Lasst uns doch mal über No-Go-Areas und Grundrechte von Frauen reden

Fight Sexism Graffiti

by Metro Centric via Flickr, [CC BY 2.0]

Wir wollen den feministischen Diskurs beleben und unterschiedliche Ansätze zur Diskussion stellen. Deshalb erscheinen bei uns regelmäßig Gastbeiträge, die nicht zwangsläufig die Haltung der oder aller Störenfriedas wiedergeben, aber wichtige Impulse für die feministische Debatte geben können.

2016 startete mit einer bundesweiten Debatte über…
Rassismus

Rund 650 Frauen wurden auf der Kölner Domplatte Opfer sexueller Übergriffe (Betatschen, sexuelle Nötigung, in 21 Fällen auch versuchte oder vollzogene Vergewaltigung). Insgesamt wurden 900 Sexualdelikte zur Anzeige gebracht (manche wurden mehrfach Opfer).
Statt über die Tatsache zu diskutieren, dass öffentliche Räume zunehmend für Frauen durch sexuell-aggressives Verhalten von Männern zu No-Go-Areas werden, musste eine schnelle Abwehr von „Rassismus“ her: Das sexuell-aggressive Täterverhalten der „Anderen“, wurde durch das sexuell-aggressive Verhalten der „Eigenen“ weggeredet, was am Ende einen legitimierenden Effekt hat (Boys will be Boys)
Im Regen stehen gelassen: Opfer sexueller Gewalt.

Hard Facts:
• Es kam nicht vermeintlich, sondern tatsächlich zu massenhaften sexuellen Übergriffen aus der Deckung von Gruppen heraus von Männern gegen Frauen (unterschiedlicher Hautfarben und Pass-Ausstellungsbehörden)
• Diese wurden begangen von Männern. Diese Männer kann man genauer spezifizieren: Von den 183 (ermittelten) Beschuldigten waren 55 Marokkaner, 53 Algerier, 22 Iraker, 14 Syrer und 14 Deutsche. Knapp die Hälfte (73) waren Asylsuchende.
• Auch wenn sexuelle Gewalt auch durch „bio-deutsche“ Männer an der Tagesordnung ist: „Taharrush“ ist ein männliches Phänomen, von dessen Existenz wir erstmalig in den ägyptischen und tunesischen Aufständen erfahren haben (viele haben vielleicht sogar erst nach Silvester 2015/2016 davon gehört). Während deutsche Männer gerne gemeinschaftlich in den Puff gehen um (überwiegend prekarisierte, ausländische) Frauen zu belästigen und kommerziell zu vergewaltigen, haben Männer aus anderen Ländern andere Techniken zum male bonding entwickelt. Prinzip gleich, Ort und Praxis nicht gleich.
• Bis Juli 2016 gab es beeindruckende vier Verurteilungen (hat jemand nen aktuelleren Stand? – Sachdienliche Hinweise willkommen)

2017 startete mit einer bundesweiten Debatte über…
Rassismus

Trotz massiver Polizeipräsenz und polizeilichen Maßnahmen kam es an Silvester 2016/2017 also erneut zu sexuellen Übergriffen auf der Kölner Domplatte, die sich zwar „nur“ im zweistelligen und nicht mehr im fast vierstelligen Bereich bewegen, aber es kam zu sexuellen Übergriffen. Fakt

Darüber redet aber jetzt niemand, weil „es hätte ja noch schlimmer sein können“. Aha.

Statt also darüber zu reden, dass es auch Silvester 2016/2017 eine No-Go-Area für Frauen auf der Kölner Domplatte durch sexuell-aggressiv auftretende Männer gegeben hat, reden wir – wieder – über Rassismus.
Stein des Anstoßes: „Nordafrikanisch aussehende“ Männer, die auch noch ein paar andere Merkmale (s.u.) erfüllten, wurden Personenkontrollen unterzogen und bekamen teilweise Platzverweise. Die Rede ist von Racial Profiling.

Wie ein “nordafrikanischer” Mann aussieht ist mir irgendwie unklar, erkennen allein ob optischer Merkmale funktioniert nicht wirklich. Ich selbst wurde mal in Norwegen für eine Türkin (vielleicht weil damals schwarzgefärbte Haare) und in Spanien für eine Estnin (vielleicht weil sehr helle Haut) gehalten. Wie breit denn auch „nordafrikanisch“ von der Polizei definiert wurde, kann man gut auf den Fotos sehen, da sind einige dabei, die ich persönlich ja vom Aussehen her für lupenreine Kartoffeln gehalten hätte.

Hard Facts:
• Es kam zu sexuellen Übergriffen auf der Kölner Domplatte (10, Stand 1.1.2017neuere Zahlen nicht bekannt, irgendwo las ich von 42 , kann es aber nicht mehr finden, Hinweise: Gerne)
• Große Gruppen jener Nationalitäten, die im letzten Jahr die Haupttätergruppe stellten sind offenbar gezielt auch aus dem Ausland nach Köln gereist
• Kommunikation in sozialen Medien führte aus polizeilicher Sicht zur Annahme von Verdachtsmomenten in Bezug auf geplante Straftaten
• Es wurden umfangreiche Personenkontrollen durchgeführt und 75 Platzverweise erteilt an Menschen, bei denen verschiedene Merkmale zusammen kamen: männlich, jung, alkoholisiert, allein (im Sinne von ohne weibliche Begleitung), aggressiv auftretend … und (aber eben nicht nur und ausschließlich) optisch auf Nationalitätengruppen schließend, die im letzten Jahr die Haupttätergruppe stellten
• Sprich: Nicht jede/r, der „nordafrikanisch“ (siehe oben) aussah, wurde kontrolliert.

Racial Profiling (oder auch ethnisches Profiling) ist rassistisch, weil es auf der Stereotypisierung von Menschen aufgrund ihrer äußeren Erscheinung beruht.

Es liegt vor, wenn grund- und anlasslos Menschen aufgrund optischer Merkmale eine Affinität zu einer bestimmten Straftat unterstellt wird.

Racial Profiling findet in Deutschland (und anderswo) ständig statt und das ist nicht in Ordnung. Weil rassistisch.

Wenn zum Beispiel ein Marokkaner (oder als Marokkaner wahrgenommener Mann) mit seiner Freundin beim Angeln am See in Buxtehude sitzt und ein Polizist kontrolliert ihn, weil er davon ausgeht, der marokkanisch aussehende Mann könnte ja ein sexueller Straftäter sein, weil „Marokkaner ja so sind, das weiß man doch von Köln“, dann ist das Racial Profiling.

Wenn eine Frau im Wiesbadener Hauptbahnhof Opfer eines sexuellen Übergriffs wird und den Täter nicht beschreiben kann, weil sie ihn gar nicht richtig gesehen hat, und die Polizei dann nach einem „nordafrikanisch“ aussehenden Mann Ausschau hält, weil sie glaubt, dass „Nordafrikaner“ eine besondere Affinität zu unvermittelten sexuellen Übergriffen haben, dann ist das Racial Profiling.

In der oben geschilderten Konstellation (Aufaddierung der verschiedenen genannten Punkte:  konkreter Ort –  konkrete Verdachtsmomente – in Bezug auf konkrete Praktiken – konkret auftretender Personengruppen) handelt es sich – meines Erachtens – hingegen NICHT um Racial Profiling.

Wenn Männer, die ein bestimmtes Auftreten an den Tag legen, auf dem Weg zum Fußballspiel kontrolliert werden, weil es Hinweise auf Hooligan-Ausschreitungen gibt, dann ist das auch keine sexistische Diskriminierung, weil die Hooligan-Kultur nun mal eine männliche Kultur, und keine weibliche ist. Sie ist auch keine Kultur von 80-Jährigen „Opis am Krückstock“, weshalb 80-Jährige-Fussball-„Opis am Krückstock“ auch nicht kontrolliert werden müssen.

Wenn deutsch aussehende Männer um eine Flüchtlingsunterkunft rumschleichen ist es in Zeiten brennender Flüchtlingsunterkünfte keine Diskriminierung wenn sie dort kontrolliert werden.

Wenn deutsch aussehende Männer in Thailand oder amerikanisch aussehende Männer in der Dominikanischen Republik (wo Prostitution trotz Sextourismusland-Status grundsätzlich illegal ist) alleinreisend, an einschlägig bekannten Orten umherstrolchen, dann ist das kein Racial Profiling wenn die Polizei sich die mal vorknöpft.

Festzustellen, dass es Refugees (erkennbar weil sie aus der Flüchltingsunterkunft direkt nebendran kommen) gibt, die bulgarische und rumänische (rassistisch diskriminierte und sexuell ausgebeutete) Frauen auf dem Straßenstrich massiv bedrängen es doch für weniger Geld zu machen, ist kein Rassismus, sondern eine objektive Feststellung. Daraus zu schließen, dass alle Refugees sexuell-aggressive Männer sind, die Frauen auf dem Straßenstrich bedrängen, wäre Rassismus.

Festzustellen, dass manche meiner Freundinnen nicht mehr ins Schwimmbad gehen, weil sie dort im vergangenen Jahr (überwiegend von nicht deutsch aussehenden Männern) Opfer sexueller Übergriffe geworden sind und Schwimmbäder dadurch für sie zur No-Go-Area geworden sind, ist kein Rassismus, sondern eine objektive Feststellung. (Dass das alles runtergespielt wurde, als sie es zum Thema machen wollten, übrigens auch). Daraus zu schließen, dass alle nichtdeutsch aussehenden Männer in Schwimmbädern sexuell übergriffig sind, wäre Rassismus.

Ich arbeite in einem Kiosk und habe mit gefühlt 147 verschiedenen Nationalitäten zu tun. Wenn ich objektiv feststelle, dass unabhängig vom Alkoholkonsum noch nie einer meiner amerikanischen Kunden (viele, weil USAREUR / European Headquarters) grenzüberschreitend wurde, die Quote bei (insbesondere, aber nicht nur, alkoholisierten) Tschechen oder Polen jedoch sehr (!) hoch ist, ist das erst mal eine objektive Feststellung. Wenn ich dann die Kassentheke-Klappe schließe, wenn ein für mich wie ein Tscheche oder Pole aussehender Mann reinkommt, nur ob seiner optischen Erscheinung, und angespannt bin bis er wieder weg ist, dann mag das absolut ungerecht jenen gegenüber sein, die sich mir gegenüber respektvoll verhalten (und vielleicht auch gar keine Tschechen oder Polen sind), aber es ist nicht Ausdruck einer rassistischen Gesinnung, sondern Resultat jener Erfahrungen.
Wenn ich jedoch aufgrund dieser Erfahrungen einen dieser Kunden, der mir gegenüber sich nie etwas hat zuschulden kommen lassen, unfreundlicher behandle als den nächstbesten amerikanischen Kunden, müsste ich mir Rassismusvorwürfe hingegen völlig zu Recht gefallen lassen.

Wenn mir nun jemand sagen würde, dass ein Mann mit orangefarbener Hautfarbe irgendwo angekündigt hat, heute abend während ich arbeite den Kiosk überfallen zu wollen, dann kann mir niemand vorwerfen wenn ich die Polizei rufe/Alarmknopf drücke/schreie/whatever wenn schnellen Schrittes ein orangefarbener Mann den Laden betritt (auch wenn er es vielleicht nur eilig hat).

Was in der aktuellen Debatte mal wieder im Gange ist, sind typische Reflexe, die auf wackliger Grundlage (in vielen Diskussion festgestellt es sind ja noch nicht mal die hard facts klar) Anti-„Bullen“-Ressentiments bedienen und Rassismus schreien.

Wenn bestimmte Nationalitäten-Gruppen für „Taharrush“-Praktiken, also sexuelle Übergriffe aus einer Gruppe heraus begehen, bekannt sind, dann beziehen sich entsprechende Verdachtsmomente nun mal nicht auf „weiße“ Männer – was wiederum überhaupt nicht heißt, dass die ihre sexuelle Aggressionen nicht woanders und anders ausleben. Tun sie.

Weil sich ja auch so gerne auf rechtsstaatliche Prinzipien berufen wird:
Es IST rechtsstaatliches Prinzip, dass grund- und anlassbezogen (!) zur Gefahrenabwehr (so nennt sich das, hab ich mir nicht ausgesucht) und bei konkreten Verdachtsmomenten in persönliche Grundrechte von potentiell verdächtigen Personen eingegriffen werden darf.

Dabei ist eine Güterabwägung vorzunehmen, wobei die Würde und körperliche Unversehrtheit von Frauen (Artikel 1 (1) und 2 (2) Grundgesetz der Bundesrepublik Deutschland) halt mal schwerer wiegt als das In-Ruhe-Gelassen-Werden von Wie-Auch-Immer-Pigmentierten Männern.

Die Diskussion zur Kölner Domplatte kann einfach nicht kontextlos geführt werden. Wird sie aber. Das ist scheisse.

Das Frauen öffentlicher Raum genommen wird auch. Interessiert nur irgendwie keinen.

 

P.S.: Der Begriff „Nafri“ ist total bescheuert und kann/soll aus Gründen weg.

Manuela Schon

11 Kommentare

  1. Dominique Bediako

    Klasse! Einer der ganz wenigen Artikel, die ich in den letzten Monaten zu fassen bekommen habe, der Sexismus und Rassismus säuberlich seziert und den Fokus dezidiert auf Frauenrechte legt. Vielen Dank dafür, Manuela Schon.

  2. Super auf den Punkt gebracht! Nicht einfach bei diesem Thema die Argumente von vorneherein “wasserdicht” so zu formulieren, dass es theoretisch auch der Letzte, der des Lesens irgendwie mächtig ist, verstanden haben müsste und eine Geduldsleistung dazu, da frau sich immer wieder ungläubig die Augen raubt, warum man sowas ernsthaft erst erklären muss. Danke dir dafür!

  3. Wieder einmal ein Super und wahrer Artikel. Und so wichtig!
    Leider gibt es zudem noch Frauen die in ihren eigenen 4 Wänden massiv bedroht werden.

    Täglich und nächtlich bedroht und voller Angst. NOGO-Aerea eigene Wohnung! Und niemand scheinst zu stören. Die Frauen müssen sich halt “anpassen”. An WAS bitte sehr? Die leiden halt vermutlich alle an einer “Anpassungsstörung”.

    MOMENT: An Angst, Gewalt und die Einschränkung der Grundrechte KANN Frau sich gar NIE anpassen, denn das ist von der Natur her ja auch nicht vorgesehen. In vielen Ländern, vor allem fundamental religiös geprägten, können die Frauen nicht einmal aus dem häuslichen Horror flüchten. Wohin denn auch ? Auf der Strasse geht er ja weiter!

    Wird das jetzt hier auch zunehmend so? Mit dem Einverständnis der zuständigen Behörden und der Justiz? Nein Danke!
    Wehret den Anfängen!

  4. Hanna Dahlberg

    Naja, es gibt auch genug Beispiele wo der öffentlichte Raum durch “bio-deutsche” Männer alles andere als sicher ist – deswegen gehen ja viele Frauen auch gar nicht mehr aus.

    Neulich schrieb eine “Ich habe erst kürzlich verstanden was mit “Die meisten Unfälle passieren im Haushalt” gemeint ist. Da musste ich schlucken, da ich es dann auch kapiert habe…. 🙁

  5. hard facts:
    – der kölner polizeipräsident erklärt, dass der begriff “nafri” für “nordafrikaner” steht und gleichzeitig “menschen eines bestimmten phänotyps” beschreibt.
    – die kölner polizei hält, nach eigener aussage, hunderte menschen aufgrund dieser kategorisierung als verdächtige fest und erteilt platzverweise.
    – die kölner polizei erklärt, dass innerhalb dieser hunderten menschen einige aggressives verhalten gezeigt haben.
    – die kölner polizei erklärt im übrigen, dass sie noch mehr solcher begriffe für ihre internen ermittlungen verwenden, wie z.b. “rubu” für menschen, denen die polizei aufgrund ihres äußeren eine “rumänische/bulgarische herkunft” zuschreibt (was auch immer das heißen soll)
    – dieses vorgehen zeigt sich also als ein absolutes musterbeispiel für das racial profiling.

    wenn wir das nicht als solches benennen und unseren feminismus gegen unseren antirassismus ausspielen lassen und damit auch unsere kämpfe spalten lassen, dann haben wir, als feministinnen, bereits verloren.
    nicht die benennung des rassistischen vorgehens der polizei als das, was es ist, verdrängt das eigentlich notwendig zu diskutierende thema der no-go-areas, das du benannt hast. das rassistische verhalten der polizei selbst und der generell rassistische umgang der breiten bevölkerung mit sexismus – das ist das problem, das die eigentliche auseinandersetzung beständig verdrängt, die wir führen müssten.

  6. Yasmin Bugali

    Aha,
    eine weiße Frau darf jetzt also definieren, was Rassismus ist und was nicht.
    Dann wundert euch bitte nicht, wenn Männer uns weiterhin erklären,
    was ihrer Meinung nach sexistisch ist und was nicht. Das ist die gleiche Logik.
    Es sollte nicht darum gehen, Rassismus gegen Sexismus auszuspielen;
    Femismus sollte intersektionell und somit antirasstisch sein.

  7. Ich habe diesen Artikel nochmals gelesen und ich muss sagen, dass er sehr gut und differenziert die wesentlichen Unterschiede zwischen Pauschalisierungen, Rassismus, Sexismus, Subjektivität und Objektivität herausarbeitet. Genau diese Unterscheidungen
    fehlen allzu oft sowohl bei der “Volksmeinung”, wie auch in den Medien, dem mainstream, der Justiz und Polizei wie bei Politikern
    und Gesetzgebern. Alle haben zwar den Anspruch objektiv zu sein, sind es jedoch mitnichten, da sie weder die richtigen Fragen stellen, noch differenzieren, sondern sich gerne durch das eigene Vorurteil (ver)leiten lassen.

    Also: Für diese saubere Differenzierung brauchte es wieder einmal eine Frau. Was sagt das uns?

    Frauen können sehr wohl differenzieren und lassen sich NICHT durch “Gefühle oder Hormone” vernebeln, sondern von männlichem brainwash.

    Fragt endlich die Frauen und lasst sie auch die unsäglichen “Glaubwürdigkeitsgutachten” von “Opfern” ausfüllen. Trotz Betroffenheit sind Frauen offensichtlich überlegter und differenzierter und lassen sich weniger von Stereotypien (ver)leiten.

    OK: Nicht immer, aber meistens!

    Bravo—Super differenziert.

  8. Feminismus sollte natürlich intersektionell und antirassistisch sein (im vorliegenden Artikel sehe ich dieses Prinzip nicht verletzt, wenngleich man über das tatsächliche Vorgehen der Polizei in Köln offenbar unterschiedlicher Meinung sein kann – mittlerweile habe ich von women of color gehört, auch sie seien kontrolliert worden).

    Ganz wichtig finde ich es aber auch umgekehrt – und das kommt mir bisher in vielen Diskussionen viel zu kurz: Antrirassismus muss auch feministisch sein, sonst ist er keiner. Und hierüber hat Manu Schon meines Erachtens differenziert geschrieben.

    Im berechtigten Eifer, den Rechtspopulisten etwas entgegenzusetzen, vergessen antirassistisch engagierte Menschen zu oft die Belange der Frauen. Das verletzt mich als Feministin und als Frau, die in den 1980ern bereits von einem Flüchtling vergewaltigt und von einem anderen sexuell belästigt wurde. Es würde mir nie einfallen, meine persönliche Geschichte Flüchtlingen oder bestimmten Nationalitäten oder Hautfarben anlasten zu wollen – ich bin aber immer wieder erschüttert, wenn sexualisierte Straftaten als Ausdruck des Antifeminismus in Diskussionen unter den Tisch fallen.

    Die derzeitige öffentliche Diskussion dreht sich fast ausschließlich um die Frage eines rassistisch gefärbten Polizeieinsatzes – ein wichtiges Thema, ohne Frage! Fast überhaupt nicht jedoch (außer, leider, in rechtspopulistischen feministischen Zirkeln) um die Frage der Gewalt, die gegen Frauen ausgeübt wird.

    #ausnahmslos fand ich gut – wahrgenommen wurde aber nur der Antirassismus, nicht der Feminismus in der Aussage. Müssen wir nicht überlegen, was das bedeutet und was wir tun könnten, damit der Feminismus nicht unter den Tisch fällt? Müssen wir darüber nicht konstruktiv reden?

  9. Auch ich finde, dass Manuela Schon nicht nur eine treffliche Analyse geleistet hat, was Rassismus oder Sexismus ist und was nicht, sondern dies auch gut verständlich darstellt.

    Ich sehe das „Taharrush“ dennoch aus einer anderen Perspektive. In meiner Kindheit und Jugend bestand die Stadt Frankfurt am Main überwiegend No-go-Areas für Frauen. Besonders nach Einbruch der Dunkelheit. Frauen, die sich ohne Begleitung von Männern zu den “falschen” Zeiten an den “falschen” Orten bewegten mussten sehr wohl „Taharrush“ fürchten. Aus Gruppen deutscher Männer heraus.

    Ich denke, dass hat sich durch die Frauenbewegung geändert. Durch die Demos “Frauen erobern sich die Nacht zurück”, durch feministische Selbstverteidigungskurse und dadurch, dass wir den Spiess umgedreht haben und in Gruppen auf die „Taharrush“-Männer losgegangen sind und sie das Fürchten gelehrt haben.

    Irgendwie finde ich zwar auch, dass der Staat konsequenter gegen Gewalt gegen Frauen vorgehen müsste. Ich denke da aber eher an einen “Nationalen Aktionsplan gegen Sexismus”. Aber ich glaube nicht wirklich daran, dass die Polizei Frauen wirklich wirksam schützen kann. Ich will nicht an jeder Strassenecke einen Polizisten sehen. Und das wäre auch nicht ausreichend. Und im Schlafzimmer will wohl keine einen Polizisten stehen haben.

    Ich denke, wir Frauen können uns nur selbst und gegenseitig und durch politische Aktionen wirksam schützen.

  10. Gaby Ilsestochter

    Oh, danke an Manuela Schon für den Link unter ihrem Beitrag. Den konnte ich heute auf einer feministischen Seite unter meinem Kommentar einfügen. Die Bezeichnung “Ali Baba und die 40.000 Räuber” erntet dort kaum Kritik. “Nafri” ist scheinbar auch wohlfeil.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert