Kategorie: Der Führer wäre stolz auf euch – Antifaschismus

Warum Alice Weidel keine Nazischlampe ist

Eine kleine Solidaritätserklärung von Anneli Borchert

 

Der Rapper Farid Bang, neulich im Kreuzfeuer der Kritik wegen antisemitischer Äußerungen, hat Alice Weidel in einem seiner, mh, „Songs“ als „Nazibitch“ bezeichnet.
Weidel prüft jetzt rechtliche Schritte – sie werden erfolglos sein. Denn Alice Weidel von der AfD darf, das ist gerichtlich seit ungefähr einem Jahr bestätigt, satirisch „Nazischlampe“ genannt werden.
Weidel hatte gefordert, politische Korrektheit auf der Müllkippe zu entsorgen, daraufhin hatte der Moderator Christian Behring in der Satiresendung „extra3“ sie so genannt.
Das Gericht befand, Weidel dürfe Schlampe genannt werden, schließlich erfolge diese Beleidigung nur, weil sie nun mal eine Frau sei.
Nicht nur, dass ein deutsches Gericht befindet, dass Frauen wegen ihres Frauseins beleidigt werden dürfen, nein, auch in den Kommentarspalten linker und feministischer Medien tobt sich wegen dieser beider Vorfälle der bewusste und unbewusste Antifeminismus hierzulande aus. Der, der aus den eigenen Reihen kommt, trifft am meisten. Es ist unglaublich, aber wenig überraschend, dass auch und gerade linke Menschen das vermeintliche Recht verteidigen, Weidel als Schlampe bezeichnen zu dürfen.
Zu dieser ganzen Kackscheisse hier ist Folgendes zu sagen.

1. Das Wort „Schlampe“ ist eine Beleidigung, die nicht darauf abzielt, bloßzustellen, dass Weidel Bockmist erzählt und das am laufenden Band, sondern die sie ALS FRAU trifft, sie zielt auf ihr Frausein ab. Diese Beleidigung sagt nicht „Weidel sagt bekloppte Dinge“ oder „Weidel hat mal wieder was megabescheuertes rausgehauen“ oder sonstwas, sondern sie hat zum eigentlich Kern, Weidel herabzusetzen, WEIL SIE EINE FRAU IST. Das ist schlicht NICHT OKAY. Ich begreife nicht, wie man das verteidigen kann. Wenn eine schwarze Person was beklopptes sagt, ist es doch wohl auch ein Unterschied, ob ich sage „das war jetzt echt hirnverbrannt / völliger Bockmist / …“ oder ob ich sage „du Neg**“. Warum muss man das überhaupt erklären? Das Wort „Schlampe“ trifft nicht nur Weidel, es trifft uns Frauen, es trifft alle Frauen ALS FRAUEN.

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Lieber mit Nazis als von Frauen reden – Debattenkultur auf sächsisch

Ich war grad im Stadtmuseum und habe da eine Veranstaltung besucht, die „Wie die BRD nach Sachsen kam“ hieß. Da wurde ein neuer Band der „Dresdner Hefte“ rausgegeben (die ich sehr schätze), und es ging um ostdeutsche Identität, westdeutsche Eliten und natürlich unser ostdeutsches Problem mit Rechtsextremismus.

Ich will jetzt gar nicht dieses ganze Thema aufrollen, es geht mir um was ganz anderes.

Wir saßen da jetzt so im Stadtmuseum rum, 3 Männer auf dem Podium, ein Mann als Moderator, das Publikum auch überwiegend männlich und, naja, älter. Das zum Setting.

Was mir schwer im Magen liegt, ist, dass die ganze Veranstaltung lang nicht ein einziges Mal gegendert wurde. Es hieß immer nur „der Künstler“, „der Ostdeutsche“, „wir müssen ihn verstehen“, „der junge Ausbildungsabbrecher“, „der sieht, wie sein Vater nichts hinkriegt und arbeitslos ist“ usw.  Und es war klar, hier wird nicht nur generisch männlich bezeichnet, hier ist auch definitiv männlich gemeint.

Der Kracher war jetzt der Schluss. Es ging um die Fanschar von Dynamo Dresden, und Frank Richter, ehemaliger Direktor der Landeszentrale für politische Bildung, meinte doch glatt, er sehe da ein großes Bedürfnis nach Identität, nach einer kämpferischen Gemeinschaft, eine Sehnsucht, die ins Leere liefe, denn „vielleicht haben wir sie auch zu früh abgestempelt“ und dann hätten sie noch durch ein „völlig weiblich dominiertes Schulsystem gemusst, in dem die Jungen eben nicht kriegen, was sie brauchen“.

Ich bin gerade dezent fassungslos darüber, dass die ganze Debatte über (bis auf die explizite Nennung von 3 Künstlerinnen) keine Frauen vorkamen, und dann, als wir endlich mal gnädigerweise erwähnt wurden, war es nicht etwa, um mal nach unseren Bedürfnissen zu fragen oder auf unsere Situation hinzuweisen, nein, dann war es, um uns auch noch die Schuld daran zuzuschieben, dass Scheissdynamoassinazis Scheissdynamoassinazis sind.

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Jedem das Seine? – Willkommen auf Deutsch

Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar.

By Clemensfranz (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Es hört sich an wie ein makabrer, schlechter Scherz, aber es ist wahr: Die Stadt Schwerte möchte Flüchtlinge zukünftig in einem Außenlager des ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald unterbringen wie die WAZ berichtet.

Dies sorgt für berechtigten Zorn des dortigen Flüchtlingsrates und auch zum Beispiel von Geschichtsprofessor Alfons Krenkmann, dem Vorsitzenden des Arbeitskreises der NS-Gedenkstätten und Erinnerungsorte in NRW e.V.: „Das hat einen Beigeschmack, da das ein historisch kontaminierter Ort ist.“ Auf die massive Kritik reagiert die Stadt: gelassen.

Die Unterbringung von Flüchtlingen in Flüchtlingslagern (statt dezentral in eigenen Wohnungen) stößt bundesweit generell auf große Kritik.

Die Women in Exile haben in ihrem Memorandum (wir berichteten) auf die damit verbundenen Gefahren für Frauen, auch und insbesondere in Bezug auf sexuelle Übergriffe, aufmerksam gemacht.

Aber wer noch die brennenden Flüchtlingslager der 90 Jahre vor Augen hat, weiß dass dies längst nicht die einzige Gefahr für die Bewohner*innen ist.

Die Bunderegierung berichtete auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE von 53 Demonstrationen (ab 20 Teilnehmer*innen) vor und gegen Flüchtlingslager vom ersten bis dritten Quartal 2014. Die Mottos reichten von „Asylmissbrauch – Nicht mit uns!“ über „Bürgermut stoppt Asylantenflut“ bis hin zu „Nachtwache zum Schutz der Bevölkerung vor Asylbewerbern“.

Die Zahl der Überfälle, Anschläge, Sachbeschädigungen und tätlichen Angriffe auf Flüchtlingslager belief sich im gleichen Zeitraum auf 95 ! In Worten FÜNFUNDNEUNZIG. In einem Dreivierteljahr. Dabei wurden im dritten Quartal auch erstmals drei Personen verletzt.

Die aktuelle Entwicklung ist beängstigend, die Zahl der Politiker*innen, Medienmenschen und Akteure der Zivilgesellschaft (inklusive Feministinnen), die Verständnis für Bewegungen wie PEGIDA, die den Hass auf Refugees, Sinti und Roma, Muslime oder andere gesellschaftlichen Gruppen immer weiter schüren, ist beängstigend.

Menschen, die sich dagegen auflehnen werden als „Gutmenschen“, „Islamversteherinnen“ bis hin zu „Volksschädlingen“ beschimpft.

Eins ist sicher: Sollte „das Abendland“ (was auch immer das sein soll) „untergehen“, dann sicherlich nicht durch jene die aus der unrühmlichen Geschichte Deutschlands etwas gelernt haben und dem Hass etwas entgegensetzen wollen, sondern durch jene die Hass, Zwietracht und Spaltung säen.

Deutsch in Kaltland: Nur verwertbare Europäer_innen willkommen

EZB Europäische Zentralbank

By Epizentrum (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

In meiner ehrenamtlichen Tätigkeit beim Verein Linke Hilfe Wiesbaden habe ich seit einigen Jahren mit Menschen aus ganz Europa, insbesondere aus Rumänien und Bulgarien, zu tun. Das hat zum einen mit der zunehmenden Armut in den Krisenstaaten und dem unbarmherzigen Diktat der Troika zu tun (unter deren Fuchtel stehen auch, was viele nicht wissen, Rumänien und Bulgarien). Ein Grund ist aber auch, dass ganz aktiv und intensiv um gut qualifizierte Billigstarbeitskräfte geworben wird. Die Bundesregierung hat dafür eigens eine Internetpräsenz eingerichtet unter dem Titel „Make it in Germany“. Zu finden sind dort tausende von Stellenangeboten von vor allem Leiharbeitsfirmen in ganz Deutschland.

Ganz herzlich willkommen werden diejenigen geheißen, die beispielweise dringend fehlende Pflegekräfte in Krankenhäusern, Altenheimen und auch der häuslichen Pflege ersetzen sollen. Betreiber von entsprechenden Einrichtungen rühmen sich  öffentlich endlich in Osteuropa fündig geworden zu sein. In Privathaushalten hat sich sozusagen eine Art Privatsklaverei etabliert: Menschen aus Osteuropa umsorgen 24 Stunden am Tag, sieben Tage die Woche, pflegebedürftige Personen für ein Monatsgehalt von unter 800 Euro netto – und „dürfen“ nebenher auch gleich noch Haushalt und Garten mit in Schuss halten.

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Trauriger Jahrestag: vor 34 Jahren kamen die beiden Vietnamesen Ngoc Nguyen und Anh Lan Do bei einem Neonazi-Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Hamburg ums Leben

El Fascismo Mata - Fascism Kills - Graffiti

By Adam Jones, Ph.D. (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Im August 1980 lebten in der besagten Unterkunft im Hamburger Stadtteil Billbrook 240 Menschen: 211 so genannte Boatpeople aus Vietnam und 29 Roma. In der Nacht zum 22. August 1980 warfen Neonazis einen Molotow-Cocktail in eines der Fenster der Unterkunft. In dem Zimmer dahinter schliefen der 22jährige Ngoc Nguyen und der 18jährige Anh Lan Do. Beide erlagen ihren Verletzungen. Die Tat, ausgeübt von der von Anwalt Manfred Roeder gegründeten und später verbotenen Neonazi-Gruppierung Deutsche Aktionsgruppen, gilt als der erste Brandanschlag mit Todesfolge auf ein Asylbewerberheim.

Gedenken an die Opfer

Dieser todbringende Anschlag ist eine Folge der sich ungehindert ausbreitenden militanten neofaschistischeOrganisationen in der alten Bundesrepublik, die Mitte der 1970er Jahre u. a. mit der Gründung der Wehrsportgruppe Hoffmann begann, und allein in den Jahren 1980 – 82 mehr als 20 Menschen das Leben kostete. Mit der Person Manfred Roeder, seines Zeichens u.a. Anwalt von Rudolf Hess, ist die Verbindung geschaffen vom Hitler-Faschismus über die neofaschistischen Umtriebe in den 1970er/80er Jahre und den ersten bekannten rassistischen Mord an den beiden jungen Vietnamesen bis hin zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), der ja bekanntermaßen in diesem Jahrtausend kreuz und quer durch die gesamte Republik mordete, u.a. auch in Hamburg. Insgesamt kamen seit dieser Augustnacht 1980 in der alten und neuen Bundesrepublik knapp 200 Menschen durch rassistische Anschläge oder gezielte Übergriffe ums Leben. Jedenfalls soweit bekannt – möglicherweise waren es wesentlich mehr: bundesweit sollen 746 ungeklärte Mordfälle wieder aufgerollt werden, um einen eventuellen rechtsextremen Hintergrund zu prüfen. Antifaschistische Gruppen rufen für kommenden Samstag zu einer Gedenkkundgebung auf, als ersten Schritt, einen Ort der Erinnerung an Ngoc Nguyen und Anh Lan Do zu schaffen. 
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Einzelfälle oder rassistischer Normalzustand? – Deutschland und die WM

"Rassismus führt zum Verlust Ihres Mitgefühls."

Dierk Schäfer via Flickr [CC BY 2.0]

Bereits letzte Woche haben wir auf besorgniserregende Trends im Zusammenhang mit der Fussball-WM hingewiesen, nämlich im Zuge des 7:1 Sieg der deutschen Nationalmannschaft gegen die Seleção (brasilianische Elf). Von „Blitzkrieg“ war die Rede, oder „Vergewaltigung“. Inzwischen gibt es auch den „passenden“ Merchandise dazu (siehe Foto).

Jede*r, der oder die auf rassistische oder nationalistische Ausfälle hinweist, wird von den Fussballfans, die sich den Spass am Sieg der „eigenen“ Mannschaft nicht vermiesen lassen wollen, daraufhin belehrt, dass es sich um „Einzelfälle“ handeln würde und es Spinner schließlich überall gibt. Die Mehrheit sei aber nicht so.

Ein Blick auf Twitter zeigt: Diese „einzelnen Aussetzer“ gab es auch wieder zu Hauf im zeitlichen Zusammenhang mit dem Finalspiel. Bereits im Vorfeld heizte eine unappetitliche Werbekampagne von REWE die Stimmung gegen Argentinien an und veröffentlichte u.a. ein Video bei dem ein argentinisches Steak durch den Fleischwolf gedreht wird. Die Vorfälle während und um das Match herum wurde unter #mobwatch und #schlandunverkrampft gesammelt. Ob „Sieg Heil“-Rufe oder Gesänge, die den „Endsieg“ bejubeln oder konstatieren „wir sind wieder wer“, ob Angriffe und Beschimpfungen gegen Argentinien-Fans oder Überfälle auf linke Kneipen und Projekte: bundesweit wurden solche Zwischenfälle gesammelt. Leider in der Regel wieder von den „üblichen Verdächtigen“, wie zum Beispiel Netz gegen Nazis – in den Mainstreammedien hofft man auf eine kritische Auseinandersetzung leider meistens vergebens. So zum Beispiel bei der Zeit, die bereits kritisch unter die Lupe nahm, was beim Spiel der deutschen Nationalelf gegen Ghana so in den sozialen Netzwerken abging. (Beispiel: „Hoffentlich sterben paar Schwarze mitten auf dem Spielfeld an AIDS“)

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Todesstrafe für Tino Brandt?

Anti-Faschismus Comic

http://web.archive.org/web/20100716152755/http://radicalgraphics.org/collection/view_photo.php?set_albumName=Fascism&id=anti

Wie die Thüringer Allgemeine Zeitung berichtet, soll er ehemalige Anführer des neofaschistischen Thüringer Heimatschutz und V-Mann („Otto“, später „Oskar“) Tino Brandt seit 2011 Zuhälterei im großen Stil betrieben haben. Mindestens fünf Jungen und Männer soll er Sexkäufern über soziale Netzwerke zugeführt haben. Laut Spiegel habe er von den überwiegend Minderjährigen 60% des Freierlohns einkassiert. Ein weiteres Ermittlungsverfahren wegen Versicherungsbetrug läuft seit 2012. Brandt, der für seine Spitzeltätigkeit für den Verfassungsschutz zwischen 1994 und 2001 mindestens 200.000 DM kassiert hat, kennt offenbar keine Skrupel. Weder wenn es ums Geld geht, noch um das Leben anderer Menschen. Brandt gilt als einer der Unterstützer des „Nationalsozialistischen Untergrund“ (NSU).

Obwohl die Forderung „Todesstrafe für Kinderschänder*“ zu einer der beliebtesten in der neonazistischen Szene gehört, machen immer wieder Funktionäre durch sexuell gewaltsames Handeln gegenüber Minderjährigen von sich reden. Hier ein paar exemplarische Beispiele, ohne Anspruch auf Vollständigkeit:

Der sächsische NPD-Landtagsabgeordnete Matthias Paul legte 2006 sein Mandat wegen des Verdachts auf Kinderpornographie nieder.

Der Kreistagsabgeordnete Dominique Oster aus Siegburg wurde 2010 wegen des sexuellen Missbrauchs von Kindern und Schutzbefohlenen in sechs Fällen zu 3 ½ Jahren Haft verurteilt.

Im November 2013 wurde ein Wahlkampfhelfer der NPD in Rheinland-Pfalz wegen des sexuellen Missbrauchs eines 13-jährigen Mädchens zu 32 Monaten Haft verurteilt.

Die NPD würde nach eigenen Angaben nicht zimperlich mit den Tätern, und damit auch ihren braunen Kameraden, umgehen. Im Wahlprogramm zur Bundestagswahl 2013 finden sich die Forderungen nach „härteren Strafen“ für Kinderpornografie und sexueller Gewalt gegen Kinder. Auch eine Kastration für „Rückfalltäter und unheilbare Pädophile*“ solle ermöglicht werden. Darüber hinaus sollen die Sexualstraftäter in einer bundesweiten, öffentlich einsehbaren Datei registriert werden. Forderungen, die sich auf die Opfer sexueller Gewalt beziehen sucht man übrigens vergeblich.

Zum Glück für die hier genannten Personen sehen unsere Gesetze jedoch keine Todesstrafe für Sexualstraftäter vor. Über die Angemessenheit des regelmäßig viel zu geringen Strafmaßes für eine so schwerwiegende Straftat, die das Leben der Betroffenen in aller Regel bis zu ihrem Lebensende massiv beeinträchtigt, lässt sich jedoch streiten. Aber das diskutieren wir dann an anderer Stelle.

 

Surftipp: Warum sich Nazis so gerne gegen sexuellen Kindesmissbrauch wenden ist hier schön aufgearbeitet

*Die Begriffe „Kinderschänder“ und „Pädophile“ werden hier noch im Zitat verwendet. Sie sind als Fachtermini ungeeignet, da weder die Schande bei den Kindern liegt, die sexuelle Gewalt erfahren haben, noch Pädokriminelle „Kinder lieben“, denn wäre dem so würden sie ihnen so etwas Schreckliches nicht antun