Architekturpreis für Menschenfeindlichkeit?

anti-SDF, anti-homeless

By DC (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Wir wollen den feministischen Diskurs beleben und unterschiedliche Ansätze zur Diskussion stellen. Deshalb erscheinen bei uns regelmäßig Gastbeiträge, die nicht zwangsläufig die Haltung der oder aller Störenfriedas wiedergeben, aber wichtige Impulse für die feministische Debatte geben können.

Die Bilder der Metallspitzen vor Häusereingängen und Supermärkten in London, die zur Vertreibung obdachlos gewordener bestimmt waren, haben diesen Monat entschiedenen Protest erregt, der Wirkung zeigte.

Dass diese Praktiken, welche in besagten Spikes nur auf die Spitze getrieben werden, seit Jahren Teil unserer Realität sind, ist den wenigsten bekannt, die sich nicht selbst einmal in dieser Situation befunden haben.

Man gebe einmal “anti-homeless” oder “anti-SDF” bei Google Images oder Flickr ein, um ein Gefühl für das Ausmaß jener städtebaulichen Errungenschaften zu bekommen.
Wer im öffentlichen Raum genau hinsieht, der erkennt, dass es sich hierbei um eine ganze Obdachlosen-Abschreckungs-Industrie handelt. Manche der Maßnahmen sind relativ augenfällig wie jene öffentlichen Bänke, die mit in der Mitte verlaufenden Vertikalstreben geradeso zu kurz sind, als dass man sich auf ihnen hinlegen könnte, oder die dafür entworfen wurden, dass sie bei zu langem Sitzen unbequem werden.

Andere wiederum fügen sich als anscheinend optisch ansprechendes Design ins Stadtbild. Wer käme denn darauf, dass die so schön bunten Zylinder und niedlichen Pinguinstatuen in urbanen Nischen wie beispielsweise in Tokio oder die glänzenden Kugeln im Boden mehr sind als visuelle Schmankerl, entworfen, damit sich alle daran erfreuen mögen?

“Disziplinäre Architektur” nennt sich dieser Zweig. Jene, die in die Lage geraten sind, kein Zuhause mehr zu haben, die also in einer Welt leben, in der der öffentliche Raum keinerlei Privatsphäre bietet und in der ihnen geschlossene Räume verwehrt sind, erinnert die Gesellschaft so immer wieder aufs Neue daran, dass sie eine andere Kategorie Mensch und unerwünscht sind, sprich, dass ihr bloßes (Da-)Sein überflüssig, ja verboten ist.

Weiterführende Quellen:

Fotosammlung einer französischen Gruppe, die Beispiele obdachlosenfeindlicher Stadtdesigns zusammengetragen hat: http://www.survivalgroup.org/anti-site.html

2 Artikel zu den Fällen in London:
http://www.telegraph.co.uk/property/cities/10883541/Homeless-spikes-installed-outside-London-flats.html
und http://m.theatlantic.com/business/archive/2014/06/how-cities-use-design-to-drive-homeless-people-away/373067/

Vancouver zeigt, dass es auch anders geht:
http://www.independent.co.uk/news/world/americas/vancouver-shelterbenches-show-up-londons-antihomeless-spikes-as-how-not-to-deal-with-rough-sleepers-9565941.html
(Artikel nur noch im Internet Archive verfügbar).

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