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Wenn ZuhälterInnen sich als „SexarbeiterInnen“ ausgeben

Screenshot Al Jazeera Stream

Screenshot Al Jazeera Stream "Should buying and selling sex be a crime?" 09/08/2015

Gestern fand auf Al Jazeera eine Live-Diskussion zur Positition von Amnesty International statt, dass „Sexarbeit“ komplett entkriminalisiert weltweit werden sollte –  inklusive Zuhälterei und Sexkauf. Diese Entscheidung hat weltweit für große Entrüstung gesorgt. Amnesty Schweden hat seither bereits mehr als 1800 Mitglieder verloren. Neben einer Vertreterin von Amnesty durfte die obligatorische „häppy sexwörkerin“ natürlich nicht fehlen.

Als Simone Watson, eine Prostitutionsüberlende von der „Nordic Model in Australia Coalition“ die Verurteilungen von Mary Ellen (Maxine) Doogan wegen Zuhälterei thematisierte, war man sichtlich bemüht, sie schnellstens zu unterbrechen und ihr Unfairness und „Beschimpfung“ anderer Gesprächsteilnehmerinnen vorzuwerfen. Aber ist es nicht absolut relevant für eine solche Diskussion, wenn eine Profiteurin der Sexindustrie sich als „Sexarbeiterin“ ausgibt und sich für ein Politikmodell einsetzt, bei dem Zuhälterei entkriminalisiert werden soll? Und ob das relevant ist!  Insbesondere dann, wenn sie wie Doogan nicht belegte Falschaussagen über das Nordische Modell, welches ihren Interessen als „Geschäftsfrauen“ (und „-männern“) entgegen steht, verbreitet.

Zum konkreten Fall:

Wie „The Examiner“ bereits 2008 berichtete, betrieb Maxine Doogan Ende der 1990er Jahre eine Escort-Agentur („A Personal Touch“) in Seattle und wurde wegen Zuhälterei (hier: „profiting from prostitution“) verurteilt. Zwei ihrer Angestellten sagten aus, dass Doogan von 150 Dollar pro Termin einen Anteil von 50-60 Dollar erhielt (siehe Court Listener).

The Examimer berichtete weiter, dass Doogan vor einem Kammergericht in San Francisco gegen die Veröffentlichung einer WählerInneninformation zu einem neuen Gesetz (Prop. K), von dem ExpertInnen sagten, dass es sehr negative Konsequenzen für prostituierte Frauen haben würde, aber viele Vorteile für ZuhälterInnen und MenschenhändlerInnen mit sich brächte, klagte. Doogan wollte die Information gestrichen haben, dass der Vorschlag die Polizei darin schwächen werde, gegen Menschenhandel zum Zweck der sexuellen Ausbeutung vorzugehen. Außerdem, dass es die Möglichkeiten der finanziellen Förderung für die Betreuung von Opfern sexueller Ausbeutung verschlechtern werde. Also alles Dinge, die für Frauen in der Prostitution von großem Interesse sind. Wie San Francisco Citizen berichetete, stammte Prop K. sogar aus der Feder von Doogan. Auf ihrem Blog „Bound not Gagged“ forderte Doogan, dass ZuhälterInnen sich „SexarbeiterInnen“ nennen sollten, weil es sich bei ihnen um „Hilfspersonal“ (support staff) handeln würde.

Sie erhielt zudem eine gerichtliche einstweilige Anordnung, nachdem sie ehemalige prostitutierte Frauen, die in einem Theater an einem Stück arbeiteten, schikaniert hatte.

Nachdem Vorwürfe laut geworden sind, dass die Entscheidung von Amnesty International maßgeblich von Douglas Fox, dem Betreiber der größten Escort-Agentur in Großbritannien, mitgestaltet wurde (er bezeichnet sich übrigens auch als „Sexarbeiter“), muss von Amnesty erwartet werden, dass sie sich zu ihrer offenen Zusammenarbeit und Unterstützung mit/von ZuhälterInnen erkären. Sie vertreten offensichtlich deren Interessen und nicht die derjenigen, die tatsächlich in der Prostitution tätig sind. Diese werden jedoch, wie der Umgang mit Simone Watson in der gestrigen Sendung zeigte, nicht ernst genommen, sondern ihre Argumente sollen mit nicht belegten Behauptungen über das Nordische Modell zerstampft werden.

 

 

Amnesty International: Offizielles Lobbyorgan der Sexindustrie

Amnesty International - Only Men Are Himan

"Amnesty International - Only Men Are Himan"

Es ist nun offiziell: Amnesty International ist eine Zuhälterorganisation. Herzlichen Glückwunsch, Amnesty International!

Amnesty International verwendet in seinem gestern publizierten Positionspapier den Begriff „sex worker“, diesen Begriff hat uns übrigens die Sexindustrie persönlich eingeschleust, auch wenn uns das immer wieder als von prostituierten entwickelte Eigenbezeichnung zur Selbstermächtigung oder sonstigen Quatsch verkauft wird. Die Verwendung einer Terminologie, die der Sexindustrie entstammt, spricht bereits für sich.

Es verwundert allerdings nicht, denn wie wir wissen, ist AI wegen gut etablierter Verbindungen zu Profiteuren der Sexindustrie in die Kritik geraten (und die durften ja auch höchstpersönlich an diesem Papier mitschreiben, voll gute Idee!). Und wie wir ebenso wissen, wurde Amnesty gekauft.

Alle in der Sexindustrie dürfen sich „sex worker“ nennen, auch Zuhälter und Bordellbesitzer. Und für die völlige Entkriminalisierung auch dieser „sex worker“ wird sich AI nun laut offizieller Bekundung einsetzen.

Amnesty Internationals Papier liest sich wie eine Abschrift aller unerträglichen Positionspapiere, die in den letzten Monaten, Jahren das Licht der Welt erblickt haben. Ich verlinke jetzt nichts, mir reicht schon der Link da oben zu diesen Handlangern sexueller Ausbeutung und Folter Amnesty International. Kurzum: Lobby-Rhetorik und Faktenverdrehung in neoliberalem Gewand.

Seit Jahren setzt sich Amnesty International für die Abschaffung der Folter ein, macht auf Folter und ihre Opfer in groß angelegten Kampagnen aufmerksam. Beim Thema nicht-staatliche Folter herrscht jedoch kontinuierliches Schweigen.

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