfield, S. 183-200, 1999
- Jacqueline Sanchez-Taylor: Dollars are a girls best friend? Female Tourists Sexual Behaviour in the Carribean, Sociology 35.3: 749-764, 2001
Leider ist dazu beizufügen, dass diese Sexsucherinnen anderen „normalen“ Touristinnen sehr schaden, da jetzt tausende von „beachboys“ davon ausgehen, dass JEDE Touristin in ihrem Land nur an Sex interessiert ist.
Diese ständige Anmache ist für viele Frauen nicht zum Aushalten. Selbstverständlich geht dann auch die Polizei davon aus, dass „DIE FRAU“ ja den Kontakt wollte und suchte. Ein riesiges Missverständnis. Und: Die Arroganz dieser männlichen Sexanbieter ist kaum zu toppen. An viele dieser Destinationen kann man ohne männliche Begleitung gar nicht mehr hinreisen. Und: Jede Alleinreisende Frau befindet sich in Generalverdacht.
Gut, das trifft evt. auch auf „harmlose“ männliche Touristen in Thailand zu.
(Gibt’s das?)