Schlagwort: gender

Appell des FrauenAktionsBündnis FAB: zum „Selbstbestimmungsgesetz“!

Worum geht es?

Die Ampelkoalition plant ein Gesetz, das an die Stelle des derzeit gültigen Transsexuellengesetzes (TSG) mit seinen Regelungen zur Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstandsrecht treten soll. Bisher setzt eine solche Än- derung ein Verfahren mit Sachverständigen-Gutachten und spezifischen Maßnahmen voraus. Vorgesehen ist jedoch, dass das TSG nicht nur reformiert, sondern abgeschafft wird. Stattdessen soll ein neues Gesetz eingeführt werden, das die Personenstandsänderung nicht nur einer Minderheit, sondern allen Menschen gestattet, und zwar vorausetzungslos und ohne objektivierbare Kriterien. Bisher liegt für diesen Gesetzentwurf ein Eckpunktepapier vor, dieses wurde am 30.06.22 vorgestellt.

Das neue Gesetz wird als „Selbstbestimmungsgesetz“ bezeichnet – korrekter ist jedoch der Begriff „Selbst- identifikation“, in Kurzform „Self-ID“, denn das ist der Kern des geplanten Gesetzes. Jeder Person ab 18 Jahren soll ermöglicht werden, durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Nicht mehr das unveränderliche biologische Geschlecht soll grundsätzlich der Rechtskategorie „Geschlecht“ zugrunde liegen, sondern die Selbstauskunft einer Person, eine bestimmte „Geschlechtsidentität“ zu haben. Weiterhin sieht das Eckpunktepapier vor, dass der Geschlechtseintrag jährlich änderbar ist. Darüber hinaus soll das Ansprechen mit dem früheren Geschlechtseintrag, Pronomen oder Namen mit einem Bußgeld bestraft werden können. Schon bei Kindern soll der Geschlechtseintrag auf Wunsch der Eltern geändert werden können. Jugendliche ab 14 dürften dies gegen den Willen der Eltern gerichtlich erwirken. Eine gesetzliche Forderung nach explorativer oder sachlich-neutraler Begleitung dieser Minderjährigen im Vorfeld ist nicht geplant.

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Robert Jensen: The End of Patriarchy

Robert Jensen: The End of Patriarchy

Interessanterweise höre ich in regelmäßigen Abständen (und immer häufiger), dass meine Facebook-Posts oder radikalfeministischen Statements einen konkreten Nutzen durch Denkanstöße für männliche Freunde haben, bzw. sie – für sich ganz persönlich – mit „meinem Feminismus“ etwas anfangen können. Daran wurde ich immer wieder bei der Lektüre von Jensens „Das Ende des Patriarchats. Radikaler Feminismus für Männer“ erinnert.

Man könnte angesichts des Titels versucht sein zu glauben, dass der amerikanische Journalismus-Professor und „Culture Reframed“-Aktivist Robert Jensen hier ein „Ich erkläre euch mal den Feminismus“-Buch vorlegt hat – aber das ist weder sein Anspruch, noch sein Ziel. Vielmehr geht es ihm darum, aus seiner männlichen Position heraus, zu erläutern, warum radikaler Feminismus für ihn als Mann einen unschätzbaren Wert hat. Oder wie Autor Jeffrey Masson sagt: Es ist kein „Mansplaining“-Buch, sondern das Gegenteil davon: ein „Mann-hört-auf-Frauen“-Buch. Wer also tiefgreifende radikalfeministische Analysen lesen will, sollte nach wie vor (und sowieso) zu den Klassikern greifen.

Freimütig räumt Jensen im Vorwort ein, dass sich in ihm zunächst alles gegen die feministische Analyse gesträubt hat, dass jedoch irgendetwas in ihm wollte, dass er weiterliest – seine Hauptmotivation war geprägt von Eigennutz, der Suche nach einem Ausweg aus dem ständigen Wettkampf „ein Mann zu sein“. (S. 3) Jensen nutzt die feministische Theorie, um seine Erfahrungen in einer sexistischen Gesellschaft (den Vereinigten Staaten von Amerika) für sich erklärbar zu machen (S. 16). Er sieht seine Aufgabe als privilegiertes Mitglied der herrschenden Gruppe darin, die Ergebnisse seines Selbstreflektions-Prozesses öffentlich zur Diskussion zu stellen (S. 17).

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Sheila Jeffreys: Schönheitspraktiken und Frauenhass

Bildquelle: http://www.sheilajeffreys.com/

Im Nachfolgenden handelt es sich um Auszüge einer Rede, gehalten von Sheila Jeffreys auf der Andrea Dworkin Commemorative Conference am 7. April 2006

[Ich möchte heute darüber sprechen] wie inspirierend [Andrea Dworkins Buch „Women Hating” aus dem Jahr 1974…] für das Schreiben meines Buches „Beauty and Misogny“ war. Auch möchte ich ein wenig über „Right Wing Women“ sprechen, ein weiteres wichtiges Buch, ich glaube aus dem Jahr 1977.

Als ich Anfang der 1970er Jahre Feministin wurde, wusste ich nichts von „Women Hating“. […] Erst später habe ich die Bücher gefunden. […] Wenn ich über Weiblichkeit und Männlichkeit spreche, dann rede ich von nichts dergleichen, wie der verrückten modernen postmodernen Idee, dass man sein Geschlecht wählen oder verändern kann, sondern ich verstehe [darunter] die Verhaltensweisen männlicher Dominanz, Männlichkeit, und weiblicher Unterordnung,  Weiblichkeit. Es geht um Verhaltensweisen in der Machthierarchie, und ich möchte das gerade heraus sagen, ich glaube nicht, dass Gender diese umfasst.

[…]

[Dworkin] analysiert in „Woman Hating“ die Idee von Schönheit als einem Aspekt aufgrund dessen  Frauen gehasst werden in der männlich dominierten Kultur und sie klagt diese Kultur des Frauenhasses als verantwortlich für die Tode, Verletzungen und Gewalt gegen Frauen an, und sagt, dass der Feminismus nach Alternativen sucht um die Kultur, wie wir sie kennen, zu zerstören, und nach unseren Vorstellungen neu aufzubauen. Ich finde das Wort „zerstören“ ist stark, es ist gut und es ist ausschlaggebend. Es geht nicht darum an den Rändern der Kultur etwas herumzuflicken, sondern ich bitte euch heute, euch Gedanken darüber zu machen, wie wir dieses Gender, wie es manchmal genannt wird, zerstören können, von dem ich glaube, dass Geschlechterrollen es passender umschreibt.  […] Heute spricht kaum einer mehr von der Zerstörung der Kultur, denn wir leben in konservativen Zeiten. Wir alle haben gelernt unsere Sprache zu mäßigen, denke ich. Andrea hat das nicht getan. Sie hat es abgelehnt ihre Sprache zu mäßigen. Es ist nach wie vor notwendig die Kultur zu zerstören, aber ich glaube der Optimismus der späten 1970er Jahre über die Möglichkeiten eines radikalen, sozialen Wandels existiert meines Erachtens nicht mehr.

Als ich für mein aktuelles Buch, „Beauty and Misogyny“ recherchiert habe, habe ich nach feministischen Schriften gesucht, die deutlich und unmissverständlich die Schäden durch die Schönheitspraktiken des Westens benennen, sowie die Notwendigkeit sie zu beseitigen. Kaum etwas von diesen Denkweisen der frühen Siebziger […] ist tatsächlich nieder geschrieben worden. Andrea hat es getan, aber ich habe diese Politiken, die sich radikal mit Schönheitspraktiken beschäftigen, kaum sonst wo gefunden. Die einzige andere Person, die ich finden konnte, war Sandra Bartky in den späten 1970er Jahren.

[…]

Andrea Dworkin sieht Schönheitspraktiken als erheblich schädigende Effekte auf die Körper und Leben von Frauen auslösend an […] :

„Schönheitsstandards beschreiben präzise die Beziehungen, die Individuen zu ihrem eigenen Körper haben werden. Sie schränken ihre Mobilität ein [denkt an Absatzschuhe, enge Röcke], die Spontaneität, die Körperhaltung, den Gang, das, wofür sie ihren Körper nutzen können.“

Und dann sagt sie, in Anführungszeichen:

“Sie definieren präzise die Dimensionen der physischen Freiheit.”

Das ist für mich entscheidend. […] Schönheitspraktiken sind nicht nur eine Art optionaler Wahl, zusätzlich, sondern sie konstruieren grundlegend, wer eine Frau ist und deshalb deren Vorstellungskraft, denn sie beschränken ihre Bewegungen und erschaffen erst die möglichen Verhaltensweisen ihres Körpers.

Sie sagt auch, dass Schönheitspraktiken psychologische Effekte auf Frauen haben, denn das Verhältnis zwischen physischer Freiheit und psychischer Entwicklung, intellektuellen Möglichkeiten und kreativem Potential, ist ein verbundenes.

[…]

Sie weist darauf hin, dass in unserer Kultur [… ] nicht ein einziges Teil des weiblichen Körpers unberührt oder unverändert bleibt. […]  Von Kopf bis Fuß, jeder Teil ihres Gesichts und jeder Teil ihres Körpers wird Gegenstand der Modifizierung und Veränderung.

[…]

Heute müssen wir uns mit invasiveren und schädigenderen […]  Praktiken auseinandersetzen [als zu Andreas Zeiten]. 1974 waren [zum Beispiel noch] nicht viele Frauen gepierced […] [Nehmen] wir die „Fotze“, das Wort welches wir damals benutzt haben, ich war jetzt nicht so besonders scharf darauf es so zu nennen, aber ok. Die Fotze wird heute deodoriert, rasiert und einparfümiert. Wir müssen sagen komplett rasiert, denn die Frauen in westlichen Kulturen machen heute Brazilian Waxing um das Haar vollständig zu entfernen. 1974 wurde vielleicht nur ein bisschen an den Rändern rasiert, wer weiß. Und heute gibt es Labioplastik, wo Chirurgen Teile der Labia entfernen, weil Frauen sagen, dass sie unansehnlich ist, oder weil ihnen (von Chirurgen) erklärt wird, dass es besser beim Geschlechtsverkehr sei, weil man sich sonst dabei verhakt. Und ich denk mir, Donnerwetter, ich war mal heterosexuell, und ich kann mich nicht an dieses Problem erinnern, und auch nicht, dass andere von diesem Problem erzählt hätten ([Gelächter]

[…]

Es gibt heute viel mehr Brustimplantate als noch 1974, […] es gibt viel mehr gewöhnlichere kosmetische Chirurgie, die schon fast wie Make-Up ist. Frauen lassen sich Botox in ihre Gesichter spritzen um ihre Muskeln zu paralysieren, als etwas völlig alltägliches, jeden Monat zu erneuern, und so weiter. Worüber ich also in meinem Buch schreibe, ist, dass im Vergleich zu den Praktiken von 1974, […] das was wir heute haben sehr viel invasiver ist, die Praktiken jetzt unter die Haut gehen, mit Blut verbunden sind, und sehr viel brutaler und scherzhafter sind, als die Praktiken von damals.

Was Andrea auch sagt über diese Praktiken, ist, dass „Schönheitspraktiken lebenswichtig für die Wirtschaft sind“. Das ist wahr, aber es gab nur sehr wenig Untersuchungen dazu, WIE unerlässlich sie für die Wirtschaft sind, und: „Sie sind ein zentraler Inhalt von männlich weiblicher Unterscheidung, die unmittelbarste physische und psychische Realität eine Frau zu sein.“ In anderen Worten schaffen sie Geschlechterdifferenzierung. Diese Praktiken – sehr schädigend, schmerzhaft, extrem teuer, zeitverschwendend und den Körper einschränkend, sowie das beeinflussend was Frauen denken können – sie schaffen Geschlechterdifferenzierung. Wie könnten wir sonst wissen wer oben und wer unten ist, und es ist grundlegend für männliche Dominanz, dass wir wissen, wer oben und wer unten ist. Sonst kann das System nicht arbeiten. Ich denke sie erklärt das wirklich gut.

[…]

[Und heute] hat sich nichts verändert, Frauen sind nicht frei aus dem Haus zu gehen, mit beiden Füssen auf dem Boden, die Hände in den Taschen, ohne sich Sorgen machen zu müssen wie sie aussehen, mit unverhülltem Gesicht. So ist es nicht gekommen. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass das passieren kann, dass Frauen dieses Menschenrecht und die Freiheit haben können, die Männer haben, einfach nur auf dieser Welt zu sein, die Straße entlang zu laufen. So ist es nicht gekommen.

[…]

Die kosmetischen Chirurgen beschneiden auch Gender, und schreiben Gender ein, in die Körper der Männer, die trans-sexen und trans-gendern. Und dieselben Chirurgen entfernen die Labia von Frauen und erschaffen Labia, angeblich von Frauen, für Männer, die trans-gendern. Es gibt Webseiten auf denen sie all das Zeug anbieten. Was sie [anbieten] wird immer heftiger, ich vermute mal, in Zukunft wird es auch die Entfernung von Gliedmaßen auf Nachfrage geben, denn das ist der neueste Schrei, dahin geht es. Es nennt sich „Body Integrity Disorder“, die vor allem Männer haben, ich glaube die meisten von ihnen schwule Männer, die sich wünschen ihre Arme oder Beine abgenommen zu bekommen […] Ich glaube es gibt nicht wirklich Grenzen für die extraordinären Formen aggressiver Operationen, die von plastischen Chirurgen durchgeführt werden.

Als Antwort auf die feministische Ablehnung von Schönheitspraktiken […] habe ich selbst solche Praktiken im Jahr 1973 abgelegt. Der Grund dafür war die Lektüre zweier Bücher, „Sexual Politics“ [von Kate Millett] und „The Female Eunuch“ [von Germaine Greer] in den Jahren 1970 und 1971. Davor hatte ich langes, glattes Haar, welches mir ins Gesicht fiel. Ich wollte nicht, dass die Leute mein Gesicht sehen, und es war gefärbt. Ich habe alle möglichen Arten von Make-Up benutzt, inklusive vieler verschiedener Farben um meine Augen, falsche Augenbrauen, und so weiter. Ich habe mir die Achseln und Beine enthaart, ich habe High Heels getragen, ich hab den ganzen Kram gemacht. Ich war heterosexuell und ich habe akzeptiert, dass ich den sexuellen Frondienst ableisten muss.

Andrea Dworkin hat diese Schönheitspraktiken allesamt fallen lassen, und das ist einer der aussagekräftigsten Weisen, mit denen ihre KritikerInnen sie immer wieder an den Pranger gestellt haben. Aber ihre lebenslange Entschlossenheit in der Ablehnung dessen, was sie Geschlechterrollen nannte, und was die jetzt Gender nennen, und Weiblichkeit war schon immer eine Inspiration für andere Feministinnen. Nur wenige amerikanische Feministinnen haben Weiblichkeit vollständig abgelehnt. Trotz ihrer zweifellos wichtigen Verdienste, haben sie Weiblichkeit nicht genauso entschieden und geradlinig zurückgewiesen wie Andrea das im Verlauf ihrer Karriere getan hat.

Wir leben in einer Welt, in der die sozialen und politischen Voraussetzungen nicht durch ideologische Kontrolle in die Gedanken der BürgerInnen eingeimpft, sondern in ihr Fleisch eingeschnitten werden. Im Besonderen werden die physischen Voraussetzungen, die das richtige Gender darstellen sollen, in die Brüste von Frauen, ihre Labia und Lippen geschnitten, und auf die Körper von Männern, die sich entscheiden Frauen zu sein. Und die Brutalität dieser Praktiken ist ein Indikator dafür, dass wir unter einem anspruchsvolleren Gender-Regime leben [als je zuvor]. Ich nehme an, dass ihr euch in vielerlei Hinsicht in einer schlechteren Position in Bezug auf Gender befindet, als wir vorher. […] Der Begriff Gender war in den 1970er Jahren nicht geläufig, als Andrea Dworkin ihre Schriften verfasste, und sie verwendete den Begriff Geschlechterrollen. Und ich mag diesen Begriff, denn der macht deutlich, dass die Verhaltensweisen, die er beschreibt, sozial konstruiert sind. Es handelt sich um einen netten, geradlinigen Begriff, der aus der Soziologie kommt.  In den 1990er Jahren wurde der Begriff Gender von vielen Feministinnen übernommen […] und ich habe das nie so Recht verstanden und ich habe den Begriff Gender auch nie gemocht.

Was schnell klar geworden ist, ist, dass […] der Begriff Gender sehr schnell von jenen angeeignet wurde, die eine völlig andere Politik verfolgen als der Feminismus, und die tatsächlich in vielen Fällen Antifeminismus betreiben. In den 90er Jahren wurden die Frauenstudien in den Universitäten von den Gender Studies übernommen. Die Frauenabteilungen in den Buchläden, wurden durch die Genderabteilungen übernommen. Und in der Zwischenzeit […] durchlief der Begriff „Gender“ eine Metamorphose […] hin zu seinen Ursprüngen. […] Die Sexologen hatten den Begriff in den 50er Jahren verwendet und ihm eine biologische Basis gegeben, sie sagten es gäbe ein biologisches Substrat im Gehirn von Männern und Frauen, welches bedeute, dass sie das richtige Geschlechterverhalten entweder lernen oder nicht lernen können. [Dass sich eine Person in einem anderen und falschen Gender befindet] […] kann man nicht beweisen, aber es wird heute als biologische Basis für Transgender betrachtet.

„Gender“ wurde zu einem alternativen Wort für Geschlecht, Geschlecht wurde von Feministinnen immer als biologisch und Gender als sozial konstruiert angesehen, schließlich wurde „Gender“ die Vertretung für Geschlecht […] Sex und Gender sind im öffentlichen Bewusstsein eine Metamorphose eingegangen. […] Heute sind Transgenderisten für ihre neuen Identitäten den tradtionellen Auffassungen von Gender  […] verpflichtet, während Feministinnen der siebziger und achtziger Jahre der Meinung waren, dass Geschlechterrollen abgeschafft werden müssen, damit Frauen Freiheit erlangen können. Transgender versuchen [hingegen] Gender vor Kritik abzuschotten.

[…]

Judith Butler nennt uns jetzt „Bio-Frauen“. So dass Transgenderismus ein Konzept von wahren Frauen entwirft, und Frauen, die nicht Transgender sind, jetzt eine Vorsilbe vor ihrem Namen brauchen und “nicht-trans” oder “bio” werden. Hallo, Bio-Frauen! [Gelächter]

[…]

In der Gesetzgebung [des Gender Recognition Act] wird Gender synonym mit Geschlecht (sex) verwendet. Das Gesetz erlaubt es Männern oder Frauen […] ein Zertifikat zu erhalten, welches sie nun einem anderen Gender zuschreibt. Dieser Prozess bedarf keiner Operation oder einer Hormonbehandlung, sondern nur eines Dokumentes von einem Mediziner/einer Medizinerin, die attestiert, dass diese Person den Real Life Test gemacht hat, die Kleidung des anderen Geschlechts zu tragen. Das ist alles, was notwendig ist.

[…]

Eines der Dinge, die ich rätselhaft finde, ist, dass wenn ich mir die Debatte im House of Lords anschaue, ich am meisten mit der radikalen Rechten übereinstimme. Die Person, mit der ich am meisten übereinstimme, und ich denke er wird darüber nicht sehr erfreut sein, ist Norman Tebbitt [von der Conservative Party]. Als Reaktion auf den Gender Recognition Act sagte er, nachdem er eine sehr gute Definition von Gender als soziales Konstrukt gegeben hat, in eurem Gesetz habt ihr da was durcheinander gebracht, es sollte wohl sex heißen und nicht gender. Und Lord Filkin, der für die Regierung spricht, die für die Gesetzgebung verantwortlich ist, sagt, dass sex und gender das Gleiche sind und überhaupt, was spiele es denn für eine Rolle? Ist das nicht außergewöhnlich? Tebbitt bezichtigt ihn dann des linguistischen Relativismus. Was ich gut finde (Gelächter) Ich hätte es nicht besser benennen können. Tebbitt sagt auch, dass wir die brutale Verstümmelung des Transgenderismus eine schädliche kulturelle  Praxis nennen würden, wenn sie in anderen Kulturen, außerhalb von Großbritannien durchgeführt würde […] Er macht all diese Argumente von der politischen Rechten aus gesehen, und das ist ziemlich peinlich in meinen Augen, aber ich muss es sagen, dass die fortschrittlichen und linken Leute die Menschenrechtsverletzungen des Transgenderismus nicht anerkennen und auch nicht anerkennen, wie verrückt diese Gesetzgebung ist.  […] Jeder muss verrückt werden um diese Gesetzgebung zu verstehen oder auf sie zu antworten.

Was mich sehr besorgt ist, dass […] wenn der Staat jetzt durch das Gesetz Gender reguliert, und nicht nur noch Geschlecht (sex) […] was sage ich denn dann, wenn ich vor dieses Gender Recognition Panel komme? Ich kann dann nicht mehr „nein danke“ zu denen sagen. Ich glaube wir haben eine dramatische Stufe erreicht, auf der Staat und Gesetzgebung daran beteiligt werden Gender zu regulieren, auf eine unglaublich traditionelle und sehr fiese, irgendwie auch brutale, Weise.

Warum sind […] eine solche Praxis des Transgenderismus und diese Gesetzgebung akzeptabel? Ich denke, weil es eine sehr tiefsitzende Annahme in westlichen Gesellschaften und vielleicht allen Kulturen gibt, dass so etwas wie Gender existiert, existieren muss, dass wir uns diesem nicht entledigen können, dass es einen irgendwie unvermeidlichen biologischen Unterschied gibt […] . Was sich niemand vorstellen kann, ist dass Gender überwunden werden kann, […] und entfernt werden kann, so dass alle Frauen mit ihren Füssen auf dem Boden stehen können. Das ist meines Erachtens das Grundlegende an der Arbeit von Andrea Dworkin und an „Woman Hating“, wenn sie sagt „Wir müssen die Kultur, wie wir sie kennen, zerstören.“ Nicht Gender passend machen mit außergewöhnlicher Gesetzgebung, schrecklichen verstümmelnden Operationen und Hormonen […] für diese unglücklichen Menschen, die vom Gendersystem, in dem wir derzeit leben, verwirrt und kaputt gemacht wurden.

[…]

Andrea Dowrkins Arbeit sorgt dafür, dass ich mich geistig gesund fühle. Sie hilft mir dabei, dass es sich für mich sinnvoll anfühlt, auf die Abschaffung von Gender hinzuarbeiten. Und sie hilft mir in meiner Überzeugung, dass Feminismus wiederkommen wird. […] Die Tatsache, dass junge Frauen Interesse an der Arbeit von Andreas Dworkin haben, macht mich zuversichtlicher gegenüber der Zukunft. Danke euch. [Applaus]

Gender ist keine Identität, es ist ein Werkzeug des Patriarchats: Eine feministische Sicht auf Genderidentitätspolitik

Dieser Text ist eine Übersetzung des am 15. August 2016 auf dem Blog Gender Critical Greens erschienenen Beitrags »Gender is not an identity, it is a tool of patriarchy: A feminist view of gender-identity«. Feststehende oder teilweise ins Deutsche übernommene englische Begriffe sind in Klammern ergänzt. Fußnoten entsprechen Erklärungen und Anmerkungen der Übersetzerin.

Menschen sind alle einfach in Ordnung

Männer sind in Ordnung, Frauen sind in Ordnung. Jeder Körper ist in Ordnung, jeder Körper ist perfekt. Wenn wir das glauben, dann muss jedes Gefühl der Abspaltung oder negative Gefühle gegenüber unseren Körpern eine furchtbare Qual sein, ob nun durch Trauma, Misshandlung, gesellschaftlichen Druck, Verletzung, Krankheit, Sexismus, Rassismus oder Disableismus[1] verursacht.

Biologie

Biologisch kommen Menschen in zwei Geschlechtern vor, d. h. wir sind sexuell[2] zweigestaltig (dimorph). Eine kleine Anzahl von Menschen wird intersexuell geboren, was die Realität von zwei Geschlechtern aber nicht negiert, sondern eher bestätigt. Man kann keine Kombination von zwei Dingen sein, wenn die beiden Dinge nicht existieren. Herkömmlicherweise wurden die Körper intersexueller Menschen chirurgisch bei der Geburt verändert, um dem einen oder anderen Geschlecht zu entsprechen. Allerdings gibt es mittlerweile eine Bewegung von intersexuellen Menschen, die die Validität dieses Vorgehens anzweifeln. Wenn alle Körper gut sind, warum sollte man Säuglingen, die nicht in der Lage sind zuzustimmen, diese Konformität aufzwingen? Warum sollte man perfekte Körper, wie es alle Körper sind, chirurgisch verändern?

Feministische Ansichten zu Unterdrückung

Die Feministische Denkweise, wie sie durch Bewusstseinsbildung, Schreiben und Aktivismus entwickelt wurde, bietet eine Analyse von biologischem (Sex) und sozialem Geschlecht (Gender), die Gender als ein System von Erwartungen, Zwängen und Hierachie betrachtet, das Männern und Frauen aufgenötigt wird. Sie behauptet, dass die patriarchale Gesellschaft ein hierarchisches System der Unterdrückung zwischen den biologischen Geschlechtern erschaffen hat, demzufolge Männer als Klasse Macht über Frauen als Klasse haben. Diese repressive Hierarchie überschneidet sich mit allen anderen Hierachien, sprich Rassismus, Disableismus, Klassismus,[3] Homophobie, usw., um komplexe, verwobene Hierachien zu schaffen, die unterschiedliche Konsequenzen für verschiedene Gruppen haben. Individuen in einer Unterdrückergruppe können natürlich verletzt und verzweifelt sein, auch infolge ihrer Rolle in der Hierachie. Der Feminismus konzentriert sich auf die Bedeutung unseres biologischen Geschlechtes, denn wenn wir uns anschauen, wie Sexismus2 funktioniert, beobachten wir durch unsere Erfahrungen, dass Biologie die Entschuldigung für die Unterdrückung von Frauen sowie ein wesentlicher und entscheidender Schauplatz dieser Unterdrückung ist. Wir werden also nicht aufgrund dessen, wie wir uns identifizieren, in dieser Gesellschaft unterdrückt, diskriminiert, kontrolliert und misshandelt, sondern durch das Fortpflanzungssystem unserer Körper, durch sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung (und die Bedrohung durch sie), durch Prostitution, Pornographie, Gebärfähigkeit und alle Aspekte unserer Fruchtbarkeit. Seit Tausenden von Jahren haben Männer Frauen kontrolliert – ökonomisch, sozial, sexuell, emotional und physisch – durch unsere Körper und unsere Fruchtbarkeit.

Diese Ansicht bedeutet nicht, dass wir der Biologie erlauben, uns zu definieren. Im Gegenteil macht Feminismus geltend, dass jede Frau alles tun oder sein kann, dass die Tatsache unserer Weiblichkeit niemals ein limitierender Faktor sein sollte, dass wir ohne Einschränkungen sein sollten und dass alles, was uns als Frauen einschränkt, kontrolliert, diskriminiert oder verletzt, falsch ist. Aber wir können uns nicht einfach aus der Unterdrückung herausidentifizieren, und das Verleugnen der Realität unserer biologischen Beschaffenheit hindert uns daran, das benennen, konfrontieren und uns dagegen organisieren zu können, was uns durch unsere Körper angetan wird.

Feministische Ansichten zu Gender

Gender ist ein Set an gesellschaftlich auferlegten, gesellschaftlich konstruierten Normen, die die Struktur, durch die alle Männer und Frauen (in Schubladen) eingesperrt werden, aber im Speziellen auch die Bausteine der Hierarchie zwischen Männern und Frauen sind. Ab einem sehr jungen Alter, fast ab der Geburt,[4] werden diese Gendererwartungen durch die Kleidung, die wir tragen, die Spielsachen, mit denen wir spielen, die Farben, die als angemessen betrachtet werden, das Verhalten, das von uns erwartet wird, die Haltung, die uns gegenüber ausgedrückt wird, aufgezwungen. Sie mögen von Kultur zu Kultur und durch die Geschichte hindurch variieren, aber der Zweck ist derselbe, nämlich uns entsprechend unseres biologischen Geschlechtes in die Rollen der Gesellschaft umzumodeln. Diese Genderschubladen sind schädlich für Jungen und Männer, vor allem in dem Maße, dass sie den Ausdruck von Gefühlen der Traurigkeit, Kummer oder Angst streng verbieten und das Weinen und Zittern als Schwach- und Femininsein unterdrücken. Sie prägen unsere Jungen in einen Zustand der Abspaltung von ihren Gefühlen, was zutiefst schädlich für sie selbst und die Gesellschaft ist. In vielerlei Hinsicht sind jedoch die Einschränkungen, die Mädchen durch Gender auferlegt werden, die Grundlage für den Sexismus und die Misogynie, die das Leben von Frauen zerstört.

Genderidentität?

Gender ist, was Feminismus seit Jahrzehnten kritisiert hat, so dass das neuere Konzept der Genderidentität als etwas, das gewählt und gefeiert werden kann, für Feministinnen ein seltsames ist. Die Kategorien nichtbinär (non-binary), genderfließend (genderfluid), agender und eine Unzahl anderer Identitäten scheinen Ausdrücke der Unzufriedenheit mit »Frausein« oder »Mannsein« in dieser Gesellschaft zu sein. Zu Recht! Niemand möchte durch seine Biologie, durch das, was die Gesellschaft uns auf Basis unserer Biologie aufzwingt, durch sozial konstruierte Genderrollen eingeschränkt werden. Aber die Realität zu leugnen, indem versucht wird, sich aus Mann- oder Frausein herauszuidentifizieren, wird nicht nur nicht funktionieren, da Sexismus sich nicht darum schert, wie wir uns »identifizieren« könnten, sondern auch unwillentlich die Genderrollen verstärken. Es ist wie unsere Hände hochzuhalten und zu sagen »Du hast gewonnen, eine Frau kann in dieser Gesellschaft nicht stark sein, ein Mann kann nicht einfühlsam und fürsorglich sein, und da ich all das sein will, bin ich eindeutig keine Frau/kein Mann.« Nein, nein, nein! Lasst uns nicht die Lügen des Patriarchats schlucken, lasst uns darauf beharren, dass die objektive Definition von uns als weiblich oder männlich, die auf biologischen Realitäten basiert, niemals unsere Persönlichkeit, unsere Haltungen, unsere Fähigkeiten, unsere Wünsche, unser Verhalten, unseren Platz in der Welt definieren wird.

Es ist zudem sehr gefährlich, unsere Biologie zu verleugnen. Menschen können ihr Geschlecht nicht wirklich ändern. Wir können Hormone nehmen und uns auf chirurgische Veränderungen an unseren Körpern einlassen. Diese können unser Aussehen, Stimme, Körperbehaarung, Brüste, Genitalien verändern, aber wir werden immer biologisch sein, als was wir geboren wurden, und gesundheitliche Bedürfnisse haben, die darauf basieren, dass z. B. nur Männer Prostatakrebs bekommen und sich Symptome von Herzkrankheiten für Frauen anders äußern.

Transitionieren

Wenn wir geboren werden, werden wir aufgrund objektiver Beobachtungen der Genitalien als männlich oder weiblich bezeichnet und nicht, wie es gerade modisch wird zu sagen, »bei der Geburt dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zugewiesen« (assigned female/male at birth). Was uns zugewiesen wird, sind gesellschaftliche Rollen basierend auf unserem (biologischen) Geschlecht, und das ist es, was problematisch ist. Transitionieren, wie weit eine Person damit auch gehen könnte, kann jemanden also nicht in das gegenteilige Geschlecht transformieren. Man kann nur »als« das gegenteilige Geschlecht »leben«, also sozial transitionieren und sein Erscheinungsbild ändern. Viele von uns, besonders in der LGB-Gemeinschaft und der Frauenbewegung, respektieren die Entscheidung von Individuen, dies zu tun, seit Jahren, indem wir sie mit dem Namen und dem Pronomen, das sie erbitten, ansprechen; und die grundlegenden Menschenrechte diktieren, dass niemand auf Basis dieser Entscheidung diskriminiert werden sollte, sei es beim Arbeitsplatz, Wohnraum, Zugang zu Dienstleistungen, usw. Noch sollte irgendeine Transperson misshandelt oder angegriffen werden. Jede derartige Diskriminierung oder Misshandlung wird zu Recht »Transphobie« genannt.

»Männlich-zu-Trans«-Menschen

Männlich-zu-Trans-Menschen[5] (male to trans, MTT) wurden als Männer, also Mitglieder der Gruppe, der Macht und Privilegien gegenüber Frauen gewährt werden, erzogen. Sie wurden dazu konditioniert, die Privilegien dieser Gruppe zu übernehmen, und haben tatsächlich von diesen Privilegien profitiert. Sie werden unweigerlich Verhaltensmuster und Anspruchshaltung (entitlement), die mit dieser Gruppe verbunden sind, in sich tragen. Das ist wahr, wie verletzt oder verzweifelt sie sich auch gefühlt haben. Zu behaupten, dass sie eigentlich Frauen sind, Mitglieder der unterdrückten Gruppe, und überdies, obwohl sie männliche Körper haben und als männliche Menschen erzogen wurden, immer Frauen waren; Zugehörigkeit zur unterdrückten Gruppe zu beanspruchen und somit die Definition dieser Gruppe (sprich weiblich als objektiv durch das biologische Geschlecht definiert) zu ändern ist eine extreme Form von Sexismus und besonders bitter für Frauen selbst. Die Behauptung »Transfrauen sind Frauen« ist eine Ideologie ohne faktische Grundlage, die von vielen MTTs nicht geglaubt oder eingehalten wird. Die Übernahme dieser Behauptung ist nicht die einzige Art, Transmenschen zu unterstützen, und tatsächlich ziemlich wenig hilfreich für Individuen, die damit hadern, einen Weg zu finden, glücklich in ihren männlichen Körpern zu leben. Der Grund, dass diese Behauptung eigentlich keine Grundlage hat, ist, was, abgesehen von biologischem Geschlecht, ist die Definition von weiblich? Ist es ein Gefühl? Ist es eine Identität? Ist es ein Hirn getrennt von einem Körper? Die von uns, die als Frauen geboren und erzogen wurden und als Frauen in dieser Gesellschaft leben, mögen ganz nachvollziehbarerweise sagen, dass solche Definitionen eine Beleidigung gegenüber unseren Leben und Erfahrungen sind, gegenüber den 85 000 Frauen, von denen bekannt ist, dass sie jedes Jahr in England und Wales vergewaltigt werden, gegenüber den 35 % von Frauen weltweit, die männliche Gewalt durchleben. Jeder Versuch, weiblich anders als durch Biologie zu definieren, greift unweigerlich auf Genderstereotype zurück, so dass alle Verweise dieser Ideologie darauf, »eine Frau zu sein« oder »sich wie eine Frau zu fühlen«, auf solchen sozial konstruierten Ideen beruhen, wie feminine Kleidung tragen, mit Puppen spielen, Make-up tragen, »mädchenhafte« Dinge tun und ganz entscheidend keine »Jungs«-Sachen machen zu wollen. Seltsamerweise manifestiert sich das selten in dem Bedürfnis, Hausarbeit zu erledigen oder 14 % weniger Bezahlung zu erhalten, als sie das als Mann täten. Es wird als Ablehnung von Genderrollen porträtiert, ist aber eigentlich eine Übernahme der Stereotype, die mit dem gegenteiligen Geschlecht verbunden werden, somit ein Verstärken dieser Stereotype, da diese nur zu einem Geschlecht gehören, und demnach eine zutiefst traditionelle, regressive und misogyne Einstellung. Sorry, Jungs, dass ihr es nicht schafft, aus eurer restriktiven Genderschublade auszubrechen, indem ihr in unsere springt und uns in diesem Vorgang umdefiniert! Das müsst ihr auch nicht. Männer können alles sein, alles tragen, alles tun, alles fühlen. Frauen definieren oder limitieren euch nicht, nur das Konzept von Gender tut es.

Der Backlash gegen den Feminismus…

Die feministische Kritik und Anfechtung der Genderrollen hatte ein großes Maß an Erfolg in den 70ern und 80ern, zum Vorteil von allen. Early Learning Centres[6] warben für das ent-gendern von Spielzeug, Mädchen konnten Latzhosen tragen und auf Bäume klettern, Jungen konnten sich durch Spielen mit Puppen auf die Vaterschaft vorbereiten, Bücher entwickelten sich von »Janet und John«[7] zu Geschichten mit starken weiblichen Charakteren weiter. Der Rückschlag (Backlash) gegen den Feminismus wurde absichtlich von einem kapitalistischen System gefördert, das es vorzog zweimal so viele Güter an Eltern zu verkaufen, und mit diesem Backlash wurden Genderrollen enger denn je. Die Gesellschaft ließ sich auf die ganze Prinzessinnenmetapher mit sexualisierter Kleidung für jüngere und jüngere Mädchen ein, während Jungen zurück in die Macho-Superheldenrollen gedrückt wurden und von ihnen einmal mehr erwartet wurde, hart zu sein und niemals Gefühle zu zeigen. Das war eine absichtliche Umkehrung von vielen der Errungenschaften der Frauenbefreiungsbewegung und schädlich für uns alle.

…und seine Konsequenzen

Es ist kein Zufall, dass die jüngste massive Zunahme und das Interesse am Transitionieren, besonders unter Jugendlichen, zu einer Zeit aufgetreten ist, in der die Verengung der Genderrollen zu einer Tyrannei geworden ist und junge Menschen zu Recht aus diesen Schubladen ausbrechen wollen. Die feministische Analyse von Machtverhältnissen ist über die Jahre zu der Notwendigkeit von »Gendergleichberechtigung« verunglimpft worden, als wenn willkürliche und unerklärliche Diskriminierung eher das Problem wäre, als ein bewusst kultiviertes Machtsystem. Das Fehlen einer Analyse, dass Genderrollen und Hierarchie das Problem sind, hat zu der Auffassung geführt, dass, wenn wir die Regeln und Rollen der Gesellschaft nicht mögen, etwas mit uns falsch ist und wir uns selbst ändern müssen; dass »Gender« die Realität ist und nicht biologisches Geschlecht; dass wir uns selbst neu definieren müssen, nicht als das Geschlecht, das wir sind, sondern entweder als das gegenteilige Geschlecht oder als eine neue »Genderidentität«. Die feministische Sicht, dass Gender eine Illusion ist, ein gesellschaftlich aufgezwungenes Set an Regeln, die Männer und Frauen auf ihren Plätzen halten und die Vorherrschaft von Männern über Frauen aufrechterhalten, ist eine, von der viele junge Menschen abgehalten wurden, sie zu hören, durch eine Gesellschaft, die ein Interesse daran hat, den Status quo zu wahren. Es scheint immer noch revolutionär zu sein, zu sagen, »Frauen und Mädchen können alles sein, Jungen und Männer können alles sein! Da ist nichts falsch an dir, wenn du dich nicht anpasst, es ist die Gesellschaft, die falschliegt!«. Es ist jetzt dringender denn je geworden, das laut und deutlich zu reklamieren, denn unsere Mädchen werden in den Stürmen der Genderidentität hin und her geschleudert und kommen zu einigen besorgniserregenden und geradezu gefährlichen Schlussfolgerungen.

»Weiblich-zu-Trans«-Menschen

Der größte Anstieg an Überweisungen zu »Genderidentität«-Kliniken findet sich neuerdings unter Mädchen und jungen Frauen. Unsere Aufmerksamkeit wurde von MTTs beansprucht, die durch die Wirksamkeit von männlichen Mustern der Anspruchshaltung und Selbstzentrierung, mit denen sie aufgezogen wurden, die ganze mediale Aufmerksamkeit eingenommen haben. Frauen sind damit beschäftigt, den Eingriff in unsere hart erkämpften Räume für frauenzentrierte Praxis, z. B. Krisenzentren für Vergewaltigungsopfer, Frauenhäuser, feministische Organisationen und lesbische Räume, zu bewältigen und zu versuchen, Lösungen auszuhandeln, die inklusiv sind, aber als Frauen geborenen Frauen das Recht erlauben, sich zu treffen und sich zusammen zu organisieren. Aber währenddessen werden unsere gendernichtkonformen Mädchen hinter unseren Rücken ermutigt zu denken, dass sie männlich sind. Das ereignet sich auf Seiten sozialer Medien wie Reddit und Tumblr durch eine Ideologie, die besagt, wenn du nicht feminin bist oder dir Femininsein nicht behagt, dann bist du nicht weiblich. Viele Mädchen, die in unserer derzeit hochsexualisierten Gesellschaft in die Pubertät kommen, sind beunruhigt, ängstlich, unglücklich damit und lehnen ab, was von ihnen erwartet wird, wenn ihre Körper sich ändern. Das muss nicht überraschen. Umgeben zu sein von einer Generation an Jungen, groß geworden mit Internetpornographie und konfrontiert mit hypersexualisierten Bildern von Frauen, stellt ein einschüchterndes, wenn nicht gar geradezu missbräuchliches Klima für heranwachsende Mädchen dar. Kaum verwunderlich also, dass Mädchen die Rolle der sexuellen Verfügbarkeit ablehnen und mit ihr ihre eigenen sich entwickelnden Körper, die ein Magnet für alles von »kleineren« Objektifizierungen bis hin zu völligem sexuellen Missbrauch zu sein scheinen. Die Vergewaltigungskultur (rape culture) ist gesund und munter, und Mädchen, die durch die Stromschnellen der Pubertät navigieren, haben jeden Grund, es abzulehnen, eine Frau zu werden. Es gibt derzeit nur sehr wenig Spielraum oder Möglichkeiten, sich als Frau in dieser Gesellschaft aus der Objektifizierung auszuklinken.

Extrem besorgniserregend ist, dass ein Mädchen, das sich einer Genderidentitätsklinik als potentiell »trans« vorstellt, zumeist als Ergebnis einer Social-Media-Kultur, die sie animiert hat zu glauben, dass sie das vielleicht sei, zunehmend in dieser starren Position »bestätigt« wird, was nahezu unvermeidlich zur gesellschaftlichen Transition führt. Mädchen binden dann ihre Brüste ab, was zu eingeengten Lungen und Atmungsproblemen führt. Mädchen haben Mastektomien.[8] Mädchen nehmen pubertätshemmende Hormone, gefolgt von Testosteron (das nicht allgemein für Mädchen und Frauen zugelassen ist), was häufig in dauerhafter Sterilisation resultiert. Dauerhafte Sterilisation, ermöglicht von Erwachsenen in verantwortlichen Funktionen. Von künftigen Genitaloperationen ganz zu schweigen. Solch ein Weg sollte absolut die letzte Option sein, wenn die ganze andere therapeutische Unterstützung ausgeschöpft worden ist. Die Erwachsenengesellschaft lässt unsere jungen gendernonkonformen Mädchen allumfassend im Stich. Wir sollten ihnen dazu gratulieren, die Erfüllung femininer Genderollen zu verweigern, ihnen vergewissern, dass da nichts wie auch immer falsch an ihnen und ihren Körpern ist, und die Schuld einzig und allein einer misogynen Kultur aufladen. Wie konnte es dazu kommen, dass es eine fortschrittliche Position ist, die Verstümmelung von Mädchenkörpern zu fördern, wenn das Leben als weiblicher Mensch für sie unerträglich geworden ist? Warum geraten wir nicht in Aufruhr deswegen? Junge Leute werden immer mit Stilen, Verhaltensweisen, Definitionen und Identitäten experimentieren. Und sie werden ein Reinreden der Erwachsenenwelt in ihre Kultur nicht begrüßen. Aber wir reden hier nicht nur von einer Gothikphase. Erwachsene, inklusive Eltern und Fachleute aller Art, haben eine Verpflichtung, für unsere jungen Leute zu sorgen, und die Konsequenzen der Transition für Mädchen sind einfach zu drastisch und langlebig, um sie dieser Ideologie zu überlassen.

Lesbische Bekehrung & professionelle Verantwortung

Was auch klar ist, ist, dass viele dieser Mädchen, wenn man sie in Ruhe ließe, sicherlich zu Lesben heranwachsen würden. Das wissen wir von den Berichten detransitionierender Frauen ebenso wie von Lesben, die wissen, dass sie als trans gesehen worden wären, wenn das derzeitige Klima um sie herum geherrscht hätte, als sie jung waren. In wiederholten Studien wurde gezeigt, dass eine lesbische Identität in Mädchen für gewöhnlich oft nicht bis zum Ende des Teenageralters oder den frühen Zwanzigern ausgebildet ist. Das bedeutet, dass viele Mädchen, die zu selbstidentifizierenden Lesben heranwachsen würden, durch soziale Medien, Transideologie und wohlmeinende, aber fehlgeleitete Fachanlaufstellen zu dem Glauben »verführt« (»groomed«) werden, sie seien eher »trans« als einfach Mädchen, die es ablehnen, sexuell für Jungen und Männer verfügbar zu sein oder ihre erwartete Rolle als junge Frauen zu erfüllen. Es gibt Fälle von jungen Menschen, denen in Transforen geraten wird, ihren Eltern zu sagen, dass sie suizidal sind, um an die gewünschte Behandlung zu gelangen. Was für eine perverse Gesellschaft bietet Müttern die Wahl zwischen Mastektomie oder Selbstmord für ihre geliebten Töchter? Diesen Mädchen und ihren Eltern ist nicht gedient mit professionellen Stellen, die sich auf ein Denksystem eingelassen haben, das besagt, wir müssen die Identität einer jungen Person um jeden Preis bestätigen und etwas anderes zu tun ist »transphob«. Wir haben die Verantwortung, eine alternative feministische Perspektive auf ihre Not als junge Frauen anzubieten. Wir würden die Sicht einer Anorektikerin auf sich selbst als fett oder das selbstverletzende »Recht« von Jugendlichen darauf, ihre Körper zu schädigen, nicht »bestätigen«. Wir würden uns die tiefer liegenden Ursachen ansehen und unsere Sorgfaltspflicht immer, immer ernst nehmen. Das Gleiche muss bei Fällen von potentiellen »Trans«-Jugendlichen getan werden.

Es gibt auch zunehmende Bestrebungen, das Konzept, dass es möglich sei, das Geschlecht zu ändern, gegenüber immer jüngeren und jüngeren Kindern zu normalisieren, immer mit dem Verweis auf Genderstereotype. Bücher für 3–5-jährige unterbreiten die regressive Unwahrheit, wenn du eine Schleife im Haar tragen und feminine Dinge tun willst, dann musst du natürlich ein Mädchen sein, und wenn es dein Wunsch ist, Femininität, die Farbe Pink und Rüschenkleider abzulehnen, also ein aktives, dynamisches Mädchen zu sein, dann musst du ein Junge sein. Wie konnte es dazu kommen? Und wie konnte man es auch noch als feministisch betrachten?

Gender & Realität

Wir hören immer wieder von Leuten, die sich selbst als trans definieren, dass sie sich wie eine Frau fühlen, die im Körper eines Mannes gefangen ist, oder andersherum. Frauen wissen, dass ihre Realität kein Gefühl ist, das irgendein Mann beanspruchen kann, aber wir müssen anerkennen, dass dieses Gefühl real ist. Es ist vollkommen zulässig zu beteuern, dass man Gefühle von Unzufriedenheit oder Abspaltung gegenüber seinem Körper hat, allgemein Körperdysmorphie genannt. (Genderdysphorie ist ein eher umstrittener Begriff. Wenn Gender ein soziales Konstrukt und nicht angeboren ist, wie es der Feminismus behauptet, dann ist mit seinem Gender unzufrieden zu sein einfach menschlich, und somit sind wir alle tatsächlich oder potentiell genderdysphorisch, was es eher zu einem unsinnigen Begriff macht.) Doch dieses Leiden als »sich wie eine Frau fühlen« zu umschreiben, birgt eine Reihe an Fragen. Wie kann jemand wissen, wie sich das gegenteilige Geschlecht fühlt? Ist Frau- oder Mannsein mehr ein Gefühl als eine biologische Realität? Abgesehen davon sind Gefühle keine gute Handlungsanleitung. Alles, was sich als schlechtes Gefühl über einen selbst ausdrückt, besonders wenn es so unerträglich wird, dass man nicht fähig ist, in dem Körper, den man hat, zu leben, ist sicherlich etwas, womit eine Person therapeutische Hilfe braucht. Gefühle müssen durch unsere natürlichen Heilungsprozesse des Weinens, Zitterns, usw. rausgelassen werden und die Arbeit mit einer/m guten Therapeut/in wird das erreichen. Tiefe Gefühle bedürfen tiefer Befreiung. Wir alle wissen, wieviel besser wir uns nach einem guten, langen Weinkrampf fühlen können. Natürlich ist verständnisvolle therapeutische Hilfe sehr oft nicht verfügbar, zumindest sicherlich nicht in hinreichendem Umfang und Qualität, um tief verwurzeltes Leid zu bewältigen, und wir wissen von Detransitionierten und anderen, dass Körperdysmorphie ihre Wurzeln oft in physischem oder sexuellem Missbrauch oder anderen traumatischen Lebenserfahrungen hat, wobei die Genderkomponente des Leidens nur der  oberen Schicht entspricht. Auf diese Weise werden die Gefühle der Notwendigkeit, das Geschlecht zu verändern, nicht nur validiert, sondern auch als ein vernünftiger Leitfaden für das Handeln einer Gesellschaft dargestellt, die Gendernonkonformität nicht ertragen kann und aktiv bestraft. Wenn Individuen, die Körperdysmorphie in solch einem Ausmaß erleben, dass sie sich in einer Genderidentitätsklinik vorstellen, keine umfassende therapeutische Unterstützung zuteil wird, um die Ursachen für ihr Leiden freizulegen und ihnen zu helfen, sich von ihrem Schmerz zu erholen, sondern sie eher in ihrer Selbstdiagnose »bestätigt« werden, dann gibt die Gesellschaft ihre Verantwortlichkeit ab und lässt sie im Stich.

Drogen

Wie mit vielen anderen Situationen in der Gesellschaft, bedeutet das Fehlen einer vernünftigen, konsequenten und angemessenen therapeutischen Hilfe, dass die Menschen alternative Mittel zur Bewältigung ihres Schmerzes finden müssen. Das manifestiert sich häufig in der Einnahme von Drogen. Vom Kaffee jeden Morgen, um uns selbst aufzuwecken, über Tabletten, um uns beim Einschlafen zu helfen, bis hin zu Alkohol oder illegalen Drogen, um unsere Gefühle zu betäuben, und Medikamenten gegen psychische Erkrankungen können Drogen uns besser fühlen lassen und sind in einer mangelhaften Gesellschaft eine Lösung, bei der die meisten von uns mehr oder minder mitmachen. Hormonelle Medikamente unterscheiden sich da nicht, so dass eine Person, die Hormone nimmt, um die Attribute des gegenteiligen Geschlechts zu imitieren, sich sehr wohl »besser fühlen« mag. Das ist keine Überraschung, aber es ist nicht mehr ein Beweis dafür, dass sie wirklich ein »Mann in einem Frauenkörper« waren, als dafür, dass eine Anorektikerin wirklich fett ist. Gefühle, obwohl real, sind nicht die Realität.

Transphobie

Machen wir uns klar, dass Lesben, schwule Männer und Frauen allgemein, vor allem Feministinnen, seit Jahrzehnten die lautstärksten, konsequentesten und praktischsten Verbündeten für Transmenschen sind. Wir wissen, wie es ist, missbraucht zu werden, einfach aufgrund dessen, wer man ist, diskriminiert zu werden, AußenseiterInnen in einer starren Gesellschaft zu sein. Frauen, Lesben und schwule Männer sind die natürlichen Verbündeten der Transmenschen. Was hat sich also verändert? Warum gibt es einen Konflikt zwischen Feministinnen und der Transgemeinschaft? Warum wird Germain Greer, eine der Gründungsmütter des Feminismus, in Transkreisen verunglimpft? Warum sind Toiletten zum Schauplatz des Ärgernisses geworden? Warum wird radikalen Feministinnen wie Julie Bindel, eine Lesbe und seit Jahren Aktivistin gegen Gewalt gegen Frauen, in Universitäten kein Rederecht gewährt (no-platforming), eine Taktik, die ursprünglich gegen den Faschismus eingesetzt wurde? Keine progressive Person will transphob sein, und viele Einzelpersonen und Organisationen wurden jüngst dazu verleitet oder genötigt, eine bestimmte Ideologie zu übernehmen, nämlich dass es etwas wie »Genderidentität« gibt, die völlig vom biologischen Geschlecht getrennt ist, dass Mann- oder Frausein ein Gefühl ist, das nichts mit Biologie zu tun hat, und dass die einzige Art, Transmenschen zu unterstützen und wirklich zu vermeiden als transphob betrachtet zu werden, die Übernahme dieser Ideologie ist. Es muss laut und deutlich gesagt werden, dass das nicht wahr ist. Transmenschen sind viele und vielfältig und nicht alle mit dieser Denkweise einverstanden. Viele MTTs und FTTs sehen sich selbst immer noch als das Geschlecht, als das sie geboren wurden. Viele transitionieren nur teilweise, manchmal nur gesellschaftlich, und verändern ihre Identitäten im Laufe der Zeit. Viele entscheiden, dass sie einen Fehler begangen haben oder dass das Transitionieren das Unglück nicht aufgelöst hat, das sie zu vetreiben suchten, und viele dieser Menschen detransitionieren. Die Transideologie würde darauf bestehen, dass wir unbedingt akzeptieren, dass eine MTT-Person eine Frau ist. Das entbindet sie bequemerweise nicht nur von jeglicher Verantwortung für die Männlichkeit, mit der sie aufwuchsen und von der sie profitierten, sondern birgt zudem die Frage: Sind sie nicht länger weiblich, wenn sie detransitionieren? An welchem Punkt wird ein detransitionierender MTT wieder ein Mann? Detransitionierte bringen die essentialistische Ansicht einer angeborenen Genderidentität, die Biologie übertrumpft, in Verlegenheit. Unglücklicherweise für die Transideologie weigern sie sich wegzugehen, und je mehr Transitionen wir sehen, desto mehr werden sie Teil der Landschaft unserer Welt sein.

Die Unterstützung des Rechtes von Transmenschen auf Freiheit von Diskriminierung und Missbrauch muss nicht bedeuten, einer Ideologie zuzustimmen, die sich als rückständig, misogyn und gegen die Befreiung aller Menschen von Genderstereotypen erwiesen hat. Es ist nicht transphob, wissenschaftlich zur Biologie zu stehen oder dem zu widersprechen, dass ein biologischer Mann eigentlich eine Frau ist, nur weil er sagt, dass er es ist. Tatsächlich verharmlost das Beharren auf dieser einen Ansicht reale und schädliche Transphobie. Das resultiert z. B. in den absurden, aber ultimativ gefährlichen Aktionen des NHS (National Health Service),[9] der Erinnerungsmitteilungen zu Gebärmutterhalsabstrichen an MTTs sendet, die keinen Gebärmutterhals haben, und nicht an FTTs, die einen Gebärmutterhals haben. Zweifellos haben Ideologien, wenn sie darauf bestehen Politik und Praxis mitzugestalten, Konsequenzen, und diese Ideologie hat negative Konsequenzen für Transmenschen selbst. Wir müssen dies bei der Prüfung aller vorgeschlagenen Rechtsvorschriften oder Richtlinien zu Transfragen berücksichtigen.

Lesbophobie

Lesben sind Frauen, die sich sexuell zu Frauen hingezogen fühlen. Das wäre bis vor kurzem eine unstrittige Aussage gewesen. Jetzt haben wir eine Situation, in der die genaue Definition von »Frauen« angefochten und umdefiniert wird. Wenn »Frau« nicht länger erwachsener weiblicher Mensch (adult human female) bedeutet, wenn »Frau«-sein einfach ein Gefühl sein kann, wenn eine Person, die als Junge/Mann geboren und erzogen wurde und oft noch einen intakten männlichen Körper besitzt, sich selbst als Frau definieren kann, dann sind die Gesellschaft und vor allem Lesben mit einem Dilemma konfrontiert. Wenn Transfrauen eine unterdrückte Minderheit von Frauen sind, dann könnte logischerweise eine Lesbe, die sagt, sie würde eine Beziehung mit einer Person mit männlichen Genitalien nicht in Betracht ziehen, als transphob bezeichnet werden. Es ist für jede rational denkende Person kaum zu glauben, aber das geschieht tatsächlich. Das nennt sich die »cotton ceiling« (»Baumwolldecke«)[10] und wird benutzt, um Lesben zu kritisieren und missbrauchen. Lesben wird gesagt, sie sind allein dadurch transphob, wer sie sind, Liebhaberinnen von Frauen. Das ist nicht nur lächerlich, sondern zutiefst antilesbisch, und die LGBT-Gemeinschaft und gewiss alle, die sich selbst als GegnerInnen von Homophobie verstehen, müssen das benennen. Es zeigt zudem, wohin Logik, die auf falschen Prämissen beruht, hinführen kann.

Geschlechtergetrennte Einrichtungen

Es ist wichtig, dass alle Menschen, einschließlich Kinder, in der Lage sind, eine öffentliche Toilette oder Umkleide in Sicherheit zu benutzen. Dies wurde herkömmlich durch Trennung auf Basis des biologischen Geschlechtes erreicht, unter der Annahme, dass das hauptsächliche Sicherheitsproblem männliche Gewalt gegenüber und Missbrauch von Frauen und Mädchen ist, obwohl dies die Frage nach der Gewalt heterosexueller Männer gegenüber schwulen Männern aufwirft, denen noch nie praktisch oder rechtlich Einrichtungen zum Schutz vor homophobem Missbrauch angedient wurden. Zweifellos verdient jede Person, die physisch transitioniert ist oder sich im Transitionsprozess befindet, die gleiche Sicherheit vor männlicher Gewalt. Jedoch ist das Beharren darauf, dass Frauen und Mädchen auf ihre eigene Sicherheit verzichten müssen, indem sie Menschen mit männlichen Körpern einfach auf der Grundlage der Selbstdeklaration in reine Frauenräume (female-only spaces) inkludieren, falsch und gefährlich. Viele FTTs stehen verständlicherweise ambivalent dazu, auf die Nutzung von Einrichtungen für Männer zu bestehen, und bevorzugen tatsächlich oft die der Frauen. Also ist das Problem nicht Identität. Das Problem ist männliche Gewalt und das Thema ist Sicherheit. Wir müssen das Problem benennen, um praktische Lösungen zu finden, die die Sicherheit für alle gewährleisten, ohne dass die Rechte einer Gruppe die der anderen außer Kraft setzen. Das ist sicherlich nicht zu viel verlangt von der Menschheit.

Lügen, verdammte Lügen, Statistiken und alles andere

Viele, die unterschiedliche Genderidentitäten annehmen, genießen die Freiheit, sich endlich selbst zu definieren; es liegt ein Element der Verspieltheit und Subversion darin, Teil dieses Trends zu sein, der Spaß macht und verlockend ist. Meinetwegen. Es steht uns allen frei, uns selbst zu nennen, was auch immer wir wollen, wir können unsere Meinung ändern, wir können Spaß daran haben, die gesellschaftlichen Erwartungen zu untergraben. Aber es macht etwas aus, ob Identität oder Biologie das Maß einer Frau oder eines Mannes ist. Es macht etwas aus in der gesellschaftlichen Erfassung von Statistiken. Wenn jeder sich als Frau identifizieren kann, wie können wir dann Informationen über die Position von Frauen in der Gesellschaft z. B. in Hinblick auf Verdiensthöhe, Gesundheit, Kriminalität oder Gewalt sammeln? Wenn die unzähligen Identitäten der Menschen, die sich immer wieder von einem Jahr zum nächsten ändern, die Definitionen sind, nach denen wir Statistiken zusammentragen, dann wird die auf diesen Statistiken beruhende Sozialpolitik nutzlos sein. Es macht etwas aus, in Hinblick auf Gefängnisse, wo eine Transidentität dazu führen kann, dass ein gewalttätiger männlicher Täter mit schutz- und machtlosen Frauen untergebracht wird. Es macht etwas aus im Sport, wo von Frauen nun erwartet wird, gegen biologische Männer anzutreten, denen höhere Testosteronspiegel erlaubt werden als Frauen, die als Frauen geboren wurden. Es macht etwas aus, wenn wir versuchen die jahrhundertelange Diskriminierung gegen Frauen durch die Einführung von Quoten im öffentlichen Leben, in Politik und Organisationen zu beseitigen; wenn jeder sich als Frau identifizieren kann, dann werden als Frauen geborene Frauen einmal mehr auf der Verliererseite stehen. Allen steht frei, sich zu identifizieren, wie auch immer sie wollen, aber sobald wir diese persönliche Präferenz und den Ausdruck von Persönlichkeit auf denselben Status wie biologisches Geschlecht erheben, machen wir auf einen Schlag all die Errungenschaften zunichte, die Frauen erreicht haben und noch immer in unserer männlich dominierten Gesellschaft erreichen müssen.

Debatte & Stille

Debatten und Diskussionen haben sich durchweg als eine essentielle Voraussetzung für progressive Veränderungen in der Gesellschaft erwiesen. Es gibt derzeit gegensätzliche Sichtweisen und Interessenkonflikte zu den Fragen des Sexismus, der Frauenrechte, der Genderidentität und der Transrechte. In progressiven Bewegungen müssen wir immer bestrebt sein weiter zu denken, offen für Debatten zu sein und einander zuzuhören, um Unterdrückung und Misshandlung aller Menschengruppen zu beenden. Es ist daher besorgniserregend, das Mundtotmachen (silencing) von Feministinnen zu beobachten, die eine Transideologie infrage gestellt haben, die darauf beharrt, dass ihre Analyse die Wahrheit ist und der einzige Weg, Transmenschen zu unterstützen. Feministinnen wird das Rederecht in Universitäten entzogen; Frauen werden in den sozialen Medien verbal missbraucht und bedroht; das Akronym TERF (Trans Exclusionary Radical Feminist, Trans-ausschließende Radikalfeministin) wird als Beleidigung und Drohung und misogyne Verunglimpfung gegen Frauen verwendet; Lesben werden regelmäßig Vergewaltigungen angedroht und als transphob gebrandmarkt. Das ist keine Art eine Befreiungsbewegung zu führen und keine Art Verbündete für eine Sache zu gewinnen. Darauf zu beharren, dass Jahrzehnte an feministischem Denken transphob sind, und abweichende Meinungen auszuschalten ist kontraproduktiv und beleidigend. Feministinnen glauben, dass es die einschränkenden Konsequenzen der Genderrollen und -hierarchie sind, die alle Frauen unterdrücken und alle Männer verletzen. Das schließt Menschen ein, die sich zeitweise als trans, genderfließend, nichtbinär, genderqueer, usw. identifizieren könnten. Wir sind alle verärgert über die gesellschaftliche Einschränkung unserer Menschlichkeit aufgrund unseres biologischen Geschlechts. Um dem ein Ende zu setzen und uns zu befreien, müssen wir offen für eine respektvolle Debatte zu diesem Thema sein oder wir werden nie Fortschritte machen. Jedes Mundtotmachen nützt nur einer misogynen, homophoben und patriarchalen Gesellschaft, und dann werden wir alle Verlierer sein. Lasst uns stattdessen diesen Kampf um Freiheit von den lähmenden Genderfesseln gewinnen!

Erläuterungen:

[1] Disableismus bezeichnet Vorurteile oder Diskriminierung aufgrund von Behinderung.

[2] Die Wortherkunft gibt bereits preis, dass sich »sexuell«, »Sexismus«, »homo-, bi-, heterosexuell«, usw. auf das biologische Geschlecht (Sex) und nicht auf das soziale Geschlecht (Gender) oder eine Identität beziehen.

[3] Klassismus bezeichnet Vorurteile oder Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft oder der sozialen Position und richtet sich überwiegend gegen Angehörige einer »niedrigeren« sozialen Klasse.

[4] Bedenkt man, dass weibliche Föten in einigen Ländern besonders häufig abgetrieben werden, dass Frauen generell und insbesondere Frauen, die keine Söhne gebären, in einigen Ländern schlechter ernährt werden, was sich zwangsweise auf das Ungeborene auswirkt, dann ergibt sich die Schlussfolgerung, dass Kinder bereits vor der Geburt mit diesen Erwartungen und Haltungen konfrontiert werden.

[5] Neuerdings wird zunehmend der Begriff »transidentifizierte Männer/Frauen« (trans-identified males/females, TIM/FIM) als genauere Alternative zu Männlich/Weiblich-zu-Trans (male/female to trans, MTT/FTT) verwendet. MTT/FTT impliziert, dass das Mann-/Frausein verlassen oder abgelegt werden könne, wohingegen TIM/FIM deutlich macht, dass es sich bei der Person nach wie vor um einen Mann/eine Frau handelt.

[6] Early Learning Centre ist eine frühere britische Ladenkette, die Spielzeug für sehr junge Kinder verkaufte und jetzt als Versandhandel vertreibt.

[7] Janet und John sind die Hauptcharaktere einer englischsprachigen Kinderbuchreihe für 4- bis 7-Jährige.

[8] Mastektomie bezeichnet die Entfernung der Brust- bzw. Milchdrüse bei Säugetieren.

[9] Der National Health Service (NHS, Nationaler Gesundheitsdienst) entspricht dem staatlichen Gesundheitssystem in Großbritannien und Nordirland.

[10] Die Metapher cotton ceiling (»Baumwolldecke«) bezieht sich auf die (Baumwoll-)Unterwäsche von Lesben, die für transidentifizierte Männer – ähnlich der »gläsernen Decke« für Frauen in Unternehmen – nicht überwindbar ist.

Feminismus bleibt unbequem!

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Diese Replik erschient am 2. Juli bei Feminismus bleibt unbequem.

Replik und Gegendarstellung zum “Offenen Brief” feminismenohnegrenzen“ vom 22.06.2017.

Berlin, 02. Juli 2017

Liebe Mitfrauen und Mitarbeiterinnen von TERRE DES FEMMES – Menschenrechte für die Frau e. V. (TDF), liebe Unterstützerinnen und Unterstützer,

um sich ein eigenes Urteil zu einem medial inszenierten Angriff auf unser menschen- und insbesondere frauenrechtspolitisches Engagement bilden zu können, hier unsere Replik und Gegendarstellung zum „Offenen Brief: feminismenohnegrenzen“ vom 22.06.2017.

Am 22.06.2017 erreichte die Geschäftsstelle und den Vorstand von TDF nachmittags ein „Offener Brief“. Darin wurde kurzfristig angekündigt, dass jener Brief am nächsten Tag auf einer eigens hierzu eingerichteten Website für die breite Öffentlichkeit online gestellt würde. Verknüpft mit der Mitteilung, dass die Tageszeitung taz darüber berichten werde. Zur einseitigen ‚Berichterstattung‘ der Tageszeitung taz vom 23.06.2017 – welche TDF selbst zu den im o.g. Offenen Brief erhobenen Vorwürfen nicht anhörte, wie es den ethischen Richtlinien der journalistischen Sorgfaltspflicht eigentlich entspräche – ist bereits an anderer Stelle alles gesagt worden. Zum Beispiel hier.

Gemäß dem Leitgedanken von TDF „gleichberechtigt, selbstbestimmt und frei“ nehmen wir uns als Mitfrauen (Mitglieder) das Recht und sehen es als unsere Pflicht, mit unserer Gegen- /Darstellung nun selbst für die gebotene Vollständigkeit der geschilderten Vorgänge im Sinne der Transparenz und Ausgewogenheit zu sorgen. Damit möchten wir es allen – unseren rund 2.000 Mitfrauen und den interessierten Menschen aus der Öffentlichkeit – ermöglichen, die vorgebrachten Anschuldigungen der Erst-/UnterzeichnerInnen des o. g. „Offenen Briefs“/feminismenohnegrenzen (im Weiteren: O.B./fog) zu überprüfen. Wir hoffen damit, zu einer eigenständigen, differenzierten Einschätzung bezüglich der erhobenen Vorwürfe wie auch der zum Teil tatsachenwidrigen Behauptungen zu verhelfen.

Den Erstunterzeichnerinnen des O.B./fog geht es, laut eigenem Bekunden, vorgeblich darum, sich „von Vorstand, Geschäftsführung, den unten genannten Beschlüssen (sic) und undemokratischen Tendenzen im Verein“ zu „distanzieren“.
Vorweg: Es steht den Mitfrauen/Erstunterzeichnerinnen selbstverständlich frei, sich von Vorstand und/oder Geschäftsführung, aus welchen Gründen auch immer, zu distanzieren.
Allerdings werden dort online seit Veröffentlichung des O.B./fog weiter Unterschriften gesammelt. Durch das bewusst gewählte, diffamierende Vokabular über vermeintlich „undemokratische“, „rassistische“ und „rechtspopulistische Tendenzen“ im Verein – so die erhobenen Vorwürfe, zielt dieser Brief auf eine Empörungsbekundung einer größeren Öffentlichkeit ab.
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Ein Aufruf an Feministinnen, sich an das historische und geschlechterbasierte Wesen ihrer Unterdrückung zu erinnern

Das wirklich Brillante am Patriarchat…es verwandelt Unterdrückung nicht nur in etwas Natürliches, es sexualisiert den Unterdrückungsakt. Es erotisiert Dominanz und Unterwerfung. Es institutionalisiert sie als Maskulinität und Feminität. Also normalisiert, erotisiert und institutionalisiert Unterwerfung. Das Brillante am Feminismus ist, dass wir das erkannt haben.
– Lierre Keith

In den vergangenen Monaten wurden in den USA und anderswo so viele Gesetze erlassen oder vorgeschlagen, die eine Eskalation des Kriegs – ja, es ist Krieg – gegen Frauen anzeigen. Das Russische Parlament hat gerade mit 380 zu 3 Stimmen die Entkriminalisierung häuslicher Gewalt entschieden. Es ist ein Land, in dem durchschnittlich 40 Frauen pro Tag – 14.000 Frauen pro Jahr – von ihren männlichen Partnern ermordet werden.

Die Vereinigten Staaten, wo über 1000 Frauen pro Jahr von ihren Partnern ermordet werden, haben gerade einen Präsident gewählt, der damit prahlt, dass “wenn du ein Star bist, lassen sie es dich einfach tun, pack sie an der Pussy” und in Pornografie und Menschenhandel verwickelt ist. Sein Plan ist es, die finanzielle Unterstützung für 25 Programme gegen häusliche Gewalt zu eliminieren und weiblichen Angestellten zu befehlen, sich “wie Frauen anzuziehen”. Texas denkt darüber nach, Frauen, die eine Abtreibung hatten, ihr Wahlrecht zu entziehen; Arkansas möchte Vergewaltiger in die Lage versetzen, Frauen zu verklagen, die abtreiben.

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Antifeministische Angriffe auf die Vancouver Women`s Library

Vancouver Women`s Library, Kanada

In Vancouver / Kanada hat am 3. Februar 2017 eine Frauenbibliothek, die „Vancouver Women`s Library“, eröffnet. Als Ziel wird definiert die (unterschiedlichsten) Schriften von Frauen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Bibliothek versteht sich dabei als „queer space“ und transinklusiv:

„We welcome all women regardless of creed / class / gender / race /sexuality”.

Dennoch geriet die Bibliothek in den Fokus, da sie sich erdreistet auch radikalfeministische Literatur anzubieten.

Bei der Eröffnungsfeier kam es zu Vandalismus, Beleidigungen und Rumgeschubse von Prostestierenden gegen Besucherinnen. Zeuginnen zufolge wurden Bücher mit Wein übergossen, Feueralarme ausgelöst und Poster abgerissen.

Eine Gruppe namens GAG / Gays against Gentrification veröffentlichte am 4. Februar , wenige Stunden nach diesen Aktionen, eine Art Ultimatum und gab an für „SexarbeiterInnen, Transfrauen, IBPOC (Indegenous, Black, and People of Colour), queers und mit ihnen solidarische Menschen“ zu sprechen.  Das Pamphlet strotzt geradezu von der inflationären Nutzung der Beschimpfungen „SWERF“ und „TERF“.

In dem Text werden genderkritische oder genderabolitionistische Radikalfeministinnen für die männliche Gewalt gegen Transpersonen verantwortlich gemacht. Damit werden jene, die tatsächlich Gewalt gegen Transpersonen ausüben, das sind fast ausschließlich Männer, aus der Verantwortung genommen und jene Verantwortung anderen – Frauen- zugeschrieben.

Die Bill C-36, die dem Nordischen Modell zur Abschaffung der Prostitution nacheifert und die maßgeblich von indigenen Frauen mit erkämpft wurde wird als „kolonialistisch“ bezeichnet. Indigene Frauen sind wie in Deutschland die Romnija nämlich jene, die an vorderster Front in der Prostitution ausgebeutet werden. Dies wollen die Protestierenden offensichtlich aufrechterhalten. Diese schieben nun prostitutionskritischen und abolitionistischen Radikalfeministinnen die (männliche) Gewalt (der Freier) in die Schuhe  und machen sie  für „Gewalt gegen SexarbeiterInnen“ verantwortlich. Darüber hinaus werden Radikalfeministinnen mit Neonazis und Rechten auf eine Stufe gestellt und verglichen: Weil von Frauen geschriebene Bücher zu verleihen ist ja auch genau das was Nazis gemacht haben und machen würden, nicht wahr?

Weiterhin schreibt der Text einer Organisation, die aus ehrenamtlicher (!) Initiative von Frauen hervorgegangen ist, vor 1) die Finanzierung offen zu legen,  2) einen neuen Vorstand nach Vorstellungen von GAG zu wählen, 3) alle prostitutions- und genderkritischen Buchtitel aus dem Programm zu nehmen, 4) stattdessen Bücher nach den Vorstellungen von GAG ins Programm zu nehmen, 5) eine konkrete Mitstreiterin aus der Organisation zu kicken und 6) sich dem Gespräch der GAG-AktivistInnen zu stellen.

Man stelle sich dies also vor: Frauen stellen in ihrer Freizeit ehrenamtlich und unentgeltlich etwas  von Frauen für Frauen auf die Beine und bekommen dann von irgendwelchen dahergelaufen, sich hinter einem anonymen Schreiben versteckenden, Personen Vorschriften in einer so unverschämt formulierten Weise gemacht, dass man seinen Augen kaum glauben mag. Frauen wird vorgeschrieben wie sie IHRE EIGENEN Projekte auszugestalten haben – eine Ungeheuerlichkeit.

Darüber hinaus werden ungeachtet der hohen Zahlen von sexueller Gewalt auch gegen „weiße“ Frauen, diese uneingeschränkt als „Nutznießerinnen weißer Vormachtstellung“ bezeichnet. Nun ist es natürlich tatsächlich so, dass „weiße“ Frauen nicht rassistisch diskriminiert werden, aber auch „weiße“ Frauen können Betroffene von Klassismus, Homophobie, Ageismus, Ableismus, etc., und damit intersektionell diskriminiert sein.  „Weiße“ Frauen aus der unterdrückten Klasse “Frau” auszuschließen wird ihrer Lebensrealität nicht gerecht. Der Radikalfeminismus weist auf Parallelen in der Unterdrückung der Frauen JEGLICHER Coleur hin – ohne zu Verschweigen, dass es innerhalb dieser Klasse auch Privilegien gibt, die aber eben nicht ausschließlich nach Hautfarbe variieren.

Der Vancouver Women`s Library wird nun sogar zum Vorwurf gemacht, dass sie sich als transinklusiv verstehen. Ihnen wird der Terminus „selbstdefinierte Frauen“ zum Vorwurf gemacht, da damit Transfrauen als „andere“ Frauen markiert würden.

GAG fordert, dass konkrete folgende radikalfeministische Bücher aus der Bibliothek zu verschwinden hätten:

Admission Accomplished – Jill Johnston
Against Sadomasochism – Robin R. Linden, Darlene R. Pagano, Diana E. Russell, Susan Leigh Star
Amazon Odyssey: Collection of Writings – Ti-Grace Atkinson
Buddhism after Patriarchy – Rita M. Gross
The Female Man – Joana Russ
Female Sexual Slavery – Kathleen Barry
Feminism Unmodified – Catharine A. MacKinnon
First Buddhist Women: Poems and Stories of Awakening Susan Murcott
Gyn/Ecology – Mary Daly
The Idea of Prostitution – Sheila Jeffreys
The Industrial Vagina: The Political Economy of the Global Sex Trade – Sheila Jeffreys
Intercourse – Andrea Dworkin
The Lesbian Heresy – Sheila Jeffreys
Nine Parts of Desire: The Hidden World of Islamic Women – Geraldine Brooks
Not a Choice, Not a Job: Exposing the Myths about Prostitution and the Global Sex Trade – Janice Raymond
Not for Sale: Feminists Resisting Prostitution and Pornography-Of Women Born – Adrienne Rich
Pornography: Men Possessing Women – Andrea Dworkin
Radical Acceptance – Tara Brach
The Sexual Liberals and the Attack on Feminism – Janice Raymond
Women As Wombs: Reproductive Technologies and the Battle over Women’s Freedom – Janice Raymond

Interessanterweise befinden sich unter den Büchern, in den Sammelbänden unter anderem die Zeugnisse von Jüdinnen, Lesben und Prostitutionsüberlebenden. Das taugt wohl auch unabhängig von der radikalfeministischen Analyse alles nicht zum Unterdrückt-Status.

Den Frauen der Vancouver Women`s Library wird dann auch noch ihr abolitionistischer Standpunkt als „Gewalt gegen Frauen” vorgeworfen, so zum Beispiel in Bezug auf Zusammenarbeit einer Gründerin mit Frauen vom lokalen Frauenhaus, weil diese sich – wie die Frauenhausbewegung international – für die Abschaffung der Prostitution, die Entkriminalisierung der prostituierten Personen und die Kriminalisierung der Zuhälter und Freier ausgesprochen haben und indigene Frauen dabei unterstützen, dass diesen mehr zusteht als in der Prostitution ausgebeutet zu werden. Vancouver Rape Relief, das Frauenhaus in dem eine Gründerin sich ehrenamtlich engagiert, wird außerdem zum Vorwurf gemacht, dass sie eine Transfrau nicht in ihr Team aufnehmen wollten – und nach einem 12-jährigen Gerichtsstreit diesbezüglich auch Recht bekamen. Der Richter stellte fest, dass diese eine Position zur Unterstützung von Frauen häuslicher Gewalt, die transinklusiv war, verlassen hatte, weshalb davon auszugehen sei, dass sie Vancouver Rape Relief nur aufgrund deren „women-only policy“ zu ihrem Interesse auserkoren habe. Hier wird deutlich, wie  TransaktivistInnen bewusst hart erkämpfte autonome Frauenräume unter Beschuss nehmen.  Frauen aus der Frauenhausbewegung, die seit vielen Jahrzehnten Frauen unterstützen, die Opfer männlicher Gewalt geworden sind, vorzuwerfen sie wären für Gewalt gegen Frauen verantwortlich, ist absurd. Was haben die anonymen AktivistInnen eigentlich im Gegenzug an konkreter Unterstützung für Opfer sexueller Gewalt vorzuweisen? Wie können sie die Realität so verdrehen, dass männliche Gewalt unsichtbar gemacht und stattdessen Frauen die sich kümmern zugeschrieben wird?

Ob es Zufall ist, dass die von den Prostestierenden verwendete Bezeichnung GAG in Pornos dafür steht Frauen so lange mit dem Penis in den Mund penetrieren, bis sie würgen müssen – die Frage kann sich jede und jeder selbst stellen.

Jedenfalls ist es offensichtlich, dass es darum geht Frauen, die sich gegen die Sexindustrie stark machen, und diese als Gewalt gegen Frauen ansehen, mundtot zu machen und den Radikalfeminismus unter einer Meinungsdiktatur durch Einschüchterungsversuche gegen seine Vertreterinnen zum Verstummen zu bringen.

Wir halten die oben durch die gewalttätigen Protestierenden zur Entfernung vorgeschlagenen Bücher für einen guten Vorschlag für eure Leseliste im Jahr 2017.

Eine Petition zur Unterstützung der Bibliothek steht auf change.org zur Verfügung.

Wir dokumentieren abschließend ein Statement von Besucherinnen der Eröffnungsveranstaltung, veröffentlicht auf der Facebook-Seite vom Guerilla Feminist Collective

„Gestern abend mussten wir uns durch physische Einschüchterungsversuche und jede Mengen verbalen Quatsch kämpfen um die Vancouver Women`s Library zu besuchen.

Die Antifeministischen Protestierenden wurden zunächst herzlich willkommen geheißen (es schneite, es war kalt und jeder war willkommen) aber gebeten zu gehen als sie drinnen versuchten feministische Poster herunterzureißen und weiterhin physische Einschüchterungsversuche unternahmen. Die Polizei musste aufgrund der angerichteten Zerstörung und zum Schutz der Gastgeberinnen gerufen werden.  Die Protestierenden hielten Schilder hoch und schrien Besucherinnen an. Sie schütteten Wein über Bücher. Sie rauchten in der Bibliothek obwohl sie gebeten wurden dies nicht zu tun. Sie lösten den Feueralarm aus. Einige versuchten den Eintritt zu versperren und schubsten dann Frauen die versuchten hineinzugelangen. Es machte uns den Anschein als stünde es Männern frei zu kommen und zu gehen wie sie wollten.

Frauen wurde vorgeworfen und sie wurden beschämt dafür, dass sie die Polizei riefen, dafür um ihre eigene Sicherheit besorgt zu sein. Du bist verdammt wenn du es tust, und verdammt wenn du es nicht tust. Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt sind kennen diese Taktiken. Als wir deutlich machten, dass uns der Zutritt versperrt wurde und wie bedrohlich dass auf uns wirkte, wollten die Protestierenden von uns wissen wie wir eine Person genderten, statt über die Ethik der gerade passierenden Gewalt zu diskutieren.

Trotz der klar formulierten Ziele (Schaffung eines Frauenraumes in dem Frauen arbeiten und diskutieren können), Inklusion (alle Frauen), Transparenz der Finanzierung (Eigenfinanzierung und solche durch das UBC women`s centre), harter (unbezahlter) Arbeit und Initiative (um es deutlich zu sagen Sorge und GÜTE des Herzens, und dem Wunsch EINE FRAUENBIBLIOTHEK zu gründen) wurden die Organisatorinnen dämonisiert, zur Zielscheibe erkoren, verleugnet und alles außer auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Es wurden lächerliche Forderungen aufgestellt, zum Beispiel die Gründerin Emily solle zurücktreten (weil sie ehrenamtlich in einem Schutzhaus für Frauen, die vor männlicher Gewalt fliehen, gearbeitet hat und dieses unterstützt hat), die Gründung eines Vorstandes (muss denn alles „mc incorporated“ werden?), und die Entfernung einer Reihe von Büchern (Faschismus 101).

Eine der drei Gründerinnen zog sich in letzter Minute unter dem Hass und der gemeinen verbalen Angriffe, die in aktivistischen Kreisen zirkulieren, zurück. Em und Bec, haben hart daran gearbeitet dennoch wie versprochen zu öffnen. Wir sind stolz diese Frauen zu kennen und zu unterstützen, diesen Raum und die schöne Hoffnung die er für Frauenzusammenkünfte mit sich bringt in der Frauen sprechen und sich gegenseitig aufrichten können  und sich gegenseitig von dem Hass und der Gewalt um uns herum abschirmen können.

Trotz diesem ganzen Scheiß, dem puren Hass, den Lügen, der Gewalt, den Beleidigungen, die Bibliothek war toll als wir es nach drinnen geschafft hatten. Die Unterhaltungen gaben Energie. Die Solidarität und Vielfalt der Frauen, jung und alt, war schön. Kein Wunder, dass man so etwas verhindern will. Frauen die zusammenstehen sind mächtig. Wir dürfen sie nicht gewinnen lassen.

Wir empfinden sehr viel Liebe und Dankbarkeit für die Frauen der Vancouver Women`s Library und wir können es nicht erwarten wie sie wächst und gedeiht. Nicht nur die Sammlung der Bücher, sondern auch die Gemeinschaft von starken und mutigen Frauen, die diesen Ort nutzen und ihren Beitrag dazu leisten werden. Danke euch Frauen, wir sehen uns bald. Seid stolz. Ihr habt etwas Gutes und Wahrhaftiges geschaffen”

 

Warum das Gender-Konstrukt toxisch ist – ein Beitrag zur Trans*-Debatte

Wordle

Wordle erstellt mit WordItOut

Vorbemerkung

In den vergangenen Tagen gab es auf der Facebook-Seite des von uns eigentlich hochgeschätzten Blogs Indyvegan eine heftige Diskussion, die sich um das Konglomerat „Transphobie“, „Cis-Sexismus“, Gender, biologisches Geschlecht und die Legitimation vermeintlich „neutraler“ Fremdbezeichnungen wie T(W)ERF (TERF = Trans Excluding Radical Feminist, TWERF = Trans Woman Erasing Radical Feminists) – analog zu SWERF (Sex Worker Excluding Radical Feminists) – drehte.

Zunächst einmal ist es sehr begrüßenswert, dass Indyvegan hier zunächst keine vorschnellen Schlüsse gezogen hat, sondern sich interessiert gezeigt hat an der Ebnung einer Debattenkultur, die eine – weitgehend – sachliche Auseinandersetzung ermöglichen soll. Das ist im hiesigen Feminismus, der vom Queerfeminismus und dem liberalen – oder auch postmodernen – Feminismus dominiert wird, äußerst selten.

Im Laufe der Debatte änderte sich diese Haltung jedoch zusehends. Während die Menschen von Indyvegan zunächst noch „mangelnde Fachkompetenz“ ihrerseits proklamierten (dessen öffentliches Eingeständnis von Größe zeugt und damit unseren Respekt verdient) und um niedrigschwellige ErklärbärInnentexte von beiden Seiten baten, bezog die Seite dann jedoch schnell Position für die „Betroffenenseite“. Sich erklären durften nur noch Trans*personen und den an der Diskussion beteiligten RadikalfeministInnen wurde die Betroffenenposition im Patriarchat abgesprochen. Später wurde ihnen mit dem – auch auf Nachfragen nicht näher erläuterten – Vorwurf von „Transfeindlichkeit“, unter Androhung von der Seite gebannt zu werden, das Wort verboten. Lediglich das Recht „Verständnisfragen“ an die Betroffenen zu stellen, wurde eingeräumt.

Ironischerweise wurde dieses Vorgehen als „emanzipativ“ bezeichnet, denn den irregeleiteten „TERFS“ solle ja die Möglichkeit gegeben werden sich fortzubilden und ihre Meinung zu ändern. Realsatirisch wurde es, als eine Kommentatorin einen Beitrag postete, mit dem sie durch Zitate von Trans*personen mit eindeutigen Hassbotschaften und Morddrohungen gegen „TERFS“ belegen wollte, dass „TERF“ eben keine „neutrale Bezeichnung“ sei, sondern in der Tat eine Beleidigung, die eigentlich nicht mit den Diskussionsregeln von Indyvegan im Einklang steht. Begründung: Die Webseite („Terf is a Slur“), der diese Zitate entnommen wurden, habe „transfeindliche Inhalte“ beinhaltet. Spannend: Sind diese zitierten Trans*personen selbst „transfeindlich“ oder wie soll das verstanden werden? Offenbar konnte Indyvegan das selbst nicht so genau erklären: Auch hier wurden entsprechende Nachfragen nicht beantwortet.

Dieser Beitrag ist ein Versuch, einen Beitrag zu dieser Debatte zu leisten und Standpunkte zu den Kernthemen, an denen die „Diskussion“ chronisch eskaliert, beizusteuern. Er ist auch ein Versuch, die Differenz zwischen Radikal- und Queerfeminismus, die im hiesigen Feminismus kaum Raum bekommt oder bekommen soll, zu beleuchten. Es ist eine Einladung an Indyvegan und alle anderen Interessierten zur Diskussion und Aufarbeitung der Geschehnisse der letzten Woche.
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Schau doch nur wie hübsch sie ist …

Egal, wohin man dieser Tage schaut: Überall darf frau am Glück von Bruce Jenner, jetzt: Caitlyn Jenner, teilhaben.

„Schaut doch nur wie hübsch sie ist …“

Kein Satz fiel wohl häufiger, wenngleich auch das aktuelle Cover von Vanity Fair nicht weniger gephotoshoppt ist wie alle anderen Cover auch. Auch Feministinnen überschlagen sich vor Begeisterung. Aber warum eigentlich?

Ist es eine Leistung, dem Klischee des hypersexualisierten Cover-Girlie zu entsprechen? Wo ist dabei die feministische Errungenschaft? Habe ich vielleicht etwas übersehen?

Ich sage ganz deutlich: Mir ist es egal, wie Jenner sich kleidet, welches Personalpronomen er/sie bevorzugt und ob er/sie sich als Frau oder Mann (oder keines von beidem) identifiziert. JedeR soll so leben, wie er oder sie möchte. Insofern akzeptiere ich auf der individuellen Ebene eine Transitition jederzeit.

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