Ich befürchte, das hier wird ein Rundumschlag. Denn dieses Mal möchte ich mich endlich trauen, mich zu äußern.
Jedes Mal, wenn ich mit dem Gedanken spiele, mich (online) unter Klarnamen zu positionieren, ist eine gehörige Portion Angst mit von der Partie. Angst, die leider nicht irrational ist. Es gibt viel zu wenige Verbündete, die sich ebenfalls positionieren und einer den Rücken stärken – und leider kann ich das gut verstehen. Gerade in einschlägigen queerfeministischen Online-Foren ist der Gegenwind so heftig und verletzend, dass auch ich mich dort nur noch in Ausnahmefällen äußere – etwa als in einer Facebook-Gruppe kürzlich Frauen das Recht auf einen geschützten, geschlechtsspezifischen Toilettenraum abgesprochen wurde – und mir mein Feminismus dann gleich mit.
Nun gibt es einen neuen Konflikt, der die Wogen hochschlagen lässt: Die MV von Terre des Femmes im Mai und der daraus resultierende Brief einiger (Ex-) Mitfrauen, die Beschlüsse und grundlegende Positionierungen des Vereins scharf kritisieren. Ich habe die Diskussion so gut es geht verfolgt, und in mir ist immer mehr der Wunsch gewachsen, mich klar zu positionieren – für Terre des Femmes. Schon seit einiger Zeit überlege ich, Mitfrau zu werden; nun hat die jüngste Entwicklung dazu geführt, dass ich den Schritt gegangen bin.
Terre des Femmes ist für mich ein Lichtblick in dem sich rasant verdüsternden Feld im Kampf für Frauenrechte. Denn längst müssen Frauenrechte nicht nur gegenüber Konservativen verteidigt werden, sondern inzwischen leider auch gegenüber linken Liberalfeminist*innen, mit denen wir doch eigentlich lieber Seite an Seite gegen Abtreibungsgegner protestieren sollten. Mir macht im Moment die Auseinandersetzung mit der linken Szene viel mehr Angst als jene mit Ultra-Konservativen. Nicht, weil ich Konservatismus nicht als Bedrohung für Frauenrechte ansehe, sondern weil in diesem Fall die Karten wenigstens offen auf dem Tisch liegen. Um die perfekt getarnte Misogynie im Queerfeminismus und Transaktivismus zu entdecken, muss frau schon mindestens drei Mal um die Ecke denken, was bei mir leider viel zu lange gedauert hat.
Das liegt vermutlich nicht zuletzt daran, dass ich vor allem durch meinen Studiengang zum Feminismus gefunden habe. Ich studiere eine Sozialwissenschaft, und es ist ja mittlerweile kein Geheimnis mehr, dass in diesem Bereich der Queerfeminismus besonders auf dem Vormarsch ist und die Lehrstühle erobert. Ich beobachte diese Entwicklung mit größter Sorge – und ich wünschte, ich würde mich trauen, etwas dagegen zu unternehmen oder wenigstens meine Stimme zu erheben.
Stattdessen saß ich ehrfürchtig in Seminaren und versuchte, Judith Butlers Theorien nachzuvollziehen, was mir nie vollständig gelang – inzwischen weiß ich auch, warum. Wir lernten -als Tatsache-, dass es ein inhärentes Gefühl für Geschlecht gäbe (auch Geschlechtsidentität genannt) und dass Menschen, die sich nicht mit dem „vorgegebenen“ Geschlecht identifizieren (was immer das heißen mag; mir ist noch schleierhaft, wie ich mich als Frau identifizieren soll, ohne auf Klischees zurückzugreifen) in der Intersektionalitätsskala ziemlich weit unten ständen. Frausein wird somit plötzlich zum Privileg. Ich könnte mir kaum einen geschickteren und effektiveren Weg vorstellen, Frauen mundtot zu machen.
In einem anderen Seminar wird unkommentiert stehengelassen, dass es Frauen, denen (sexuelle) Gewalt angetan wird, ja so leicht hätten, Beratungsstellen aufzusuchen, denn da gäbe es ja kein gesellschaftliches Stigma. Für gewaltbetroffene Männer wäre es da viel schwerer. Strukturelle Analyse gleich Null. Und ein Schlag ins Gesicht für all die Studentinnen im Seminar, denen nicht geglaubt wird und die ihre Vergewaltigung deshalb nicht zur Anzeige gebracht haben.
An unserer Uni gibt es genau eine studentische feministische Organisation, die – wie sollte es inzwischen anders sein – natürlich queerfeministisch eingestellt ist. Man diskutiert darüber, wie toll und selbstbestimmt Prostitution (pardon: „Sexarbeit“) sein kann und bietet Workshops an, in denen sich die Teilnehmenden gegenseitig fesseln dürfen – nur unter Consent, versteht sich. Klingt ja auch erstmal nicht verkehrt: Wenn alle Beteiligten einverstanden sind, lass sie doch machen. Individuelle Ebene eben, die Spezialität des Queerfeminismus.
Mir blutet inzwischen das Herz. Weil ich aus eigener Erfahrung weiß, wie leicht man sich als junger Mensch, insbesondere wenn man sich politisch links verortet und gegen Diskriminierung kämpfen möchte, unkritisch auf diese Sichtweise einlässt. Vor allem, wenn die Alternativen fehlen. Und vor allem, wenn vermittelt wird, eine anderweitige Positionierung wäre nicht links, nicht feministisch, nicht akzeptabel. Weil ich diesen Widerspruch kaum aushalte, weiß ich manchmal nicht, ob ich mein Fach weiter studieren möchte, zumindest mit dem Schwerpunkt Geschlechterforschung. Und das, obwohl ich mein Studium eigentlich liebe. Ich liebe es insbesondere, mit so vielen Frauen zusammen zu studieren. In vielen Seminaren sind wir ausschließlich Studentinnen, und daraus könnten wir doch eigentlich so viel machen (manchmal gelingt das ja auch).
Es geht mir nicht darum, queeren Gruppierungen und Sichtweisen ihre Daseinsberechtigung abzusprechen. Soll es solche (Hochschul-) Gruppen geben. Soll Judith Butler in Seminaren gelehrt werden. Das ist ja sogar wichtig, um sich eine Meinung bilden zu können. Und es ist ihre Theorie – die Theorie einer Frau, einer Wissenschaftlerin, die ich ganz bestimmt nicht zum Schweigen bringen möchte. Zumal sie für vieles, was aus ihren Publikationen gemacht wird, auch gar nicht verantwortlich ist.
Was ich mir aber wünsche, sind mehr, viel mehr kritische Stimmen. Kritische Stimmen, die ebenso ihre Daseinsberechtigung haben. Kritische Stimmen, die sich nicht davor fürchten müssen, als transphob, menschenverachtend oder Schlimmeres betitelt und damit „gesilenced“ zu werden. Wenigstens ein Hauch radikalfeministische Theorie in Seminaren, die sich irgendwie mit Geschlecht befassen.
Und hier kommt jetzt (endlich) der Bogen zu Terre des Femmes: Ich weiß, wie schwierig, kräftezehrend und persönlich tief verletzend es sein kann, sich allein gegen eine Masse zu positionieren. Deshalb ist Vernetzung so wichtig. Terre des Femmes ist ein Sprachrohr für Frauen wie mich. Es ist der einzige mir bekannte (große) Verein in Deutschland, der sich so umfassend für Frauenrechte einsetzt und seine Positionen auf struktureller, feministischer Gesellschaftsanalyse gründet. Ich möchte unbedingt verhindern, dass auch Terre des Femmes queerfeministisch unterwandert wird und Denk- und Sprechverbote folgen. Dazu leiste ich nun meinen bescheidenen Beitrag und bedanke mich bei all den Aktiven im Verein. Auf gute, demokratische Zusammenarbeit.
Du bist auch Mitglied bei Terre des Femmes und hast Lust, uns zu erzählen, warum? Dann schreibe uns an post@diestoerenfriedas.de
Danke für diesen großartigen Beitrag! Ich hatte mehrmals Gänsehaut beim Lesen und finde mich in vielem wieder! Toll geschrieben 🙂
Danke für die klaren Worte!
oh, ich habe dieses problem in der (internationalen) säkularen-atheistisch-humanistischen szene… ein gewaltiges unwissen, vorurteile, offene frauenfeindlichkeit (und ich würde sogar behaupten, ganz salopp, oft einfach: männer komplexe) stecken in denen leuten, die sich rühmen, vernunftsmässig, objektiv, dogmatisch-frei, kritisch und wissenschaftsbasiert zu denken bzw. zu handeln. dann gibt es ja noch die libertarianer unter ihnen… für eine feministin (und humanistin) sehr frustrierend. aber, wir geben nicht auf 🙂
Die Masche ist, dass das Gegenüber Schuldgefühle entwickelt, weil es „nicht gut genug“ ist. Da wird einem Rassismus, Transfeindlichkeit, Paternalismus usw. vorgeworfen… Das Prinzip kenne ich noch aus DDR-Zeiten, das ist ziemlich fies, weil es vor allem bei engagierten Leuten wie Dir wirkt. Wir sollten uns deshalb umso fester zusammenschließen!! Die haben nur eine Chance, wenn die Einzelne isoliert ist und sich daher nicht traut, ihre abweichende Meinung zu sagen. Sobald wir mehrere sind, verlieren diese Gruppe ihren Schrecken und werden entzaubert. Wir „Älteren“ sollten da auch vorangehen und nicht bequem bleiben. Also, wir sehen uns alle bei den nächsten Terre-des-Femmes Städtegruppen, Arbeitskreisen und Mitfrauenversammlungen!! Freue mich auf euch! ;-))
„Die Masche ist, dass das Gegenüber Schuldgefühle entwickelt, weil es ´nicht gut genug´ ist“.
Das auch, aber v.a. hat frau offenbar kein Recht, den Mund aufzumachen, wenn sie „nicht genug“ unterdrückt wurde. Es wird eine Leidens-Hierarchie aufgestellt, wonach am meisten Pluspunkte und damit RECHTE diejenige sammeln kann, die am meisten unter den diversen gesellschaftlichen Unterdrückungs-Techniken gelitten hat. Frau muß also einen Leidens-Berechtigungsschein mit sich tragen, der ihr – prozentual umgerechnet auf ihre Unterdrückungserfahrungen – ein Rederecht zugesteht.
Ausgerechnet diejenigen, die alle Unterdrückungserfahrungen erlebt haben, die man gesellschaftlich machen kann, sollen dann aber über sowas wie „natürliche“ Führungsqualitäten verfügen. Das ist auch nicht gerade logisch. Aber es geht ja eh nicht um Logik, sondern um eine absurde Ideologie.
@Katharina: Ich betrachte Frauenräume weniger als Schutzräume (schützen muß sich eh jede selber können oder es lernen) denn als Freiräume. Hier wird FREIHEIT (wieder) gelernt und unabhängig von patriarchaler Indoktrination eigenständig gedacht. Darum ist es auch überaus kontraproduktiv, sich ausgerechnet in Frauenräumen einer neuen Ideologie zu unterwerfen.
Natürlich sollte jede/r empathisch-sensibel sein und Rücksicht nehmen aufeinander. Das gilt aber generell, nicht nur in Frauenräumen. Daß mir ausgerechnet von Frauen eine besonders herausragende Sorgfaltspflicht in punkto Empathie zugewiesen werden soll, empfinde ich als Zumutung. Daher weise ich dieses Ansinnen entschieden zurück. Auch mit der Mißinterpretation von Frauenräumen als „Schutzräume“ wird allen Frauen, die diese aufsuchen, indirekt die Rolle der „Mutter“ zugewiesen; bzw. die der „Kinder“, um die sich gekümmert werden muß.
Solche mütterlich-naturalistische Gender-Zuschreibungen hatte ich für längst überwunden gehalten.
Danke, dass du auf diese besorgniserregenden Zustände hinweist in deinem Text.
Je mehr ich sehe was innerhalb des Feminismus passiert, desto mehr möchte ich jegliche Offenheit für Männer innerhalb des Feminismus aufgeben, die ich einmal hatte. Es scheint, als manipuliere sich der männliche Führungsanspruch und Machtinstinkt wieder bis ganz tief hinein in all die Frauenköpfe. Diesmal besonders perfinde, anhand von Männern, die sich als Frauen „fühlen“ (wollen) und wie immer bei Männern, überall wo sie auftauchen, beginnen einen überbordenden RAUM für sich zu beanspruchen: Jetzt komm ich! Hier bin ICH! Jetzt red ICH!
Zugleich möchte ich mich von denen nicht derart ärgern lassen, dass ich anfange zu werden, wie viele ihrer „nichtfrau-fühligen“ Geschlechtskollegen, wenn sie sich bedroht fühlen und beginne abzuschotten und andere auszugrenzen.
Es mag Männer geben, die Frausein wirklich nicht nur narzisstisch (Titten, Schminke, Sex = Aufmerksamkeit) leben wollen und von klein auf – so wie es mir ging – viele der Jungs im Kindergarten einfach zu „grob“, zu laut, zu „dumm“ und zu gewaltorientiert fanden, denen deren ständiges Gekämpfe und Großgetue einfach irgendwie „dümmlich“ und extrem fremd vorkam – zudem unangenehm raumgreifend und belästigend. Es mag Jungs geben, die von klein auf, lieber Gesichter und Mimik anderer lesen lernen wollen und wissen, was andere wollen, fühlen, denken und… deshalb Austausch suchen (wofür es naturgemäß nicht zu laut sein darf, außenrum) und auf diese Weose irgendwie früh bei den Mädchen landen. Es mag sein, dass die später tatsächlich Räume suchen, die ursprünglich für Frauen gedacht waren. Es mag sein…
Aber… warum tun sich diese Männer nicht zusammen und vertreten erstmal ihre Rechte, statt unsere, und BENENNEN es auch so? Es sind spezifische Welten und Bedürfnisse. Wenn es um Politik geht, und nichts anderes ist für mich Feminismus, dann muss es dort VertreterInnen für spezifische Interessengruppen geben, weil in einem Feminismus, der alle fassen soll, zu viele Machtkämpfe stattfinden werden, da zu viele Interessen um Aufmerksamkeit ringen und untergehen. Man kann dann Bündnisse schließen. Aber: Warum, verdammt, lassen wir die Männer im Feminismus nicht erstmal ihre eigenen Räume schaffen?
Integration muss an dieser Stelle nicht sein und ehrlich, für mich wird man als Frau geboren und jene, bei denen es tatsächlich auch auf biologischer Ebene eine Zweierausprägung gab, sind tatsächlich extrem selten und hätten sicher nicht solche Auswirkungen auf Feminismus, wie ihn all die Männer darin inzwischen haben: Sie denken und agieren wie Männer und versuchen eine große bestehende Bewegung zu okkupieren, statt eine eigene, neue mühsam aufzubauen.
Leider waren Frauen schon immer an dieser Stelle zu „naiv“ um diese Strategien sofort zu erkennen und so… rennen die ganen oft blutjungen Queerfeministinnen, voll in die Falle und vertreten nun mehr und mehr Männerinteressen.
Und ja, ich glaube an Frausein als auch etwas Biologisches. Zugleich glaube ich, dass der Unterschied durch konstruierte Rollen vollkommen absurd übertrieben wurde und ein großer Teil damit konstruiert wurde, was als weiblich und männlich gilt. Welche Teile was und wie viel ausmachen, darüber lässt sich trefflich streiten. Und doch bleibt für mich: Eine Frau bin ich in der Regel von Geburt an PLUS ein Hineinwachsen auf der gesellschaftlichen Seote der Frauen, mit all den Erwartungen und Konstruktionen.
Ich möchte mich im Feminismus nur jenen Gruppen anschließen, die meine Interessen vertreten und die sind nicht dort, wo Männer sind und laut werden.
So vertritt auch mich eher Terre des Femmes oder Alice Schwarzer und ja, alle, denen es so geht, sollten sich besser vernetzen und zusammenschließen.
Danke für den Artikel!
Ich denke, dass Wahl Trumps hier auch eine wesentliche Rolle spielt. Etwa 53% der weißen Frauen haben ihn gewählt. Anstatt sich zu fragen, was da in den Frauenbewegungen der vergangenen Jahrzehnte vielleicht schief gelaufen ist bzw. eine gesamtgesellschaftliche Analyse vorzunehmen, schlug dieses Wahlergebniss gerade bei den weißen Feministinnen in eine ordentliche Portion Selbsthass um. Nach dem Motto „Wir sind schuld. Wir haben versagt.“ Dieser Selbsthass zeigt sich in diesem zynischen Ranking, der in den vorangegangenen Kommentaren erwähnt wurde.
@Lozen
Im US-amerikanischen Raum gab es den intersectional feminism weit vor der Wahl Trumps zum Präsidenten. In den USA sind auch die hier im Beitrag als Queer-Feministinnen bezeichneten Männer & Frauen Teil des intersektionalen Feminismus, der Überschneidungen zu Problemen mit Rassismus hat, transspezifische Probleme mit einschließt, als auch Islamismus und das Sex-Worker-Movement etc. Der Kontext ist weit gezogen und auf einen Selbsthass frustrierter Feministinnen lässt sich das nicht reduzieren. Hier geht es tatsächlich eher um eine versuchte Unterwanderung bzw. Verdrängung und Auflösung des radikalen Feminismus durch Kräfte die ursprünglich aus allen möglichen Richtungen kommen, extrem liberale anything goes und kultur-relativistische Kreise, Linke die neue Ideale suchen, Queer-Theoretiker, Islamisten und die Sexindustrie, um nur einige zu nennen.
@Susanna: Das ist auch noch mal ein wichtiger Aspekt. Warum hängen sich Männer, die als Frauen wahrgenommen werden wollen, ausgerechnet an die Frauenbewegung dran. Die bekannte männliche Bequemlichkeit, die lieber andere für sich arbeiten läßt als selber etwas eigenes zu initiieren? Diese PARASITÄRE (!) Einstellung läßt sich auch bei männlichen Genderforschern beobachten, die sich erst für dies Fachgebiet interessieren seit es hier BEZAHLTE Stellen gibt (die Frauen vorher jahrzehntelang unbezahlt gemacht haben).
Natürlich ist es einfacher, sich ins (von anderen) bereitete Nest plumpsen zu lassen als etwas Eigenständiges auf die Beine zu stellen. Und dann ganz einfach den Laden übernehmen und die eigentlichen Initiatorinnen durch egozentrische und invasive Dominanz rausekeln, wie sie nur Männer hinbekommen.
Für mich ist Frau-Sein ein interaktiver Prozess, der mit der Reaktion auf das weibliche Baby beginnt; d.h. es gehört nicht nur ein FRAUENKÖRPER dazu, sondern vor allem eine weibliche LEBENSGESCHICHTE mit den ganzen Tücken weiblicher SOZIALISATION.
Erst dann kann von einer „Frau“ die Rede sein.
Die ganzen Queer- und Transidentitäten sollten endlich in eigenen Organisationen SELBSTSTÄNDIG werden. Wir sollten ihnen dabei auf die Sprünge helfen. Und die Frauen sollten endlich das in die Frauenräume mitgebrachte patriarchale Gepäck wegwerfen und lieber gut für sich selber sorgen – statt für andere. Genau diese sozialisationsbedingte weibliche DEFORMATION – mehr an andere als an sich selbst zu denken – machen sich diese Typen zunutze.
@kira
„…es gehört nicht nur ein FRAUENKÖRPER dazu, sondern vor allem eine weibliche LEBENSGESCHICHTE mit den ganzen Tücken weiblicher SOZIALISATION.“
Dem stimme ich zu, da es nicht nur um Biologie geht, sondern entsprechend dem radikalen Feminismus primär auch um Sozialisation. Trotzdem ist eine strikte Abgrenzung hinsichtlich dieser Prämisse nicht sehr leicht. Da Sozialisationen unterschiedlich sind, sind auch Frauen unterschiedlich, die einen zeigen mehr weibliche Verhaltensmuster, die andere mehr männliche und natürlich gibt es alles dazwischen ebenfalls.
Es ist eh schon traurig genug, dass wir uns mit solchen Definitionen und Abgrenzungen aufgrund dieser Pseudofeministinnen beschäftigen müssen, denn hier gab es auch mal in den 70iger Jahren (oder so, war noch vor meiner Zeit) eine Auseinandersetzung mit den sogenannten Biologistinnen, die eben alles mit der Biologie begründeten; diese standen den Radikalfeministinnen wie u.a. Alice Schwarzer gegenüber. Jetzt wiederum müssen wir uns gegen die andere Seite verteidigen, die jedoch m.E. nach den Feminismus nur noch für eigene Zwecke mißbrauchen und ihn eigentlich auflösen (deshalb nenne ich sie Pseudofeministinnen).
„Warum hängen sich Männer, die als Frauen wahrgenommen werden wollen, ausgerechnet an die Frauenbewegung dran.“
Weil man sie lässt.
Und weil sie dort die größtmögliche Opferendite einstreichen. Sie haben etwas zu melden, können sich als die am meisten Marginalisierten inszenieren und bekommen immer Recht. Zudem wird ihr „Frausein“ nicht hinterfragt. Sie dürfen eine Forderung nach der Anderen stellen – es ist nie genug. Die Queer“feministinnen“ werden nicht müde, gesellschaftliche Analysen und feministische Werte über Bord zu werfen …
@Käsestulle: „Opferrendite“, das werde ich mir merken:) Aber irgendwie läuft auch was schief, wenn man sich unter Frauen durchs Opfer-Sein einer erhöhten und kontinuierlichen Aufmerksamkeit sicher sein kann. Ich dachte, der „Chor der Opfer“ (aus: Vagabundinnen, Christina Thürmer-Rohr) sei endlich mal verstummt. Womit gemeint ist, daß frau sich NICHT über eine Opferrolle definieren soll.
Stellen wir uns das Ganze mal umgekehrt vor: Frauen mit femininer Erscheinung behaupten, sie seien von jetzt an Männer und verlangen Aufnahme in exklusiv männliche Kreise (für Männer reservierte Clubs, katholische Kirche, Burschenschaften). Wird man sie dort reinlassen? Nein, natürlich nicht. Man würde sie auslachen.
Frauen dagegen entwerten sich selber, indem sie es zulassen, daß JEDER (!) ihrem „Club“ beitreten kann.
Völlig richtig, Kira. Diese Opfer-Ralley nach unten ist die faule Frucht des Intersektionalismus. Opfersein ist nun erstrebenswert, je mehr desto besser.
Der Feminismus als emanzipatorische Bewegung wurde genau auf die gleiche Weise atomisiert wie die Arbeiterbewegung. Wie aus dem Lehrbuch erfolgte eine nachhaltige Ent-Historisierung und die Etablierung von Fehlidentifizierungen (Allianzen mit Sexindustrie, islamischem Patriarchat, Verstümmelungspraxis usw.). Übrig ist eine Vielzahl von um Partikularinteressen zankenden Grüppchen.
Ich schliesse mich meinungsmässig sowohl dem Artikel wie den Kommentaren eindeutig an. Grosser Erleichterungsseufzer, dass noch andere Frauen Probleme mit dem verschwurbelten Queerfeminismus haben. Uff!
Ich bin froh, nicht ganz allein zu sein.
mir geht es wie yvonne!
auch ich bin sehr erleichtert zu sehen, dass ich mit meinem Unbehagen, das immer nur waberte, jetzt kann ich es in Worte fassen (DANKE!!!!) nicht alleine da stehe.
vor allem Susanna möchte ich von Herzen danken.
mir gehen diese selbsternannten männlichen Feministinnen so dermaßen auf den Senkel, mansplaining ist ja noch ihr simpelstes Mittel….
mein persönlicher Spaß ist es mittlerweile, genau mit diesen selbsternannten FeministInnen über Sprachgerechtigkeit und das generische Maskulinum zu diskutieren. da werden die Weichgespülten meist so schnell zu geifernden Machos, dass es eine wahre Freude wäre – wenn es lustig wäre….
in any case: DANKE DANKE DANKE 🙂
@AnnaK
Die Zudrückdrängung bzw. gar die Dämonisierung des radikalen Feminismus sehe ich auch. Ich stelle auch immer wieder fest, wie wenig Wissen über die jüngste Frauenbewegungsgeschichte seit den späten 1960er Jahren besteht – sei es über die Frauenbewegung in Westdeutschland oder über die in der DDR/Ostdeutschland. Eine Ursache hierfür ist die Gleichsetzung mit dieser Bewegungen mit dem sogenannten“Old-School-Alice-Schwarzer-Feminismus“. Dieser zum Teil auch selbstverschuldete Bruch mit der eigenen Geschichte sehe ich mit als wesentliche Ursache für die hier beschriebenen Entwicklungen.
@Lozen
Dem stimme ich zu, denn entweder das Wissen über den Radikalfeminismus nicht mehr vorhanden oder es wird schlichtweg ignoriert; vielleicht auch, um sich von früheren Generationen abzugrenzen (siehe hier auch Charlotte Roche).
Der Feminismus bleibt natürlich nicht stehen und entwickelt sich weiter, doch wird dies dann problematisch, wenn zu viele Probleme, die es sicherlich weltweit gibt, hineinprojiziert werden. Women of Color, nicht nur in den USA, haben hinsichtlich Rassismus, den es ja auch hier gibt, sehr große Probleme. In den USA gibt es aktuell diesbezüglich mehrere Bewegungen, wie u.a. Black Lives Matter, die sich diesem entgegenstellen. Das ist wichtig und natürlich können und sollten wir unseren Schwestern hier zur Seite stehen, doch wenn die feministische Bewegung hiervon vereinnahmt wird, entstehen die Probleme, die wir jetzt hier diskutieren, denn dann geraten wir tatsächlich in Konflikte hinsichtlich der Schwerpunktausrichtung unseres Kampfes. Transidente und Transgender i.A. haben wiederum ihre eigene Konflikte mit der patriarchalen Gesellschaft und auch hier gibt es natürlich Überschneidungen (wo diese Anfangen und enden ist hier viel schwieriger zu definieren) mit dem Feminismus, doch, und das ist meine persönliche Meinung, sollte unser Schwerpunkt immer der Kampf um eine Chancen- und Rechtegleichheit zwischen den Geschlechtern sein. Und hierzu gehört an vorderster Front auch der Kampf gegen Sexismus und gegen den verdeckten und offenen Frauenhass, der uns entgegenschlägt, hinzu.
Ich bin auch schon der Ansicht begegnet, dass Feminismus nichts anderes ist, als Humanismus. Natürlich sind wir humanistisch, doch auch mit einer solchen Abstraktion wird der eigentliche Sinn des Feminismus verschleiert. Anzutreffen ist diese Haltung des öfteren bei sogenannten männlichen Feministen, die so den Feminismus für sich rechtfertigen. Diese sind jedoch aus meiner Sicht eher harmlos, weil leicht zu identifizieren. Problematisch ist es, wenn bestimmte Interessenkreise versuchen, ihre Ziele über die den originären Feminismus zu stellen und diesen für sich vereinnahmen möchten. Das erleben wir zur Zeit und auch wenn es eine Bedrohung ist, können wir es auch als Chance begreifen, uns wieder neu zu formieren und gestärkt aus dieser Auseinandersetzung hervorzogen, so wie es Terre de Femmes zur Zeit gerade macht.
hervorzogen = hervorzugehen 😉 ich liebe Korrekturhilfen
@Käsestulle: Die Intersektionalität kann ja auch nix dafür, daß sie mißbraucht wird. Ursprünglich war die Intersek. einfach nur ein zusätzliches Analyse-Instrument, das Klarheit bringen sollte über das Verwobensein verschiedener Unterdrückungsmechanismen.
Wie daraus eine Ideologie werden konnte, die überdies noch christliche Elemente (z.B. Buße bzw. Selbstanklage als „Priviligierte“) aufnahm, das versuche ich grad herauszufinden.
@Susanna: Vielen Dank für Deinen Kommentar. Eine schöne Zusammenfassung auch meiner Gedanken und Ansichten. Mir geht es da ähnlich wie Yvonne.
@susanna: ich glaube, dass es bei vielen Menschen eine „Orientierung zum Stärksten“ in einer Gruppe gibt. Daher sind viele Frauen so männerorientiert – sie fühlen sich stärker, wenn sie sich dem vermeintlich Stärkeren anpassen. Man konnte ja beobachten, wie sich jede neue Feministinnengeneration versucht hat von Alice Schwarzer und der 2. Welle abzugrenzen, indem sie sich als männerkompatibel angepriesen hat. Erst als „wir sind aber hübsche Frauen, auch wenn wir Feministinnen sind „(Alphamädchen), jetzt eben als „wir sind intersektional/Transfrauen sind Frauen“. Männer mit ins Boot zu holen, ist für den Fortgang der Sache sicher dienlich, aber nicht um den Preis der Verwässerung der Ziele!! Frauen lassen es immer wieder zu, dass Männer (Transfrauen) die Ziele definieren. Gerade junge Frauen kriegen ja oft ganz viel Belohnung vom Patriarchat, bevor sie dessen Nachteile kennenlernen. Eventuell ist das auch ein Grund, weswegen es so schwierig ist, eine generationsumfassende langfristige Frauenbewegung zu installieren.
@vuk
Der intersektionale (Sekte ? 😉 Feminismus ist ja nicht nur offen für das weite Feld „Trans“, sondern umschließt ja auch Traditionen und Religionen, wie eben aktuell den Islam und den Hijab mit Stichwort Kulturrelativismus sowie neben Sexismus natürlich auch Rassismus, der hier und dort schon mal höher bewertet wird, Behinderte und die Sex-Arbeiter-Bewegung, um nur die prominentesten Überschneidungsfelder zu nennen. Nicht immer sind zumindest auf dem ersten Blick die angeblich „stärkeren Männer“ hier federführend. Der Kulturrelativismus kommt m.E. nach über die Linke rein, wo traditionell Männer das Sagen haben, bei behinderten Frauen eher nicht und bei den „Wir lieben Sex-Arbeit“ Promotern treten zwar Vorzeigefrauen wie damals auch Stefanie Klee auf, doch im Hintergrund steht natürlich der Pimpf und die Industrie, so dass Deine Theorie zumindest meistens passt. Aber ich weiß nicht, ob dies schon alles ist. Es gibt immer mehrere Gründe. Vielleicht will frau einfach auch nur offen und fortschrittlich sein, was auch immer frau darunter verstehen kann.
@Anna K., ja, da hast du recht, es gibt immer mehrere Ursachen. Eine ist vielleicht rein marktwirtschaftlich: eine akademisch ausgebildete Gender-Studies-Absolventin braucht eine bezahlte Arbeit und muss sich diese irgendwo erkämpfen, indem sie zeigt, wie wichtig und einzigartig und fortschrittlich das ist, was sie macht. Raum in den konventionellen Medien mit Feminismus erhält sie wohl nur als „liberale“ / Lifestyle-/sonstwie kompatible Feministin. Radikalfeminismus kann frau sich i.d.R. nur als Hobby leisten.
Ja, leider, dabei könnte alles anders sein, denn der Radikalfeminismus a la Alice Schwarzer hat schon immer Überschneidungen beachtet und auch unterschiedliche Formen der Unterdrückung seitens des Patriarchats. Würde man ggf. neue Erkenntnisse der Forschung hier integrieren, dann hätten wir wenigstens wieder eine mehr oder weniger einheitliche Front, doch so bekämpfen wir uns untereinander und ja, vielleicht ist dass ja auch das Ziel dieser Pop-Feministen.
@Anna K.: „bekämpfen wir uns untereinander“ heißt dann wechselweise „Zickenkrieg“ (Männer) oder „Diskurs“ (Queerfem.). Prinzipiell habe ich nichts gegen Auseinandersetzungen, auch harte, wenn sie in der Sache erfolgen und wenn die grundlegende Zielstellung nach außen klar ist. Gerade beim Thema Kopftuch gibt es viele Ansätze. Aber Queerfem. hat für mich nichts mehr mit Feminismus zu tun. Auch hier stehen uns natürlich jetzt harte Auseinandersetzungen an, die wir auch annehmen müssen. Sonst haben wir auch nur so eine Art Wohlfühl-/Blasenfeminismus.
@vuk
Ja, dass wir uns auseinandersetzen müssen, das sehe ich auch so, nur könnten wir diese Ressourcen besser einsetzten als immer wie so oft im internen Grabenkampf. Aber wie schon oben vermutet, ist das sicherlich einer der Gründe, warum wir diesen Kampf überhaupt führen müssen.
@vuk
Ja, ich glaube deine Analyse trifft da vieles auf den Punkt. Vielleicht ist es ja hilfreich derartige strukturelle Analysen immer auch auszusprechen, wo immer frau diesem unbewusst ablaufenden Männerwahn bei anderen Frauen begegnet. Wenn frau Frauen kritisiert, hat sie bei manchen „Feministinnen“ zumindest eine Chance gehört zu werden ;).