Diese Replik erschient am 2. Juli bei Feminismus bleibt unbequem.
Replik und Gegendarstellung zum „Offenen Brief“ feminismenohnegrenzen“ vom 22.06.2017.
Berlin, 02. Juli 2017
um sich ein eigenes Urteil zu einem medial inszenierten Angriff auf unser menschen- und insbesondere frauenrechtspolitisches Engagement bilden zu können, hier unsere Replik und Gegendarstellung zum „Offenen Brief: feminismenohnegrenzen“ vom 22.06.2017.
Am 22.06.2017 erreichte die Geschäftsstelle und den Vorstand von TDF nachmittags ein „Offener Brief“. Darin wurde kurzfristig angekündigt, dass jener Brief am nächsten Tag auf einer eigens hierzu eingerichteten Website für die breite Öffentlichkeit online gestellt würde. Verknüpft mit der Mitteilung, dass die Tageszeitung taz darüber berichten werde. Zur einseitigen ‚Berichterstattung‘ der Tageszeitung taz vom 23.06.2017 – welche TDF selbst zu den im o.g. Offenen Brief erhobenen Vorwürfen nicht anhörte, wie es den ethischen Richtlinien der journalistischen Sorgfaltspflicht eigentlich entspräche – ist bereits an anderer Stelle alles gesagt worden. Zum Beispiel hier.
Gemäß dem Leitgedanken von TDF „gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei“ nehmen wir uns als Mitfrauen (Mitglieder) das Recht und sehen es als unsere Pflicht, mit unserer Gegen- /Darstellung nun selbst für die gebotene Vollständigkeit der geschilderten Vorgänge im Sinne der Transparenz und Ausgewogenheit zu sorgen. Damit möchten wir es allen – unseren rund 2.000 Mitfrauen und den interessierten Menschen aus der Öffentlichkeit – ermöglichen, die vorgebrachten Anschuldigungen der Erst-/UnterzeichnerInnen des o. g. „Offenen Briefs“/feminismenohnegrenzen (im Weiteren: O.B./fog) zu überprüfen. Wir hoffen damit, zu einer eigenständigen, differenzierten Einschätzung bezüglich der erhobenen Vorwürfe wie auch der zum Teil tatsachenwidrigen Behauptungen zu verhelfen.
Den Erstunterzeichnerinnen des O.B./fog geht es, laut eigenem Bekunden, vorgeblich darum, sich „von Vorstand, Geschäftsführung, den unten genannten Beschlüssen (sic) und undemokratischen Tendenzen im Verein“ zu „distanzieren“.
Vorweg: Es steht den Mitfrauen/Erstunterzeichnerinnen selbstverständlich frei, sich von Vorstand und/oder Geschäftsführung, aus welchen Gründen auch immer, zu distanzieren.
Allerdings werden dort online seit Veröffentlichung des O.B./fog weiter Unterschriften gesammelt. Durch das bewusst gewählte, diffamierende Vokabular über vermeintlich „undemokratische“, „rassistische“ und „rechtspopulistische Tendenzen“ im Verein – so die erhobenen Vorwürfe, zielt dieser Brief auf eine Empörungsbekundung einer größeren Öffentlichkeit ab.
Dahinter steht für uns die klar erkennbare Intention einer kleinen Gruppe, TDF medial unter Druck zu setzen, um bestimmte basisdemokratische, vereinsinterne Verfahren der Mitfrauenversammlung (im Weiteren: MV) und deren mehrheitlich gefassten Beschlüsse zu diskreditieren – und um diese nach Möglichkeit letztlich irgendwie doch noch ‚kippen‘ zu können.
Diese Vorgehensweise lehnen wir, die UnterzeichnerInnen dieser Replik, als ausgesprochen undemokratisch ab.
Die MV von TERRE DES FEMMES ist das oberste, basisdemokratisch beschlussfähige Organ des Vereins, zu dem alle Mitfrauen eingeladen sind, Anträge einzubringen, über diese zu diskutieren und abzustimmen.
Über die kritisierten Anträge wurde nach ausgiebigen – und mitunter sehr kontroversen – Diskussionen, in denen alle anwesende Mitfrauen Fragen stellen, ihre jeweiligen Expertisen vorbringen, ihre verschiedensten pro/contra Haltungen ausführlich darstellen konnten, abgestimmt; gemäß dem in der Vereinssatzung festgelegten und bewährten basisdemokratischen Verfahren. Letztlich wurden diese mit einer großen Mehrheit angenommen.
Aus unserer Sicht geht es den Erstunterzeichnerinnen des O.B./fog – 25 von rund 2.000 Mitfrauen (Mitgliedern) – im Wesentlichen jedoch vor allem um einen ganz anderen Punkt, den sie selbst ja auch benennen (vgl. obiges Zitat): Die gefassten Beschlüsse im Nachgang zur MV nun öffentlich zu diskreditieren und anzugreifen, weil sie der eigenen politischen ‚Linie‘ nicht folgen. Darüber hinaus stand den 21 der 25 stimmberechtigten Erstunterzeichnerinnen und Mitfrauen im Verein frei, für oder gegen die einzelnen Anträge zu argumentieren, zu streiten und mitabzustimmen. Insofern sich nur rund die Hälfte von ihnen bemüßigte, an der nun als „undemokratisch“ kritisierten MV überhaupt teilzunehmen, müssen sich sie selbst fragen, ob eine derart medial inszenierte Empörungsaktion über einen „Offenen Brief“ nicht eher dazu dient, von eigenen Versäumnissen abzulenken.
Im Folgenden möchten wir, wo nötig, unrichtige Tatsachenbehauptungen richtigstellen (1) und zu einzelnen Aspekten beziehungsweise Vorwürfen (2) unsere Sicht der Dinge darstellen.
Zu (1) Nicht zutreffend sind folgende, im O.B./fog nachzulesende Behauptungen:
– Unterstellung Intransparenz: Es wurden – wie die Erstunterzeichnerinnen selbst richtig erkennen – noch „kurz vor der Mitfrauenversammlung“ Anträge auf Mitgliedschaft bei TDF eingereicht, die nicht mehr zugelassen wurden. So weit, so richtig.
Unzutreffend ist jedoch die Behauptung, diese Nichtzulassung sei in den Diskussionen (allein) damit begründet worden, „dass dies die Mehrheitsverhältnisse hätte ändern können“.
Richtig ist: Es wurde an dieser Stelle in der MV sogar sehr offen und transparent die Frage aufgeworfen und ausgiebig diskutiert, ob es sich hierbei nicht um eine „konzertierte Aktion“ gehandelt haben könnte. Dafür spräche immerhin, dass von den 36 Frauen, die so kurzfristig vor einer MV eintreten wollten, sogleich ein Drittel der Antragstellerinnen ihren Antrag auf Mitgliedschaft bei TDF unmittelbar wieder zurückgezogen haben, als sie die Mitteilung der Geschäftsstelle erhielten, dass eine Teilnahme an der MV in diesem Jahr nicht mehr möglich sein werde. Auch die Tatsache, dass die kurzfristigen Anträge auf Mitgliedschaft überwiegend aus einer Stadt – Berlin, in der auch die MV stattfindet – eingingen, deutet in diese Richtung.
Aus jahrzehntelanger Erfahrung von TDF als einem für neue Mitfrauen offenen Verein sind derart ‚zufällige‘ Häufungen an Eintritten unmittelbar vor einer anstehenden MV doch eher unwahrscheinlich. Vielleicht, so bleibt uns an dieser Stelle nur zu vermuten, ging es Teilen der Antragsstellerinnen – wie auch jenen, die sie womöglich eigens hierzu angeworben hatten – weniger darum, sich langfristig in Verein und Arbeit von TERRE DES FEMMES einzubringen als vielmehr darum, die Mehrheitsverhältnisse für bestimmte und einzelne, ‚unangenehme‘ Anträge kurzfristig in Richtung favorisierter Positionen zu verschieben bzw. diese zu verhindern. Es steht uns nicht an, zu urteilen, aus welchen Gründen Frauen TDF beitreten möchten. Doch müssen sich unserer Ansicht nach die Erst- /UnterzeichnerInnen am von ihnen selbst erhobenen Vorwurf „undemokratischer Tendenzen“ messen lassen. Sie sollten sich die Frage stellen, ob sie nicht durch intransparente Methoden selbst für undemokratische Tendenzen erst verantwortlich zeichnen.
– Unterstellung, TDF/-Positionen würde/n „rassistische Ressentiments reproduzieren“ und „rechtspopulistische Tendenzen legitimieren“:
So wird u. a. behauptet, es sei auf der MV „in der Diskussion geäußert worden, das jeder Frau*, die ein Kopftuch trägt, die Mitgliedschaft bei TERRE DES FEMMES verweigert werden solle“.
Diese Behauptung ist unwahr: Weder am 20. noch am 21. Mai war ein solcher Diskussionsbeitrag erfolgt oder diskutiert worden! Mitfrau bei TDF kann jede interessierte Frau werden, die volljährig ist, sich mit der Satzung und den darin dargelegten Vereinszielen einverstanden erklärt und einen Mitgliedschaftsbeitrag zu zahlen bereit ist. Dies sind die gültigen, für alle auch in der Vereinssatzung nachlesbaren und transparenten Kriterien für die Aufnahme im Verein. Im Ablauf der letzten zweitätigen MV wurden diese Kriterien weder in Frage gestellt, noch hinsichtlich einer etwaigen Abänderung diskutiert. Das Feministische Leitbild von TDF definiert darüber hinaus genauer das Fundament der frauenrechtspolitischen Arbeit des Vereins.
– Behauptung, Antrag zum gesetzlichen Verbot des sog. „Kinderkopftuch“ sei „vom Vorstand“ eingebracht:
Auch diese Behauptung widerspricht den Tatsachen, sie ist unzutreffend.
Richtig ist: Eine der vier Antragsverfasserinnen/-stellerinnen hatte zugleich auch erstmalig für den neuen Vorstand, den es auf jener MV noch zu wählen galt, kandidiert. Ohnehin gilt, dass auch eine Vorstandsfrau als Mitfrau grundsätzlich die Möglichkeit hat, selbst auch Beschlussanträge einzubringen, über die dann abgestimmt werden kann. Dies war hier aber nicht der Fall. Mit der Behauptung, besagter Antrag sei „von Vorstand und Geschäftsführung einstimmig unterstützt“ worden, scheinen die Unterzeichnerinnen des O.B./fog bei Außenstehenden den Eindruck hervorrufen zu wollen, dieser Antrag sei quasi durch ‚Druck von oben‘ forciert worden. Dies ist nicht der Fall gewesen. Jeder Antrag – und auch im Speziellen dieser Antrag – wurde(n) ausgiebig diskutiert und sodann darüber durch alle teilnehmenden Mitfrauen in einem freien und geheimen Wahlgang entschieden.
Des Weiteren trifft es nicht zu, dass alle Mitarbeiterinnen der Geschäftsstelle, wie behauptet, „dazu verpflichtet“ seien, die politische Lobbyarbeit für die gefassten Beschlüsse zu übernehmen. Es ist lediglich verpflichtend für die angestellten Mitarbeiterinnen, den in der MV mehrheitlich abgestimmten Positionen von TDF nicht öffentlichkeitswirksam entgegenzuarbeiten – wie dies im Übrigen in jedem anderen Arbeitsverhältnis in einem Unternehmen oder einer anderen NGO selbstverständlich beziehungsweise auch verpflichtend der Fall ist!
– Der Vorwurf, der in der MV mit Zweidrittel-Mehrheit angenommene Antrag für ein gesetzliches Verbot des sog. „Kinderkopftuchs“ (v.a. in öffentlichen Betreuungs- und Bildungsinstitutionen wie Schule, Kindergarten, Kita etc.) schüre „anti- muslimischen Rassismus und gesellschaftliche Ausgrenzung der betroffenen Mädchen“ ist eine nicht belegte und nicht kausal belegbare Behauptung. Dieser bekannte ‚argumentative‘ Automatismus rund um Kopftuch/Hidschāb & Co. zeugt vielmehr von der offenkundigen Leerstelle im Wissen um die realexistierenden Einflüsse des politischen (Verbands-)Islam in Deutschland. Letzterer sorgt dafür, dass bereits immer jüngere Mädchen heute schon „bedeckt“ sind – und dass diese selbst sowie noch unverschleierte muslimische Mädchen immer weniger die Möglichkeit haben, sich dem Druck aus der „Community“ zu entziehen.
Wo bleibt eigentlich die im O.B./fog geäußerte „scharfe“ Kritik, wenn es um den Einfluss eines reaktionären, politischen Islam auf Mädchen-/Frauenrechte und -freiheiten geht? Sich als Mitfrauen dieser Verantwortung bequem zu entziehen, sich auch und gerade für muslimische Mädchen einzusetzen und ihnen einen säkularen, geschlechtergleichberechtigten Schutzraum wenigstens in Schule oder Kindergarten zu ermöglichen, stellt eine Form von positivem Rassismus dar.
Wie können sich Feministinnen mehr sorgen um die vermeintliche „Stigmatisierung“ der Eltern (vgl. O.B./fog) und der konservativen religiösen Autoritäten als um die individuelle – durch die allgemeinen Menschenrechte (insb. UN-Kinderrechtskonvention) garantierten – Freiheits- und Gleichheitsrechte der Mädchen? Damit fördern die Unterzeichnerinnen eher eine islamistische Agenda und einen reaktionär gestützten und geschützten Kommunitarismus – und nicht die von ihnen vollmundig vorgebrachte „Überzeugung von der Universalität der Menschenrechte“.
Das Antrags- bzw. Positionspapier zum „Kinderkopftuch“ mit seinen neun ausführlich dargelegten Gründen ist auf der TDF-Homepage nachzulesen.
Der Vorwurf, TDF kaschiere den o.g. Beschluss als Initiative für säkulare Bildungseinrichtungen ist ebenfalls unzutreffend: Im Feministischen Leitbild (s.o.) ist die Ausrichtung der frauenrechtspolitischen Arbeit/von TDF als „strikt säkular“ definiert.
– Unterstellung, zur rechtspopulistischen Hetze gegen die Autorin Mithu Sanyal beigetragen zu haben:
Nach der von der Autorin Mithu Sanyal initiierten Debatte – ob der Begriff des Opfers einer Vergewaltigung nicht besser durch/um den Begriff „Erlebende“ ersetzt und/oder erweitert werden müsse – unterzeichnete am 18.02.2017 TDF/Geschäftsführung einen „Offenen Brief gegen die sprachliche Verharmlosung sexueller Gewalt“. Dies(er) hätte „zur (sic) Hetze und Bedrohung der Autorin“ geführt, so die Behauptung von O.B./fog. Dies ist nicht nur unzutreffend, sondern eine böswillige Unterstellung, die wir entschieden zurückweisen!
Wir möchten an dieser Stelle weder Inhalt noch Sinn oder Unsinn der von der Autorin aufgebrachten Debatte weiter ausführen oder kommentieren. Jedoch musste sich letztere, zumal als im feministischen Kontext bekannte Autorin, darüber im Klaren sein, dass die von ihr initiierte Debatte bei einem derart kontroversen Thema Reaktionen nach sich ziehen wird: Vor allem seitens der Betroffenen – Frauen, die Opfer einer Vergewaltigung geworden waren – als auch gesamtgesellschaftlich/-medial. TDF solidarisierte sich mit diesen Betroffenen von sexualisierter Gewalt durch Unterzeichnung des offenen Briefs, da dies zum Selbstverständnis des Vereins als Frauenrechtsorganisation gehört. Dass auf diesen Zug einer innerfeministischen Debatte auch Rechtspopulisten aufspringen könnten und tatsächlich – leider auch nicht zum ersten Mal – erneut gegen eine feministische Autorin eines kontroversen Textbeitrags/Themas hetzten, liegt weder im Ermessen von TDF noch hat die Frauenrechts-NGO irgendeinen Einfluss darauf oder – wie es im Vorwurf anklingt – dies quasi gar billigend in Kauf genommen. TDF verurteilt jegliche Form der Gewalt gegen Frauen sowie hetzerische Aufrufe dazu!
-Auch die Behauptung, einer Mitfrau, welche die o. g. Kritik an TDF/Geschäftsführung bzgl. Offener Brief/Mithu Sanyal artikuliert hatte, sei aufgrund dessen in der MV das Mikrofon „entzogen“ worden, ist falsch: Besagte Mitfrau wurde durch die extern geladene Moderatorin lediglich und zu Recht darauf hingewiesen, dass der inhaltliche Tagesordnungspunkt an dieser Stelle tatsächlich ein ganz anderer war, und dass ihr Wortbeitrag bzw. ihre Kritik gern in einem späteren Tagesordnungspunkt noch besprochen werden könne.
Zu (2). Für uns gilt: FEMINISMUS BLEIBT UNBEQUEM! Weil er es muss. Weil feministische Interventionen und langfristige Frauenrechtsarbeit pro Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Freiheit seit ihren Anfängen auf Widerstand stießen und noch heute stoßen. Daher möchten wir auf folgende Aspekte, die uns besonders irritierten (vgl. O.B./fog), hier näher eingehen:
-Es ist bezeichnend, dass gerade jene Erstunterzeichnerinnen (vgl. O.B./fog), die allerorten „rassistische/anti-muslimische“ Ausschlüsse „befürchten“ diese selbst so unreflektiert praktizieren: Indem sie ausgerechnet und gerade jene säkularen, muslimisch sozialisierten Mitfrauen von TDF regelmäßig durch den Vorwurf, angeblich „rechte/rassistische“ Positionen zu vertreten, versuchen mundtot zu machen. Weil diese es sich nicht nehmen lassen, sich engagiert für universale Frauenrechte einzusetzen und mit belegbaren Argumenten gegen islamistische Einflüsse auf Staat, Politik und Gesellschaft aufzuklären. Wir halten derartiges Buzzword-Bingo, das überall pauschal „Rassismus“ schreit, wo es gerade um Aufklärung über den politischen Islam (Islamismus) geht, für eine ‚political correct‘ verbrämte Form, den eigenen paternalistisch motivierten Rassismus zu kaschieren. Es geht den Erstunterzeichnerinnen, selbst mehrheitlich „weiße“ Frauen, dem eigenen Bekunden nach doch gerade darum, „dass alle Frauen* gehört werden“!?
– Darüber hinaus möchten wir an dieser Stelle darauf hinweisen, dass die in O.B./fog angemahnte „Vielfalt“ bei TDF längst zu Hause ist. Wir können nicht beurteilen wie „vielfältig“ TDF mit seinen 2.000 Mitfrauen insgesamt ist – wir gehen aber davon aus, dass es so ist. Alleine schon in Geschäftsstelle und Vorstand sind Frauen aller Altersstufen engagiert mit unterschiedlichsten Herkunftshintergründen und vielfältigen Lebensentwürfen, die unser Leitmotto abbilden und selbstbewusst nach außen vertreten: gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei.
– Zur Kritik am Beschluss „Sexkaufverbot“ 2014: Die UnterzeichnerInnen des O.B./fog wünschen sich eine „differenziertere Debatte“ über das vor drei Jahren, ebenfalls mehrheitlich auf der MV(1) beschlossene sog. Sexkaufverbot. Es sei an dieser Stelle lediglich daran erinnert: 2014 hatte TDF zum ersten Mal einen ganzen Nachmittag der MV einem einzigen Beschlussantragsthema (mit drei unterschiedlichen Beschlussanträgen dazu) gewidmet: dem sog. Sexkaufverbot. Hierzu waren eigens eine externe, professionelle und neutrale Moderatorin als auch berufliche/Fach-Expertinnen aus allen ‚Lagern‘ der Prostitutionsdebatte (‚liberalistisch‘ bis ‚abolitionistisch‘) eingeladen. Alle gaben ihre fachlichen Inputs und stellten sich den Fragen der Mitfrauenversammlung, um letzteren eine eigene, eben differenzierte Meinungsbildung zu den unterschiedlichen Anträgen (pro/contra sog. „Freier-Sexkaufverbot“) zu ermöglichen. Danach wurde in dem bereits eingangs genannten, in der Vereinssatzung geregelten basisdemokratischen Abstimmungsverfahren über die drei Anträge abgestimmt. Das Ergebnis der Abstimmungen ist bekannt – für das Nordische Modell – und wurde in einer daran anschließenden, paritätisch besetzten Arbeitsgruppe zu einem Positionspapier für die politische Lobby- und Öffentlichkeitsarbeit pro „Freierbestrafung/Sexkaufverbot“ umgesetzt. Insofern stellt sich an dieser Stelle die Frage, worin nun die tatsächliche Motivation der Unterzeichnerinnen des O.B./fog besteht, ausgerechnet diesen drei Jahre alten Beschluss als Beispiel für vermeintlich aktuelle „undemokratische Tendenzen“ bei TDF hervorzuholen?
-Zur Kritik am ebenfalls mehrheitlich gescheiterten Antrag auf „gendersensible Sprache“ (mit sog. Gender-*): Die Verfasserinnen des O.B./fog kritisieren die sprachliche „und faktische Ausgrenzung“ von „trans-, inter- und anderen Frauen*“. Hinter dieser Behauptung der faktischen Ausgrenzung steht für uns der weitverbreitete Irrtum, alle Geschlechter der Welt einzig und allein schon durch Sprachpolitik retten zu können. Davon abgesehen: Die Menschenrechtsverletzungen an Frauen, die gerade auch auf Grundlage ihres biologischen Geschlechts – Stichwort: Weibliche Genitalverstümmelung (FGM), Kontrolle der weiblichen, reproduktiven Körperlichkeit und Sexualität („Jungfräulichkeit“/Gewalt im Namen der Ehre) – stattfinden und gegen die TDF seit mehr als drei Jahrzehnten weltweit kämpft, lassen sich nicht nur nicht mit sprachpolitischer Kosmetik aus der Welt schaffen. Vielmehr besteht die Gefahr, durch die sprachaktivistisch (als real bereits existent) konstatierte ‚Fluidität‘ aller Geschlechter/- verhältnisse die dahinterstehenden Machtverhältnisse zu verschleiern. Wo die Erstunterzeichnerinnen OB/fog in ihrer o. g. Kritik am „Sexkaufverbot“, wenngleich unbeabsichtigt, diese sprachaktivistisch Problematik nochmals veranschaulichen, liefern sie selbst erneut den besten Beleggrund für die mehrheitliche Ablehnung des Antrags nach: Wo nur noch von „Sexarbeiter*innen“ und insbesondere: „Kund*innen“ in der Prostitution die Rede ist, verschwinden die real existierenden gesellschaftlichen Geschlechter- und Machtverhältnisse vollends aus dem Blick.
Auch wir wünschen uns und fordern „ein solidarisches Miteinander“ ein. Das heißt für uns jedoch zuallererst, dass um feministische Positionen, die der Verein nach außen vertreten soll, intern gemeinsam demokratisch gerungen und mitunter auch gestritten wird. Doch die basisdemokratisch mehrheitlich befassten Beschlüsse sollten als solche sodann von allen Beteiligten zumindest akzeptiert werden. Den von O.B./fog gewählten Weg, durch ‚Druck von außen‘ via medial transportierte Empörung, den eigenen Positionen intern im Nachhinein noch irgendwie zum ‚Durchbruch‘ zu verhelfen, halten wir nun für nicht gerade „konstruktiv“! Und mit Blick auf das von den UnterzeichnerInnen (O.B./fog) angemahnte „gemeinsame Ziel“ fragen wir uns, ob man tatsächlich dieselbe Idee auch teilt: Uns unter dem Vereinsmotto „Menschenrechte für die Frau“ weiter solidarisch, und insbesondere auch gegen jeglichen (Kultur-)Relativismus für universale Menschenrechte für alle Mädchen und Frauen einzusetzen.
Insbesondere halten wir eine vermeintlich-liberale laisser-faire-Haltung mit Blick auf kulturrelativistische Herausforderungen als Menschen- und insbesondere Frauenrechtsorganisation für nicht zielführend. Sie steht sogar dem feministischen Leitbild von TDF, das unsere politische Grundlage darstellt, diametral entgegen.
Eine feministische, frauenrechtspolitische Organisation, die sich seit 36 Jahren für die Rechte von Mädchen und Frauen weltweit einsetzt und sich dabei immer auch weiterentwickelt hat, ist nicht nur gewachsen, sondern hat auch gelernt, sich kontinuierlich auf immer neue Herausforderungen einstellen zu müssen.
Vor diesem Hintergrund einer anerkannten, demokratisch organisierten Frauenrechtsorganisation sind wir zuversichtlich, dass TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für die Frau e. V. (TDF) diesen Versuch einer öffentlichkeitswirksamen Diffamierung unbeschadet übersteht. Jene, die ihr Engagement in dieser Frauenrechtsorganisation, wie sie schreiben, nicht länger mit ihrem „Gewissen“ beziehungsweise „anderen Netzwerken“ vereinbaren können, legen wir nahe, sich selbst zu befragen, wo denn nun ihre Prioritäten liegen.
TERRE DES FEMMES hat stets den Finger in die Wunde gelegt – und wird dies weiterhin tun: Überall dort, wo die fundamentalen Rechte von Mädchen und Frauen verletzt werden, Einspruch einlegen, Emanzipation fördern und für das Recht aller Mädchen und Frauen auf Gleichberechtigung, Selbstbestimmung und Freiheit kämpfen. Davon sind wir überzeugt und daran wollen wir, die unterzeichnenden Mitfrauen und ihre solidarischen Unterstützerinnen und Unterstützer, gemeinsam weiterarbeiten.
Wenn Sie diesen Offenen Brief: Feminismus bleibt unbequem! unterstützen (mitunterzeichnen) möchten, senden Sie bitte eine Email mit folgenden Angaben:
Vorname Name, Mitfrau bei TDF seit ()
oder [für Nichtmitglieder TDF]: Vorname Name, Wohnort (alternativ auch Angaben zu Ihrem beruflichen, politischen oder sonstigen Kontext/Engagement möglich)
an mail@feminismusbleibtunbequem.de
(1) An dieser Stelle war uns ein kleiner Fehler in der Rekonstruktion der Ereignisse unterlaufen. Wir bitten das zu entschuldigen. Nachtrag/Berichtigung:
2014 hatte TDF einen ganzen Nachmittag einem einzigen Beschlussantragsthema (mit drei unterschiedlichen Beschlussanträgen dazu) gewidmet: dem sog. Sexkaufverbot. Hierzu war eigens ein zweitägiges, gesondertes Positionierungstreffen einberufen worden vom 29.-30.03.2014, zu dem ebenfalls alle Mitfrauen eingeladen waren. (Die MV 2014 fand zwei Monate später, regulär im Mai statt). Zu diesem Positionierungstreffen waren eigens eine externe, professionelle und neutrale Moderatorin als auch berufliche/Fach-Expertinnen aus allen ‚Lagern‘ der Prostitutionsdebatte (‚liberalistisch‘ bis ‚abolitionistisch‘) eingeladen. Am ersten Tag des Positionisierungstreffens konnten diese ihre fachlichen Inputs geben und stellten sich sodann den Fragen der versammelten Mitfrauen, um letzteren eine eigene, eben differenzierte Meinungsbildung zu den unterschiedlichen Anträgen (pro/contra sog. „Freier-Sexkaufverbot“) zu ermöglichen. Am zweiten Tag des gesondert einberufenen Positionisierungstreffens wurde in dem bereits eingangs genannten, in der Vereinssatzung geregelten basisdemokratischen Abstimmungsverfahren über die drei Anträge abgestimmt. (…)