Alle Artikel von Hanna Dahlberg

Sexting: Alles nur Spaß??

Sexting

© Pro Juventute Aufklärungskampagne ‚Sexting’, via Flickr, CC BY 2.0

Dieser Tage wollen sie es aber wissen: Erst die Taz mit einem Sexting verherrlichenden Beitrag, dann auch die Medien-Informationskampagne medienbewusst.de – kinder. medien. kompetenz. Beides hat mich so aufgeregt, dass ich dazu mal was grundsätzliches loswerden muss.

Von „Sexting“ spricht man wenn via soziale Netzwerke, E-Mail oder das Smartphone Nackt- oder Sexfotos ausgetauscht werden (Sex + Texting = Sexting). Betroffen sind insbesondere Jugendliche, es gibt wohl kaum eine Schule in der das Thema noch nicht aufgeschlagen ist, aber auch Erwachsene.

Die TAZ mockierte sich nun am 23. Juli über die „verklemmte amerikanische Gesellschaft“ und schrieb:

Früher waren es Doktorspiele, provokantes Pimmelzeigen, erste Berührungen im Kino. Heute sind es intime Bilder und Videos, die via Smartphone verschickt werden. Es sind schlicht neue Möglichkeiten, sich erotisch auszutauschen. Solange alles einvernehmlich läuft, ein Mindestmaß an Vertrauen vorhanden ist, ist Sexting nicht zu verteufeln. Im Gegenteil. Lasst den Kindern ihren Spaß. Lasst sie sich in ihren stürmischen ersten Beziehungen gegenseitig mit Pornobildchen versorgen. Es ist völlig harmlos.
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Frage der Woche: Gender-Wahnsinn oder unbedingt notwendiges sprachliches Instrument?

Hiermit führen wir eine neue Rubrik ein. Jede Woche stellen wir euch, unseren Leser_innen, eine möglichst kontroverse Frage und laden euch zur Diskussion darüber ein.

Teilweise möchten wir damit innerfeministische Diskussionen aufgreifen, teilweise ein wenig provozieren, manchmal auch einfach nur zum Nachdenken anregen. Wir denken: Gerade durch polarisierende Fragen schärfen wir unser Bewusstsein und unsere Standpunkte.

Wir starten mit folgendem Thema:

Wie wichtig ist euch gendern und eine geschlechtergerechte Sprache? Seid ihr der Meinung es ist unbedingt notwendig um Frauen (und Trans*) sprachlich sichtbar zu machen, denn Sprache ist schließlich Macht? Oder findet ihr, dass es irgenwann auch mal gut ist mit Binnen-I, Gendersternchen oder Unterstrich und dass das alles von den wirklichen Problemen, die Frauen so im Alltag bewältigen müssen, ablenkt und der Aufmerksamkeitsfokus von diesen Themen weg verlagert wird. Oder findet ihr euch irgendwo dazwischen wieder?

Natürlich wünschen wir uns gerade bei kontroversen Themen eine respektvolle Diskussionskultur, aber das haben wir hier bei uns auf der Seite auch noch nicht anders erlebt. Wir freuen uns auf eure Beiträge und wünschen angeregtes Diskutieren. Kommentiert

 

Weibliche Genitalverstümmelung (FGM) – ein muslimisches Frauenunterdrückungsinstrument?

Anti Infibulation Logo, FGM

By Rugby471 (SVG); User:Shir Khan~commonswiki (PNG) (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons

Vor rund einem Monat machte die Nachricht die Runde, dass man in Schweden eine ganze genitalverstümmelte Mädchenschulklasse entdeckt habe. Tausendfach wurden entsprechende Links geteilt, häufig mit dem Verweis auf die rückständigen, frauenfeindlichen Muslime, die mit großer Freude die Messer wetzen (lassen) und ihre kleinen Mädchen der Klitorisverstümmelung zuführen. Wir haben hier über die wahren Hintergründe dieser Meldung berichtet.

FGM im Irak

Knapp einen Monat später dann die Nachricht, dass die etwa 10.000-Mann starke Al-Qaida-nahe salafistische ISIS, die insbesondere in Syrien und dem Irak aktiv ist, eine Fatwa herausgegeben habe, nach der alle 11-46-Jährigen im Irak einer FGM zu unterziehen seien. Die ISIS ist sicherlich nicht die Vorfeldorganisation des internationalen radikalen Feminismus, aber wer sich auch nur ein bisschen mit der Verbreitung von FGM befasst hat, der weiß, dass es sich dabei insbesondere um ein in 28 afrikanischen Staaten vorkommendes Phänomen handelt und weniger in anderen Regionen der Welt und dem Nahen Osten angewandt wird. Im Irak ist FGM bisher nur in Zusammenhang mit einigen kurdischen Stämmen im Nordirak bekannt geworden, von denen ein kleiner Teil jüdisch und zwei weitere, größere Teile christlich, bzw. muslimisch sind (genauer gesagt im 7. Jahrhundert islamisiert wurde) Im Irak verhält es sich übrigens grundsätzlich nicht anders als im Rest der Welt: „Den Islam“ und „die Muslime“ gibt es in dieser Form nicht: Es gibt Schiiten, Sunniten, Sufis, Ahl-e Hagg, Schabak, Hagga usw. usw. usw.

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Einzelfälle oder rassistischer Normalzustand? – Deutschland und die WM

"Rassismus führt zum Verlust Ihres Mitgefühls."

Dierk Schäfer via Flickr [CC BY 2.0]

Bereits letzte Woche haben wir auf besorgniserregende Trends im Zusammenhang mit der Fussball-WM hingewiesen, nämlich im Zuge des 7:1 Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen die Seleção (brasilianische Elf). Von „Blitzkrieg“ war die Rede, oder „Vergewaltigung“. Inzwischen gibt es auch den „passenden“ Merchandise dazu (siehe Foto).

Jede*r, der oder die auf rassistische oder nationalistische Ausfälle hinweist, wird von den Fussballfans, die sich den Spass am Sieg der „eigenen“ Mannschaft nicht vermiesen lassen wollen, daraufhin belehrt, dass es sich um „Einzelfälle“ handeln würde und es Spinner schließlich überall gibt. Die Mehrheit sei aber nicht so.

Ein Blick auf Twitter zeigt: Diese „einzelnen Aussetzer“ gab es auch wieder zu Hauf im zeitlichen Zusammenhang mit dem Finalspiel. Bereits im Vorfeld heizte eine unappetitliche Werbekampagne von REWE die Stimmung gegen Argentinien an und veröffentlichte u.a. ein Video bei dem ein argentinisches Steak durch den Fleischwolf gedreht wird. Die Vorfälle während und um das Match herum wurde unter #mobwatch und #schlandunverkrampft gesammelt. Ob „Sieg Heil“-Rufe oder Gesänge, die den „Endsieg“ bejubeln oder konstatieren „wir sind wieder wer“, ob Angriffe und Beschimpfungen gegen Argentinien-Fans oder Überfälle auf linke Kneipen und Projekte: bundesweit wurden solche Zwischenfälle gesammelt. Leider in der Regel wieder von den „üblichen Verdächtigen“, wie zum Beispiel Netz gegen Nazis – in den Mainstreammedien hofft man auf eine kritische Auseinandersetzung leider meistens vergebens. So zum Beispiel bei der Zeit, die bereits kritisch unter die Lupe nahm, was beim Spiel der deutschen Nationalelf gegen Ghana so in den sozialen Netzwerken abging. (Beispiel: „Hoffentlich sterben paar Schwarze mitten auf dem Spielfeld an AIDS“)

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So vermeidest du eine Vergewaltigung

Wer kennt sie nicht, diese wundervoll hilfreichen Tipps, nicht zum Opfer einer Vergewaltigung oder sexueller Belästigung zu werden: Zieh dich nicht zu aufreizend an, trink nicht zu viel Alkohol, lass dein Getränk nicht unbeobachtet, sende keine Signale aus, die er missverstehen könnte, besuche einen Selbstverteidigungskurs. Undsoweiter undsoweiter. Das Perfide daran: Die Schuld für ein Verbrechen wird so dem Opfer auferlegt, die Verantwortung vom Täter weggenommen. Deshalb wird diese Strategie auch als Victim Blaming bezeichnet.

Zitat von Wanjuki

„Vergewaltigung existiert, weil Vergewaltiger sich entscheiden zu vergewaltigen.“ – Wagatwe Sara Wanjuki

Hier ein paar WIRKLICH GUTE Tipps, die jeder beherzigen sollte:

  • Ein kurzer Rock ist keine Einladung zum Sex.
  • Habe keinen Sex mit einer Person, die schläft, egal ob das Bett dir oder ihr gehört.
  • Habe keinen Sex mit einer Person, die ohnmächtig ist.
  • Nutze es nicht aus, wenn eine andere Person betrunken ist.
  • Schütte einer anderen Person nichts ins Glas, um ihr Verhalten zu beeinflussen.
  • Wenn du im Dunkeln hinter einer Person her läufst, die alleine ist, wechsele die Straßenseite.
  • Betrete keine Wohnungen, in die du nicht eingeladen bist.
  • Wenn du einer Person in einer hilflosen Situation hilfst, leiten sich daraus keinerlei Ansprüche auf Sex ab.
  • Helfe nicht einer anderen Person und erschleiche ihr Vertrauen, weil du andere Absichten hast.
  • Wenn du mit einer fremden Person alleine im Aufzug bist: Lass sie in Ruhe.
  • Wenn eine Person während des Sex ihre Meinung ändert: Hör auf.
  • Wenn sie eine bestimmte Sexpraktik nicht will: Akzeptiere es.
  • Wenn eine Person gerade nicht in der Stimmung ist: Lass sie in Ruhe.
  • Wenn es sich um ein Kind handelt: Finger weg.
  • Sag deinen Freunden, Kindern, Enkeln, dass es nicht in Ordnung ist, jemanden sexuell zu belästigen oder zu vergewaltigen.
  • Wenn dein Freund dir erzählt, er habe eine Person vergewaltigt oder sexuell belästigt: Zeige ihn an und sag ihm, er ist nicht mehr dein Freund.
  • Wenn du Zeuge einer sexuellen Belästigung/einer Vergewaltigung wirst: Greife ein.
  • Kommuniziere mit deinem Sexualpartner und versichere dich, dass ein ausbleibendes Nein auch wirklich ein Ja ist.
  • Wenn du nicht alleine in der Lage bist, dich zu kontrollieren: Gehe nicht ohne eine weitere Person in die Öffentlichkeit.
  • Wenn deine Hemmschwelle unter Alkoholeinfluss sinkt: Trinke keinen.
  • Objektifiziere Frauen nicht, sie sind Menschen.
  • Konsumiere keine Medien, in denen Frauen zu Objekten degradiert werden (Werbung, Zeitungen, Musik, Filme, …)
  • Schweige nicht zu Sexismus im Alltag, sondern beziehe deutlich Stellung.
  • Pass auf deine Sprache auf und benutze keine Worte wie „Schlampe“, „Hure“, „Nutte“ usw.
  • Wenn eine Person direkten Körperkontakt meidet: Respektiere es.
  • Gib niemals einem Opfer die Schuld oder in irgendeiner Weise das Gefühl, sie hätte die Tat mit „adäquatem“ Verhalten verhindern können.
  • Gib keine schlauen Tipps, nicht zum Opfer zu werden.

(Diese Liste wurde angeregt durch folgende Kampagne)

Jackson Katz schreibt in seinem Buch „Der Macho Komplex: Warum manche Männer Frauen verletzen und wie alle Männer helfen können“ wie er häufig in seinen Vorträgen in gemischt-geschlechtlichen Gruppen zunächst die Männer fragt, was sie alltäglich tun, um nicht Opfer von Gewalttaten zu werden und dies auf der einen Tafelseite niederschreibt, anschließend das Gleiche mit den anwesenden Frauen. Regelmäßig bliebt die eine Tafelseite leer und auf der anderen reicht der Platz nicht aus. Nicht selten macht dies alle TeilnehmerInnen wütend. Die einen, weil sie realisieren, wie die Angst ihren Alltag bestimmt, die anderen, weil ihnen bewusst wird, was ihre Partnerinnen, Ehefrauen, Töchter, … alltäglich erleben müssen. Im besten Fall führt die Bewusstmachung der Zustände zu dem Willen, etwas zu ändern. Wie sehr würde es dabei schon helfen, wenn sich der Fokus endlich auf die richten würde, die wirklich etwas ändern können: die potentiellen und tatsächlichen Täter.

5 Fragen an Kajsa Ekis Ekman: „Leihmutterschaft ist die kleine Schwester der Prostitution“

Kajsa Ekis Ekman

© Zeitung Sydsvenskan (zur Verfügung gestellt von Kajsa Ekis Ekman)

Wie kam es zu deiner Beschäftigung mit dem Thema Leihmutterschaft?

Ich habe ein Buch über Prostitution geschrieben. Insbesondere auch über die Spaltung des eigenen Selbst, die in der Prostitution überall präsent ist und die ihre Wurzeln historisch sowohl im Kapitalismus als auch in der Unterdrückung der Frau hat. Währenddessen gab es eine Kampagne in Schweden, Leihmutterschaft zu legalisieren, das heißt die Auftragsschwangerschaft. Ich habe die Parallelen sofort gesehen. Es wurden die selben Argumente verwandt wie „sie tut es aus freiem Willen“, „wenigstens kommt sie so an Geld heran, sie würde sonst aus Armut sterben“ und „eine Frau kann mit ihrem Körper tun, was sie will.“ Auch hier geht es um eine Trennung von Körper und Geist, ebenso wie die historische Einteilung von Frauen in Brüterinnen und Huren.

Welche sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen sind für Leihmutterschaft feststellbar?

Bei Leihmutterschaft geht es (hauptsächlich) um reiche Menschen aus dem Westen, die ihre eigenen, genetischen Kinder möchten, aber diese nicht selbst zur Welt bringen können: entweder weil die Frau unfruchtbar ist oder es sich um ein männliches homosexuelles Pärchen handelt. Sie benutzen Frauen aus den ärmeren Ländern oder Klassen als Brüterinnen. Diese reichen Menschen kümmern sich nur um ihre eigenen Gefühle – was die schwangere Frau dabei empfinden könnte, ist vollkommen egal. Sie ist nur da, um ihren Körper zur Verfügung zu stellen.

Du sagst „Leihmutterschaft ist die kleine Schwester der Prostitution“ – kannst du das erklären?

Wir sehen dieselben Charakteristiken in beiden Industrien: Hauptsächlich Frauen werden benutzt, für Sex oder Reproduktion. Es wird von ihnen erwartet, dass sie reichen Männern Sex und Babies zur Verfügung stellen, ohne dabei etwas zu fühlen. Aber Leihmutterschaft ist eine viel kleinere Industrie, sie fängt gerade erst an zu wachsen. Wir können sie immer noch stoppen.

Wie weit verbreitet ist Leihmutterschaft denn heutzutage und wie wird sie in der Regel von der Gesellschaft bewertet?

Leihmutterschaft wurde zuerst in den 70er Jahren in einigen Staaten der USA legalisiert, und wanderte als Folge des Embyronentransfers (Eizellspende, bei der die weibliche Eizelle nicht die der Leihmutter ist) weiter nach Indien, denn durch sie können farbige Menschen weiße Kinder bekommen, aber zu günstigeren Konditionen als mit einer weißen Leihmutter. Leihmutterschaft ist heute verbreitet in der Ukraine, China, Thailand, Israel, und auch in Europa versucht die Leihmutterschaftsbewegung eine Legalisierung zu erwirken. Die EU hat Leihmutterschaft jedoch als Ausbeutung von Frauen verboten, also gibt es hier Entwicklungen in beide Richtungen.

Was können Interessierte tun und an wen können sie sich wenden? Gibt es nationale oder internationale Intiativen?

Sie können ihre Stimme in ihrem Land erheben und es als das bezeichnen was es ist: Ausbeutung von Frauen. In Schweden haben wir ein Netzwerk mit dem Namen „Nej till Surrogat“ (Nein zur Leihmutterschaft – http://www.nejtillsurrogat.se/). Ich rufe alle Feministinnen und alle, die nicht wollen, dass Kinder und Frauen verkauft werden, dazu auf, ihre eigenen Gruppen zu initiieren und Druck aufzubauen, damit diese Industrie gestoppt wird.

 

Kajsa Ekis Ekman ist schwedische Journalistin und hat ein sehr empfehlenswertes Buch über Prostitution, Leihmutterschaft und das gespaltene Selbst (Being and Being Bought: Prostitution, Surrogacy and the Split Self) geschrieben.

 

18 Messerstiche ins Herz

Marwa El Sherbini Denkmal „18 Stiche“

By 18Stiche_Semperoper.JPG: Pourprederivative work: Emma7stern (18Stiche_Semperoper.JPG) [Public domain], via Wikimedia Commons

Heute vor 5 Jahren wurde die im dritten Monat schwangere Marwa El-Sherbini mit 18 Messerstichen ins Herz getötet. Knapp ein Jahr zuvor war sie auf einem Spielplatz von ihrem späteren Mörder Alex Wiens als „Islamistin“ und „Terroristin“ beschimpft worden. Einen Strafbefehl für die Beleidigung zu 30 Tagessätzen hatte er zurückgewiesen, denn seiner Meinung nach seien Muslime „nicht beleidigungsfähig“. Er wurde jedoch auch in der Hauptverhandlung entsprechend verurteilt. Während der folgenden Berufungsverhandlung stürzte sich Wiens auf El-Sherbini und stach auf sie ein. Ihr Mann, der sie schützen wollte, wurde ebenfalls durch Messerstiche von ihm und einen Schuss von einem Polizisten, der ihn für den Angreifer hielt, lebensgefährlich verletzt. Marwa El-Sherbini starb vor den Augen ihres dreijährigen Sohnes.

Antimuslimischer Rassismus, als eine Art von gruppenbezogener Menschlichkeit, ist in Deutschland weit verbreitet. Hoffähig gemacht wird die durch Hetzer wie Thilo Sarrazin, die Pro-Bewegung, Internetblogs wie Politically Incorrect oder Parteien wie die AFD, Republikaner oder NPD.

Nach dem Mord an Marwa wurden Forderungen laut dieses Problem endlich ernst zu nehmen und endlich zu handeln. In der Zwischenzeit wurden die zynisch so genannten „Döner-Morde“ als neonazistische Morde eines „nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) aufgedeckt. Die Opfer: hauptsächlich türkische Mitbürger. Das Versagen der Behörden diesbezüglich sorgte vor drei Jahren für einen Aufschrei – der Prozess gegen Beate Zschäpe, der gerade noch läuft, scheint die Bevölkerung jedoch kaum mehr zu interessieren. Ein Problembewusstsein für den alltäglichen Rassismus, den unsere muslimischen Nachbarn, Freunde, Bekannten (oder solche die dafür gehalten werden) ständig erleben, ist leider nicht wirklich zu erkennen.

Rassismus tötet – stoppt die antimuslimische Hetze! Its about fucking time.

In Gedenken an Marwa El-Sherbini, 7. Oktober 1977 – 1. Juli 2009

 

Über Nutten, Bitches und andere Schlampen

March Against Rape Culture and Gender Inequality

Chase Charter via Flickr, [CC BY-ND 2.0]

Ich muss gestehen: Der Trend des „Pornorap“ in der Populärkultur ging vollkommen an mir vorbei. Weder interessiert mich generell die Musik, die in den Mainstream-Radios so rauf und runter gedudelt wird, noch habe ich Kinder im jugendlichen Alter die davon beeinflusst werden könnten, noch habe ich bisher wahrgenommen, dass dieses mit Frauenverachtung gespickte Sujet in feministischen Kreisen irgendeiner Weise kritisiert worden sei (mit Ausnahme von Bushido im Zusammenhang mit der ihm zuteil gewordenen Bambi-Ehrung, aber dazu später mehr).

Neben die Empörung darüber, dass nationalistische Rechtsrock-Bands wie Frei.Wild wochenlang kaum widersprochen die Albumcharts anführten, tritt die Empörung, dass dies auch für den hochgradig sexistischen und vor Frauenhass triefenden „Pornorap“ gilt.

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Ganze Mädchenklasse in Schweden genitalverstümmelt! Wirklich?

Campaign road sign against female genital mutilation

By Amnon s (Amnon Shavit). (Own work.) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Weibliche Genitalverstümmelung hat nichts mit Kultur, Tradition oder Religion zu tun. Sie ist Folter und ein Verbrechen, das bekämpft werden muss. Waries Dirie

Female Genital Mutilation (FGM), auch geläufig unter dem Begriff weibliche Genitalverstümmelung, ist ein schreckliches Verbrechen, dem weltweit jährlich etwa 3 Millionen Mädchen insbesondere in Afrika, Asien, aber auch den USA oder Europa zum Opfer fallen. Dabei werden die weiblichen Geschlechtsteile teilweise oder ganz entfernt oder verletzt. Weltweit sind schätzungsweise mehr als 125 Millionen Frauen und Mädchen betroffen. Nach eine Bericht von UNICEF gibt es 14 afrikanische Staaten wo gar mehr als 50% der weiblichen Bevölkerung betroffen sind (darunter Somalia 98%, Guinea 96%, Djibouti 93%, Ägypten und Mali 89%, …)

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Todesstrafe für Tino Brandt?

Anti-Faschismus Comic

http://web.archive.org/web/20100716152755/http://radicalgraphics.org/collection/view_photo.php?set_albumName=Fascism&id=anti

Wie die Thüringer Allgemeine Zeitung berichtet, soll er ehemalige Anführer des neofaschistischen Thüringer Heimatschutz und V-Mann („Otto“, später „Oskar“) Tino Brandt seit 2011 Zuhälterei im großen Stil betrieben haben. Mindestens fünf Jungen und Männer soll er Sexkäufern über soziale Netzwerke zugeführt haben. Laut Spiegel habe er von den überwiegend Minderjährigen 60% des Freierlohns einkassiert. Ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Versicherungsbetrug läuft seit 2012. Brandt, der für seine Spitzeltätigkeit für den Verfassungsschutz zwischen 1994 und 2001 mindestens 200.000 DM kassiert hat, kennt offenbar keine Skrupel. Weder wenn es ums Geld geht, noch um das Leben anderer Menschen. Brandt gilt als einer der Unterstützer des „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU).

Obwohl die Forderung „Todesstrafe für Kinderschänder*“ zu einer der beliebtesten in der neonazistischen Szene gehört, machen immer wieder Funktionäre durch sexuell gewaltsames Handeln gegenüber Minderjährigen von sich reden. Hier ein paar exemplarische Beispiele, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Der sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Matthias Paul legte 2006 sein Mandat wegen des Verdachts auf Kinderpornographie nieder.

Der Kreistagsabgeordnete Dominique Oster aus Siegburg wurde 2010 wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen in sechs Fällen zu 3 ½ Jahren Haft verurteilt.

Im November 2013 wurde ein Wahlkampfhelfer der NPD in Rheinland-Pfalz wegen des sexuellen Missbrauchs eines 13-jährigen Mädchens zu 32 Monaten Haft verurteilt.

Die NPD würde nach eigenen Angaben nicht zimperlich mit den Tätern, und damit auch ihren braunen Kameraden, umgehen. Im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 finden sich die Forderungen nach „härteren Strafen“ für Kinderpornografie und sexueller Gewalt gegen Kinder. Auch eine Kastration für „Rückfalltäter und unheilbare Pädophile*“ solle ermöglicht werden. Darüber hinaus sollen die Sexualstraftäter in einer bundesweiten, öffentlich einsehbaren Datei registriert werden. Forderungen, die sich auf die Opfer sexueller Gewalt beziehen sucht man übrigens vergeblich.

Zum Glück für die hier genannten Personen sehen unsere Gesetze jedoch keine Todesstrafe für Sexualstraftäter vor. Über die Angemessenheit des regelmäßig viel zu geringen Strafmaßes für eine so schwerwiegende Straftat, die das Leben der Betroffenen in aller Regel bis zu ihrem Lebensende massiv beeinträchtigt, lässt sich jedoch streiten. Aber das diskutieren wir dann an anderer Stelle.

 

Surftipp: Warum sich Nazis so gerne gegen sexuellen Kindesmissbrauch wenden ist hier schön aufgearbeitet

*Die Begriffe „Kinderschänder“ und „Pädophile“ werden hier noch im Zitat verwendet. Sie sind als Fachtermini ungeeignet, da weder die Schande bei den Kindern liegt, die sexuelle Gewalt erfahren haben, noch Pädokriminelle „Kinder lieben“, denn wäre dem so würden sie ihnen so etwas Schreckliches nicht antun