Schlagwort: antimuslimischer Rassismus

Wie „Sydney Siege“ hätte verhindert werden können

Violence against women, we can stop it!

"Violence against women, we can stop it!" by European Parlament via Flickr, [CC BY-NC-ND 2.0]

Es ist Montag, 15. Dezember 2014. Die Medien überschlagen sich: Geiselnahme in Sydney, ein „Islamist“ versetzt die australische Großstadt in Angst und Schrecken. Die Frage wird diskutiert „Warum Australien?“. Erinnerungen an Oslo 2011 werden wach. Auch hier hatten die Medien weltweit reflexartig in ihrem antimuslimischen Wahn die Tat eines Einzeltäters mit islamistischem Terror verbunden und eine Antwort auf die Frage „Warum Norwegen?“ sofort parat. Hätte man gewartet ohne vor Sensationsneugier auf unklarer Faktenlage zu berichten, man hätte schnell erfahren: Es war kein Islamist, sondern ein blonder, norwegischer Neonazi. Mit einem ausgeprägten Hass auf Ausländer, Muslime, Linke und Frauen. Es gibt viele solcher Beispiele, die dem von Anders Breivik gleichen. Im Fall von Sydney handelte es sich nun tatsächlich um einen Mann aus den Nahen Osten, nämlich einem Flüchtling aus dem Iran. Er bezeichnete sich zwar als Moslem. Aber:

Man Haron Monis, war kein „einsamer Wolf“. Er war ein Mann. Ein Mann, mit einer Gewaltgeschichte gegen Frauen. Er wurde  2013 der Beihilfe des Mordes an seiner Exfrau beschuldigt. Mindestens seit 2002 war er den Behörden für sexuelle Übergriffe gegen Frauen bekannt – mehr als 50 Anzeigen gingen diesbezüglich bei der Polizei ein. Als selbsternannter „spiritueller Heiler“, der sich mit schwarzer Magie befasste (bei der/dem ein oder anderen wird hier etwas klingeln) trieb er seit mehr als zehn Jahren in Sydney sein Unwesen. Er befand sich gerade gegen Kaution auf freiem Fuß.

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Das Eigene und das Fremde – über kolonialistischen Feminismus

Woman Power Symbol, Feminist Fist

Public Domain C00

Der tägliche Blick in die Facebook Chronik offenbart immer wieder dasselbe Bild: Frauen in der so genannten „westlichen Welt“ haben Probleme, und zwar nicht zu knapp. Aber gegenüber Frauen in als „muslimisch“ identifizierten Ländern ist das alles ja ein Fliegenschiss. Deren Leben wird pauschal als ein Alptraum definiert. Und: „Westliche“ Frauen fühlen sich offenbar bedroht, ich meine eine gewisse Angst aus all diesen Postings herauslesen zu können. Kontextuell gesehen wird das eigene Leben dann doch als „befreiter“ bewertet, als das der anderen. Man könnte auch sagen: Die eigene, „westliche“ Kultur wird als fortschrittlicher definiert, als die „muslimische“. Denn dort werden Frauen per definitionem schlecht behandelt, wer etwas anderes sagt gilt als „unehrlich“.

In der Tat: Die Bedingungen unter denen Frauen leben müssen variieren von Land zu Land. Aber der Gleichstellungsäquator läuft sicherlich nicht zwischen Orient und Okzident.

Die Wahrheit ist: Auch jene Staaten, in denen die Mehrheit der Bevölkerung muslimisch ist, unterscheiden sich teilweise eklatant. Genauso wie jene Staaten, die mehrheitlich nichtmuslimisch sind. Es gibt Unterschiede nach Urbanität, ländlichen Gebieten, sozialer Klasse, der Geschichte, des Vorhandenseins nationaler Befreiungsbewegungen, der Armut in einem Land, usw. Ein wissenschaftlicher Beweis über das Nichtvorhandensein oder die mangelnde Entwicklung von Frauenrechten in als „muslimisch“ definierten Ländern bleiben jene die das behaupten schlicht schuldig. Offensichtliche Dinge werden einfach übersehen, so zum Beispiel die Tatsache, dass es in vielen „muslimischen“ Staaten bereits gewählte weibliche Staatsoberhäupter gab, und zwar schon lange bevor Angela Merkel im Jahr 2000 Deutschlands erste Bundeskanzlerin wurde (geschweige denn von den USA, wo es noch nie eine Präsidentin gegeben hat).

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ISIS – ein vom Westen erschaffenes Monster

Friedenstaube, Taube

via Pixabay, Public Domain CC0

Die so genannten „Islamkritiker“ erleben derzeit wieder Hochsaison, der antimuslimische Rassismus blüht. Mit vermeintlichen Aufrufen zu einem „Sex-Dschihad“ oder einer „Fatwa zur Genitalverstümmelung“ wird Stimmung gemacht.

Manchmal liegen die Dinge jedoch etwas anders als mensch denkt.

Wusstest du, dass…

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Weibliche Genitalverstümmelung (FGM) – ein muslimisches Frauenunterdrückungsinstrument?

Anti Infibulation Logo, FGM

By Rugby471 (SVG); User:Shir Khan~commonswiki (PNG) (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons

Vor rund einem Monat machte die Nachricht die Runde, dass man in Schweden eine ganze genitalverstümmelte Mädchenschulklasse entdeckt habe. Tausendfach wurden entsprechende Links geteilt, häufig mit dem Verweis auf die rückständigen, frauenfeindlichen Muslime, die mit großer Freude die Messer wetzen (lassen) und ihre kleinen Mädchen der Klitorisverstümmelung zuführen. Wir haben hier über die wahren Hintergründe dieser Meldung berichtet.

FGM im Irak

Knapp einen Monat später dann die Nachricht, dass die etwa 10.000-Mann starke Al-Qaida-nahe salafistische ISIS, die insbesondere in Syrien und dem Irak aktiv ist, eine Fatwa herausgegeben habe, nach der alle 11-46-Jährigen im Irak einer FGM zu unterziehen seien. Die ISIS ist sicherlich nicht die Vorfeldorganisation des internationalen radikalen Feminismus, aber wer sich auch nur ein bisschen mit der Verbreitung von FGM befasst hat, der weiß, dass es sich dabei insbesondere um ein in 28 afrikanischen Staaten vorkommendes Phänomen handelt und weniger in anderen Regionen der Welt und dem Nahen Osten angewandt wird. Im Irak ist FGM bisher nur in Zusammenhang mit einigen kurdischen Stämmen im Nordirak bekannt geworden, von denen ein kleiner Teil jüdisch und zwei weitere, größere Teile christlich, bzw. muslimisch sind (genauer gesagt im 7. Jahrhundert islamisiert wurde) Im Irak verhält es sich übrigens grundsätzlich nicht anders als im Rest der Welt: „Den Islam“ und „die Muslime“ gibt es in dieser Form nicht: Es gibt Schiiten, Sunniten, Sufis, Ahl-e Hagg, Schabak, Hagga usw. usw. usw.

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18 Messerstiche ins Herz

Marwa El Sherbini Denkmal „18 Stiche“

By 18Stiche_Semperoper.JPG: Pourprederivative work: Emma7stern (18Stiche_Semperoper.JPG) [Public domain], via Wikimedia Commons

Heute vor 5 Jahren wurde die im dritten Monat schwangere Marwa El-Sherbini mit 18 Messerstichen ins Herz getötet. Knapp ein Jahr zuvor war sie auf einem Spielplatz von ihrem späteren Mörder Alex Wiens als „Islamistin“ und „Terroristin“ beschimpft worden. Einen Strafbefehl für die Beleidigung zu 30 Tagessätzen hatte er zurückgewiesen, denn seiner Meinung nach seien Muslime „nicht beleidigungsfähig“. Er wurde jedoch auch in der Hauptverhandlung entsprechend verurteilt. Während der folgenden Berufungsverhandlung stürzte sich Wiens auf El-Sherbini und stach auf sie ein. Ihr Mann, der sie schützen wollte, wurde ebenfalls durch Messerstiche von ihm und einen Schuss von einem Polizisten, der ihn für den Angreifer hielt, lebensgefährlich verletzt. Marwa El-Sherbini starb vor den Augen ihres dreijährigen Sohnes.

Antimuslimischer Rassismus, als eine Art von gruppenbezogener Menschlichkeit, ist in Deutschland weit verbreitet. Hoffähig gemacht wird die durch Hetzer wie Thilo Sarrazin, die Pro-Bewegung, Internetblogs wie Politically Incorrect oder Parteien wie die AFD, Republikaner oder NPD.

Nach dem Mord an Marwa wurden Forderungen laut dieses Problem endlich ernst zu nehmen und endlich zu handeln. In der Zwischenzeit wurden die zynisch so genannten „Döner-Morde“ als neonazistische Morde eines „nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) aufgedeckt. Die Opfer: hauptsächlich türkische Mitbürger. Das Versagen der Behörden diesbezüglich sorgte vor drei Jahren für einen Aufschrei – der Prozess gegen Beate Zschäpe, der gerade noch läuft, scheint die Bevölkerung jedoch kaum mehr zu interessieren. Ein Problembewusstsein für den alltäglichen Rassismus, den unsere muslimischen Nachbarn, Freunde, Bekannten (oder solche die dafür gehalten werden) ständig erleben, ist leider nicht wirklich zu erkennen.

Rassismus tötet – stoppt die antimuslimische Hetze! Its about fucking time.

In Gedenken an Marwa El-Sherbini, 7. Oktober 1977 – 1. Juli 2009