Kategorie: Zur Gender-Debatte

Appell des FrauenAktionsBündnis FAB: zum „Selbstbestimmungsgesetz“!

Worum geht es?

Die Ampelkoalition plant ein Gesetz, das an die Stelle des derzeit gültigen Transsexuellengesetzes (TSG) mit seinen Regelungen zur Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstandsrecht treten soll. Bisher setzt eine solche Än- derung ein Verfahren mit Sachverständigen-Gutachten und spezifischen Maßnahmen voraus. Vorgesehen ist jedoch, dass das TSG nicht nur reformiert, sondern abgeschafft wird. Stattdessen soll ein neues Gesetz eingeführt werden, das die Personenstandsänderung nicht nur einer Minderheit, sondern allen Menschen gestattet, und zwar vorausetzungslos und ohne objektivierbare Kriterien. Bisher liegt für diesen Gesetzentwurf ein Eckpunktepapier vor, dieses wurde am 30.06.22 vorgestellt.

Das neue Gesetz wird als „Selbstbestimmungsgesetz“ bezeichnet – korrekter ist jedoch der Begriff „Selbst- identifikation“, in Kurzform „Self-ID“, denn das ist der Kern des geplanten Gesetzes. Jeder Person ab 18 Jahren soll ermöglicht werden, durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Nicht mehr das unveränderliche biologische Geschlecht soll grundsätzlich der Rechtskategorie „Geschlecht“ zugrunde liegen, sondern die Selbstauskunft einer Person, eine bestimmte „Geschlechtsidentität“ zu haben. Weiterhin sieht das Eckpunktepapier vor, dass der Geschlechtseintrag jährlich änderbar ist. Darüber hinaus soll das Ansprechen mit dem früheren Geschlechtseintrag, Pronomen oder Namen mit einem Bußgeld bestraft werden können. Schon bei Kindern soll der Geschlechtseintrag auf Wunsch der Eltern geändert werden können. Jugendliche ab 14 dürften dies gegen den Willen der Eltern gerichtlich erwirken. Eine gesetzliche Forderung nach explorativer oder sachlich-neutraler Begleitung dieser Minderjährigen im Vorfeld ist nicht geplant.

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Lesben kapern Lesbentreffen? – Moment!

Hauswand mit Aufschrift "Our Gay Village"

Photo by Dyana Wing So on Unsplash

Zu den Hintergründen der Konflikte um das LFT 2021

Inzwischen ist deutlich, dass über das diesjährige LFT (Lesbenfrühlingstreffen) schon lange schwelende Konflikte aufbrechen. Aus anerkennenswerten Gründen haben die bisherigen LFTs, auch das letzte im Jahr 2019 (2020 fiel wg. Corona aus) und auch das jetzige versucht, diese Konflikte zu umgehen, weil bisher und auch jetzt keine der wirklich aktiven Orgas [1] und so gut wie keine der regelmäßigen Besucherinnen eine Spaltung entlang der Transfragen möchte. Und so sind auch dieses Jahr Transfrauen nicht ausgeschlossen, und auch dieses Jahr sind Angebote explizit transinkludierender Lesben dabei. Dies wird jedoch geflissentlich übersehen, und wir sollten überlegen, warum.

Zur Verankerung der Debatte: 2020 konnte das LFT wegen Corona nicht stattfinden. 2021 findet es statt, weil die Organisatorinnen es unter enormer Kraftanstrengung geschafft haben, das Programm so umzugestalten, dass es online läuft. Dieses Jahr gibt es also die Angebote, die Möglichkeiten, die Ansprache und die Vernetzung für Lesben – eine Ansprache und Veranstaltungen, die vor allem die Lesben, die nicht in erster Linie auf sozialen Netzwerken unterwegs sind, nach über einem Jahr verschieden intensiver Lockdowns wirklich brauchen. Willkommen!

Die Kritik konzentriert sich auf die wenigen Programmpunkte, die sich kritisch mit den Auswirkungen heutiger queerer Praxis auf Lesbenräume befassen, auf die wenigen Programmpunkte, bei denen es um die Möglichkeit tatsächlich eigener Räume für Lesben geht, bei denen gewagt wird, Unterschiede in Lebenssituation, Sozialisation und Körpererfahrung zwischen Frauen und Transfrauen zu sehen und sie aus eigener Warte zu benennen – dass ebenfalls explizit transinkludierende Lesben im Programm Angebote machen und dass die von der jetzigen Kampagne und den Boykottaufrufen mit betroffenen sind, scheint irrelevant zu sein. Dass es Transfrauen gibt, die in Kommentaren und Briefen an der Seite des LFT stehen, gilt nicht. Dass die Aufrufe, dem LFT zu schaden, auch die künftigen Orgas treffen und ideell wie finanziell belasten werden, wird geflissentlich übersehen – wird es übersehen? Oder ist diese Beschädigung möglicherweise sogar Ziel dieser Kampagne, die sich zwar in der Wucht und Reichweite, aber nicht in den Inhalten von den Angriffen unterscheidet, die bisher jede Orga, egal wie transinklusiv, irgendwann serviert bekam?

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Rising to the Roots: Bericht über eine Hexenjagd

Logo LFT 2021

LFT 2021

Das Motto des diesjährigen Lesbenfrühlingstreffen lautet «Lesbenfrühling – rising to the roots» und mit diesem Motto …

…. blicken wir zurück und aufs Jetzt. Als Feministinnen leben wir parteiisch mit und für Frauen und unser Begehren und unsere Aufmerksamkeit gelten Frauen in ihrer Verbundenheit und Verschiedenheit, ihren Kräften und ihren Nöten. Wir konzentrieren uns an diesem verlängerten Wochenende auf das L, also darauf, was Lesben und frauenliebendes Leben bewegt und berührt – politisch, gesellschaftlich, kreativ und sinnlich – und bieten Lesben jeden Alters und aus verschiedenen kulturellen und sozialen Zusammenhängen dafür den Raum, den sie verdienen.

Orga-Team des LFT 2021

Weiterhin schreibt das Orga-Team:

Das LFT ist Zeit-Raum von Lesben für Lesben: Frauenliebende Frauen, Frauen, die lesbisch leben, lesbenidentifizierte Lesben, Late Bloomers, Ur- und Bewegungslesben, Jüdische Lesben, Schwarze Lesben und Lesben of Color, Lesben mit und ohne Kinder, Lesben mit Behinderung, Lesben unterschiedlicher kultureller und sozialer Hintergründe. Wir bieten Schutz und Raum für geflüchtete Lesben, Lesben aus Osteuropa und aus dem globalen Süden. Intersexuelle und detransitionierte Lesben sind ebenso wie Lesben im Coming-out willkommen. Wir freuen uns auf Lesben aus der ganzen Welt als Referentinnen, Handwerkerinnen, Musikerinnen wie Teilnehmerinnen.

Orga-Team des LFT 2021

Das LFT 2021 hat ein vielfältiges Programm zusammengestellt und im Grunde müsste alleine dies und das diesjährige Motto allen FrauenLesbenFeministinnen und Allys das Herz höher schlagen lassen. Weil damit eine Rückbesinnung auf die Tradition des seit 1974 bestehenden Lesbenfrühlings stattfindet und eine Konzentration stattfindet auf – eben -: Lesben.

Nun, das tat es auch, und auch unser Herz schlug und schlägt höher <3. Wir hörten von so vielen Lesben, dass dies endlich mal wieder ein LFT sei, bei dem sie sich willkommen fühlten, sei doch in der Vergangenheit – nun ja – ein wenig der Fokus verloren gegangen, um es mal diplomatisch zu formulieren.

Seit vergangenen Montag sieht sich das Orga-Team nun einer hässlichen Hetz- und Diffamierungskampagne ausgesetzt, an der sich eine sehr große Auslese an Organisationen, Gruppierungen und Einzelpersonen beteiligt, die irgendetwas (und/oder zum Teil recht viel) mit LGBTQ* zutun haben oder sich als LGBTQ*-solidarisch verstehen.

Die Vorwürfe: Transfeindlichkeit, Transphobie, Transexklusion, Rassismus, Verorten des LFT in das „rechte Spektrum“ und so weiter und so fort. Die „Belege“, die angeführt werden, entbehren jeglicher (feministischen) Grundlage, werden teilweise wild in die Luft geschossen, weil’s – nun ja – halt einfach so geht, und sie bleiben schlussendlich: Diffamierung, Verleumdung, Hass und im Besonderen Frauenhass und Lesbenhass.

Eine Einzelperson auf Twitter, die, wie uns scheint, maßgeblich an der Initiierung dieser Kampagne beteiligt gewesen zu sein, hat uns den Job abgenommen, einige dieser Beteiligten aufzulisten (prima, dann müssen wir das nicht tun; man beachte übrigens, was für ein Medium da den Anfang gemacht hat, das zeugt von einer gewissen Merkbefreiung).

Es beteiligten sich u. a. die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld, der Lesbenring e. V., diverse Lesben-Organisationen aus einzelnen Bundesländern (NRW, Niedersachsen), dazu gesellten sich anschließend auch Spinnboden e. V., der VDGE e.V., etc. pp.

Im Übrigen sah sich keine der Beteiligten dazu bemüßigt, das Orga-Team hinsichtlich ihrer Kritik zu kontaktieren, mit einer Ausnahme: Die Bundesstiftung Magnus Hirschfeld tat dies, allerdings erst im Nachhinein, medial beteiligt hatte sie sich an dieser Hetzkampagne bereits.

Die Folge: Das LFT 2021 ist nun existentiell bedroht, diverse Frauenverbände haben sich entsolidarisiert und die Unterstützung entzogen und Fördergelder wurden gestrichen.

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Das sagen Feministinnen dazu …

Grafik mit Schriftzug: Selbstbestimmt Frau

Grafik: © RadFem Munich

Dies ist eine Übersetzung des Artikels „Esto decimos las feministas“ von Pilar Aguilar Carrasco (*1946 in Siles/Spanien, Feministische Soziologin, Wissenschaftlerin, feministische Film- und Fernsehkritikerin), die uns freundlicherweise zur Verfügung gestellt wurde von Radfem Munich.
Hinweis: Das generische Femininum war ausdrücklich gewünscht :-).

Man kann mit den Vorwürfen, die viele Feministinnen gegen das sogenannte „Trans-Gesetz“ erheben, einverstanden oder nicht einverstanden sein. Aber es ist inakzeptabel, dass uns Handlungen, Positionen, Worte vorgeworfen werden, die uns nicht gehören.

Wir treten dafür ein, dass Menschen, ihre Rechte, ihre Gefühle, und ihre Art zu sein, respektiert werden müssen. Wir fordern es für jeden Menschen. Es ist auch das, was die aktuelle Gesetzgebung unseres Landes vorschreibt.

Und brauchen bestimmte Gruppen, die als besonders benachteiligt, wehrlos oder verletzlich gelten (wie Transsexuelle, Flüchtlinge, Lesben, Schwule, Menschen mit Behinderungen oder Angehörige ethnischer Minderheiten usw.) einen besonderen Schutz? Brauchen sie Gesetze, die für sie spezifische Aspekte festlegen, sie speziell vor Aggressionen schützen und diejenigen bestrafen, die sie demütigen und misshandeln? Selbstverständlich und Feministinnen sind NICHT DAGEGEN.

Aber Feministinnen, wie auch viele andere Menschen, sind der Meinung, dass dieser Schutz keineswegs bedeutet, dass eine Selbstdefinition ausreicht, um de facto zu einer Gruppe zu gehören, die besonderer Aufmerksamkeit bedarf. Niemand kann sich selbst als behindert bezeichnen, niemand kann sich selbst als Vollwaise bezeichnen, niemand kann sich selbst als Flüchtling bezeichnen, niemand kann sich selbst als arbeitslos bezeichnen … Kurz gesagt: sie können es, aber die rechtliche Anerkennung fordert bestimmte Voraussetzungen.

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Radikal- vs. Liberal-/Queerfeminismus, oder: Wer exkludiert hier eigentlich wen?

Bild einer Katze

CCO Public Domain, Pixabay

Weil mein auf Facebook gepostetes Fazit zu einer aktuellen Auseinandersetzung sehr lang geworden ist, veröffentliche es nachfolgend der besseren Lesbarkeit wegen an dieser Stelle. Anlass siehe Link – mein Text hier

Achtung es folgt eine Texttapete…  (bereits sorry dafür)

Ich will gar nicht mehr so viel meiner kostbaren Zeit auf diese Diskussion verschwenden, denn diese Art von Auseinandersetzung bringt am Ende keinem was – und am wenigsten noch kommen wir irgendeinem feministischen Ziel damit auch nur einen mm näher. Ich möchte dennoch (hoffentlich für mich abschließend) ein Fazit daraus ziehen (das die „Gegenseite“ sicher nicht teilt, aber das muss sie ja auch nicht)

Erst nochmal ein paar Bemerkungen zum Inhalt (politisch), und zwar ein paar Dinge, die durchaus nochmal gerade zu rücken sind.

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J.K. Rowling schreibt über die Gründe für ihre Äußerungen zur Geschlechts- und Genderthematik.

Photography Debra Hurford Brown © J.K. Rowling 2018

Photography Debra Hurford Brown © J.K. Rowling 2018

Veröffentlichung der Übersetzung mit freundlicher Genehmigung der Autorin. Dank an die Radfems Deutschland für die Übersetzung. Originaltext hier.

10. JUNI 2020

Achtung: Dieser Text ist nicht für Kinder geeignet.

Es fällt mir – aus Gründen, auf die ich in Kürze genauer eingehen werde – nicht leicht, diesen Text zu schreiben. Doch ist mir bewusst geworden, dass es an der Zeit ist, mich zu einem Thema zu erklären, das in einer vergifteten Atmosphäre stattfindet. Ich schreibe diese Zeilen ohne den geringsten Wunsch zu dieser Vergiftung beizutragen.

Falls Sie es verpasst haben: Letzten Dezember (Anm. Dezember 2019) postete ich auf Twitter, dass ich Maya Forstater unterstütze. Maya Forstater ist eine Steuerberaterin, die wegen sogenannter ‘transphober’ Tweets ihre Arbeit verlor. Sie brachte ihren Fall vor ein Arbeitsgericht. Bei der Verhandlung ging es um die Frage, ob die philosophische Überzeugung, dass das Geschlecht durch die Biologie bestimmt sei, gesetzlich geschützt ist. Richter Tayler (Anm. James Tayler) verneinte dies in seinem Urteil.

Mein persönliches Interesse an der Transthematik entstand bereits vor fast zwei Jahren – noch vor Mayas Fall. Die Debatte um das Konzept der Geschlechtsidentität verfolgte ich in diesen beiden Jahren aufmerksam. Ich traf Transpersonen und las verschiedene Sachbücher, Blogs sowie Artikel von Transpersonen, Gender-Spezialist*innen,  intergeschlechtlichen Menschen, Psycholog*innen, Expert*innen für den Schutz der Menschenrechte, Fachleuten aus der Sozialarbeit und Ärzten und Ärztinnen. Den entsprechenden Diskurs habe ich online und in den traditionellen Medien verfolgt. Mein Interesse an diesem Thema ist zum einen professionell, weil ich eine Krimiserie schreibe, die in der Gegenwart spielt und deren fiktive Detektivin in einem Alter ist, in dem sie sich selbst für diese Themen interessiert und davon betroffen ist. Aus anderen Gründen ist es, wie ich gleich erläutern werde, sehr persönlich.

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Warum Unisex-Toiletten nicht für Frauen funktionieren

Pixabay - Public Domain

Wer kennt sie nicht, die zahlreichen Witze über die langen Schlangen vor Frauentoiletten. Weltweit gibt es einen Trend zur Umwandlung von geschlechtssegregierten Toiletten zu gemischtgeschlechtlichen. Frauen stellen 52% der Gesamtbevölkerung, während Transpersonen weniger als 1% der Bevölkerung ausmachen. Da letztere Gruppe jedoch sehr lautstark agiert, kommt es zunehmend zu einer Zusammenlegung von Toiletten, Umkleidekabinen, …. Unter dem Deckmantel von Diversity und Inklusion werden so die Rechte von Frauen auf Privatsphäre, Würde und Sicherheit verletzt.

Gründe gegen Unisex-Toiletten

1) Frauen sind bereits jetzt dadurch benachteiligt, dass traditionell bei der Versorgung mit Toiletten im öffentlichen Raum gleiche Flächenvorgaben für Männer- und Frauentoiletten gelten, Urinale jedoch weniger Platz beanspruchen und damit mehr Toiletten in einer Männertoilette untergebracht werden können. Da Frauen keine Urinale benutzen können, Männer auf der anderen Seite nun auch die Toilettenkabinen in vormals Frauentoiletten nutzen können, erhöht sich die Wartezeit von Frauen zusätzlich.

Oft führt die Einführung von Unisex-Toiletten auch dazu, dass Männertoiletten als Männertoiletten beibehalten werden, während Frauentoiletten für alle geöffnet werden. Die neuen Regelungen erhöhen darüber hinaus auch die Wartezeiten für Menschen mit Behinderung. Menschen mit Behinderung stellen etwa 20% der Bevölkerung, oft ist es jedoch schwer überhaupt auch nur eine einzige Behindertentoilette zu finden.

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Vom Antifeminismus der Transaktivisten

Warum warnen Radikalfeministinnen eigentlich bereits seit Jahren davor, dass die hart erkämpften Frauenräume erhalten bleiben müssen? Dass wir geschlechtersegregierte Duschen, Umkleideräume und Toiletten brauchen? Und warum Transfrauen weder in Frauenhäuser noch in Frauengefängnisse gehören?

Vielleicht weil wir den Frauenhass spüren, der uns von ihnen entgegengebracht wird? Weil sie immer und immer wieder unsere eindringlichen Warnungen bestätigen? Hier ein paar Beispiele

1) David Warfield aka Dana Rivers und die Michfest-Morde

Von 1976 bis 2015 fand jedes Jahr in Hart, Michigan das „Michigan Womyn`s Music Festival“ statt. Ein Festival selbstorganisiert von Lesben für Frauen, auf PRIVATEM GRUNDBESITZ von Lesben. Eine Errungenschaft der sogenannten zweiten Welle der Frauenbewegung.  Trotz der ausdrücklichen „Frauen geborenen als Frauen“-Ausrichtung des Festivals nahmen alljährlich auch Transfrauen am Festival teil und Lisa Vogel, eine der Gründerinnen, ausdrücklich sehr darauf bedacht, dass angesichts der vielen Butch-Frauen auf dem Festival zu deren Schutz niemand das Geschlecht einer Person in Frage stellte.

Dennoch wurde das Festival Zielscheibe von Transaktivisten, die ihr „Camp Trans“-Protestcamp vor den Toren des Festivals errichteten und die Teilnehmerinnen belästigten und emotionale Erpressung und Manipulation gegen Künstlerinnen auffuhren, sollten diese sich wagen auf dem Festival spielen. Das Ende vom Lied: Das Festival war seit 2015 erstmal (Frauen-)Geschichte. [Edit: 2020 findet glücklicherweise wieder ein Michfest statt – danke an die aufmerksame Leserin für den Hinweis]

Einer der Organisatoren und Teilnehmer des Festivals war David Warfield aka Dana Rivers. Warfield hatte als Lehrer transitioniert und in den USA landesweite Berühmtheit dadurch erlangt, dass er seinen Arbeitgeber wegen Diskriminierung verklagt hatte. Er gab Aussagen von sich wie beispielsweise, dass „Pornographie ihm geholfen habe, sein geschlechtsdeviantes Gehirn als gesund, geistig normal und erfrischend irrational verstehen zu können“. Nur kurz nach dem fragwürdigen „Erfolg“, dass Michfest in die Annalen katapultiert zu haben, ermordete Warfield/Rivers auf brutalste Weise zwei langjährige lesbische Teilnehmerinnen des Festivals: Patricia Wright und Charlotte Reed und ihr Adoptivsohn wurden verprügelt, erstochen und erschossen und anschließend verbrannt. Seitdem  sitzt Warfield/Rivers im Santa Rita Jail – angeblich im Frauenbereich – und wird statistisch als weibliche Mörderin geführt.

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Cis mit *

Von Elisabeth-Elstop

Vorbemerkung: Es geht hier nicht um * für diverse Personen, also nicht um * für intergeschlechtliche. In deren Selbstbezeichnungen möchte ich mich in voller Solidarität nicht einmischen.

Es geht um das *, wenn es Frauen, die weder intergeschlechtlich sind, noch sich als irgendetwas anderes sehen als Frauen, aufgezwungen wird. Es geht um das „Cis“, das uns aufgezwungen wird.

Mit „Frauen“ sind in diesem Text die Menschen gemeint, die nicht zu den „Penisgeborenen“ gehören. Der Begriff „Penisgeborene“ ist nicht gerade poetisch, aber diejenigen, die für meinesgleichen „Uterusmensch“ oder „Endosexuelle“ oder „Menstruierende“ für angemessen halten, wenn der Begriff „Cisfrau“ dann doch ein paar häufig gegebene körperliche Merkmale oder Aktivitäten nicht abdeckt, haben sicher Verständnis dafür. Dieser Text bezieht sich auf Frauen und, falls gewünscht, auf diejenigen intergeschlechtlichen Menschen, die ihr Leben von Anfang oder von sehr früher Jugend an als Frau gelebt haben und die sich von „Frau“ nicht wegdistanzieren wollen. Penisgeborene, also solche mit Penis oder Penishintergrund, sind mit diesem Begriff in diesem Text nicht gemeint. Vielleicht verstehen Einige, die jetzt noch davon abgestoßen sind, nach der Lektüre des Textes, warum nicht.

Frau* oder Cisfrau oder die Farce, sich doch Pronomen einfach auszusuchen, haben als Begriffe bzw. Praktiken vier Bedeutungen, die sich aus dem Ansatz hinter ihnen ergeben. Das * soll u.a. auf „Konzeptionierungen“ oder Selbstbezeichnungen hinweisen. Doch es geht um mehr.

Dass aus dem Körper eines Menschen, auch aus dem geschlechtlich bestimmten Körper, nicht auf Fähigkeiten oder Eigenschaften geschlossen werden kann, ist Grundverständnis im Feminismus.

Das * oder das „Cis“ drücken aus, dass sich die einzelne Frau zwar (noch) als „Frau“ bezeichnen darf, aber nur unter der Bedingung, dass es eben mehrere „Konzeptionen“ davon gibt, nur unter der Maßgabe, dass sie sich selber nicht in diesem Begriff als Norm sieht. Denn Gott und Kaiser samt Vaterland bewahret, dass diese Wesen – Frauen! – sich irgendwo als Norm setzen.

Mit * oder als „Cisfrau“ (oder den „selbst ausgesuchten“ Pronomen) bleiben mir nur diese Möglichkeiten:

  • Ich erkenne an, dass ich nicht das Recht auf Normsetzung habe, nenne mich wie gefordert und akzeptiere damit meine eigene Unterdrückung. Das ist unattraktiv.
  • Ich erkenne an, dass ich in dieser Gesellschaft als Frau erkannt werde, weil ich den gesellschaftlichen Klischees oder Erwartungen zu „Frau“ entspreche. Der Körper der Frau darf ja als Referenzpunkt nicht genannt werden, also bleiben Klischees samt sozialer Rolle, wenn ich das * oder das „cis“ akzeptiere, identifiziere ich mich mit diesen gesellschaftlichen Klischees und dieser Rolle. Das ist eine Definition, die aus jedem Akt geschlechtsspezifischer Gewalt oder Diskriminierung ein (Cis-) Privileg macht.
  • Demgegenüber wird gesagt, dass ich individuell den Begriff „Frau“ für mich ja definieren kann, wie ich will, dass ich mich ja so nennen kann, wenn, wann und wie ich will, und alle anderen auch – um den Preis der Bedeutungslosigkeit der Lautfolge <frau>. Darauf lässt sich keine politische Bewegung gründen.
  • Die vierte Möglichkeit, die mir vor allem mit dem * bleibt, ist die Distanzierung nach dem Motto, dass Manche mich für eine „Frau“ halten mögen, ich mich aber anders empfinde – ein Akt der Entsolidarisierung und Klischeezuweisung an andere.
    Auch darauf lässt sich keine Bewegung gründen.

Im besten Fall landen wir damit, was unsere Rechte als Menschen angeht, im allgemein humanitären Bereich, und dass das für Frauenrechte nicht ausreicht, hat sich die letzten 7000–10000 Jahre und auch die letzten 7–10 immer wieder gezeigt.

Im schlimmsten und im wahrscheinlicheren Fall landen wir da, wo wir die letzten 7000–10000 Jahre immer wieder hindelegiert wurden: Im sprachlosen Bereich.

Auch darauf lässt sich keine politische Bewegung gründen.

Deswegen, und da capo, da capo, da capo crescendo –

zur Wiederholung folgende Feststellungen zu unserer Gesellschaft:

Radikaler Feminismus geht davon aus,

… dass die Benachteiligung und die Unterdrückung von Frauen eine gesellschaftliche Entscheidung nach Blick auf unseren Körper ist, eine Rollenzuweisung und eine Positionsanweisung in einer hierarchischen Gesellschaft und nicht eine Folge unserer Selbstzuschreibung, und dass wir davon auch nicht durch Abschaffen der Analysekriterien und einem Verschieben von Begriffen wegkommen.

… dass die Sozialisation von Frauen, die bis in konkrete Körpererfahrungen reicht, eine andere ist als die Sozialisation anderer Personen und dass daher die ohne Penis geborenen nach wie vor das Recht auf eigene Räume haben müssen – und auf eigene Definitionen in politisch tragfähigen Begriffen, die mehr zum Ausdruck bringen als allgemein humanitäre Anliegen und etwas anderes als die Akzeptanz unserer Unterdrückung.

… dass unsere pausenlose Sozialisation als mütterliche, verständnisvolle, nährende und bescheidene Personen, als nützliche Idiotinnen, die sich um alles kümmern, außer sich selber, unserer Befreiung im Weg steht und wir daher eigene Räume nach wie vor brauchen, Räume ohne die Profitierenden der jetzigen Ordnung, deren Privilegierung in der Akzeptanz sämtlicher Forderungen uns gegenüber dokumentiert ist, unabhängig von anderen Problemen oder Diskriminierungen, denen sie ausgesetzt sind. 

… dass wir anderen keine eigenen Räume streitig machen und keine individuelle Selbstbezeichnung, aber auf unseren Räumen und Begriffen bestehen. Das bedeutet auch einen Begriff „Frau“, der nicht jede Person einschließt, die das fordert.

Die Alternative zu diesen Forderungen können wir in der Entwicklung des LFT – des Lesbenfrühlingstreffens – ablesen. Es ist die gleiche Entwicklung, die JEDER Frauenraum und jede Fraueninitiative genommen hat, die sich geöffnet hat.

Am Anfang waren nur einzelne Männer da, bei Lesben einzelne Trans, die zunächst noch vorsichtig und solidarisch waren. Einige blieben und bleiben es auch. Gleichzeitig bedeutete sowohl die Sozialisation vieler dieser Männer und Transfrauen als auch die der Frauen eine Marginalisierung, ein Zurückdrängen, ein Verschieben der Frauenthemen und entsprechender Anliegen, ein ewiges Platzmachen, ein braves Zuhören durch die Frauen.

Im nächsten Schritt waren diese Männer und sind jetzt die Transfrauen erheblich prominenter vertreten – in den Vorständen, den entscheidenden Gremien, in der Vertretung nach außen, bei Entscheidungen nach innen – sie sind nicht nur informell maßgeblich, sondern bereits formell angekommen und dominieren jetzt die gesamte Struktur des Raumes oder der Gruppe.

Im letzten Schritt ist aus einer feministischen Initiative oder einem Frauenraum mit frauenpolitischen Schwerpunkten einfach eine weitere allgemeine Initiative geworden. Sei es bei den Gewerkschaften, sei in den Parteien und sei es bei Queer. Das Mittel dazu war immer der Verlass auf unsere Sozialisation und das Einschwören auf „gemeinsame“ Ziele, die Behauptung, dass wir „gemeinsam“ doch viel stärker sind.

Trans* sind durch Übernahme und Kolonisierung des Feminismus tatsächlich stärker. Ohne Feministinnen wären sie eine winzige Splittergruppe.  Bei Konservativen, Reaktionären und Rechten hat der jetzige, aggressive Transaktivismus nichts zu holen, da diesen Leuten der Blick auf die Zusammenhänge fehlt um zu verstehen, wie sehr ihre Anliegen durch diesen Aktivismus eigentlich bedient werden. Also sichern sich Trans die Linke und die Grünen und Antifa-Gruppen. Feministinnen haben bei den Linken nur oberflächliche Freunde, mehr als Zugang zu Abtreibungen und folgenlose Ablehnung allzu offener Gewalt ist selten drin. Der Gedanke, dass es den lauten Frauen endlich an den Kragen geht, jetzt, wo es bei Gleichstellungen nicht mehr „nur“ um Frauen geht, lässt die linke Blogosphäre richtiggehend schnurren, jauchzen und frohlocken.   

Was passiert, wenn Frauen weiterhin einen Fokus auf Frauenthemen und Solidarität einfordern, konnten wir bei Michfest sehen, wir können es bei den Dykemarches sehen – eine gerne akzeptierte, weit unterstützte oder, falls die Taktiken zu sehr auffallen, geflissentlich übersehene Kampagne der Verleumdungen und der Gewalt beseitigen diese Veranstaltungen oder entstellen sie bis zur Unkenntlichkeit. Hierzulande dient der schnelle aalglatt hingeworfene Satz der „gruppenbezogenen Menschenfeindlichkeit“ als Einschüchterungstaktik. Die wirkt, auch wenn es absurd ist, wenn Bedenken zu eigenen Räumen und Sprache damit bedacht werden und noch absurder, wenn ausgerechnet denen, die sich für links halten, nicht anderes einfällt als „Feminazi“ ….

Was hier leider auch im Feminismus verwechselt wird, ist solidarisches Handeln mit Selbstaufgabe, Solidarität mit Zulassen von Übernahme bzw. Kolonisierung. Sich mit Trans* gegen die AfD zu stellen, geht auch ohne Aufgabe unserer Räume und Sprache. 

Dass unsere Solidarität immer nur eine Einbahnstraße ist, können Frauen immer dann beobachten, wenn wir nicht sehr dezidierte und laute Forderungen stellen, wenn wir nicht damit drohen, unsere Solidarität und Unterstützung von einer Berücksichtigung auch unserer Belange abhängig zu machen. Wenn wir unsere Forderungen nicht aufgeben, führt das hin- und wieder zu ermutigenden Ansätzen, Erlebnissen – die Entwicklungen, wenn wir das nicht tun, haben wir immer wieder und wieder gesehen.

Bekenntnisse einer „TERF-Versteherin“

Feminismus Graffiti

maariaadiaaz_ via Flickr [CC BY-NC-SA 2.0]

Ein Gastbeitrag von Dorothée

Dieser Text stammt von einer Frau, einer Transfrau, noch dazu spät entdeckt intersexuell (KS – 47,XXY / 46,XY Mosaik 4) und einer bekennenden Lesbe. Das ist die eine Seite und eigentlich sind es ja schon mehrere, über die sich problemlos streiten ließe. Und er stammt von einer, die zunächst etwas gebraucht hat, bis sie sich die ihr oft als Schmähung entgegengeschleuderte “TERF-Versteherin” irgendwann zu eigen gemacht hat. Aber mal von vorne.

Ich, also die Autorin, bin 50 Jahre, weiß, weitgehend gesund und so aus verschiedenster Sicht bis heute privilegiert. Es ist aber auch so, dass ich musiziere, viel schreibe und noch mehr lese, sehr gerne mit offenem Blick reisend unterwegs bin, mich für lokale Kulturen weltweit und Sprachen interessiere und noch so viel mehr. Einen Menschen macht ja Vieles aus. Es fällt mir bis heute schwer etwas zu benennen, was mich in meiner Identität so geprägt hätte, dass ich dieser Erfahrung alles unterordnen würde. Aber ich habe natürlich auch das Gespür dafür, dass all das nicht gleichgewichtig sein kann. Und so ist mir insbesondere zuvörderst bewusst, dass ich losgelöst von meinem heutigen Leben eben fast fünf Jahrzehnte lang nolens volens männlich sozialisiert wurde; mit all den damit verbundenen aberwitzigen Privilegien, die ich keineswegs immer als Segen, sondern häufig auch als Fluch gesehen habe, aber halt doch mit diesen Privilegien. Und nein, ich bin nicht auf alles stolz, was ich aus dieser Ausgangslage stammend mir herausgenommen habe. Aber auch das wird immer Teil von mir bleiben. Weiterlesen