Alle Artikel von Hanna Dahlberg

Männer im Krieg, Männer im Frieden

Plakat: "Jeder Soldat ist strengstens verpflichtet die frei gelieferten Praeservative zu benutzen!"

Bundesarchiv, Bild 101II-MW-1019-10 / Dietrich / CC-BY-SA 3.0 [CC BY-SA 3.0 de], via Wikimedia Commons

Die Bedeutung des Militärs für die Etablierung von Prostitution wird äußerst selten thematisiert. Dabei gibt es umfangreiche feministische Forschung dazu. Insbesondere die amerikanische Politikwissenschaftlerin Cynthia Enloe hat dazu umfassend publiziert.

Militärinterventionen haben einen maßgeblichen Anteil an der weltweiten Globalisierung der Prostitution, denn Prostitution erfüllt einen wichtigen Zweck: Wie Susan Brownmiller ausführt, geht es nicht nur darum, besiegte männliche Bevölkerungen dadurch zu bestrafen, dass ihnen „ihre“ Frauen gestohlen werden, sondern auch darum, die Soldaten zu schlachtbereiter Aggression aufzustacheln.

Das Militär benutzt bewusst Prostitution und Pornografie, um die Truppen zu maskulinisieren und damit die Fähigkeit zu töten anzutrainieren. Sie ermöglichen es, Frauen als „das Andere“ zu sehen. Sie löscht Empathie aus.

Das japanische „Trostfrauensystem“

Beim so genannten „Trostfrauensystem“ handelte es sich um Vergewaltigung und sexuelle Sklaverei und nicht, wie häufig suggeriert wird, um „freiwillige“ Prostitution. Höhere Stabsoffiziere gaben den Befehl, die Bordelle einzurichten, die euphemistisch als „Spezialwarenhäuser“ (und Frauen damit als zu lagernde „Waren“) bezeichnet wurden.

Die Funktionsweise war ähnlich dem heutigen legalisierten und vielerorts tolerierten Bordellsytem: Die Mädchen und Frauen wurden durch Täuschung oder Verkauf eingehandelt und erlitten schreckliche Gewalt, wenn sie sich widersetzten. Man sagte ihnen, dass sie Schulden hätten und daher vertraglich verpflichtet seien, ihre Körper zur Verfügung zu stellen. Sie mussten außerhalb von Kampfzeiten zehn Männer pro Tag erdulden, davor und danach sogar 30-40 Männer pro Tag.

Wie die Frauen in deutschen Bordellen, berichteten die „Trostfrauen“ von starken Schmerzen, Schwelllungen an den Genitalien und Blutungen.

In der Zeit unmittelbar nach dem zweiten Weltkrieg befürchtete die japanische Regierung, dass die US-Besatzungstruppen japanische Frauen vergewaltigen würden, wenn sie nicht mit prostituierten Frauen versorgt werden würden. Neben den bereits in der Prostitution befindlichen Frauen wurden auch „neue“ dem System zugeführt. Es wurde vom Staat –  in Zusammenarbeit mit Besitzern von privaten Clubs und Bordellen –  die Recreation and Amusement Association (RAA) eingerichtet. Die „weltgrößte Handelsvereinigung für weiße Sklavinnen“ rekrutierte „weibliche Angestellte“, um die „stationierten Truppen zu trösten“. Viele Frauen folgten dieser Anwerbung aufgrund massiver Hungersnöte und Arbeitslosigkeit.

Vergewaltigungslager in Bosnien – und dem Nationalsozialismus

Serbische Milizen richteten in Bosnien im Zuge des Völkermordes Vergewaltigungslager ein. Frauen, die nicht mehr von Nutzen waren oder ihren Neuheitswert überschritten hatten, wurden schlichtweg getötet.

Catharine MacKinnon sieht eine Ursache für die Einrichtung der Lager in dem schon vor dem Krieg existierenden, übersättigten Pornografiemarkt in Jugoslawien:

„Wenn Pornografie derart zur Normalität wird, wird eine ganze Gruppe von Männern darauf vorbereitet, Frauen nicht mehr als Menschen zu sehen und sexuelle Gewalt zu genießen.“

Die Gesundheitsabteilung der Nazis hatte dem Warschauer Ghetto die Einrichtung eines Bordells von 50 jüdischen Frauen für die Nutzung durch deutsche Soldaten befohlen. Heinrich Himmler hatte die Einrichtung von mindestens neun Bordellen in Konzentrationslagern zu verantworten. Prostitution war integraler Bestandteil des Völkermords an den Juden und Jüdinnen. Daneben gab es auch andere Praktiken sexueller Gewalt:

„Frauen wurden beim Eintritt in die Lager gezwungen, sich auszuziehen und sich, um die Genitalien zu exponieren, auf zwei Stühle zu stellen, wo sie dann innen untersucht und an den Genitalien rasiert wurden, während man sie sexuell verspottete.“

Trotz der enormen Fülle an Dokumentationen und Aufarbeitungen des Nationalsozialismus bleiben diese Aspekte bis heute weitgehend unberücksichtigt. Weiterlesen

Schau doch nur wie hübsch sie ist …

Egal, wohin man dieser Tage schaut: Überall darf frau am Glück von Bruce Jenner, jetzt: Caitlyn Jenner, teilhaben.

„Schaut doch nur wie hübsch sie ist …“

Kein Satz fiel wohl häufiger, wenngleich auch das aktuelle Cover von Vanity Fair nicht weniger gephotoshoppt ist wie alle anderen Cover auch. Auch Feministinnen überschlagen sich vor Begeisterung. Aber warum eigentlich?

Ist es eine Leistung, dem Klischee des hypersexualisierten Cover-Girlie zu entsprechen? Wo ist dabei die feministische Errungenschaft? Habe ich vielleicht etwas übersehen?

Ich sage ganz deutlich: Mir ist es egal, wie Jenner sich kleidet, welches Personalpronomen er/sie bevorzugt und ob er/sie sich als Frau oder Mann (oder keines von beidem) identifiziert. JedeR soll so leben, wie er oder sie möchte. Insofern akzeptiere ich auf der individuellen Ebene eine Transitition jederzeit.

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Die Sicherheit „in der Mitte der Gesellschaft“

Rotlichviertel Frankfurt am Main

By Arne Hückelheim [CC BY-SA 3.0 or GFDL], via Wikimedia Commons

Rotlichviertel Frankfurt am Main

By Arne Hückelheim [CC BY-SA 3.0 or GFDL], via Wikimedia Commons

Die WAZ berichtet von einer Auseinandersetzung um Bordellstandorte in Oberhausen. Dieser Artikel macht mich als (nunmehr ehemalige – es reicht nämlich auch irgendwann) Wählerin der Partei DIE LINKE in Nordrhein-Westfalen sauer. Um nicht zu sagen STINKSAUER.Natürlich würde ich erwarten, dass eine linke Partei sich gegen die VERLAGERUNG eines Bordellstandorts und für die Abschaffung der Prostitution ausspricht, ABER die Aussage des „SOZIALEXPERTEN“ der LINKEN Jörg Pusch über die aktuell „ideale Lage“ des bestehenden Rotlichtviertels lautet vielmehr:

„Die zentrale Lage ist vorteilhaft für die Sicherheit der dort arbeitenden Frauen. Dadurch, dass sie in der Mitte der Gesellschaft ihrer Tätigkeit nachgehen, ist die Gefahr durch Übergriffe deutlich geringer als an einem Standort am Rand.“

Linken-Ratsfrau Ingrid Diepenbrock stößt ins gleiche Horn:

„Sexarbeit darf nicht im Verborgenen stattfinden! Dort wird sie gefährlich. Populistisches Geschrei nach Verboten und Verlagerungen hilft weder den Prostituierten noch den Opfern von Menschenhandel.“

Aha, haben sich denn die beiden linken KommunalpolitikerInnen mit der aktuellen Lage der prostituierten Frauen in der Oberhausener Innenstadt auseinandergesetzt? Mit der heilen, kuschligen, sicheren Arbeitsatmosphäre in der Flaßhofstraße? Ein kurzer Blick (knapp 30 Minuten Recherche) in die Freierforen bringt folgendes zu Tage:

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Mit der Sexindustrie für Frauenrechte?

Hugh Hefner

By Toglenn (Own work) [CC BY-SA 3.0 or GFDL], via Wikimedia Commons

Frauen des globalen Südens haben sich bestimmte Rechte hart erkämpft: das Recht auf Abtreibung und das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung, das Recht auf Geburtenkontrolle (zum Beispiel durch die Pille oder die Pille danach) sind nur ein paar Beispiele.

Bei nüchterner Betrachtung müssen wir jedoch leider feststellen, dass zur Wahrheit dieser Erfolge auch eine unbequeme Erkenntnis dazu gehören muss: Frauen konnten sich diese Rechte nur deshalb erkämpfen, weil man uns ließ. Weil es der patriarchalen Verfügung über den weiblichen Körper dienlich war und ist.

Ein wichtiger Player diesbezüglich die die American Civil Liberties Union (ACLU), eine amerikanische Nichtregierungsorganisation, die im Jahr 1920 gegründet wurde. Sie setzt sich für den Liberalismus ein und ist vergleichbar mit der deutschen Humanistischen Union.
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Unser Gentleman der Woche: Attila Hildmann

Ne Weile schauen wir uns das ja schon an und fragen uns ob wir nun Mitleid oder Ekel empfinden sollen, für den selbst ernannten Vegan-Guru Attila Hildmann.

Zunächst fanden wir den Selbstveredelungs-Veganismus vom „Vendler“ ja in erster Linie peinlich: Vegan ernähren, dann klappts auch mit dem Sixpack. Jo, wer drauf steht. Von uns aus. Er ist halt offenbar kein politischer Veganer.

Vegane Ernährung als Potenzmittel und den Porsche fürs große Ego? Jo, wers braucht.  Und: Irgendwo muss die fette Kohle, die man mit seinem Fun-Veganismus verdient, ja auch hin.  Die Schwelle zur Grenzwertigkeit war hiermit jedenfalls bereits deutlich überschritten.

Aber sein neuestes Projekt überschreitet alle Grenzen des schlechten Geschmacks:

Mit Vegangangsta.tv, einer „Foodporn“-Cooking-Show, bei der es „fucking“ und „bitches“ im Minutentakt hagelt, soll die Kasse weiter aufgebessert werden, denn wir wissen ja:

Sex sells einfach. Das ist auch keine Parodie, sondern das ist Teil des Konzepts. […] Das ganze Ding ist auch dafür da, andere Zielgruppen zu erreichen – die Jugend steht auf Gangsterrap und guckt auch mal ’nen Porno. Für mich sind das Stilmittel, um meine Message von veganem Bioessen und Fairtrade in die Welt zu tragen.

Auf seiner Facebookseite schreibt er außerdem:

Man nehme: 1 Halstuch = 5 Euro im Army-Shop; 1 vollbusige Freundin = 0 Euro; ein bisschen Gossenslang = 0 Euro; eine gute Slowmo-Kamera = 50 Euro am Tag; ein tätowierter Strongman = 0 Euro Aufruf über Facebook....Resultat - deutschlandweite mediale Aufmerksamkeit = unbezahlbar! hahaha die Welt ist doch zu einfach gestrickt für mich. Sex und ein bisschen Provokation und alle flippen aus! Ich mach dann mal weiter...am Sonntag ist der nächste Dreh! Bewirb dich als Vegangsta Girl: motherfucker@vegangsta.tv

Man nehme: 1 Halstuch = 5 Euro im Army-Shop; 1 vollbusige Freundin = 0 Euro; ein bisschen Gossenslang = 0 Euro; eine gute Slowmo-Kamera = 50 Euro am Tag; ein tätowierter Strongman = 0 Euro Aufruf über Facebook….Resultat – deutschlandweite mediale Aufmerksamkeit = unbezahlbar! hahaha die Welt ist doch zu einfach gestrickt für mich. Sex und ein bisschen Provokation und alle flippen aus! Ich mach dann mal weiter…am Sonntag ist der nächste Dreh! Bewirb dich als Vegangsta Girl: motherfucker@vegangsta.tv

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We can do it – das erste Bier von Frauen gebraut

Fight Sexism Graffiti

by Metro Centric via Flickr, [CC BY 2.0]

Wie die Womens Rights News berichten gibt es in Schweden nun das erste von Frauen gemachte Bier.

Vor zwei Jahren hatte Elin Carlsson aus Göteborg die Schnauze voll von den Männern, die meinen, dass Frauen nur fruchtiges Leichtbier mögen. Sie gründete eine Facebookgruppe mit dem Namen „Fem Ale“ und veranstaltete mit anderen gemeinsam Women-Only Bierverkostungen – mit großem Erfolg.

Irgendwann kam die Idee auf „Warum eigentlich nicht ein eigenes Bier brauen?“ – Elin und einige andere Fem-Ale-Aktivistinnen nahmen Kontakt zur Ocean-Brauerei in Göteborg auf und fanden hier willige Kooperationspartner.

Elin und die anderen entwickelten ein Rezept für IHR eigenes Bier: „Es ist etwas bitteres als gewöhnlich, und enthält eine Menge Hopfen. Es ist ein frisches, bitteres, helles Bier“ .

Das Bier, welches den Namen „We can do it“ trägt, ist nun im Handel erhältlich. Also beim nächsten Schweden-Besuch ab in den Systembolaget. Skål!

 

Rachel Moran: Prostitution ist ein mentales und emotionales Massaker

Buchcover: Was vom Menschen übrig bleibt

Rachel Moran: Was vom Menschen übrig bleibt - Die Wahrheit über Prostitution, Tectum Verlag, 2015

Buchrezension:  Was vom Menschen übrig bleibt. Die Wahrheit über Prostitution

Endlich ist es soweit: Am Mittwoch, dem 11. März erscheint sie nun, die deutsche Ausgabe des Buches der wundervollen Prostitutionsüberlebenden Rachel Moran aus Irland (Originaltitel „Paid for – My journey through Prostitution“).

Für dieses Buch könnte man sie mit Adjektiven und Superlativen überschütten: wertvoll, augenöffnend, tief bewegend, brilliant analysierend, fesselnd, erschütternd, Mut machend …

Mich hat das Buch auch bei der zweiten Lektüre auf Deutsch so gepackt, dass ich es nicht aus der Hand legen konnte. Rachel Moran erlaubt uns nicht nur einen weitreichenden Blick in ihre Lebensgeschichte, sondern auch einen Blick bis ganz tief in ihre Seele. Sie hat nicht nur eine Autobiographie geschrieben, sondern ihre ganz eigene Geschichte in das „große Ganze“ eingeordnet und es gelingt ihr sehr gut darzustellen wie all die Einzelschicksale zusammenhängen, die großen Mythen der internationalen Prostitutionslobby zu entschlüsseln und zu enttarnen, und schließlich zu vermitteln welchen Weg wir einschlagen müssen um zu einer humaneren Gesellschaft zu schaffen, in denen Frauen keine Objekte für den männlichen Konsum, sondern ebenbürtige Menschen sind. Es ist die Gesamtbetrachtung des Systems Prostitution durch eine, die in ihm gelebt hat.

Dabei bedient sie sich einer so bildhaften Sprache, die dazu geeignet ist die Leserin / den Leser zu berühren und an dem Schicksal der prostituierten Personen teilzuhaben und es nachfühlen zu können – auch dann wenn einem die Erfahrung am eigenen Leib zum Glück erspart geblieben ist.

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Unter „Kinderfreunden“: Edathy und der Kinderschutzbund

Quelle: Facebook

Paukenschlag im Fall Edathy! Es kommt nun so, wie es sich schon in den letzten Tagen und Wochen angedeutet hat: Edathy hat ein Geständnis abgelegt, nun wird gegen Zahlung einer Geldauflage von € 5000,- (nein da wurden leider keine Nullen vergessen) das Verfahren eingestellt. Edathys Vorstrafenregister bleibt damit blütenweiß und rein.

Die Tatsache, dass er für den Konsum von so genannten „kinderpornographischen Schriften“ (passender: Kinderfolterdokumentationen1 oder visuelle Darstellungen sexueller Gewalt) mit € 5000,- (in Worten: FÜNFTAUSEND) viel zu „billig“ davon kommt, gemessen an den gravierenden Schädigungen, mit denen die Opfer seiner Taten bis an ihr Lebensende leben müssen, ist schlimm genug.

Die Vorwürfe treffen zu

erklärte Verteidiger Christian Noll im Namen Edathys.

Ich habe inzwischen eingesehen, dass ich einen Fehler gemacht habe

hieß es in der Erklärung weiter. Er bereue, was er getan habe. Mehr braucht es offenbar nicht.

Einsicht? Tatsächliche Reue? Sieht irgendwie anders aus als das hier:

Quelle: Facebook

Quelle: Facebook

Ich begrüße die Einstellung des Verfahrens durch das Landgericht Verden. Eine Fortsetzung wäre unverhältnismäßig gewesen. – Ich weise darauf hin, dass ein „Geständnis“ ausweislich meiner heutigen Erklärung nicht vorliegt. Die Staatsanwaltschaft war mit dem Wortlaut der Erklärung einverstanden. Eine Schuldfeststellung ist damit ausdrücklich nicht getroffen worden.

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Feminismus in Zeiten der Austerität

End Patriarchy

istolethetv via Flickr, [CC BY 2.0]

Karen Ingala Smith (KIS, auf dem Bild) ist die Vorstizende von nia, einer Wohltätigkeitsorganisation mit einem feministischen Ethos, die Frauen mit sexueller und häuslicher Gewalterfahrung unterstützt. In diesem Interview mit Socialist Resistance (SR) geht es um männliche Gewalt gegen Frauen, die Auswirkungen der Austerität auf Unterstützungsprojekte für Frauen und die Wichtigkeiten von Räumen ausschließlich für Frauen.

SR: Du betreibst den Blog „Counting Dead Women„. Tödliche, männliche Gewalt ist wahrscheinlich der am leichtesten zu messende Indikator von Gewalt gegen Frauen. Wie groß sind die Ausmaße dieses Problems gemessen an offiziellen Daten und deiner Kenntnis zum Thema?

KIS: Ich habe mit dem Zählen der ermordeten Frauen Anfang 2012 angefangen, als 8 Frauen in Großbritannien in den ersten drei Tagen des Jahres ermordet wurden. Ich war frustriert, weil keine Schlüsse gezogen wurden und die systematische männliche Gewalt gegen Frauen ignoriert wurde. Als ich einmal angefangen hatte zu zählen, konnte ich nicht mehr aufhören, zum einen, weil ich durch dieses Dokumentieren Dinge gelernt habe, die nicht in offiziellen Statistiken zu finden sind. Außerdem nehmen diese offiziellen Statistiken in der Art, wie sie präsentiert werden, den Frauen ihre Menschlichkeit und es ist zu einfach, nicht davon berührt zu sein, was Frauen durch die Hände von Männern angetan wird. Ich bin mir nicht sicher, ob tödliche, männliche Gewalt der am einfachsten zu messende Indikator ist, und zwar, weil die offiziellen Statistiken das ganze Ausmaß des Problems verdecken und ich weiß, wie viel Zeit ich damit verbracht habe, abseits von offiziellen Statistiken, eine Dokumentation von Frauen, die durch Männer getötet wurden, zu erstellen.

Die vorhandenen Statistiken sagen uns eine Menge über die Beziehung zwischen einem Mordopfer und seinem Killer. Wir kennen das Geschlecht des Opfers und ob es durch den Partner oder Ex-Partner getötet wurde, durch ein Elternteil, einen anderen Verwandten, Bekannten oder einen Fremden, aber das Geschlecht des Täters wird in diesen Kategorien nicht dargestellt. Zum Beispiel sagen uns die offiziellen Statistiken, dass zwischen 2001 und 2012 im Durchschnitt 11 Frauen pro Jahr durch ihr Kind getötet wurden. Durch Counting Dead Women habe ich herausgefunden, dass im Jahr 2012 16 Frauen durch ihren Sohn getötet wurden, 2013 waren es 13 Frauen und 2014 bis zum September (Zeitpunkt des Interviews, Anm. der Übersetzerin) waren es 9 Frauen. Es wurden also die meisten – fast alle – Frauen, die von ihrem Kind getötet wurden, von ihrem Sohn getötet; und das wird in den offiziellen Statistiken völlig verdeckt.

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Jedem das Seine? – Willkommen auf Deutsch

Konzentrationslager Buchenwald bei Weimar.

By Clemensfranz (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Es hört sich an wie ein makabrer, schlechter Scherz, aber es ist wahr: Die Stadt Schwerte möchte Flüchtlinge zukünftig in einem Außenlager des ehemaligen Konzentrationslager Buchenwald unterbringen wie die WAZ berichtet.

Dies sorgt für berechtigten Zorn des dortigen Flüchtlingsrates und auch zum Beispiel von Geschichtsprofessor Alfons Krenkmann, dem Vorsitzenden des Arbeitskreises der NS-Gedenkstätten und Erinnerungsorte in NRW e.V.: „Das hat einen Beigeschmack, da das ein historisch kontaminierter Ort ist.“ Auf die massive Kritik reagiert die Stadt: gelassen.

Die Unterbringung von Flüchtlingen in Flüchtlingslagern (statt dezentral in eigenen Wohnungen) stößt bundesweit generell auf große Kritik.

Die Women in Exile haben in ihrem Memorandum (wir berichteten) auf die damit verbundenen Gefahren für Frauen, auch und insbesondere in Bezug auf sexuelle Übergriffe, aufmerksam gemacht.

Aber wer noch die brennenden Flüchtlingslager der 90 Jahre vor Augen hat, weiß dass dies längst nicht die einzige Gefahr für die Bewohner*innen ist.

Die Bunderegierung berichtete auf eine Anfrage der Bundestagsfraktion DIE LINKE von 53 Demonstrationen (ab 20 Teilnehmer*innen) vor und gegen Flüchtlingslager vom ersten bis dritten Quartal 2014. Die Mottos reichten von „Asylmissbrauch – Nicht mit uns!“ über „Bürgermut stoppt Asylantenflut“ bis hin zu „Nachtwache zum Schutz der Bevölkerung vor Asylbewerbern“.

Die Zahl der Überfälle, Anschläge, Sachbeschädigungen und tätlichen Angriffe auf Flüchtlingslager belief sich im gleichen Zeitraum auf 95 ! In Worten FÜNFUNDNEUNZIG. In einem Dreivierteljahr. Dabei wurden im dritten Quartal auch erstmals drei Personen verletzt.

Die aktuelle Entwicklung ist beängstigend, die Zahl der Politiker*innen, Medienmenschen und Akteure der Zivilgesellschaft (inklusive Feministinnen), die Verständnis für Bewegungen wie PEGIDA, die den Hass auf Refugees, Sinti und Roma, Muslime oder andere gesellschaftlichen Gruppen immer weiter schüren, ist beängstigend.

Menschen, die sich dagegen auflehnen werden als „Gutmenschen“, „Islamversteherinnen“ bis hin zu „Volksschädlingen“ beschimpft.

Eins ist sicher: Sollte „das Abendland“ (was auch immer das sein soll) „untergehen“, dann sicherlich nicht durch jene die aus der unrühmlichen Geschichte Deutschlands etwas gelernt haben und dem Hass etwas entgegensetzen wollen, sondern durch jene die Hass, Zwietracht und Spaltung säen.