Gender ist keine Identität, es ist ein Werkzeug des Patriarchats: Eine feministische Sicht auf Genderidentitätspolitik

Wir wollen den feministischen Diskurs beleben und unterschiedliche Ansätze zur Diskussion stellen. Deshalb erscheinen bei uns regelmäßig Gastbeiträge, die nicht zwangsläufig die Haltung der oder aller Störenfriedas wiedergeben, aber wichtige Impulse für die feministische Debatte geben können.

Dieser Text ist eine Übersetzung des am 15. August 2016 auf dem Blog Gender Critical Greens erschienenen Beitrags »Gender is not an identity, it is a tool of patriarchy: A feminist view of gender-identity«. Feststehende oder teilweise ins Deutsche übernommene englische Begriffe sind in Klammern ergänzt. Fußnoten entsprechen Erklärungen und Anmerkungen der Übersetzerin.

Menschen sind alle einfach in Ordnung

Männer sind in Ordnung, Frauen sind in Ordnung. Jeder Körper ist in Ordnung, jeder Körper ist perfekt. Wenn wir das glauben, dann muss jedes Gefühl der Abspaltung oder negative Gefühle gegenüber unseren Körpern eine furchtbare Qual sein, ob nun durch Trauma, Misshandlung, gesellschaftlichen Druck, Verletzung, Krankheit, Sexismus, Rassismus oder Disableismus[1] verursacht.

Biologie

Biologisch kommen Menschen in zwei Geschlechtern vor, d. h. wir sind sexuell[2] zweigestaltig (dimorph). Eine kleine Anzahl von Menschen wird intersexuell geboren, was die Realität von zwei Geschlechtern aber nicht negiert, sondern eher bestätigt. Man kann keine Kombination von zwei Dingen sein, wenn die beiden Dinge nicht existieren. Herkömmlicherweise wurden die Körper intersexueller Menschen chirurgisch bei der Geburt verändert, um dem einen oder anderen Geschlecht zu entsprechen. Allerdings gibt es mittlerweile eine Bewegung von intersexuellen Menschen, die die Validität dieses Vorgehens anzweifeln. Wenn alle Körper gut sind, warum sollte man Säuglingen, die nicht in der Lage sind zuzustimmen, diese Konformität aufzwingen? Warum sollte man perfekte Körper, wie es alle Körper sind, chirurgisch verändern?

Feministische Ansichten zu Unterdrückung

Die Feministische Denkweise, wie sie durch Bewusstseinsbildung, Schreiben und Aktivismus entwickelt wurde, bietet eine Analyse von biologischem (Sex) und sozialem Geschlecht (Gender), die Gender als ein System von Erwartungen, Zwängen und Hierachie betrachtet, das Männern und Frauen aufgenötigt wird. Sie behauptet, dass die patriarchale Gesellschaft ein hierarchisches System der Unterdrückung zwischen den biologischen Geschlechtern erschaffen hat, demzufolge Männer als Klasse Macht über Frauen als Klasse haben. Diese repressive Hierarchie überschneidet sich mit allen anderen Hierachien, sprich Rassismus, Disableismus, Klassismus,[3] Homophobie, usw., um komplexe, verwobene Hierachien zu schaffen, die unterschiedliche Konsequenzen für verschiedene Gruppen haben. Individuen in einer Unterdrückergruppe können natürlich verletzt und verzweifelt sein, auch infolge ihrer Rolle in der Hierachie. Der Feminismus konzentriert sich auf die Bedeutung unseres biologischen Geschlechtes, denn wenn wir uns anschauen, wie Sexismus2 funktioniert, beobachten wir durch unsere Erfahrungen, dass Biologie die Entschuldigung für die Unterdrückung von Frauen sowie ein wesentlicher und entscheidender Schauplatz dieser Unterdrückung ist. Wir werden also nicht aufgrund dessen, wie wir uns identifizieren, in dieser Gesellschaft unterdrückt, diskriminiert, kontrolliert und misshandelt, sondern durch das Fortpflanzungssystem unserer Körper, durch sexuellen Missbrauch und Vergewaltigung (und die Bedrohung durch sie), durch Prostitution, Pornographie, Gebärfähigkeit und alle Aspekte unserer Fruchtbarkeit. Seit Tausenden von Jahren haben Männer Frauen kontrolliert – ökonomisch, sozial, sexuell, emotional und physisch – durch unsere Körper und unsere Fruchtbarkeit.

Diese Ansicht bedeutet nicht, dass wir der Biologie erlauben, uns zu definieren. Im Gegenteil macht Feminismus geltend, dass jede Frau alles tun oder sein kann, dass die Tatsache unserer Weiblichkeit niemals ein limitierender Faktor sein sollte, dass wir ohne Einschränkungen sein sollten und dass alles, was uns als Frauen einschränkt, kontrolliert, diskriminiert oder verletzt, falsch ist. Aber wir können uns nicht einfach aus der Unterdrückung herausidentifizieren, und das Verleugnen der Realität unserer biologischen Beschaffenheit hindert uns daran, das benennen, konfrontieren und uns dagegen organisieren zu können, was uns durch unsere Körper angetan wird.

Feministische Ansichten zu Gender

Gender ist ein Set an gesellschaftlich auferlegten, gesellschaftlich konstruierten Normen, die die Struktur, durch die alle Männer und Frauen (in Schubladen) eingesperrt werden, aber im Speziellen auch die Bausteine der Hierarchie zwischen Männern und Frauen sind. Ab einem sehr jungen Alter, fast ab der Geburt,[4] werden diese Gendererwartungen durch die Kleidung, die wir tragen, die Spielsachen, mit denen wir spielen, die Farben, die als angemessen betrachtet werden, das Verhalten, das von uns erwartet wird, die Haltung, die uns gegenüber ausgedrückt wird, aufgezwungen. Sie mögen von Kultur zu Kultur und durch die Geschichte hindurch variieren, aber der Zweck ist derselbe, nämlich uns entsprechend unseres biologischen Geschlechtes in die Rollen der Gesellschaft umzumodeln. Diese Genderschubladen sind schädlich für Jungen und Männer, vor allem in dem Maße, dass sie den Ausdruck von Gefühlen der Traurigkeit, Kummer oder Angst streng verbieten und das Weinen und Zittern als Schwach- und Femininsein unterdrücken. Sie prägen unsere Jungen in einen Zustand der Abspaltung von ihren Gefühlen, was zutiefst schädlich für sie selbst und die Gesellschaft ist. In vielerlei Hinsicht sind jedoch die Einschränkungen, die Mädchen durch Gender auferlegt werden, die Grundlage für den Sexismus und die Misogynie, die das Leben von Frauen zerstört.

Genderidentität?

Gender ist, was Feminismus seit Jahrzehnten kritisiert hat, so dass das neuere Konzept der Genderidentität als etwas, das gewählt und gefeiert werden kann, für Feministinnen ein seltsames ist. Die Kategorien nichtbinär (non-binary), genderfließend (genderfluid), agender und eine Unzahl anderer Identitäten scheinen Ausdrücke der Unzufriedenheit mit »Frausein« oder »Mannsein« in dieser Gesellschaft zu sein. Zu Recht! Niemand möchte durch seine Biologie, durch das, was die Gesellschaft uns auf Basis unserer Biologie aufzwingt, durch sozial konstruierte Genderrollen eingeschränkt werden. Aber die Realität zu leugnen, indem versucht wird, sich aus Mann- oder Frausein herauszuidentifizieren, wird nicht nur nicht funktionieren, da Sexismus sich nicht darum schert, wie wir uns »identifizieren« könnten, sondern auch unwillentlich die Genderrollen verstärken. Es ist wie unsere Hände hochzuhalten und zu sagen »Du hast gewonnen, eine Frau kann in dieser Gesellschaft nicht stark sein, ein Mann kann nicht einfühlsam und fürsorglich sein, und da ich all das sein will, bin ich eindeutig keine Frau/kein Mann.« Nein, nein, nein! Lasst uns nicht die Lügen des Patriarchats schlucken, lasst uns darauf beharren, dass die objektive Definition von uns als weiblich oder männlich, die auf biologischen Realitäten basiert, niemals unsere Persönlichkeit, unsere Haltungen, unsere Fähigkeiten, unsere Wünsche, unser Verhalten, unseren Platz in der Welt definieren wird.

Es ist zudem sehr gefährlich, unsere Biologie zu verleugnen. Menschen können ihr Geschlecht nicht wirklich ändern. Wir können Hormone nehmen und uns auf chirurgische Veränderungen an unseren Körpern einlassen. Diese können unser Aussehen, Stimme, Körperbehaarung, Brüste, Genitalien verändern, aber wir werden immer biologisch sein, als was wir geboren wurden, und gesundheitliche Bedürfnisse haben, die darauf basieren, dass z. B. nur Männer Prostatakrebs bekommen und sich Symptome von Herzkrankheiten für Frauen anders äußern.

Transitionieren

Wenn wir geboren werden, werden wir aufgrund objektiver Beobachtungen der Genitalien als männlich oder weiblich bezeichnet und nicht, wie es gerade modisch wird zu sagen, »bei der Geburt dem weiblichen oder männlichen Geschlecht zugewiesen« (assigned female/male at birth). Was uns zugewiesen wird, sind gesellschaftliche Rollen basierend auf unserem (biologischen) Geschlecht, und das ist es, was problematisch ist. Transitionieren, wie weit eine Person damit auch gehen könnte, kann jemanden also nicht in das gegenteilige Geschlecht transformieren. Man kann nur »als« das gegenteilige Geschlecht »leben«, also sozial transitionieren und sein Erscheinungsbild ändern. Viele von uns, besonders in der LGB-Gemeinschaft und der Frauenbewegung, respektieren die Entscheidung von Individuen, dies zu tun, seit Jahren, indem wir sie mit dem Namen und dem Pronomen, das sie erbitten, ansprechen; und die grundlegenden Menschenrechte diktieren, dass niemand auf Basis dieser Entscheidung diskriminiert werden sollte, sei es beim Arbeitsplatz, Wohnraum, Zugang zu Dienstleistungen, usw. Noch sollte irgendeine Transperson misshandelt oder angegriffen werden. Jede derartige Diskriminierung oder Misshandlung wird zu Recht »Transphobie« genannt.

»Männlich-zu-Trans«-Menschen

Männlich-zu-Trans-Menschen[5] (male to trans, MTT) wurden als Männer, also Mitglieder der Gruppe, der Macht und Privilegien gegenüber Frauen gewährt werden, erzogen. Sie wurden dazu konditioniert, die Privilegien dieser Gruppe zu übernehmen, und haben tatsächlich von diesen Privilegien profitiert. Sie werden unweigerlich Verhaltensmuster und Anspruchshaltung (entitlement), die mit dieser Gruppe verbunden sind, in sich tragen. Das ist wahr, wie verletzt oder verzweifelt sie sich auch gefühlt haben. Zu behaupten, dass sie eigentlich Frauen sind, Mitglieder der unterdrückten Gruppe, und überdies, obwohl sie männliche Körper haben und als männliche Menschen erzogen wurden, immer Frauen waren; Zugehörigkeit zur unterdrückten Gruppe zu beanspruchen und somit die Definition dieser Gruppe (sprich weiblich als objektiv durch das biologische Geschlecht definiert) zu ändern ist eine extreme Form von Sexismus und besonders bitter für Frauen selbst. Die Behauptung »Transfrauen sind Frauen« ist eine Ideologie ohne faktische Grundlage, die von vielen MTTs nicht geglaubt oder eingehalten wird. Die Übernahme dieser Behauptung ist nicht die einzige Art, Transmenschen zu unterstützen, und tatsächlich ziemlich wenig hilfreich für Individuen, die damit hadern, einen Weg zu finden, glücklich in ihren männlichen Körpern zu leben. Der Grund, dass diese Behauptung eigentlich keine Grundlage hat, ist, was, abgesehen von biologischem Geschlecht, ist die Definition von weiblich? Ist es ein Gefühl? Ist es eine Identität? Ist es ein Hirn getrennt von einem Körper? Die von uns, die als Frauen geboren und erzogen wurden und als Frauen in dieser Gesellschaft leben, mögen ganz nachvollziehbarerweise sagen, dass solche Definitionen eine Beleidigung gegenüber unseren Leben und Erfahrungen sind, gegenüber den 85 000 Frauen, von denen bekannt ist, dass sie jedes Jahr in England und Wales vergewaltigt werden, gegenüber den 35 % von Frauen weltweit, die männliche Gewalt durchleben. Jeder Versuch, weiblich anders als durch Biologie zu definieren, greift unweigerlich auf Genderstereotype zurück, so dass alle Verweise dieser Ideologie darauf, »eine Frau zu sein« oder »sich wie eine Frau zu fühlen«, auf solchen sozial konstruierten Ideen beruhen, wie feminine Kleidung tragen, mit Puppen spielen, Make-up tragen, »mädchenhafte« Dinge tun und ganz entscheidend keine »Jungs«-Sachen machen zu wollen. Seltsamerweise manifestiert sich das selten in dem Bedürfnis, Hausarbeit zu erledigen oder 14 % weniger Bezahlung zu erhalten, als sie das als Mann täten. Es wird als Ablehnung von Genderrollen porträtiert, ist aber eigentlich eine Übernahme der Stereotype, die mit dem gegenteiligen Geschlecht verbunden werden, somit ein Verstärken dieser Stereotype, da diese nur zu einem Geschlecht gehören, und demnach eine zutiefst traditionelle, regressive und misogyne Einstellung. Sorry, Jungs, dass ihr es nicht schafft, aus eurer restriktiven Genderschublade auszubrechen, indem ihr in unsere springt und uns in diesem Vorgang umdefiniert! Das müsst ihr auch nicht. Männer können alles sein, alles tragen, alles tun, alles fühlen. Frauen definieren oder limitieren euch nicht, nur das Konzept von Gender tut es.

Der Backlash gegen den Feminismus…

Die feministische Kritik und Anfechtung der Genderrollen hatte ein großes Maß an Erfolg in den 70ern und 80ern, zum Vorteil von allen. Early Learning Centres[6] warben für das ent-gendern von Spielzeug, Mädchen konnten Latzhosen tragen und auf Bäume klettern, Jungen konnten sich durch Spielen mit Puppen auf die Vaterschaft vorbereiten, Bücher entwickelten sich von »Janet und John«[7] zu Geschichten mit starken weiblichen Charakteren weiter. Der Rückschlag (Backlash) gegen den Feminismus wurde absichtlich von einem kapitalistischen System gefördert, das es vorzog zweimal so viele Güter an Eltern zu verkaufen, und mit diesem Backlash wurden Genderrollen enger denn je. Die Gesellschaft ließ sich auf die ganze Prinzessinnenmetapher mit sexualisierter Kleidung für jüngere und jüngere Mädchen ein, während Jungen zurück in die Macho-Superheldenrollen gedrückt wurden und von ihnen einmal mehr erwartet wurde, hart zu sein und niemals Gefühle zu zeigen. Das war eine absichtliche Umkehrung von vielen der Errungenschaften der Frauenbefreiungsbewegung und schädlich für uns alle.

…und seine Konsequenzen

Es ist kein Zufall, dass die jüngste massive Zunahme und das Interesse am Transitionieren, besonders unter Jugendlichen, zu einer Zeit aufgetreten ist, in der die Verengung der Genderrollen zu einer Tyrannei geworden ist und junge Menschen zu Recht aus diesen Schubladen ausbrechen wollen. Die feministische Analyse von Machtverhältnissen ist über die Jahre zu der Notwendigkeit von »Gendergleichberechtigung« verunglimpft worden, als wenn willkürliche und unerklärliche Diskriminierung eher das Problem wäre, als ein bewusst kultiviertes Machtsystem. Das Fehlen einer Analyse, dass Genderrollen und Hierarchie das Problem sind, hat zu der Auffassung geführt, dass, wenn wir die Regeln und Rollen der Gesellschaft nicht mögen, etwas mit uns falsch ist und wir uns selbst ändern müssen; dass »Gender« die Realität ist und nicht biologisches Geschlecht; dass wir uns selbst neu definieren müssen, nicht als das Geschlecht, das wir sind, sondern entweder als das gegenteilige Geschlecht oder als eine neue »Genderidentität«. Die feministische Sicht, dass Gender eine Illusion ist, ein gesellschaftlich aufgezwungenes Set an Regeln, die Männer und Frauen auf ihren Plätzen halten und die Vorherrschaft von Männern über Frauen aufrechterhalten, ist eine, von der viele junge Menschen abgehalten wurden, sie zu hören, durch eine Gesellschaft, die ein Interesse daran hat, den Status quo zu wahren. Es scheint immer noch revolutionär zu sein, zu sagen, »Frauen und Mädchen können alles sein, Jungen und Männer können alles sein! Da ist nichts falsch an dir, wenn du dich nicht anpasst, es ist die Gesellschaft, die falschliegt!«. Es ist jetzt dringender denn je geworden, das laut und deutlich zu reklamieren, denn unsere Mädchen werden in den Stürmen der Genderidentität hin und her geschleudert und kommen zu einigen besorgniserregenden und geradezu gefährlichen Schlussfolgerungen.

»Weiblich-zu-Trans«-Menschen

Der größte Anstieg an Überweisungen zu »Genderidentität«-Kliniken findet sich neuerdings unter Mädchen und jungen Frauen. Unsere Aufmerksamkeit wurde von MTTs beansprucht, die durch die Wirksamkeit von männlichen Mustern der Anspruchshaltung und Selbstzentrierung, mit denen sie aufgezogen wurden, die ganze mediale Aufmerksamkeit eingenommen haben. Frauen sind damit beschäftigt, den Eingriff in unsere hart erkämpften Räume für frauenzentrierte Praxis, z. B. Krisenzentren für Vergewaltigungsopfer, Frauenhäuser, feministische Organisationen und lesbische Räume, zu bewältigen und zu versuchen, Lösungen auszuhandeln, die inklusiv sind, aber als Frauen geborenen Frauen das Recht erlauben, sich zu treffen und sich zusammen zu organisieren. Aber währenddessen werden unsere gendernichtkonformen Mädchen hinter unseren Rücken ermutigt zu denken, dass sie männlich sind. Das ereignet sich auf Seiten sozialer Medien wie Reddit und Tumblr durch eine Ideologie, die besagt, wenn du nicht feminin bist oder dir Femininsein nicht behagt, dann bist du nicht weiblich. Viele Mädchen, die in unserer derzeit hochsexualisierten Gesellschaft in die Pubertät kommen, sind beunruhigt, ängstlich, unglücklich damit und lehnen ab, was von ihnen erwartet wird, wenn ihre Körper sich ändern. Das muss nicht überraschen. Umgeben zu sein von einer Generation an Jungen, groß geworden mit Internetpornographie und konfrontiert mit hypersexualisierten Bildern von Frauen, stellt ein einschüchterndes, wenn nicht gar geradezu missbräuchliches Klima für heranwachsende Mädchen dar. Kaum verwunderlich also, dass Mädchen die Rolle der sexuellen Verfügbarkeit ablehnen und mit ihr ihre eigenen sich entwickelnden Körper, die ein Magnet für alles von »kleineren« Objektifizierungen bis hin zu völligem sexuellen Missbrauch zu sein scheinen. Die Vergewaltigungskultur (rape culture) ist gesund und munter, und Mädchen, die durch die Stromschnellen der Pubertät navigieren, haben jeden Grund, es abzulehnen, eine Frau zu werden. Es gibt derzeit nur sehr wenig Spielraum oder Möglichkeiten, sich als Frau in dieser Gesellschaft aus der Objektifizierung auszuklinken.

Extrem besorgniserregend ist, dass ein Mädchen, das sich einer Genderidentitätsklinik als potentiell »trans« vorstellt, zumeist als Ergebnis einer Social-Media-Kultur, die sie animiert hat zu glauben, dass sie das vielleicht sei, zunehmend in dieser starren Position »bestätigt« wird, was nahezu unvermeidlich zur gesellschaftlichen Transition führt. Mädchen binden dann ihre Brüste ab, was zu eingeengten Lungen und Atmungsproblemen führt. Mädchen haben Mastektomien.[8] Mädchen nehmen pubertätshemmende Hormone, gefolgt von Testosteron (das nicht allgemein für Mädchen und Frauen zugelassen ist), was häufig in dauerhafter Sterilisation resultiert. Dauerhafte Sterilisation, ermöglicht von Erwachsenen in verantwortlichen Funktionen. Von künftigen Genitaloperationen ganz zu schweigen. Solch ein Weg sollte absolut die letzte Option sein, wenn die ganze andere therapeutische Unterstützung ausgeschöpft worden ist. Die Erwachsenengesellschaft lässt unsere jungen gendernonkonformen Mädchen allumfassend im Stich. Wir sollten ihnen dazu gratulieren, die Erfüllung femininer Genderollen zu verweigern, ihnen vergewissern, dass da nichts wie auch immer falsch an ihnen und ihren Körpern ist, und die Schuld einzig und allein einer misogynen Kultur aufladen. Wie konnte es dazu kommen, dass es eine fortschrittliche Position ist, die Verstümmelung von Mädchenkörpern zu fördern, wenn das Leben als weiblicher Mensch für sie unerträglich geworden ist? Warum geraten wir nicht in Aufruhr deswegen? Junge Leute werden immer mit Stilen, Verhaltensweisen, Definitionen und Identitäten experimentieren. Und sie werden ein Reinreden der Erwachsenenwelt in ihre Kultur nicht begrüßen. Aber wir reden hier nicht nur von einer Gothikphase. Erwachsene, inklusive Eltern und Fachleute aller Art, haben eine Verpflichtung, für unsere jungen Leute zu sorgen, und die Konsequenzen der Transition für Mädchen sind einfach zu drastisch und langlebig, um sie dieser Ideologie zu überlassen.

Lesbische Bekehrung & professionelle Verantwortung

Was auch klar ist, ist, dass viele dieser Mädchen, wenn man sie in Ruhe ließe, sicherlich zu Lesben heranwachsen würden. Das wissen wir von den Berichten detransitionierender Frauen ebenso wie von Lesben, die wissen, dass sie als trans gesehen worden wären, wenn das derzeitige Klima um sie herum geherrscht hätte, als sie jung waren. In wiederholten Studien wurde gezeigt, dass eine lesbische Identität in Mädchen für gewöhnlich oft nicht bis zum Ende des Teenageralters oder den frühen Zwanzigern ausgebildet ist. Das bedeutet, dass viele Mädchen, die zu selbstidentifizierenden Lesben heranwachsen würden, durch soziale Medien, Transideologie und wohlmeinende, aber fehlgeleitete Fachanlaufstellen zu dem Glauben »verführt« (»groomed«) werden, sie seien eher »trans« als einfach Mädchen, die es ablehnen, sexuell für Jungen und Männer verfügbar zu sein oder ihre erwartete Rolle als junge Frauen zu erfüllen. Es gibt Fälle von jungen Menschen, denen in Transforen geraten wird, ihren Eltern zu sagen, dass sie suizidal sind, um an die gewünschte Behandlung zu gelangen. Was für eine perverse Gesellschaft bietet Müttern die Wahl zwischen Mastektomie oder Selbstmord für ihre geliebten Töchter? Diesen Mädchen und ihren Eltern ist nicht gedient mit professionellen Stellen, die sich auf ein Denksystem eingelassen haben, das besagt, wir müssen die Identität einer jungen Person um jeden Preis bestätigen und etwas anderes zu tun ist »transphob«. Wir haben die Verantwortung, eine alternative feministische Perspektive auf ihre Not als junge Frauen anzubieten. Wir würden die Sicht einer Anorektikerin auf sich selbst als fett oder das selbstverletzende »Recht« von Jugendlichen darauf, ihre Körper zu schädigen, nicht »bestätigen«. Wir würden uns die tiefer liegenden Ursachen ansehen und unsere Sorgfaltspflicht immer, immer ernst nehmen. Das Gleiche muss bei Fällen von potentiellen »Trans«-Jugendlichen getan werden.

Es gibt auch zunehmende Bestrebungen, das Konzept, dass es möglich sei, das Geschlecht zu ändern, gegenüber immer jüngeren und jüngeren Kindern zu normalisieren, immer mit dem Verweis auf Genderstereotype. Bücher für 3–5-jährige unterbreiten die regressive Unwahrheit, wenn du eine Schleife im Haar tragen und feminine Dinge tun willst, dann musst du natürlich ein Mädchen sein, und wenn es dein Wunsch ist, Femininität, die Farbe Pink und Rüschenkleider abzulehnen, also ein aktives, dynamisches Mädchen zu sein, dann musst du ein Junge sein. Wie konnte es dazu kommen? Und wie konnte man es auch noch als feministisch betrachten?

Gender & Realität

Wir hören immer wieder von Leuten, die sich selbst als trans definieren, dass sie sich wie eine Frau fühlen, die im Körper eines Mannes gefangen ist, oder andersherum. Frauen wissen, dass ihre Realität kein Gefühl ist, das irgendein Mann beanspruchen kann, aber wir müssen anerkennen, dass dieses Gefühl real ist. Es ist vollkommen zulässig zu beteuern, dass man Gefühle von Unzufriedenheit oder Abspaltung gegenüber seinem Körper hat, allgemein Körperdysmorphie genannt. (Genderdysphorie ist ein eher umstrittener Begriff. Wenn Gender ein soziales Konstrukt und nicht angeboren ist, wie es der Feminismus behauptet, dann ist mit seinem Gender unzufrieden zu sein einfach menschlich, und somit sind wir alle tatsächlich oder potentiell genderdysphorisch, was es eher zu einem unsinnigen Begriff macht.) Doch dieses Leiden als »sich wie eine Frau fühlen« zu umschreiben, birgt eine Reihe an Fragen. Wie kann jemand wissen, wie sich das gegenteilige Geschlecht fühlt? Ist Frau- oder Mannsein mehr ein Gefühl als eine biologische Realität? Abgesehen davon sind Gefühle keine gute Handlungsanleitung. Alles, was sich als schlechtes Gefühl über einen selbst ausdrückt, besonders wenn es so unerträglich wird, dass man nicht fähig ist, in dem Körper, den man hat, zu leben, ist sicherlich etwas, womit eine Person therapeutische Hilfe braucht. Gefühle müssen durch unsere natürlichen Heilungsprozesse des Weinens, Zitterns, usw. rausgelassen werden und die Arbeit mit einer/m guten Therapeut/in wird das erreichen. Tiefe Gefühle bedürfen tiefer Befreiung. Wir alle wissen, wieviel besser wir uns nach einem guten, langen Weinkrampf fühlen können. Natürlich ist verständnisvolle therapeutische Hilfe sehr oft nicht verfügbar, zumindest sicherlich nicht in hinreichendem Umfang und Qualität, um tief verwurzeltes Leid zu bewältigen, und wir wissen von Detransitionierten und anderen, dass Körperdysmorphie ihre Wurzeln oft in physischem oder sexuellem Missbrauch oder anderen traumatischen Lebenserfahrungen hat, wobei die Genderkomponente des Leidens nur der  oberen Schicht entspricht. Auf diese Weise werden die Gefühle der Notwendigkeit, das Geschlecht zu verändern, nicht nur validiert, sondern auch als ein vernünftiger Leitfaden für das Handeln einer Gesellschaft dargestellt, die Gendernonkonformität nicht ertragen kann und aktiv bestraft. Wenn Individuen, die Körperdysmorphie in solch einem Ausmaß erleben, dass sie sich in einer Genderidentitätsklinik vorstellen, keine umfassende therapeutische Unterstützung zuteil wird, um die Ursachen für ihr Leiden freizulegen und ihnen zu helfen, sich von ihrem Schmerz zu erholen, sondern sie eher in ihrer Selbstdiagnose »bestätigt« werden, dann gibt die Gesellschaft ihre Verantwortlichkeit ab und lässt sie im Stich.

Drogen

Wie mit vielen anderen Situationen in der Gesellschaft, bedeutet das Fehlen einer vernünftigen, konsequenten und angemessenen therapeutischen Hilfe, dass die Menschen alternative Mittel zur Bewältigung ihres Schmerzes finden müssen. Das manifestiert sich häufig in der Einnahme von Drogen. Vom Kaffee jeden Morgen, um uns selbst aufzuwecken, über Tabletten, um uns beim Einschlafen zu helfen, bis hin zu Alkohol oder illegalen Drogen, um unsere Gefühle zu betäuben, und Medikamenten gegen psychische Erkrankungen können Drogen uns besser fühlen lassen und sind in einer mangelhaften Gesellschaft eine Lösung, bei der die meisten von uns mehr oder minder mitmachen. Hormonelle Medikamente unterscheiden sich da nicht, so dass eine Person, die Hormone nimmt, um die Attribute des gegenteiligen Geschlechts zu imitieren, sich sehr wohl »besser fühlen« mag. Das ist keine Überraschung, aber es ist nicht mehr ein Beweis dafür, dass sie wirklich ein »Mann in einem Frauenkörper« waren, als dafür, dass eine Anorektikerin wirklich fett ist. Gefühle, obwohl real, sind nicht die Realität.

Transphobie

Machen wir uns klar, dass Lesben, schwule Männer und Frauen allgemein, vor allem Feministinnen, seit Jahrzehnten die lautstärksten, konsequentesten und praktischsten Verbündeten für Transmenschen sind. Wir wissen, wie es ist, missbraucht zu werden, einfach aufgrund dessen, wer man ist, diskriminiert zu werden, AußenseiterInnen in einer starren Gesellschaft zu sein. Frauen, Lesben und schwule Männer sind die natürlichen Verbündeten der Transmenschen. Was hat sich also verändert? Warum gibt es einen Konflikt zwischen Feministinnen und der Transgemeinschaft? Warum wird Germain Greer, eine der Gründungsmütter des Feminismus, in Transkreisen verunglimpft? Warum sind Toiletten zum Schauplatz des Ärgernisses geworden? Warum wird radikalen Feministinnen wie Julie Bindel, eine Lesbe und seit Jahren Aktivistin gegen Gewalt gegen Frauen, in Universitäten kein Rederecht gewährt (no-platforming), eine Taktik, die ursprünglich gegen den Faschismus eingesetzt wurde? Keine progressive Person will transphob sein, und viele Einzelpersonen und Organisationen wurden jüngst dazu verleitet oder genötigt, eine bestimmte Ideologie zu übernehmen, nämlich dass es etwas wie »Genderidentität« gibt, die völlig vom biologischen Geschlecht getrennt ist, dass Mann- oder Frausein ein Gefühl ist, das nichts mit Biologie zu tun hat, und dass die einzige Art, Transmenschen zu unterstützen und wirklich zu vermeiden als transphob betrachtet zu werden, die Übernahme dieser Ideologie ist. Es muss laut und deutlich gesagt werden, dass das nicht wahr ist. Transmenschen sind viele und vielfältig und nicht alle mit dieser Denkweise einverstanden. Viele MTTs und FTTs sehen sich selbst immer noch als das Geschlecht, als das sie geboren wurden. Viele transitionieren nur teilweise, manchmal nur gesellschaftlich, und verändern ihre Identitäten im Laufe der Zeit. Viele entscheiden, dass sie einen Fehler begangen haben oder dass das Transitionieren das Unglück nicht aufgelöst hat, das sie zu vetreiben suchten, und viele dieser Menschen detransitionieren. Die Transideologie würde darauf bestehen, dass wir unbedingt akzeptieren, dass eine MTT-Person eine Frau ist. Das entbindet sie bequemerweise nicht nur von jeglicher Verantwortung für die Männlichkeit, mit der sie aufwuchsen und von der sie profitierten, sondern birgt zudem die Frage: Sind sie nicht länger weiblich, wenn sie detransitionieren? An welchem Punkt wird ein detransitionierender MTT wieder ein Mann? Detransitionierte bringen die essentialistische Ansicht einer angeborenen Genderidentität, die Biologie übertrumpft, in Verlegenheit. Unglücklicherweise für die Transideologie weigern sie sich wegzugehen, und je mehr Transitionen wir sehen, desto mehr werden sie Teil der Landschaft unserer Welt sein.

Die Unterstützung des Rechtes von Transmenschen auf Freiheit von Diskriminierung und Missbrauch muss nicht bedeuten, einer Ideologie zuzustimmen, die sich als rückständig, misogyn und gegen die Befreiung aller Menschen von Genderstereotypen erwiesen hat. Es ist nicht transphob, wissenschaftlich zur Biologie zu stehen oder dem zu widersprechen, dass ein biologischer Mann eigentlich eine Frau ist, nur weil er sagt, dass er es ist. Tatsächlich verharmlost das Beharren auf dieser einen Ansicht reale und schädliche Transphobie. Das resultiert z. B. in den absurden, aber ultimativ gefährlichen Aktionen des NHS (National Health Service),[9] der Erinnerungsmitteilungen zu Gebärmutterhalsabstrichen an MTTs sendet, die keinen Gebärmutterhals haben, und nicht an FTTs, die einen Gebärmutterhals haben. Zweifellos haben Ideologien, wenn sie darauf bestehen Politik und Praxis mitzugestalten, Konsequenzen, und diese Ideologie hat negative Konsequenzen für Transmenschen selbst. Wir müssen dies bei der Prüfung aller vorgeschlagenen Rechtsvorschriften oder Richtlinien zu Transfragen berücksichtigen.

Lesbophobie

Lesben sind Frauen, die sich sexuell zu Frauen hingezogen fühlen. Das wäre bis vor kurzem eine unstrittige Aussage gewesen. Jetzt haben wir eine Situation, in der die genaue Definition von »Frauen« angefochten und umdefiniert wird. Wenn »Frau« nicht länger erwachsener weiblicher Mensch (adult human female) bedeutet, wenn »Frau«-sein einfach ein Gefühl sein kann, wenn eine Person, die als Junge/Mann geboren und erzogen wurde und oft noch einen intakten männlichen Körper besitzt, sich selbst als Frau definieren kann, dann sind die Gesellschaft und vor allem Lesben mit einem Dilemma konfrontiert. Wenn Transfrauen eine unterdrückte Minderheit von Frauen sind, dann könnte logischerweise eine Lesbe, die sagt, sie würde eine Beziehung mit einer Person mit männlichen Genitalien nicht in Betracht ziehen, als transphob bezeichnet werden. Es ist für jede rational denkende Person kaum zu glauben, aber das geschieht tatsächlich. Das nennt sich die »cotton ceiling« (»Baumwolldecke«)[10] und wird benutzt, um Lesben zu kritisieren und missbrauchen. Lesben wird gesagt, sie sind allein dadurch transphob, wer sie sind, Liebhaberinnen von Frauen. Das ist nicht nur lächerlich, sondern zutiefst antilesbisch, und die LGBT-Gemeinschaft und gewiss alle, die sich selbst als GegnerInnen von Homophobie verstehen, müssen das benennen. Es zeigt zudem, wohin Logik, die auf falschen Prämissen beruht, hinführen kann.

Geschlechtergetrennte Einrichtungen

Es ist wichtig, dass alle Menschen, einschließlich Kinder, in der Lage sind, eine öffentliche Toilette oder Umkleide in Sicherheit zu benutzen. Dies wurde herkömmlich durch Trennung auf Basis des biologischen Geschlechtes erreicht, unter der Annahme, dass das hauptsächliche Sicherheitsproblem männliche Gewalt gegenüber und Missbrauch von Frauen und Mädchen ist, obwohl dies die Frage nach der Gewalt heterosexueller Männer gegenüber schwulen Männern aufwirft, denen noch nie praktisch oder rechtlich Einrichtungen zum Schutz vor homophobem Missbrauch angedient wurden. Zweifellos verdient jede Person, die physisch transitioniert ist oder sich im Transitionsprozess befindet, die gleiche Sicherheit vor männlicher Gewalt. Jedoch ist das Beharren darauf, dass Frauen und Mädchen auf ihre eigene Sicherheit verzichten müssen, indem sie Menschen mit männlichen Körpern einfach auf der Grundlage der Selbstdeklaration in reine Frauenräume (female-only spaces) inkludieren, falsch und gefährlich. Viele FTTs stehen verständlicherweise ambivalent dazu, auf die Nutzung von Einrichtungen für Männer zu bestehen, und bevorzugen tatsächlich oft die der Frauen. Also ist das Problem nicht Identität. Das Problem ist männliche Gewalt und das Thema ist Sicherheit. Wir müssen das Problem benennen, um praktische Lösungen zu finden, die die Sicherheit für alle gewährleisten, ohne dass die Rechte einer Gruppe die der anderen außer Kraft setzen. Das ist sicherlich nicht zu viel verlangt von der Menschheit.

Lügen, verdammte Lügen, Statistiken und alles andere

Viele, die unterschiedliche Genderidentitäten annehmen, genießen die Freiheit, sich endlich selbst zu definieren; es liegt ein Element der Verspieltheit und Subversion darin, Teil dieses Trends zu sein, der Spaß macht und verlockend ist. Meinetwegen. Es steht uns allen frei, uns selbst zu nennen, was auch immer wir wollen, wir können unsere Meinung ändern, wir können Spaß daran haben, die gesellschaftlichen Erwartungen zu untergraben. Aber es macht etwas aus, ob Identität oder Biologie das Maß einer Frau oder eines Mannes ist. Es macht etwas aus in der gesellschaftlichen Erfassung von Statistiken. Wenn jeder sich als Frau identifizieren kann, wie können wir dann Informationen über die Position von Frauen in der Gesellschaft z. B. in Hinblick auf Verdiensthöhe, Gesundheit, Kriminalität oder Gewalt sammeln? Wenn die unzähligen Identitäten der Menschen, die sich immer wieder von einem Jahr zum nächsten ändern, die Definitionen sind, nach denen wir Statistiken zusammentragen, dann wird die auf diesen Statistiken beruhende Sozialpolitik nutzlos sein. Es macht etwas aus, in Hinblick auf Gefängnisse, wo eine Transidentität dazu führen kann, dass ein gewalttätiger männlicher Täter mit schutz- und machtlosen Frauen untergebracht wird. Es macht etwas aus im Sport, wo von Frauen nun erwartet wird, gegen biologische Männer anzutreten, denen höhere Testosteronspiegel erlaubt werden als Frauen, die als Frauen geboren wurden. Es macht etwas aus, wenn wir versuchen die jahrhundertelange Diskriminierung gegen Frauen durch die Einführung von Quoten im öffentlichen Leben, in Politik und Organisationen zu beseitigen; wenn jeder sich als Frau identifizieren kann, dann werden als Frauen geborene Frauen einmal mehr auf der Verliererseite stehen. Allen steht frei, sich zu identifizieren, wie auch immer sie wollen, aber sobald wir diese persönliche Präferenz und den Ausdruck von Persönlichkeit auf denselben Status wie biologisches Geschlecht erheben, machen wir auf einen Schlag all die Errungenschaften zunichte, die Frauen erreicht haben und noch immer in unserer männlich dominierten Gesellschaft erreichen müssen.

Debatte & Stille

Debatten und Diskussionen haben sich durchweg als eine essentielle Voraussetzung für progressive Veränderungen in der Gesellschaft erwiesen. Es gibt derzeit gegensätzliche Sichtweisen und Interessenkonflikte zu den Fragen des Sexismus, der Frauenrechte, der Genderidentität und der Transrechte. In progressiven Bewegungen müssen wir immer bestrebt sein weiter zu denken, offen für Debatten zu sein und einander zuzuhören, um Unterdrückung und Misshandlung aller Menschengruppen zu beenden. Es ist daher besorgniserregend, das Mundtotmachen (silencing) von Feministinnen zu beobachten, die eine Transideologie infrage gestellt haben, die darauf beharrt, dass ihre Analyse die Wahrheit ist und der einzige Weg, Transmenschen zu unterstützen. Feministinnen wird das Rederecht in Universitäten entzogen; Frauen werden in den sozialen Medien verbal missbraucht und bedroht; das Akronym TERF (Trans Exclusionary Radical Feminist, Trans-ausschließende Radikalfeministin) wird als Beleidigung und Drohung und misogyne Verunglimpfung gegen Frauen verwendet; Lesben werden regelmäßig Vergewaltigungen angedroht und als transphob gebrandmarkt. Das ist keine Art eine Befreiungsbewegung zu führen und keine Art Verbündete für eine Sache zu gewinnen. Darauf zu beharren, dass Jahrzehnte an feministischem Denken transphob sind, und abweichende Meinungen auszuschalten ist kontraproduktiv und beleidigend. Feministinnen glauben, dass es die einschränkenden Konsequenzen der Genderrollen und -hierarchie sind, die alle Frauen unterdrücken und alle Männer verletzen. Das schließt Menschen ein, die sich zeitweise als trans, genderfließend, nichtbinär, genderqueer, usw. identifizieren könnten. Wir sind alle verärgert über die gesellschaftliche Einschränkung unserer Menschlichkeit aufgrund unseres biologischen Geschlechts. Um dem ein Ende zu setzen und uns zu befreien, müssen wir offen für eine respektvolle Debatte zu diesem Thema sein oder wir werden nie Fortschritte machen. Jedes Mundtotmachen nützt nur einer misogynen, homophoben und patriarchalen Gesellschaft, und dann werden wir alle Verlierer sein. Lasst uns stattdessen diesen Kampf um Freiheit von den lähmenden Genderfesseln gewinnen!

Erläuterungen:

[1] Disableismus bezeichnet Vorurteile oder Diskriminierung aufgrund von Behinderung.

[2] Die Wortherkunft gibt bereits preis, dass sich »sexuell«, »Sexismus«, »homo-, bi-, heterosexuell«, usw. auf das biologische Geschlecht (Sex) und nicht auf das soziale Geschlecht (Gender) oder eine Identität beziehen.

[3] Klassismus bezeichnet Vorurteile oder Diskriminierung aufgrund der sozialen Herkunft oder der sozialen Position und richtet sich überwiegend gegen Angehörige einer »niedrigeren« sozialen Klasse.

[4] Bedenkt man, dass weibliche Föten in einigen Ländern besonders häufig abgetrieben werden, dass Frauen generell und insbesondere Frauen, die keine Söhne gebären, in einigen Ländern schlechter ernährt werden, was sich zwangsweise auf das Ungeborene auswirkt, dann ergibt sich die Schlussfolgerung, dass Kinder bereits vor der Geburt mit diesen Erwartungen und Haltungen konfrontiert werden.

[5] Neuerdings wird zunehmend der Begriff »transidentifizierte Männer/Frauen« (trans-identified males/females, TIM/FIM) als genauere Alternative zu Männlich/Weiblich-zu-Trans (male/female to trans, MTT/FTT) verwendet. MTT/FTT impliziert, dass das Mann-/Frausein verlassen oder abgelegt werden könne, wohingegen TIM/FIM deutlich macht, dass es sich bei der Person nach wie vor um einen Mann/eine Frau handelt.

[6] Early Learning Centre ist eine frühere britische Ladenkette, die Spielzeug für sehr junge Kinder verkaufte und jetzt als Versandhandel vertreibt.

[7] Janet und John sind die Hauptcharaktere einer englischsprachigen Kinderbuchreihe für 4- bis 7-Jährige.

[8] Mastektomie bezeichnet die Entfernung der Brust- bzw. Milchdrüse bei Säugetieren.

[9] Der National Health Service (NHS, Nationaler Gesundheitsdienst) entspricht dem staatlichen Gesundheitssystem in Großbritannien und Nordirland.

[10] Die Metapher cotton ceiling (»Baumwolldecke«) bezieht sich auf die (Baumwoll-)Unterwäsche von Lesben, die für transidentifizierte Männer – ähnlich der »gläsernen Decke« für Frauen in Unternehmen – nicht überwindbar ist.

10 Kommentare

  1. Genau so ist es. Wieder eine absolut sachliche und klare Richtigstellung.
    Warum, warum nur erscheinen solche klaren Analysen nicht in den „normalen“ Medien. Diese ganzen Gender-Verwirrungen schaden den Frauen und Mädchen enorm. Wieder einmal denkt jedes Mädchen, jede Frau, das Problem liege nur bei ihr und ihrer falschen Wahrnehmung. Wieder einmal werden reale Diskriminierungen vertuscht und individualisiert. Und/aber, man darf darüber nicht mal sprechen, oder diese Lügengebilde aufbrechen, ohne einen „shitstorm“ auszulösen. Was für ein alter, alter Hut, auch wenn er heute mit pinken Straussenfedern geschmückt ist.

  2. „Es macht etwas aus im Sport, wo von Frauen nun erwartet wird, gegen biologische Männer anzutreten, denen höhere Testosteronspiegel erlaubt werden als Frauen, die als Frauen geboren wurden.“

    Hatte ich auch so gedacht und war sehr wütend über diese offensichtliche Chancenungleichheit. Dann aber wurde immer wieder berichtet, dass es sich – und hier beziehe ich mich auf die Leichtathletik-WM in London – bei all den körperlich recht auffälligen Personen ausschließlich um intersexuelle Menschen handeln soll, die jedoch alle recht männlich in Erscheinung traten, nicht nur vom Körperbau her. Diesen wurde wohl von einem Gericht erlaubt, signifikant höhere Testosteronwerte zu haben, als es für Frauen üblich ist. Diese Regelung soll wohl nun im Herbst, also jetzt, von einem Gericht überprüft werden, zumal es sich im Rahmen einer längerfristigen Studie gezeigt hat, dass sie im Durchschnitt mindestens 10% mehr Leistung erbringen, was wohl auch kaum verwundert. Es wurde jedoch auch gesagt, dass Transpersonen nicht unter dieser Vorteilsregelung fallen, denn diese müssten ihre Testosteronwerte auf ein Normalwert, der für Frauen gilt, senken.

    Sicherlich gelten im Sport andere Maximen, aber würde ich mich im falschen Körper fühlen, würde ich nicht alles unternehmen, diesen falschen Körper so anzupassen, dass er zumindest soweit „richtig“ wird, wie es nur irgend möglich ist? Wäre es hier nicht selbstverständlich, gerade so eine männliche Ikone wie es das Testosteron ist, soweit wie möglich aus meinen Hormonhaushalt zu verbannen? Oder sind Goldmedaillen letztlich doch wichtiger?

  3. Ein sehr guter Artikel, der die gesellschaftliche Medikalisierung durch Geschlechts-OP´s auf den Punkt bringt: Es wird versucht, durch medizinische Eingriffe soziale Probleme zu „lösen“; in diesem Fall das Unbehagen an sozialen Geschlechter-Zumutungen.
    Dies hat den Effekt, daß statt einer Lockerung der Gender-Rollen diese noch rigider festgezurrt werden. Bereits harmlose Spiele mit Puppen oder Bauklötzchen lassen dann bereits im zarten Kinderalter die Vermutung aufkommen, ob da nicht jemand im „falschen“ Körper „gefangen“ ist und schleunigst einer OP bedarf.

  4. Eike Borée

    Sehr guter Artikel. Dabei fällt mir eine Beobachtung von Benard/Schlaffer ein, daß in menschlichen Beziehungen immer eine Grenze der Entfaltung gesetzt wird, und diese wird stets vom Mann gesetzt. Das trifft sogar allgemein zu: Es gibt — von Männern gesetzte — Tabus, die selbst vom Feminismus respektiert werden. Zwei dieser Tabus möchte ich hier diskutieren:
    1. Männer hassen Frauen. Warum?
    2. Männliche Transsexualität ist eine Bedrohung des weiblichen Geschlechtes.
    Kritik an diesen Tabus wird allgemein nicht rezipiert, sondern verteufelt, und das macht sachliche Diskussionen fast unmöglich.

    Angesichts der Herumkrittelei von Freud und seinen Spießgesellen am weiblichen Körper (Penisneid, klitoridischer Protest, vaginaler Orgasmus), der Generationen von Frauen gegen das eigene Empfinden weisgemacht wurde, erstaunt z.B. Stefan Hirschauers Nachsicht (Die soziale Konstruktion der Transsexualität. Über die Medizin und den Geschlechtswechsel, Suhrkamp, Frankfurt/Main 1993) gegenüber Männern, die Frauen sein wollen. Freud hatte wenigstens noch die Fairness zu fragen: „Was will das Weib?“ Hirschauers einzige Anmerkung zu den Motiven, warum Männer Frauen werden wollen, lautet: „Sie wollen als Frauen anerkannt werden.“ Warum sie das wollen, fragt er nicht. Außerdem übergeht er die Tatsache, daß es weit mehr Männer gibt, die Frauen werden wollen, als Frauen, die Männlichkeit anstreben. Sollte frau /man hier nicht nachhaken?

    Historiker rechnen global und in langen Zeiträumen. Die Welt ist von Männern gemäß ihren Bedürfnissen gestaltet, und Frauen haben sich irgendwie darin zurecht zu finden. Das ist derart selbstverständlich, daß selbst der Feminismus oft deren Sichtweisen übernimmt. Was verdient ein Fußballer, und was eine Hebamme? Wer leistet jedoch objektiv die wichtigere Arbeit? Es bringt uns nicht weiter, wenn Frauen in hohe Ämter aufsteigen, solange sie sich nach männlichen Wertvorstellungen richten (müssen). Vor dieser androzentrischen Kulisse finden ”Geschlechtswechsel“ statt. Es wäre verständlich, hätten Frauen den Status der Zweitrangigkeit satt und wollten Männer werden. Aber was treibt Männer in die Zweitrangigkeit? Männer hatten von jeher ein Ventil, Frau zu spielen, vom Theater der Antike, den arabischen xaniths, dem Shakespeare-Theater, mittelalterlichen Mysterienspielen, viktorianischen Nachtclubs bis zu heutigen Transvestitenshows. Das ist nichts Neues. „Männer sind die besseren Frauen“ – und sie sorgten dafür, daß Frauen erst gar nicht zum Zuge kamen. Frauen sind so sehr entfremdet, daß sie das Selbstopfer für eine Tugend halten und nicht gewahr werden, daß sie damit männlichem Egoismus Vorschub leisten. Für einen Mann ist es schwer, sich dem zu entziehen.

    Männer haben Frauen stets alles weggenommen. Indizien für diese haßerfüllten Übergriffe sind Vergewaltigungen, Verstümmelungen, Tötungen, Vorenthalten von Licht und Luft mit Zwang zur Verhüllung und ins Haus, Verweigerung von Bildung und Rechten, Unterschlagen und Herabsetzung weiblicher Leistungen. Pamphlete männlichen Frauenhasses füllen Bibliotheken (es gibt m.W. kein weibliches Gegenstück), und dieser überbordende Haß gegen ein wehrloses Gegenüber treibt gerecht denkenden Menschen die Schamröte ins Gesicht. Versuchten Frauen, in männliche Domänen vorzudringen, hat die Männerriege nichts ausgelassen, Frauen daran zu hindern, vom Lächerlichmachen bis hin zur Verfolgung und Tötung. Sie hat es z.B. Hebammen verwehrt, Latein zu lernen und damit am medizinischen Fortschritt teilzuhaben, und dann ihre Domäne übernommen und Frauen für vorgebliche Inkompetenz verunglimpft. (Männer, die sich dem entgegenstellen, werden lächerlich gemacht oder angegriffen, wie Denis Mukwege, der unter Polizeischutz arbeiten muß.) Ein Blick in die gehässigen, oft obszönen Leserbriefe zu Frauenthemen in Zeitungen ist genug. Wenn eine Frau wie Sibylle Berg einmal kritisch über Männer schreibt, wird sie als „Männerhasserin“ beschimpft, aber der allgegenwärtige Frauenhaß ist kein Thema, weil er so selbstverständlich ist. Von Frauen wird dagegen erwartet, das Eindringen von Männern in ihre Domäne tolerant und fördernd zu begleiten. Sogar in Filmen wird ihnen als „cool“ angedreht, Transmänner zu akzeptieren, zu coachen und zu unterstützen.

    Das Mißverhältnis zwischen den Geschlechtern bei der Schaffung eines neuen Menschen ist grotesk: Der Mann gibt ein paar Tropfen, und die Frau erledigt – unter Schmerzen und Lebensgefahr – den Rest. Aber die Hochachtung gilt den Tropfen, die als „Schöpferkraft“ und „Samen“ canonisiert werden, bei der man schwört, und die man in Türmen, Bäumen und Bergen symbolisiert. Dem gegenüber wird die objektiv größere Leistung minimalisiert. „Vater kann man ohne Mutter sein“, informiert uns Apollon in den „Eumeniden“ von Aischylos und erläutert: „Beweis: Athene, die niemals eines Mutterschoßes Dunkel sah.“ Apoll lügt hier ziemlich dreist, denn Athene hatte sehr wohl eine Mutter. Metis hieß die Dame, Göttin der Weisheit. Sie wurde von Zeus gefressen, „damit die Weisheit immer in ihm wohne“. Mann verleibt sich Frau ein als einziger Fall von olympischem Kannibalismus. Den gemeinsamen Embryo trug er in seinem Schenkel aus (!). Heraus kam eine sterile Kopfgeburt, eine bewaffnete Göttin für kriegslüsterne Männer. Aus der allumfassenden Weisheit wird unter männlicher Redaktion ein Kampf- und Kriegsgedöns! Diese üble Geschichte stinkt nach schlechtem Gewissen, als hätten die als Lügner berüchtigten, hochgradig androzentrischen Griechen gewußt, was sie da ummünzen. Die Göttin Athene stammt in Wirklichkeit aus Kreta und ist älter als Zeus.

    Vor diesem knapp skizzierten Hintergrund von Misogynie und Lebens-Diebstahl wollen also Männer Frauen werden. Warum? Ich glaube, die Antwort ist so einfach wie beklemmend: Mann möchte sich auch noch die letzte weibliche Domäne aneignen. Frauen sollten diesbezügliche Äußerungen ruhig ernst nehmen. So wie Zeus die Weisheit räuberisch vereinnahmte, wie Ärzte die Hebammen verdrängten, wie Männer Frauen eingesperrt und entmündigt haben, greifen nunmehr transsexuelle Männer in Frauenleben ein und fangen an, die Regeln zu bestimmen, bevor Frauen überhaupt dazu gekommen wären, eigene Regeln zu erkennen und zu entwickeln. Männer tragen ihr ererbtes Dominanzverhalten und ihre Aggressivität in ihr ”neues Geschlecht”. Wenn aber Frauen derart überfahren werden, hat „politische Korrektheit“ keinen Platz.
    Die Frauenbewegungen sind knapp 250 Jahre alt, gegenüber einer androzentrischen Geschichte von Jahrtausenden, und sie verlaufen nicht kontinuierlich, sondern in Wellen und Rückschlägen. Es wird lange dauern, bis Frauen gelernt haben werden, ihre wirklichen Kapazitäten zu erkennen. Transsexuelle Männer behindern diesen Prozeß, denn Geschlechtswechsel, gleich welcher Art, heben die androzentrische Gewichtung nicht auf. Knappe Corsage, blonde Perücke, Highheels, Pinup-Getue usw. sind nicht eo ipso weiblich, sondern Nachahmung des Pirelli-Kalenders, wie Männer sich Frauen vorstellen, nicht wie Frauen wirklich sind. Ich glaube nicht an „die weibliche Seele in einem männlichen Körper“. Männer lernen keine Empathie, und selbst Gutwillige beobachten daher meist viel zu ungenau. „Sie wollen als Frauen anerkannt werden“, d.h. sie fordern, ohne zu geben. Aber Anerkennung muß man sich verdienen. Man gewinnt sie nicht durch Auftrumpfen, und gerade die Aggressivität und das Sich-Hineindrängen ist suspekt: Daß Menschen, die diese geschlechtliche Beliebigkeit nicht mitmachen, mit allen Hunden gehetzt und mundtot gemacht werden sollen, hat etwas Totalitäres, und totalitäre Systeme sind immer maskulin. Frauen hat man stets Bescheidenheit und Schamhaftigkeit, das Sich-zurück-Setzen eingebläut, das sie bis heute kaum überwunden haben. Gerade die aggressiven Verhaltensweisen der transsexuellen Szene lassen vermuten, daß es dabei nicht um Weiblichkeit geht, sondern um Narzissmus, um Drehen um sich selbst mit Metaphern, die für weiblich gehalten werden.

    Die Vernichtung von Frauen durch Männer ist ein altes, hochernstes Thema, und Frauenmord ist bis heute an der Tagesordnung: Griechen und Römer töteten weibliche Säuglinge. Später brannten vermeintliche Hexen, und unerwünschte Töchter wurden in Klöstern entsorgt. In Asien hat das Abtreiben weiblicher Embryos Hochkonjunktur. In islamischen Gesellschaften werden Frauen wegen der „Familienehre“ ermordet. Die amerikanische „Geschlechtswahlpille“ eliminiert X-Chromosomen. Gleichzeitig wollen Männer Frauen werden. Heißt das, geborene Frauen werden überflüssig gemacht? Das wäre wohl der größte denkbare Genozid.
    Frauen haben eine übergroße Bereitschaft, Männern, die sich auf ihre Seite stellen, entgegenzukommen und sich ihrer anzunehmen, wohl aus der Sehnsucht, aus der Zweitrangigkeit befreit zu werden und eine Anerkennung des Unrechts zu erfahren. Sie sollten nicht Transsexualität mit Fraueninteressen verwechseln. Frauen haben sich von jeher für Männer aufgeopfert, warfen sich buchstäblich für sie ins Feuer und verzichteten auf eigenes Leben. Männer haben Frauen gegenüber eine Bringschuld, und das Humanste, was ein Mann machen kann ist, das Unrecht anzuerkennen und sich für Gleichstellung einzusetzen, und zwar als Mann, so daß klar wird: Hier geht es um Gerechtigkeit anstatt falsch verstandene Eigeninteressen.
    Wir wissen aus der Geschichte: Bei Männerüberhang würde das Aggressionspotential steigen und die Welt in Kriegen versinken. Die alten Griechen sind ein Beispiel. Der völlig überflüssige Peloponnesische Krieg fand erst ein Ende, als die Parteien erschöpft und ausgeblutet waren, und die so kriegerischen Griechen wurden zur leichten Beute der Römer. Es zahlt sich nicht aus, wenn die Kultur aus der Balance kippt. Das von der Frauenbewegung mühsam angestrebte Gleichgewicht wird durch die Mode der Transsexualität bedrohlich gestört, und in einer Zeit, in der es ein Leichtes ist, mit — von Männern erfundenen — Zerstörungsmethoden innerhalb von Minuten die Welt in Schutt und Asche zu legen, sollten Frauen und Männer aufmerksam sein und sich gegen feindselige Aneignung zur Wehr setzen.

  5. Manu Schon

    Mit Herrn Hirschauer hatte ich an der Uni das „Vergnügen“. Vielleicht schreibe ich dazu mal etwas. Jedenfalls kein schönes Erlebnis.

  6. Eike Borée: Sehr richtiger und wichtiger Beitrag. Sehe es auch so. Eine sehr beklemmende Erkenntnis, aber leider sehr sehr wahr. Nur eine radikale Aufdeckung der Ursachen und Hintergründe führt zu dieser erschreckenden Erkenntnis. Alles was Männer für Frauen je „taten“, stellt sich bei genauerem
    Hinsehen ebenfalls als männlicher Ego-Profit, Aneignung und Machterhalt heraus. Eine weitergehende Vertiefung dieser guten Analyse in Buchform würde ich sofort kaufen. Danke

  7. PS: Was noch zusätzlich für den Versuch, Frauen überflüssig zu machen spricht, sind die „neuen“ Sex-Roboter-Puppen, Leihmütter und sicher auch bald Klon-Kinder. Mütter werden ja auch dazu angehalten, wie Männer zu arbeiten, (wenn auch für einen geringeren Lohn,) und ihre Kinder möglichst rasch in Fremdbetreuung, möglichst staatlich, zu geben. Alles Versuche, Frauen und Mütter „überflüssig“ zu machen und zu ersetzen.

  8. Ingrid Aigner

    Ich bekomme ja immer noch den Newsletter der Linken. Was mich heute erreichte bestätigt mir die Richtigkeit meines Austritts aus der Linken nach 12 Jahren. Schon schlimm, was sie zu Prostitution sagt, aber das hier ist auch der Hammer:

    Liebe Leserinnen und Leser,
    aufgrund krankheitsbedingter Ausfälle und Stress kam in den letzten Newsletter eine Leseempfehlung, die nach gründlichem Lesen nichts in diesem Newsletter verloren hat: Die in dem Text geäußerten trans- und menschenfeindlichen Positionen und der Ton liegen außerhalb unserer gemeinsamen Debattenkultur. Sexuelle und körperliche Selbstbestimmung sind Menschenrechte – darauf haben sich linke Feminist*innen immer einigen können. Deshalb haben wir immer wieder und zuletzt in unserem Wahlprogramm 2017 klar Position bezogen: für geschlechtliche Vielfalt und gegen die staatlichen Normen der Heteronormativität und Zweigeschlechtlichkeit. Um der Lust auf Theorie Nahrung zu geben, weisen wir mit großer Überzeugung auf einen interessanten Text zu feministischer Klassenpolitik hin und nehmen im übrigen Leseempfehlungen gern entgegen.
    Mit feministischen Grüßen,
    Eure Redaktion
    Judith Benda, Janina Bloch, Nina Eumann, Annegret Gabelin, Claudia Gohde, Caren Lay, Anja Mayer, Antje Schiwatschev, Claudia Sprengel, Vera Vordenbäumen, Katrin Voß, Uta Wegner, Nadia Zitouni

  9. Gabypsilon

    Liebe Ingrid, schön, hier von Dir diesen Kommentar zu lesen. Als ich noch auf Facebook war, waren wir dort „befreundet“ 🙂

    Den Begriff „Heteronormativ“ zu lesen, bringt mich ebenso in Rage, wie ihn gelegentlich hören zu müssen.

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