Von Elisabeth-Elstop
Vorbemerkung: Es geht hier nicht um * für diverse Personen, also nicht um * für intergeschlechtliche. In deren Selbstbezeichnungen möchte ich mich in voller Solidarität nicht einmischen.
Es geht um das *, wenn es
Frauen, die weder intergeschlechtlich sind, noch sich als irgendetwas anderes
sehen als Frauen, aufgezwungen wird. Es geht um das „Cis“, das uns aufgezwungen
wird.
Mit „Frauen“ sind in diesem
Text die Menschen gemeint, die nicht zu den „Penisgeborenen“ gehören. Der
Begriff „Penisgeborene“ ist nicht gerade poetisch, aber diejenigen, die für
meinesgleichen „Uterusmensch“ oder „Endosexuelle“ oder „Menstruierende“ für
angemessen halten, wenn der Begriff „Cisfrau“ dann doch ein paar häufig
gegebene körperliche Merkmale oder Aktivitäten nicht abdeckt, haben sicher
Verständnis dafür. Dieser Text bezieht sich auf Frauen und, falls gewünscht,
auf diejenigen intergeschlechtlichen Menschen, die ihr Leben von Anfang oder
von sehr früher Jugend an als Frau gelebt haben und die sich von „Frau“ nicht
wegdistanzieren wollen. Penisgeborene, also solche mit Penis oder
Penishintergrund, sind mit diesem Begriff in diesem Text nicht gemeint.
Vielleicht verstehen Einige, die jetzt noch davon abgestoßen sind, nach der
Lektüre des Textes, warum nicht.
Frau* oder Cisfrau oder die
Farce, sich doch Pronomen einfach auszusuchen, haben als Begriffe bzw.
Praktiken vier Bedeutungen, die sich aus dem Ansatz hinter ihnen ergeben. Das *
soll u.a. auf „Konzeptionierungen“ oder Selbstbezeichnungen hinweisen. Doch es geht
um mehr.
Dass aus dem Körper eines
Menschen, auch aus dem geschlechtlich bestimmten Körper, nicht auf Fähigkeiten
oder Eigenschaften geschlossen werden kann, ist Grundverständnis im Feminismus.
Das * oder das „Cis“ drücken
aus, dass sich die einzelne Frau zwar (noch) als „Frau“ bezeichnen darf, aber
nur unter der Bedingung, dass es eben mehrere „Konzeptionen“ davon gibt, nur
unter der Maßgabe, dass sie sich selber nicht in diesem Begriff als Norm sieht.
Denn Gott und Kaiser samt Vaterland bewahret, dass diese Wesen – Frauen! – sich
irgendwo als Norm setzen.
Mit * oder als „Cisfrau“
(oder den „selbst ausgesuchten“ Pronomen) bleiben mir nur diese Möglichkeiten:
- Ich erkenne an, dass ich nicht das Recht auf Normsetzung habe, nenne mich wie gefordert und akzeptiere damit meine eigene Unterdrückung. Das ist unattraktiv.
- Ich
erkenne an, dass ich in dieser Gesellschaft als Frau erkannt werde, weil ich
den gesellschaftlichen Klischees oder Erwartungen zu „Frau“ entspreche. Der
Körper der Frau darf ja als Referenzpunkt nicht genannt werden, also bleiben
Klischees samt sozialer Rolle, wenn ich das * oder das „cis“ akzeptiere,
identifiziere ich mich mit diesen gesellschaftlichen Klischees und dieser
Rolle. Das ist eine Definition, die aus jedem Akt geschlechtsspezifischer
Gewalt oder Diskriminierung ein (Cis-) Privileg macht.
- Demgegenüber
wird gesagt, dass ich individuell den Begriff „Frau“ für mich ja definieren
kann, wie ich will, dass ich mich ja so nennen kann, wenn, wann und wie ich
will, und alle anderen auch – um den Preis der Bedeutungslosigkeit der
Lautfolge <frau>. Darauf lässt sich keine politische Bewegung gründen.
- Die
vierte Möglichkeit, die mir vor allem mit dem * bleibt, ist die Distanzierung
nach dem Motto, dass Manche mich für eine „Frau“ halten mögen, ich mich aber
anders empfinde – ein Akt der Entsolidarisierung und Klischeezuweisung an
andere.
Auch darauf lässt sich keine Bewegung gründen.
Im besten Fall landen wir
damit, was unsere Rechte als Menschen angeht, im allgemein humanitären Bereich,
und dass das für Frauenrechte nicht ausreicht, hat sich die letzten 7000–10000
Jahre und auch die letzten 7–10 immer wieder gezeigt.
Im schlimmsten und im
wahrscheinlicheren Fall landen wir da, wo wir die letzten 7000–10000 Jahre
immer wieder hindelegiert wurden: Im sprachlosen Bereich.
Auch darauf lässt sich keine
politische Bewegung gründen.
Deswegen, und da capo, da
capo, da capo crescendo –
zur Wiederholung folgende
Feststellungen zu unserer Gesellschaft:
Radikaler Feminismus geht
davon aus,
… dass die Benachteiligung
und die Unterdrückung von Frauen eine gesellschaftliche Entscheidung nach Blick
auf unseren Körper ist, eine Rollenzuweisung und eine Positionsanweisung in
einer hierarchischen Gesellschaft und nicht eine Folge unserer Selbstzuschreibung,
und dass wir davon auch nicht durch Abschaffen der Analysekriterien und einem
Verschieben von Begriffen wegkommen.
… dass die Sozialisation von
Frauen, die bis in konkrete Körpererfahrungen reicht, eine andere ist als die
Sozialisation anderer Personen und dass daher die ohne Penis geborenen nach wie
vor das Recht auf eigene Räume haben müssen – und auf eigene Definitionen in
politisch tragfähigen Begriffen, die mehr zum Ausdruck bringen als allgemein
humanitäre Anliegen und etwas anderes als die Akzeptanz unserer Unterdrückung.
… dass unsere pausenlose
Sozialisation als mütterliche, verständnisvolle, nährende und bescheidene
Personen, als nützliche Idiotinnen, die sich um alles kümmern, außer sich
selber, unserer Befreiung im Weg steht und wir daher eigene Räume nach wie vor
brauchen, Räume ohne die Profitierenden der jetzigen Ordnung, deren
Privilegierung in der Akzeptanz sämtlicher Forderungen uns gegenüber
dokumentiert ist, unabhängig von anderen Problemen oder Diskriminierungen,
denen sie ausgesetzt sind.
… dass wir anderen keine
eigenen Räume streitig machen und keine individuelle Selbstbezeichnung, aber
auf unseren Räumen und Begriffen bestehen. Das bedeutet auch einen Begriff
„Frau“, der nicht jede Person einschließt, die das fordert.
Die Alternative zu diesen
Forderungen können wir in der Entwicklung des LFT – des Lesbenfrühlingstreffens
– ablesen. Es ist die gleiche Entwicklung, die JEDER Frauenraum und jede
Fraueninitiative genommen hat, die sich geöffnet hat.
Am Anfang waren nur einzelne
Männer da, bei Lesben einzelne Trans, die zunächst noch vorsichtig und
solidarisch waren. Einige blieben und bleiben es auch. Gleichzeitig bedeutete
sowohl die Sozialisation vieler dieser Männer und Transfrauen als auch die der
Frauen eine Marginalisierung, ein Zurückdrängen, ein Verschieben der
Frauenthemen und entsprechender Anliegen, ein ewiges Platzmachen, ein braves
Zuhören durch die Frauen.
Im nächsten Schritt waren
diese Männer und sind jetzt die Transfrauen erheblich prominenter vertreten –
in den Vorständen, den entscheidenden Gremien, in der Vertretung nach außen,
bei Entscheidungen nach innen – sie sind nicht nur informell maßgeblich,
sondern bereits formell angekommen und dominieren jetzt die gesamte Struktur
des Raumes oder der Gruppe.
Im letzten Schritt ist aus
einer feministischen Initiative oder einem Frauenraum mit frauenpolitischen
Schwerpunkten einfach eine weitere allgemeine Initiative geworden. Sei es bei
den Gewerkschaften, sei in den Parteien und sei es bei Queer. Das Mittel dazu
war immer der Verlass auf unsere Sozialisation und das Einschwören auf
„gemeinsame“ Ziele, die Behauptung, dass wir „gemeinsam“ doch viel stärker
sind.
Trans* sind durch Übernahme
und Kolonisierung des Feminismus tatsächlich stärker. Ohne Feministinnen wären
sie eine winzige Splittergruppe. Bei
Konservativen, Reaktionären und Rechten hat der jetzige, aggressive
Transaktivismus nichts zu holen, da diesen Leuten der Blick auf die
Zusammenhänge fehlt um zu verstehen, wie sehr ihre Anliegen durch diesen
Aktivismus eigentlich bedient werden. Also sichern sich Trans die Linke und die
Grünen und Antifa-Gruppen. Feministinnen haben bei den Linken nur
oberflächliche Freunde, mehr als Zugang zu Abtreibungen und folgenlose
Ablehnung allzu offener Gewalt ist selten drin. Der Gedanke, dass es den lauten
Frauen endlich an den Kragen geht, jetzt, wo es bei Gleichstellungen nicht mehr
„nur“ um Frauen geht, lässt die linke Blogosphäre richtiggehend schnurren,
jauchzen und frohlocken.
Was passiert, wenn Frauen weiterhin
einen Fokus auf Frauenthemen und Solidarität einfordern, konnten wir bei
Michfest sehen, wir können es bei den Dykemarches sehen – eine gerne
akzeptierte, weit unterstützte oder, falls die Taktiken zu sehr auffallen,
geflissentlich übersehene Kampagne der Verleumdungen und der Gewalt beseitigen
diese Veranstaltungen oder entstellen sie bis zur Unkenntlichkeit. Hierzulande
dient der schnelle aalglatt hingeworfene Satz der „gruppenbezogenen
Menschenfeindlichkeit“ als Einschüchterungstaktik. Die wirkt, auch wenn es
absurd ist, wenn Bedenken zu eigenen Räumen und Sprache damit bedacht werden
und noch absurder, wenn ausgerechnet denen, die sich für links halten, nicht
anderes einfällt als „Feminazi“ ….
Was hier leider auch im
Feminismus verwechselt wird, ist solidarisches Handeln mit Selbstaufgabe,
Solidarität mit Zulassen von Übernahme bzw. Kolonisierung. Sich mit Trans*
gegen die AfD zu stellen, geht auch ohne Aufgabe unserer Räume und
Sprache.
Dass unsere Solidarität
immer nur eine Einbahnstraße ist, können Frauen immer dann beobachten, wenn wir
nicht sehr dezidierte und laute Forderungen stellen, wenn wir nicht damit
drohen, unsere Solidarität und Unterstützung von einer Berücksichtigung auch
unserer Belange abhängig zu machen. Wenn wir unsere Forderungen nicht aufgeben,
führt das hin- und wieder zu ermutigenden Ansätzen, Erlebnissen – die
Entwicklungen, wenn wir das nicht tun, haben wir immer wieder und wieder
gesehen.