© Zeitung Sydsvenskan (zur Verfügung gestellt von Kajsa Ekis Ekman)
Wie kam es zu deiner Beschäftigung mit dem Thema Leihmutterschaft?
Ich habe ein Buch über Prostitution geschrieben. Insbesondere auch über die Spaltung des eigenen Selbst, die in der Prostitution überall präsent ist und die ihre Wurzeln historisch sowohl im Kapitalismus als auch in der Unterdrückung der Frau hat. Währenddessen gab es eine Kampagne in Schweden, Leihmutterschaft zu legalisieren, das heißt die Auftragsschwangerschaft. Ich habe die Parallelen sofort gesehen. Es wurden die selben Argumente verwandt wie „sie tut es aus freiem Willen“, „wenigstens kommt sie so an Geld heran, sie würde sonst aus Armut sterben“ und „eine Frau kann mit ihrem Körper tun, was sie will.“ Auch hier geht es um eine Trennung von Körper und Geist, ebenso wie die historische Einteilung von Frauen in Brüterinnen und Huren.
Welche sozialen und ökonomischen Rahmenbedingungen sind für Leihmutterschaft feststellbar?
Bei Leihmutterschaft geht es (hauptsächlich) um reiche Menschen aus dem Westen, die ihre eigenen, genetischen Kinder möchten, aber diese nicht selbst zur Welt bringen können: entweder weil die Frau unfruchtbar ist oder es sich um ein männliches homosexuelles Pärchen handelt. Sie benutzen Frauen aus den ärmeren Ländern oder Klassen als Brüterinnen. Diese reichen Menschen kümmern sich nur um ihre eigenen Gefühle – was die schwangere Frau dabei empfinden könnte, ist vollkommen egal. Sie ist nur da, um ihren Körper zur Verfügung zu stellen.
Du sagst „Leihmutterschaft ist die kleine Schwester der Prostitution“ – kannst du das erklären?
Wir sehen dieselben Charakteristiken in beiden Industrien: Hauptsächlich Frauen werden benutzt, für Sex oder Reproduktion. Es wird von ihnen erwartet, dass sie reichen Männern Sex und Babies zur Verfügung stellen, ohne dabei etwas zu fühlen. Aber Leihmutterschaft ist eine viel kleinere Industrie, sie fängt gerade erst an zu wachsen. Wir können sie immer noch stoppen.
Wie weit verbreitet ist Leihmutterschaft denn heutzutage und wie wird sie in der Regel von der Gesellschaft bewertet?
Leihmutterschaft wurde zuerst in den 70er Jahren in einigen Staaten der USA legalisiert, und wanderte als Folge des Embyronentransfers (Eizellspende, bei der die weibliche Eizelle nicht die der Leihmutter ist) weiter nach Indien, denn durch sie können farbige Menschen weiße Kinder bekommen, aber zu günstigeren Konditionen als mit einer weißen Leihmutter. Leihmutterschaft ist heute verbreitet in der Ukraine, China, Thailand, Israel, und auch in Europa versucht die Leihmutterschaftsbewegung eine Legalisierung zu erwirken. Die EU hat Leihmutterschaft jedoch als Ausbeutung von Frauen verboten, also gibt es hier Entwicklungen in beide Richtungen.
Was können Interessierte tun und an wen können sie sich wenden? Gibt es nationale oder internationale Intiativen?
Sie können ihre Stimme in ihrem Land erheben und es als das bezeichnen was es ist: Ausbeutung von Frauen. In Schweden haben wir ein Netzwerk mit dem Namen „Nej till Surrogat“ (Nein zur Leihmutterschaft – http://www.nejtillsurrogat.se/). Ich rufe alle Feministinnen und alle, die nicht wollen, dass Kinder und Frauen verkauft werden, dazu auf, ihre eigenen Gruppen zu initiieren und Druck aufzubauen, damit diese Industrie gestoppt wird.
Kajsa Ekis Ekman ist schwedische Journalistin und hat ein sehr empfehlenswertes Buch über Prostitution, Leihmutterschaft und das gespaltene Selbst (Being and Being Bought: Prostitution, Surrogacy and the Split Self) geschrieben.