Schlagwort: Sexualstrafrechtsreform

Rücklauftaste bitte: Reaktionen auf einen Meilenstein der Sexualstrafrechtsreform

No More Rape

by chrisjtse via Flickr, [CC BY-ND 2.0] (modified)

 

Zur Sachlage: Der Bundestag hat vorgestern, am 7. Juli 2016 beschlossen, dass der „Nein heißt Nein“-Grundsatz in den §177 StGB einfließt. Er hat auch beschlossen, dass unter §184i künftig der Straftatbestand „Sexuelle Belästigung“ eingeführt wird und unter §184j auch Gruppendelikte erfasst werden, die sich auf die Verletzung sexueller Selbstbestimmung beziehen.

Liebe Männer!

Da ihr es leider nicht hinbekommt, ein „Nein“ nicht als das zu verstehen, was es ist, nämlich ein „Nein“ – das kann mein Patenkind übrigens schon sehr lange und das Kind ist 3 – musste u. a. dieses Gesetz her. Auch wenn ihr uns demnächst mal wieder ungefragt an den Hintern oder sonst wo hin grabscht, dürfen die „hysterischen“ Feministinnen dies fortan nicht nur für sich als das bezeichnen, was es ist, nämlich sexuelle Belästigung, es gibt jetzt auch eine formal-juristische Verankerung und Handhabe (bislang speiste man uns in solchen Fällen mit dem Straftatbestand „Beleidigung“ ab, aber auch nur dann, wenn bestimmte Voraussetzungen dabei erfüllt waren und ein Staatsanwalt morgens mit den richtigen Fuß aufgestanden war und Lust dazu hatte). Auch solche Fälle, in denen ihr euch entscheidet, die Machtmaxime zu wählen und euch in kollektiv-dominant versammelter Männlichkeit entscheidet zu belästigen und/oder zu vergewaltigen, werden nun gesondert erfasst und – zumindest formal-juristisch – geahndet werden. Traurig aber wahr: Da ihr es nicht selbst auf die Kette kriegt, euch (in Gruppen) am Riemen zu reißen und stattdessen alle möglichen (vermeintlichen) Komfortzonen zu Orten kollektiver Bedrohung und Angst für Frauen macht, muss es ein Gesetz geben.

Irgendwie schon traurig, liebe Männer, oder nicht? Dass ihr euch so wenig selbst im Griff habt. Aber wie gesagt, ihr habt die Wahl:

Hört auf, sexuelle Gewalt auszuüben! So einfach ist das. Weiterlesen

Der Fall Gina-Lisa – Eine historische Chance für ein neues Sexualstrafrecht? #TeamGinaLisa

Frauen-Demo in Island

Frauen Islands - Quelle: FatGirlfoodsquad

Bereits seit 2012 kämpft Claudia D. gegen den Vorwurf der Falschbeschuldigung: Der ehemalige Fernseh-Wettermoderator Jörg Kachelmann, der aus Mangel an Beweisen freigesprochen wurde, versucht auf diesem Wege, alles daran zu setzen, ihre Glaubwürdigkeit zu diskreditieren. Der nächste Prozesstag im Schadensersatzprozess vor dem Landgericht Frankfurt findet im Juli statt. Die Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt verfolgt den Fall von Beginn an, eine Übersicht der bisherigen Ereignisse ist auf deren Blog zu finden.

Der Fall Gina-Lisa ist also kein Einzelfall. Zu der Scham und der Angst, eine Tat sexueller Gewalt anzuzeigen, da „einem eh nicht geglaubt wird“, kommt für viele Betroffene nun die Last dazu, eine Tat eindeutig beweisen können zu müssen, weil sonst droht, selbst eine Verurteilung zu kassieren. Verfahren, in denen die Betroffenen im Übrigen wieder und wieder drangsaliert und retraumatisiert werden. Jahre, in denen man nicht mit dem schrecklichen Geschehen (so gut es geht) abschließen kann – Jahre die der Verarbeitung eines traumatisierenden Erlebnisses im Wege stehen.

Deutschland und das Sexualstrafrecht

Deutschland hat eine durchschnittliche Verurteilungsquote bei sexueller Gewalt von rund 8%. Wenn man die Vielzahl der erst gar nicht angezeigten Fälle (siehe auch #ichhabnichtangezeigt) hinzuzieht, dann muss man konstatieren, dass sexuelle Gewalt ein nahezu strafloses Verbrechen ist.

Im Mai 2011 verabschiedete der Europarat die so genannte Istanbul-Konvention, nach denen die Staaten offensiv gegen jegliche Form von Gewalt gegen Frauen vorzugehen haben. Dazu gehört auch eine konsequente Strafverfolgung der Täter. Jene Initiativen, die sich für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt einsetzen, halten eine Reform des Sexualstrafrechts für dringend erforderlich. Deutschland hat die Konvention bis heute nur unterschrieben, aber nicht ratifiziert. Der zuständige Minister, Bundesjustizminister Heiko Maas, sah bis Ende 2015 „keinen Handlungsbedarf“.

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