Schlagwort: Syrien

Die unsichtbaren Frauen der syrischen Revolution

Ein Beitrag von Manuela Schon

Vorbemerkung

Am 20. Januar 2016 erschien das Buch „Burning Country: Syrians in Revolution and War“ der beiden syrischen AktivistInnen Leila al-Shami und Robin Yassin-Kassab. (Anmerkung der Redaktion: Eine Übersetzung eines Beitrags von Leila al-Shami aus dem Oktober 2014 wurde auf diesem Blog veröffentlicht) Die AutorInnen sind dem linken, anarchistischen Spektrum zuzuordnen. Das Buch ist ein wichtiges Zeugnis der Geschehnisse in Syrien und enthält Hintergründe zur Geschichte Syriens, den Beweggründen des Widerstands gegen das faschistische Assad-Regime, den Erfolgen der Demokratiebewegung, den internationalen Verwicklungen und den (leider oft auch negativen) Folgen. Auf diese Details wird in diesem Beitrag nur am Rande eingegangen. Die Lektüre des Buches ist unbedingt empfehlenswert. Viele AktivistInnen kommen selbst zu Wort und die Vielfalt an Informationen und weiterführender Literatur ist überwältigend.

Dieser Beitrag fokussiert sich auf die Situation und Rolle der Frauen in Syrien und im Kampf für Frieden, Freiheit und Gleichberechtigung. Die Beispiele sind vielfältig, inspirierend und sollen einen Einblick geben, der uns in deutschsprachigen Medien wenn überhaupt nur sehr vereinzelt gewährt wird. Deshalb spreche ich von den unsichtbaren Frauen der syrischen Revolution. In Syrien sind sie ganz und gar nicht unsichtbar – in unserer „westlichen“ Rezeption des Syrien-Krieges existieren sie (fast) nicht.

Die Darstellung ist nicht abschließend, kann sie auch nicht sein. LeserInnen sollen sich ermuntert fühlen den Links zu folgen und selbst in die Welt der syrischen Frauen in Krieg und Exil einzutauchen. Dann erwartet sie ein Wechselbad der Gefühle zwischen Überraschung, Trauer und Tränen, eventuell aber auch Motivation für den eigenen Kampf vor Ort. Weiterlesen

Der Kampf um Kobane: Ein Beispiel selektiver Solidarität

Kampf um Kobanê

By Agathocle de Syracuse (http://www.agathocledesyracuse.com/archives/52) [Public domain], via Wikimedia Commons

Der heroische Widerstand der Menschen in Kobane gegen das Gemetzel der Daesh (ISIS)–Faschisten seit Mitte September, hat zu einer Welle der internationalen Solidarität geführt. Eine Vielzahl von Artikeln und Statements wurde geschrieben und es wurden Proteste in zahlreichen Städten auf der ganzen Welt abgehalten. Kurden sind ihren Landsmännern über die türkische Grenze hinweg zur Hilfe geeilt, obwohl sie vom türkischen Militär brutal zurückgedrängt wurden. Andere, darunter auch unsere türkischen Genoss*innen der DAF (Revolutionäre Anarchistische Aktion), sind zur Grenze gegangen um mitzuhelfen diese offen zu halten für Flüchtlinge, die in Richtung Türkei fliehen. Es gab Rufe die kurdischen Kräfte zu bewaffnen und Aufrufe, die DAF zu unterstützen und Hilfe für die Flüchtlinge zu senden. Jedoch wurde diese Solidarität mit den syrischen Kurden nicht auf nicht-kurdische Gruppen ausgeweitet, die im Land ebenfalls kämpfen und sterben um sich vom Faschismus und gewalttätiger Unterdrückung zu befreien und für Freiheit und Selbstbestimmung eintreten. Es wird häufig fälschlicherweise behauptet, dass der Kernkonflikt in Syrien auf Sektierertum beruht. Es ist notwendig zu verstehen in welchem Ausmaß Sektierertum auch in unseren Reaktionen eine Rolle spielt.

Die Protestbewegung, die 2011 gegen Bashar Al Assad entstand, vereinte die Menschen über Syriens diverse ethnische und religiöse Spektren hinweg in einem Kampf für Freiheit. Kobane war keine Ausnahme. Die Kurden, die in dieser Stadt die Mehrheit stellen, hatten lange Zeit unter der Arabisierungs-Politik des Baathistischen Regimes gelitten, und sie waren unter den ersten, die sich erhoben als die Revolution begann. In diesem Protest ab Mitte 2012 forderten Kurden und Araber gemeinsam den Sturz des Regimes und feierten unterstützend die Freie Syrische Armee (FSA), als diese die kurdische Flagge hochhielt, als dies noch ein gefährlicher Akt des Widerstands war. Aber von diesen frühen Tagen an gelang es der syrischen Protestbewegung in Kobane und anderswo nicht internationale Unterstützung zu erhalten. Wäre ihnen das gelungen wäre das Land nicht in einem solchen Maße zerstört worden, dass ISIS in weiten Teilen die Kontrolle erlangen konnte.

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Der bewaffnete Widerstand der Frauen in Rojava – mehr als ein Kampf auf Leben und Tod

Foto: Birgit Gärtner

(Vorbemerkung: die Situation in Rojava ändert sich quasi stündlich, so dass die Informationen z. T. vermutlich schon bei Erscheinen dieses Artikels veraltet sind).

Nach den Angriffen der fundamentalistischen Gruppierung Islamischer Staat (IS oder ISIS) auf YezidInnen und ChristInnen im Nordirak und in Syrien sind plötzlich „die Kurden“ als militärische Befreier in aller Munde. Zur allgemeinen Überraschung entpuppten sich die kämpfenden Einheiten jedoch nicht als reine Männertruppen, sondern viele junge syrische Kurdinnen nehmen die Waffe in die Hand. Zeit mal die Frage zu stellen: Für was kämpfen sie eigentlich? Die Antwort ist ganz einfach: für ein freies, selbstbestimmtes Leben. Doch (frei nach Brecht) ist es das Einfache, das so schwer zu machen – oder im diesem Falle – zu beschützen ist. Weiterlesen