Schlagwort: Entsolidarisierung

Wenn Frauen Frauen verraten und was das für Gewaltopfer bedeutet

Darkness

Hannu-Pekka Peuranen via Unsplash, Public Domain

Ein Gastbeitrag einer Frau, die anonym bleiben möchte

Es ist mitten in der Nacht und ich starre auf den Bildschirm mit diesem Inhalt. Eigentlich habe ich den ganzen Tag nichts anderes gemacht. Nur gestarrt. Und Fassungslosigkeit gespürt. Und Ohnmacht. Zwischendurch habe ich mich – unter dieser Beeinflussung – über andere Sachen aufgeregt. Wunderbare Nebenschauplätze, die den Schmerz kurz tilgen. Manche Aufreger beziehen sich auf Nichtigkeiten, ich meckere Freundinnen an – wegen Belanglosigkeiten. Ablenkung, die nur kurz funktioniert.

Ich fühle mich betäubt, sprachlos und schaue diesem Geschehen zu, das ich nicht stoppen kann. Ich müsste mir das nicht geben und tue es trotzdem – weil ich fassungslos bin und mir diese Fassungslosigkeit gestatte. Sicher – ich sollte jetzt besser etwas anderes tun. Meine Gefühlsreaktion ist ohnehin übertrieben – hallo patriarchale Infiltrierung.

Kommentare, die mich kräftigen, mich aufbauen, verschwinden – einer nach dem anderen. Kommentare, die für sich sprechen, die darauf aufmerksam machen, wie es Menschen, wie mir geht oder ging.

Ich war noch nie gut darin oder sagen wir besser, ich gestatte es mir ungern, Frauen zu kritisieren: Im Patriarchat ist der Mann unser gemeinsamer Feind und die Frauen, also, die, die es nicht erkannt haben, sie schlafen noch, oder so ähnlich. Irgendwie. Und irgendwann wachen sie auf. „Übe dich in Geduld“, sagt mir mein patriarchal konditioniertes Gehirn, das in diesen Momenten die Fusion mit Frauensolidarität eingeht. Aber es gibt Momente, in denen ich diese Haltung nicht bewahren kann, in denen meine Psyche und mein Körper dieser – im Grunde maßlosen – Anforderung nicht gewachsen sind.

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Entsolidarisierung mit Gewaltopfern

Drei Affen - Nichts hören, nichts sehen

By Jakub Hałun (Own work) [GFDL or CC BY-SA 4.0-3.0-2.5-2.0-1.0], via Wikimedia Commons

Eigentlich finde ich den Titel etwas zu harmlos für das, was ich hier in relativer Kurzfassung beschreiben möchte. Ich bin nämlich – mal wieder – in Rage und hatte andere Vorschläge im Kopf, die aber alle aus dem Vulgärspektrum kommen, obwohl … vielleicht … doch … passender? Lassen wir das.

Es geht darum, dass von Frauen, die sexuelle (und andere Formen von) Gewalt erfahren haben, erwartet wird, sie mögen sich doch bitteschön etwas „sachlicher“, „rationaler“ und – oh, wie ich dieses Wort inzwischen hasse – „differenzierter“ zu ihrer Sache äußern.

Das ist nichts Neues, eigentlich ’ne patriarchale Silencing-Strategie deluxe (merken die nur nicht, aber wen wundert’s?). „Sei doch mal nicht so „hysterisch““ und so. Und: „Du bist viel zu emotional!“ Ihr kennt das alles …

Aber es gibt einen erneuten Anlass:

Huschke Mau, Aktivistin und Prostitutionsüberlebende hat eine astreine Replik auf den unsäglichen Positonierungsbeschluss der linksjugend [’solid] veröffentlicht und der geht ziemlich viral (Huschke, das war so auf die 12 – danke noch einmal an dieser Stelle) und wird ziemlich gemocht! Gefallen tut das natürlich nicht allen, der Lobby nicht und ihren FreundInnen und ClaqueurInnen auch nicht:

Einer LINKEN-Politikerin beispielsweise, dem „Sexarbeiterinnen“-Narrativ verfallen und offensichtlich Lobby-verblendet fällt als Reaktion auf den Post von Huschke zunächst einmal Folgendes ein (ich erwähne diese Zitate lediglich exemplarisch aus aktuellem Anlass, das ist mitnichten ein „neues Phänomen“):

„Diese Art Texte helfen doch nicht wirklich weit. Vielleicht wäre eine rationale Auseinandersetzung eine Alternative zur Meinungsbildung.“

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