Interessanterweise höre ich in regelmäßigen Abständen (und immer häufiger), dass meine Facebook-Posts oder radikalfeministischen Statements einen konkreten Nutzen durch Denkanstöße für männliche Freunde haben, bzw. sie – für sich ganz persönlich – mit „meinem Feminismus“ etwas anfangen können. Daran wurde ich immer wieder bei der Lektüre von Jensens „Das Ende des Patriarchats. Radikaler Feminismus für Männer“ erinnert.
Man könnte angesichts des Titels versucht sein zu glauben, dass der amerikanische Journalismus-Professor und „Culture Reframed“-Aktivist Robert Jensen hier ein „Ich erkläre euch mal den Feminismus“-Buch vorlegt hat – aber das ist weder sein Anspruch, noch sein Ziel. Vielmehr geht es ihm darum, aus seiner männlichen Position heraus, zu erläutern, warum radikaler Feminismus für ihn als Mann einen unschätzbaren Wert hat. Oder wie Autor Jeffrey Masson sagt: Es ist kein „Mansplaining“-Buch, sondern das Gegenteil davon: ein „Mann-hört-auf-Frauen“-Buch. Wer also tiefgreifende radikalfeministische Analysen lesen will, sollte nach wie vor (und sowieso) zu den Klassikern greifen.
Freimütig räumt Jensen im Vorwort ein, dass sich in ihm zunächst alles gegen die feministische Analyse gesträubt hat, dass jedoch irgendetwas in ihm wollte, dass er weiterliest – seine Hauptmotivation war geprägt von Eigennutz, der Suche nach einem Ausweg aus dem ständigen Wettkampf „ein Mann zu sein“. (S. 3) Jensen nutzt die feministische Theorie, um seine Erfahrungen in einer sexistischen Gesellschaft (den Vereinigten Staaten von Amerika) für sich erklärbar zu machen (S. 16). Er sieht seine Aufgabe als privilegiertes Mitglied der herrschenden Gruppe darin, die Ergebnisse seines Selbstreflektions-Prozesses öffentlich zur Diskussion zu stellen (S. 17).