Kategorie: Aktuelles/Veranstaltungen

Statement zum lesbisch-feministischen Block im Berliner Dyke*March

My Vulva is a female only space

Dyke*March, Berlin, 2024 – zur Einordnung des Statements:

Damit Lesben in der schwul-lesbischen, inzwischen LGBTQIA*+ Bewegung und bei Pride Festivitäten sichtbar bleiben, gibt es in mehreren Städten traditionell am Tag oder Abend vor dem CSD Straßenfeste oder eigene Lesbendemos. Der Dyke*March Berlin 2024 stand in dieser Tradition – wobei das jeweilige Orga-Team festlegt, wer teilnimmt, welche Statements nach außen gehen etc.

Der Dyke*March Berlin bekam schnell wegen eines einseitigen Statements zum Nahostkonflikt und vor allem dem Umgang mit Kritik daran Aufmerksamkeit – die Frage, inwiefern jüdische Lesben sich dort sicher fühlen können, musste gestellt werden. Persönliches Statement: Ich freue mich, dass sie in einem erkennbaren lesbischen Block mit entsprechenden Fahnen teilgenommen haben. Für eine Diskussion dieses Themas sei auf diesen Artikel bei QN – Queer Nations – verwiesen.

Die zweite Kontroverse betraf wie immer das * hinter „Dyke“ und den Umgang mit Lesben, die auf der körperlichen Komponente ihres lesbischen Begehren beharren und die eine Öffnung der Kategorie „Lesben“ bis zur Inkludierung praktisch aller Menschen, die diese Kategorie irgendwie interessant finden, kritisch ablehnen: Sie erkennen, dass diese Öffnung nur die Probleme gegenüber Lesben (und damit allen Frauen) aus der Gesamtgesellschaft in die Lesbenbewegung hineinzieht: eigenständiges Begehren von Frauen wird spätestens dann abgelehnt, wenn es sichtbar wird, Lesben als politische Gruppe verschwinden, seit Aufstieg des Transaktivismus werden ihre Anliegen durch Forderungen aus einer angeblichen Gemeinsamkeit mit TTTT*Q+etc. vollständig verdrängt.

Das vor diesem Hintergrund von Teilnehmerinnen am Berliner Dyke*March2024 verfasste Statement beleuchtet ebenso wie ein weiterer bei Queer Nations veröffentlichter Artikel die Situation von Lesben in der deutschen „queeren“ Bewegung. Das „queer“ ist hier in Anführungszeichen gesetzt, da unabhängig von Diskussionen zur Wortbedeutung innerhalb der Szene „queer“ heutzutage nichts anderes bezeichnet als eine frauenfeindliche Mainstream Bewegung. Lesben werden entweder rundweg abgelehnt oder so wie Menschen mit Varianten der Geschlechtsentwicklung (früher „intersex“) und wie Menschen mit tiefen Problemen der geschlechtlichen Wahrnehmung lediglich benutzt.


Statement zum lesbisch-feministischen Block im Berliner Dyke*March

Wir sind Teil einer Gruppe lesbischer Feministinnen, die an die Stärke kollektiver politischer Aktion glauben. Wir sind aus Berlin und Umgebung, aus ganz Deutschland und darüber hinaus. Unser Alter, unsere Nationalitäten und unsere Muttersprachen sind vielleicht nicht die gleichen, aber wir sind alle stolz darauf Lesbisch zu sein. Aus diesem Grund wollen wir als Lesben UND als Feministinnen sichtbar sein, weswegen wir im vereinten Lesbisch-Feministischen Block am Berliner Dyke*March 2024 teilnahmen. 

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Die Rückkehr des Feminismus: Mit Hoffnung ins Jahr 2023!

"If I had a hammer… I'd SMASH Patriarchy"

T via Flickr, [CC BY 2.0] I FOUND IT!

Der Jahreswechsel ist für mich immer ein Anlass über das Vergangene zu reflektieren und die nächste Zeit zu planen: Wie geht es mir? Was (oder wer) kann bleiben? Was (oder wer) muss gehen? Womit möchte ich in den nächsten Jahren die kostbare Lebenszeit verbringen und welche meiner unzähligen Interessen verfolgen? Welche zurückstellen?

Dabei wurde mir klar, dass mein feministisches Awakening vor genau zehn Jahren begann.
Klar: Auch vorher habe ich mich als Feministin bezeichnet und gesehen.
Klar: Auch vorher habe ich mich bereits gegen Gewalt an Frauen engagiert.

Aber vor zehn Jahren, mit dem Engagement gegen Prostitution, mit der Mitbegründung von Abolition 2014 oder dieses Blogs hat sich etwas verändert. Das Verständnis der Zusammenhänge. Das Eintauchen in feministische Schriften aus der sogenannten 1. und 2. Frauenbewegung. 

Ich war eigentlich schon immer sehr zufrieden mit meinem Leben, aber der Feminismus hat es besser gemacht. Ich habe gelernt meine sozialen Kontakte selektiver zu gestalten und toxischen Menschen keinen Platz in meinem Leben zu geben. Er hat mir beigebracht mich nur dort zu engagieren, wo man Frauen nicht als minderwertig sieht und wo mein Engagement geschätzt wird. Er hat mir auch beruflich eine Richtung gegeben. Nicht zuletzt hat er mir geholfen, meine Wut über die Verhältnisse zu kanalisieren und trotz immer neuem Mist gelassen zu bleiben.

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Appell des FrauenAktionsBündnis FAB: zum „Selbstbestimmungsgesetz“!

Worum geht es?

Die Ampelkoalition plant ein Gesetz, das an die Stelle des derzeit gültigen Transsexuellengesetzes (TSG) mit seinen Regelungen zur Änderung des Geschlechtseintrags im Personenstandsrecht treten soll. Bisher setzt eine solche Än- derung ein Verfahren mit Sachverständigen-Gutachten und spezifischen Maßnahmen voraus. Vorgesehen ist jedoch, dass das TSG nicht nur reformiert, sondern abgeschafft wird. Stattdessen soll ein neues Gesetz eingeführt werden, das die Personenstandsänderung nicht nur einer Minderheit, sondern allen Menschen gestattet, und zwar vorausetzungslos und ohne objektivierbare Kriterien. Bisher liegt für diesen Gesetzentwurf ein Eckpunktepapier vor, dieses wurde am 30.06.22 vorgestellt.

Das neue Gesetz wird als „Selbstbestimmungsgesetz“ bezeichnet – korrekter ist jedoch der Begriff „Selbst- identifikation“, in Kurzform „Self-ID“, denn das ist der Kern des geplanten Gesetzes. Jeder Person ab 18 Jahren soll ermöglicht werden, durch eine einfache Erklärung beim Standesamt ihren Geschlechtseintrag zu ändern. Nicht mehr das unveränderliche biologische Geschlecht soll grundsätzlich der Rechtskategorie „Geschlecht“ zugrunde liegen, sondern die Selbstauskunft einer Person, eine bestimmte „Geschlechtsidentität“ zu haben. Weiterhin sieht das Eckpunktepapier vor, dass der Geschlechtseintrag jährlich änderbar ist. Darüber hinaus soll das Ansprechen mit dem früheren Geschlechtseintrag, Pronomen oder Namen mit einem Bußgeld bestraft werden können. Schon bei Kindern soll der Geschlechtseintrag auf Wunsch der Eltern geändert werden können. Jugendliche ab 14 dürften dies gegen den Willen der Eltern gerichtlich erwirken. Eine gesetzliche Forderung nach explorativer oder sachlich-neutraler Begleitung dieser Minderjährigen im Vorfeld ist nicht geplant.

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Anschläge

Pixabay, Public Domain

Der nachfolgende Beitrag wurde von Facebook wegen „Hate Speech“ entfernt.

Anschläge in Dresden, in Nizza, in Paris, in Wien.
Anschläge von Rechtsextremisten, von Islamisten oder einfach von Durchgeknallten.

Wovon wieder niemand sprechen wird, die Täter sind Männer.
Immer. Einfach IMMER.

Man hat ein bisschen das Gefühl, alle gefährlichen Männer, die nur noch einen Funken brauchten, drehen gerade durch.

Mehr Gewalt gegen Kinder und Partnerinnen seit CoVid. Mehr getötete Frauen. Randale gegen die Polizei und merkwürdige „Corona-Demos“. Und Anschläge und Massaker.

Wir haben viele Probleme. Probleme mit Antisemitismus, mit Frauenhass, mit Hass auf Homosexuelle, mit Rassismus.

Vor allem aber haben wir, als Gesellschaft, weltweit ein Problem mit GEWALTTÄTIGEN MÄNNERN.

Dass das sind die Täter irgendwie immer, ob Schulmassaker, Anschlag oder Mord in der eigenen Familie.

Männer sind das Problem. Es musste mal raus – dann darüber wird auch diesmal wieder niemand sprechen.

Tiefes Mitgefühl an alle, die da als Betroffene jetzt durch müssen.

Radikal- vs. Liberal-/Queerfeminismus, oder: Wer exkludiert hier eigentlich wen?

Bild einer Katze

CCO Public Domain, Pixabay

Weil mein auf Facebook gepostetes Fazit zu einer aktuellen Auseinandersetzung sehr lang geworden ist, veröffentliche es nachfolgend der besseren Lesbarkeit wegen an dieser Stelle. Anlass siehe Link – mein Text hier

Achtung es folgt eine Texttapete…  (bereits sorry dafür)

Ich will gar nicht mehr so viel meiner kostbaren Zeit auf diese Diskussion verschwenden, denn diese Art von Auseinandersetzung bringt am Ende keinem was – und am wenigsten noch kommen wir irgendeinem feministischen Ziel damit auch nur einen mm näher. Ich möchte dennoch (hoffentlich für mich abschließend) ein Fazit daraus ziehen (das die „Gegenseite“ sicher nicht teilt, aber das muss sie ja auch nicht)

Erst nochmal ein paar Bemerkungen zum Inhalt (politisch), und zwar ein paar Dinge, die durchaus nochmal gerade zu rücken sind.

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Feminismus 2020. Bestandsaufnahme anlässlich des 8. März in Berlin.

Bild- Text: „Dies ist keine Fiktion. Dies ist real. Die Freiheit der Rede für Frauen beginnt mit ihrer körperlichen Integrität, die wahr und real und ehrlich und absolut ist. Es gibt keine Ausnahmen.“
„Es gibt keine Ausnahmen für Männer, die privilegiert sind, um einzudringen. Und es gibt keine Ausnahmen für Frauen, wo gesagt wird: ‚Ach ja, das darfst Du nicht mit dieser Frau machen, aber siehst du die da drüben? Ja, das ist okay, mach es mit ihr. Die vermisst keine.‘ “ Wir vermissen sie. Wir wollen sie zurück. Andrea Dworkin, zu Pornografie und „Redefreiheit“.

Frauenbezogene Kontroversen 2020: „Wir entschuldigen uns für die Existenz anderer Meinungen“ …. zum „Frauen*kampftag“ in Berlin

Der Internationale Frauenkampftag hat eine stolze Geschichte. Er begann mit Gewalt gegen politisch aktive Frauen:

Am 8. März 1909 wurde er das erste Mal als Tag der Rechte von Arbeiterinnen und der Frauenrechte in den USA abgehalten. Organisiert hatte ihn die Socialist Party of America, die damit an den 8-tägigen Streik der Textilarbeiterinnen aus dem Jahr 1908 erinnerte, der wiederum der Streiktage von Textilarbeiterinnen aus den Jahren 1857 und 1858, ebenfalls in New York, gedachte. 1857 brach während des Streiks in der Fabrik ein Brand aus, und da die Türen und Notausgänge verschlossen waren, um eine Zusammenarbeit der Frauen mit anderen Arbeitern während des Streiks zu verhindern, starben 129 Textilarbeiterinnen im Feuer.  (1)

1910 schlug die deutsche Sozialistin Luise Zietz (2) auf dem 8. Internationalen Sozialistenkongress der Sozialistischen Internationalen (3) in Kopenhagen vor, diesen Tag grundsätzlich zum Internationalen Tag der Frau zu erklären. Die Delegierten, darunter 100 Frauen aus 17 Ländern, verpflichteten sich gleiche Rechte für Frauen und das Frauenwahlrecht zu unterstützen. Vorausgegangen war Ende August die Zweite Internationale Sozialistische Frauenkonferenz (4), auf der Clara Zetkin (5) die Einführung eines internationalen Frauentags eingebracht hatte. Am 19. März 1911 wurde der Internationale Tag der Frau erstmalig in Deutschland, Österreich, Dänemark und der Schweiz abgehalten, über 1 Million Frauen und Männer nahmen daran teil. 1913 organisierten Frauen in Russland ihren ersten internationalen Frauentag, am 8. März 1914 demonstrierten Frauen europaweit für Solidarität und Frieden, 1917 hielten wieder russische Frauen einen Tag für „Brot und Frieden“ ab.  Holland, Frankreich, Schweden und nach 1918 die damalige Tschechoslowakei zogen nach. In den 20er-Jahren gewann der Internationale Frauentag als Kampftag immer mehr an Bedeutung und es kamen Länder der ganzen Erde dazu: China, Japan, England, Finnland, Estland, Litauen, Polen, Bulgarien, Rumänien, Türkei und Iran. Zu Beginn der 30er-Jahre wurden die Internationalen Frauentage angesichts der drohenden faschistischen Gefahr ein Sammelbecken gegen den Faschismus. Unter den faschistischen Diktaturen in Europa wurde der Internationale Frauentag verboten. (6)

Die UN zog nach, als sie 1975 als das Internationale Jahr der Frau und den 8. März zum internationalen Tag der Frau (und des Friedens) ausriefen.  Der Song dazu kam von Helen Reddy: I’m a woman, hear me roar. (7)

Nun zu Berlin, Deutschland, 2020.

Da die Frauenbewegung idealerweise aus sehr vielen Frauen mit vielen verschiedenen Erfahrungen besteht, die durch ihre verschiedenen Positionen innerhalb der patriarchalen Gesellschaft sehr unterschiedliche Wahrnehmungen mitbringen und sehr verschiedene Einblicke deutlich machen können, sind Meinungsverschiedenheiten zu erwarten und vor allem zu wünschen: Wie sollte eine Bewegung alle Frauen erreichen und ihre Ziele einbinden, wie könnten wir zu echten Gemeinsamkeiten kommen, wenn es diese Kontroversen nicht gäbe? Und was bedeutet es für uns, wenn solche Kontroversen nicht engagiert, aber dennoch vernünftig ausgetragen werden können?

Die Organisator*innen des 8. März in Berlin haben in ihrem Statement nach der Demonstration befunden, dass Schilder mit Aufschriften zur Abschaffung der Prostitution und gegen die Essentialisierung von Geschlechterrollen eine schlimmere Gewalt darstellen als eine auf Frauen geworfene Glasflasche.

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Im Stuhlkreis mit linken Männern

Björn Láczay, auf Flickr (https://www.flickr.com/photos/dustpuppy)

Es wird ja gesagt, dass unser Gehirn emotionale Erfahrungen im Traum verarbeitet: Der Traum als „Reise ins Unterbewusstsein“ oder „Telefonleitung zur Seele“.

Gestern hab ich mal wieder geträumt: Ich saß in einem (sehr großen) Stuhlkreis mit Männern. Linken Männern. Es ging darum, dass ich mich mal wieder, wie früher, außerhalb meiner feministischen Kreise engagieren wollte, aber klarstellte, dass es für mich hierzu notwendigerweise einen gewissen Grundkonsens zu bestimmten Sachen geben müsse. Zum Beispiel, dass Rassismus immer ein „No Go“ ist, auch dann, wenn dahinter eine milliardenschwere Sexindustrie steht.

Das Ende vom Lied: In meinem Traum wurden mir alle Relativierungen von Rassismus gegen Frauen und  Klassismus betreffend Frauen entgegen geschleudert, die allen linken Frauen, dich sie mit diesen Themen befassen, allerbestens bekannt sein dürften. Es war wie ein Gewitter, das auf mich einprasselte und schlussendlich wachte ich schweißgebadet – und völlig gerädert – auf.

Dieser Traum ist offensichtlich Ausdruck einer in mir wachsenden Ratlosigkeit und Ohnmacht. Ich habe mich mehr als 15 Jahre in linken Strukturen engagiert, an vorderster Front gegen Nazis mobil gemacht, Demos angemeldet und für das Einstehen gegen Rechts Drohbriefe erhalten. In meinem Freundeskreis, auch dem engeren, gibt es weniger „Biodeutsche“ (schreckliches Wort) als Menschen, in deren Familie es eine Migrationsgeschichte in der ersten, zweiten oder dritten Generation gibt.  Ich lebe gerne – SEHR GERNE – in meinem Viertel, in dem Menschen mit rund 160 verschiedenen Nationalitäten zuhause sind und wenn ich mit irgendetwas Hilfe brauche, dann stehen sehr viele davon parat (und umgekehrt).

Macht mich also der zunehmende Rassismus in unserer Gesellschaft betroffen?  Ja natürlich. Ich könnte täglich kotzen, wenn ich sehe, wie meine FreundInnen tagtäglich von Behörden behandelt werden, wenn ich (nicht nur deutsche) NachbarInnen höre, die über die „Zigeuner“ weiter oben oder unten in der Straße herziehen oder Typen zuhören muss, die ihren Arsch nicht hochkriegen um ihr eigenes Leben in den Griff zu bekommen und stattdessen Geflüchtete für ihr Elend verantwortlich machen. Weil’s halt so schön einfach ist.

Früher dachte ich immer, dass ich mich als „westliche“ Frau im 21. Jahrhundert glücklich schätzen darf. Ich bin behütet und (relativ) unbeschwert in einem kleinen Dorf in der Eifel aufgewachsen, wurde in allem unterstützt, was ich erreichen wollte und war in dem, was ich tat, erfolgreich. Ich hielt mich immer für weitgehend gleichberechtigt und wie es dem weiblichen Rollenideal entspricht, nahm ich mein gefühltes Privileg wahr, um anderen, weniger privilegierten Menschen (meint vor allem Männern) zu helfen. Gegen soziale Not, gegen Rassismus und Abschiebung, gegen Behördenwillkür.

Passiert ist in all den Jahren Aktivismus in linken Strukturen vor allem eins: Ich habe Sexismus kennengelernt – und zwar nicht zu knapp. Ich habe erlebt, wie Männer sich einen antisexistischen Anstrich geben, sich vielleicht sogar Feministen nennen und genau das Gegenteil von dem verkörpern, was sie vorgeben zu sein. Ich habe erlebt, wie ich für das Eintreten für Frauenrechte fallengelassen, verdeckt oder offen bekämpft oder als hysterische Kuh schlicht abgehakt wurde.

Das war schmerzhaft, das war frustrierend und vor allem hat es mir in weiten Teilen meine politische Heimat und damit auch ein Stück Halt genommen. Inzwischen kann ich sagen, dass mich die Ignoranz, mit der mir frühere Wegbegleiter begegnen und ihre subtile Misogynie mehr schmerzen als ein offen zur Schau getragener Machismo, dem frau wenigstens offen die Stirn bieten kann.

Gerade erst schrieb der von mir wirklich sehr geschätzte Rolf Löchel (ein Mann mit echter Ahnung zur Geschichte der Frauenbewegung und dem Feminismus) in seiner weitgehend sehr positiven Störenfrieda-Buch-Kritik:

„Weiter meint Sigel, der „deutsche Frauenhass“ sei „ein anderer als der in muslimischen Ländern“, nämlich „intellektuell verbrämter, subtiler“ und „gerade deshalb so schwer zu greifen“. Dies klingt ganz so, als sei er darum im Grunde gefährlicher. Schließlich erklärt sie kurzerhand: „Freiheit gibt es nicht, weder unter der Religion, noch im Neoliberalismus“, denn mit dem „muslimischen“ und dem „westlichen Patriarchat“ […] stehen sich zwei zutiefst männerdominierte und patriarchalische Gesellschaften gegenüber […] und keine von ihnen ist besser“. Letzteres in einem radikalfeministischen Buch lesen zu müssen, macht sprachlos. Denn fraglos sind die bis hin zu Verurteilungen von Vergewaltigungsopfern als Ehebrecherinnen, Auspeitschungen, Ehrenmorden und öffentlichen Hinrichtungen reichenden Praktiken der einen weit schlimmer als die übelsten der anderen. Doch ähnlich wie Sigel erklärt auch Schon, Feministinnen liefen „in eine Falle“, wenn sie, „die Lage der Frau in der ‚westlichen‘ (zivilisierten) Welt im Vergleich zu anderen (barbarischen, im Mittelalter feststeckenden) Kulturen als ‚freier‘ und Fortschritt hierarchisieren“. Man muss ja nicht von Fortschritt reden. Wie viele ‚westliche‘ Frauen, zumal Feministinnen würden es aber nicht vorziehen, in einer liberalen, demokratischen Gesellschaft etwa Europas zu leben als in einem muslimisch geprägten Land?“

Die Botschaft dieser „sprachlos machenden“ Message ist eindeutig:  Freut euch doch einfach als „westliche“ Frauen „sanfteren“ (??) Formen von männlicher Gewalt gegen Frauen ausgesetzt zu sein – mal ganz davon abgesehen welches schwarz-weiß Bild von Teilen der Welt in dieser Aussage reproduziert wird… Es ist ein Argument, das uns immer wieder in verschiedenen Formen begegnet, sicherlich nicht von Rolf Löchel, aber sonst: Was wollt ihr denn, hier hat der Feminismus doch gar keine Berechtigung mehr, aber doooort, hinter den sieben Bergen, bei den sieben Muslimen …!

Worauf ich hinaus will: Ja, ich persönlich halte den intellektuell verbrämten und subtilen und schwer zu greifenden Sexismus tatsächlich für gefährlich. Nämlich genau deshalb, weil er Otto (und Ottilie) NormalbürgerIn noch nicht einmal auffällt. Weil diejenigen, die unsere politischen Verbündeten sein wollen (und sollten), uns in jedem unerwarteten Moment das Messer in den Rücken rammen und uns mit unserer Lebensrealität im Stich lassen können, ohne dass es überhaupt jemand als problematisch erachtet. Sie setzen halt andere Prioritäten, ihr Tag hat auch nur 24 Stunden und es gibt ja abgehängtere Menschen (meint: Männer), für die es sich ihrer Meinung nach vorzugsweise einzusetzen gilt.

Und das ganz perfide dabei: Alles, was wir tun um Frauen vom Joch des Patriarchats zu befreien, wird von ihnen auch noch als rassistisch gebrandmarkt:

Prostitution abschaffen: Rassistisch! Neokonservativ! Wie bei den Nazis! (was für eine Offenbarung eines miesen Geschichtsbewusstseins…)

Problematisierung von männlicher Gewalt gegen (geflüchtete und nicht geflüchtete) Frauen, die von geflüchteten (Männern) ausgeht: Rassistisch!

Problematisierung eines Kopftuchzwangs: Rassistisch!

Hinweis darauf, wie die Genderidentitätstheorie sexistische Geschlechterstereotype reproduziert und welche negativen Effekte für Frauen damit einhergehen: Rechts!

Problematisierung von Unterrichtsmaterial, welches vorsieht, dass Jugendliche sich gegenseitig betatschen, erzählen sollen wann sie „das erste Mal Analsex hatten“ und ein Bordell nach den eigenen Vorstellungen planen sollen: Rechts!

usw usw.

Hätte ich nicht irgendwann die Werke Andrea Dworkins entdeckt, dann wäre ich vermutlich verloren gewesen – ich reihe mich ein in die Menge jener Radical Feminists, die sagen „Andrea Dworkin hat mein Leben gerettet“.  Essays wie „Rechter und Linker Frauenhass“ waren für mich eine Offenbarung, haben sie mir doch gezeigt, dass ich mit meiner subjektiven Wahrnehmung nicht alleine dastehe und dass das, was linke Frauen heute in Deutschland erleben, weder singulär noch zufällig ist.

„Der Frauenhass in der Pornographie interessiert keine der beiden Seiten. Der Frauenhass beleidigt … weder die Linken, noch die Rechten. … Die kommen damit klar. Beide Seiten. …“

Und damit kommen wir zum aktuellsten Beispiel:

Während die Rechten auf der einen Seite versuchen, Gewalt gegen Frauen zu instrumentalisieren um rassistische Ressentiments in der Gesellschaft anzufeuern, versichern die Linken im Netz, auf Anti-AfD-Demos, … sich unentwegt, dass sie für Frauenrechte einstehen. Inhaltlich substantiell kommt dabei rein gar nichts rum, aber hauptsache wir haben es mal erwähnt.  Die Gewalt der „anderen“ wird relativiert mit der Gewalt der „eigenen“.  Es werden Statistiken bemüht, dass die meiste Gewalt in den eigenen vier Wänden stattfindet und nicht durch den „Fremden“ im Gebüsch – Etwas dagegen tun, dass Frauen in den eigenen vier Wänden Gewalt erfahren wollen sie jedoch nicht. DAS nenne ich eine doppelseitige Instrumentalisierung von Frauenrechten.

Nach dem Mord an Susanna F. in Wiesbaden Erbenheim und der mantrahaften Betonung von Frauenrechten habe ich versucht, das beim Wort zu nehmen. Unter anderem habe ich gefragt, wer bereit sei etwas gegen das sexistische Programm der diesjährigen Wiesbadener Biennale inklusive Pornokino, Porn-Performance und Prostitutionsbagatellisierung (Pretty Woman im Autokino etc.) zu unternehmen. Nicht verwunderlich war die zugesagte Unterstützung gleich NULL.

Während sich nun angesichts der beunruhigenden Ereignisse in Chemnitz alle wieder überschlagen mit Aktivitäten und u.a. ein Konzert promoten, auf dem u.a. die sexistischen Arschgeigen von K.I.Z. („[Deine Mutter] wird immer dicker, die Drecksschlampe würde ich nicht von der Bettkante stoßen können. Ich bringe den Müll runter im Leichensack, es wird ein Hurensohn. Baby treib ihn ab!“) („Ich bin wie Adam: ein Feigenblatt verdeckt mein Gemächt. Ich komme angeflogen, hacke in dein Loch wie ein Specht”) und Kraftklub („Du verdammte Hure, das ist dein Lied“) ohne irgendeinen wahrnehmbaren Protest auftreten dürfen, bleiben sexistisch-rassistische Ausfälle hier vor Ort mal wieder unbeachtet. Aber klar:  Da die „Künstler“ ja links sind und das, was sie singen, ja alles nur Satire ist, ist das ja maximal für dumme hysterische Kühe wie mich ein Problem. Unter dem Deckmantel der Kunst und Satire ist schließlich alles erlaubt. „Sei halt nicht so verkrampft“.

Deshalb dürfen die Künstler der „Frankfurter Hauptschule“ (juchhu, Klassismus) bei der Biennale (1) dann auch ohne großen Aufschrei eine „Kunstaktion“ unter dem Motto „Der große Austausch“  durchführen und zur Produktion von „interracial porn“ aufrufen. Als „künstlerisches Statement gegen Fremdenhass“ fordern die „Künstler“ „dazu auf, Fotos unter dem Hastag #dergrosseaustausch! in sozialen Netzwerken zu posten, wo Menschen verschiedener Herkunft beim „Knutschen und Fummeln“ zu sehen sind.“. „Die „Frankfurter Hauptschule“ [will außerdem] das Thema Speeddating umdrehen und dort [auf dem Faulbrunnenplatz] einen Interracial Gay Porn mit dem Titel „Der große Austausch“ drehen. […] Der fertige Pornofilm soll dann am Samstag um 21:30 Uhr in dem Container gezeigt werden.“

Mal unabhängig davon, dass das Ziel der Biennale unter dem diesjährigen Motto „Bad News“ offenbar Provokation ist und es fraglich ist, ob Porno in unserer pornifizierten Gesellschaft überhaupt noch Provokation darstellt (außer unter dummen hysterischen Radikafeministinnen natürlich): Wie ignorant kann man denn bitte sein, unter dem Label „Interracial Porn“ ein Zeichen gegen Fremdenhass setzen zu wollen?  Die „interracial porn“ Seite „Latina Abuse“ („Missbrauch von Latinas“) gehört zu den Beliebtesten unter den Pornonutzern, die Soziologin Gail Dines hat in ihrer Arbeit, unter anderem veröffentlicht in ihrem Buch „Pornland“ den unwidersprochenen Rassismus der Pornobranche aufgezeigt, der eigene Erzählungen von der unterwürfigen, “engen” asiatischen Frau und dem angeblich sexuell überaktiven schwarzen Mann wieder und wieder reproduziert. Von Seiten wie „cruel and callous: gypsy porn“ (grausam und gleichgültig: Zigeunerporno) und den dazugehörigen Bildern ganz abgesehen. “Interracial” bedeutet eine zusätzliche, weil rassistische Erniedrigung der Darstellerinnen.

Auf dem Rücken von Frauen werden so wieder einmal Millionen Profite gescheffelt.

Dines kommt zu dem Schluss:

„Die Abwesenheit von Kritik gegenüber diesen offen rassistischen Bildern […] legt nahe, dass diese inzwischen so normalisiert sind, dass sie heute gewöhnliche Annahmen über die Sexualität von People of Colour nahelegen“

Bereits Dworkin, die u.a. die frühen deutschen Ausgaben des Playboys analysierte, hatte auf den der Pornographie inhärenten Rassismus hingewiesen:

„„Die Sexualisierung der Jüdin […] bildet das Paradigma für die Sexualisierung aller rassisch oder ethnisch degradierten Frauen […] Hitler stellte den jüdischen Mann als Vergewaltiger und Schänder arischer Frauen dar. Er schuf das Bild der jüdischen Frau als Dirne, wild, promiskuös, die sinnliche Antithese zur arischen Frau, die blond und rein war. Sowohl männliche wie weibliche Juden wurden als sexuell bestialisch dargestellt.“

Und sie stellte in ihrem Standardwerk „Pornographie“ unter anderem fest:

„Wie nun kann man Rassismus bekämpfen und sich gleichzeitig damit einen runterholen? Die Linke kann nicht ihre Huren und ihre Politik gleichzeitig haben“

Dass nun hier von „Gay Porn“ die Rede ist, macht es im Übrigen in keinster Weise besser: Die beachtliche Zahl an Depressionen und Drogensucht leidender und Suizid begehender homosexueller Pornodarsteller spricht eine deutliche Sprache  und auch im gay porn werden besagte rassistische Stereotype reproduziert.

Kunst soll provokativ sein? Provokativ wäre es wohl eher mal zum Thema zu machen, was nur wenige Meter vom Biennale-Container entfernt im „HM Massage Center“ tagtäglich an sexistischer und rassistischer Scheisse vonstattengeht.

„hatte mal wieder Luft auf chinesisch […] die letzten 8 mal kostet es 45 Euro …. diese Dame kam mir gleich mal mit 50 Euro. Es geht mir nicht um die 5 Euro; aber bei dieser Person merkte ich die Geldgier aus den Augen leuchten. […] Ich sagte noch, sie soll langsamer machen, aber nach kurzer Zeit spritzte ich ab. […] [ich] war ziemlich geladen …. das war das erste Mal in diesem Laden, das es zu so einer Abzocke kam. Emily vor 2 Wochen war eine klare 1+ …. diese Figur eine klare 6- .
Hier kam es mir vor, das die Dame in die eigene Tasche gearbeitet hat …. es war das erste Mal, das die “Bestellung” nicht ins Tablet eingetragen wurde ….. […] 50 Euro für schlechtes Wichsen ….. das geht gar nicht.“

Was bleibt? Ich würde mich sehr gerne wieder auch in anderen Strukturen engagieren, vor allem in Zeiten wie diesen. Was ich aber sicher nicht kann, ist dabei zusehen wie Frauenrechte – egal von wem – politisch instrumentalisiert werden, bunte Schilder malen, mich in Selbstgerechtigkeit baden und zu „Du kleine Hure“ mit den Hüften wippen. Also werde ich wohl auch in Zukunft frühzeitig von Demos verschwinden oder gleich gar nicht hingehen. Und das hat nichts damit zu tun, dass ich in irgendeiner Weise weiter „nach rechts“ gerückt wäre, sondern damit, dass ich mit einer bestimmten Scheinheiligkeit einfach nicht mehr umgehen kann…

Das bedeutet auch: Ich sehe mich zurzeit gezwungen, euch aus dem Weg zu gehen, im Gegenzug benehmt ihr euch bitte so, dass Feministinnen euretwegen keine Albträume kriegen. Bleibt gefälligst wenigstens meinen Träumen fern!

Fußnoten:

(1) Die Wiesbaden Biennale ist ein Festival des Hessischen Staatstheaters Wiesbaden und wird ermöglicht aus Mitteln des Landes Hessen und der Landeshauptstadt Wiesbaden. Gefördert durch die Kulturstiftung des Bundes und den Kulturfonds Frankfurt RheinMain.

„Nicht alleine joggen gehen“ – Über eine fehlgeleitete Empörung

No More Rape

Steve Rhodes via Flickr, [CC BY-NC-SA 2.0]

Ich gehe regelmäßig wandern. Über Wiesen. Über Felder. Durch Wälder. In der Regel alleine. Am Wochenende war ich mit einer Freundin unterwegs. Wir unterhielten uns. Wir scherzten. Irgendwann sagte ich ernst zu ihr:

„Du, weißt du, was ich oft denke, wenn ich alleine unterwegs bin? Wenn ich all diese Zeitungsartikel lese über ermordete Joggerinnen und von SpaziergängerInnen oder WanderInnen, gefundene Frauenleichen im Wald? Oder die Leichenteile der armen prostituierten Maria in Hamburg, die AnwohnerInnen an der Elbe fanden? Ich hoffe immer, dass mir so etwas nicht passiert. Das ich nicht plötzlich über eine tote Frau stolpere. Das ist so eine Horrorvorstellung.“ Meine Freundin kannte diese Gedanken. Sie sagte mir, dass sie, wenn sie irgendwelchen finsteren Gestalten im Wald begegnet, auch als erstes an die Entsorgung einer Leiche denkt.

Kurz darauf geht das durch die Medien: Ein Mann vergewaltigt eine Frau in Leipzig auf brutalste Art und Weise. Er geht so brutal vor, dass „selbst erfahrene Polizeibeamte“ geschockt sind. Aufgrund der Tatsache, dass es in den letzten drei Wochen zwei weitere Fälle sexueller Übergriffe gegeben hat, geht die Polizei von einem Serientäter aus und gab als Empfehlung an Frauen aus: „Es wäre besser, zu zweit joggen zu gehen, oder zumindest zu schauen, ob immer jemand anderes irgendwo in der Nähe ist“.

Ein Aufruhr geht durchs Land. Der Vorwurf: Die Polizei mache Frauen für ihre eigene Sicherheit verantwortlich. Von Victim Blaming ist die Rede. Sibel Schick schreibt in der TAZ:

„Die Verantwortung der Polizei liegt nicht darin, Frauen Angst zu machen und sie so versuchen aus dem öffentlichen Raum auszuschließen, sondern darin, sie zu schützen. Wer zu Hause bleiben sollte, sind die Vergewaltiger – nicht die Frauen.“

Ich bin verwirrt und muss mich erstmal im Gespräch mit Freundinnen versichern, dass es mir nicht alleine so geht. Anders als seinerzeit in Toronto, wo der Polizist Michael Sanguinetti die Auffassung vertrat, dass „Frauen vermeiden sollten, sich wie Schlampen anzuziehen, um nicht zum Opfer zu werden“, machte die Polizei in Leipzig doch gar nicht die vergewaltigte Frau für das, was ihr angetan wurde, verantwortlich. Sie sprach eine begründete, anlassbezogene Sicherheitswarnung vor einer akuten Gefahr für Frauen in einem bestimmten Gebiet aus.

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Antifeministische Angriffe auf die Vancouver Women`s Library

Vancouver Women`s Library, Kanada

In Vancouver / Kanada hat am 3. Februar 2017 eine Frauenbibliothek, die „Vancouver Women`s Library“, eröffnet. Als Ziel wird definiert die (unterschiedlichsten) Schriften von Frauen der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.

Die Bibliothek versteht sich dabei als „queer space“ und transinklusiv:

„We welcome all women regardless of creed / class / gender / race /sexuality”.

Dennoch geriet die Bibliothek in den Fokus, da sie sich erdreistet auch radikalfeministische Literatur anzubieten.

Bei der Eröffnungsfeier kam es zu Vandalismus, Beleidigungen und Rumgeschubse von Prostestierenden gegen Besucherinnen. Zeuginnen zufolge wurden Bücher mit Wein übergossen, Feueralarme ausgelöst und Poster abgerissen.

Eine Gruppe namens GAG / Gays against Gentrification veröffentlichte am 4. Februar , wenige Stunden nach diesen Aktionen, eine Art Ultimatum und gab an für „SexarbeiterInnen, Transfrauen, IBPOC (Indegenous, Black, and People of Colour), queers und mit ihnen solidarische Menschen“ zu sprechen.  Das Pamphlet strotzt geradezu von der inflationären Nutzung der Beschimpfungen „SWERF“ und „TERF“.

In dem Text werden genderkritische oder genderabolitionistische Radikalfeministinnen für die männliche Gewalt gegen Transpersonen verantwortlich gemacht. Damit werden jene, die tatsächlich Gewalt gegen Transpersonen ausüben, das sind fast ausschließlich Männer, aus der Verantwortung genommen und jene Verantwortung anderen – Frauen- zugeschrieben.

Die Bill C-36, die dem Nordischen Modell zur Abschaffung der Prostitution nacheifert und die maßgeblich von indigenen Frauen mit erkämpft wurde wird als „kolonialistisch“ bezeichnet. Indigene Frauen sind wie in Deutschland die Romnija nämlich jene, die an vorderster Front in der Prostitution ausgebeutet werden. Dies wollen die Protestierenden offensichtlich aufrechterhalten. Diese schieben nun prostitutionskritischen und abolitionistischen Radikalfeministinnen die (männliche) Gewalt (der Freier) in die Schuhe  und machen sie  für „Gewalt gegen SexarbeiterInnen“ verantwortlich. Darüber hinaus werden Radikalfeministinnen mit Neonazis und Rechten auf eine Stufe gestellt und verglichen: Weil von Frauen geschriebene Bücher zu verleihen ist ja auch genau das was Nazis gemacht haben und machen würden, nicht wahr?

Weiterhin schreibt der Text einer Organisation, die aus ehrenamtlicher (!) Initiative von Frauen hervorgegangen ist, vor 1) die Finanzierung offen zu legen,  2) einen neuen Vorstand nach Vorstellungen von GAG zu wählen, 3) alle prostitutions- und genderkritischen Buchtitel aus dem Programm zu nehmen, 4) stattdessen Bücher nach den Vorstellungen von GAG ins Programm zu nehmen, 5) eine konkrete Mitstreiterin aus der Organisation zu kicken und 6) sich dem Gespräch der GAG-AktivistInnen zu stellen.

Man stelle sich dies also vor: Frauen stellen in ihrer Freizeit ehrenamtlich und unentgeltlich etwas  von Frauen für Frauen auf die Beine und bekommen dann von irgendwelchen dahergelaufen, sich hinter einem anonymen Schreiben versteckenden, Personen Vorschriften in einer so unverschämt formulierten Weise gemacht, dass man seinen Augen kaum glauben mag. Frauen wird vorgeschrieben wie sie IHRE EIGENEN Projekte auszugestalten haben – eine Ungeheuerlichkeit.

Darüber hinaus werden ungeachtet der hohen Zahlen von sexueller Gewalt auch gegen „weiße“ Frauen, diese uneingeschränkt als „Nutznießerinnen weißer Vormachtstellung“ bezeichnet. Nun ist es natürlich tatsächlich so, dass „weiße“ Frauen nicht rassistisch diskriminiert werden, aber auch „weiße“ Frauen können Betroffene von Klassismus, Homophobie, Ageismus, Ableismus, etc., und damit intersektionell diskriminiert sein.  „Weiße“ Frauen aus der unterdrückten Klasse „Frau“ auszuschließen wird ihrer Lebensrealität nicht gerecht. Der Radikalfeminismus weist auf Parallelen in der Unterdrückung der Frauen JEGLICHER Coleur hin – ohne zu Verschweigen, dass es innerhalb dieser Klasse auch Privilegien gibt, die aber eben nicht ausschließlich nach Hautfarbe variieren.

Der Vancouver Women`s Library wird nun sogar zum Vorwurf gemacht, dass sie sich als transinklusiv verstehen. Ihnen wird der Terminus „selbstdefinierte Frauen“ zum Vorwurf gemacht, da damit Transfrauen als „andere“ Frauen markiert würden.

GAG fordert, dass konkrete folgende radikalfeministische Bücher aus der Bibliothek zu verschwinden hätten:

Admission Accomplished – Jill Johnston
Against Sadomasochism – Robin R. Linden, Darlene R. Pagano, Diana E. Russell, Susan Leigh Star
Amazon Odyssey: Collection of Writings – Ti-Grace Atkinson
Buddhism after Patriarchy – Rita M. Gross
The Female Man – Joana Russ
Female Sexual Slavery – Kathleen Barry
Feminism Unmodified – Catharine A. MacKinnon
First Buddhist Women: Poems and Stories of Awakening Susan Murcott
Gyn/Ecology – Mary Daly
The Idea of Prostitution – Sheila Jeffreys
The Industrial Vagina: The Political Economy of the Global Sex Trade – Sheila Jeffreys
Intercourse – Andrea Dworkin
The Lesbian Heresy – Sheila Jeffreys
Nine Parts of Desire: The Hidden World of Islamic Women – Geraldine Brooks
Not a Choice, Not a Job: Exposing the Myths about Prostitution and the Global Sex Trade – Janice Raymond
Not for Sale: Feminists Resisting Prostitution and Pornography-Of Women Born – Adrienne Rich
Pornography: Men Possessing Women – Andrea Dworkin
Radical Acceptance – Tara Brach
The Sexual Liberals and the Attack on Feminism – Janice Raymond
Women As Wombs: Reproductive Technologies and the Battle over Women’s Freedom – Janice Raymond

Interessanterweise befinden sich unter den Büchern, in den Sammelbänden unter anderem die Zeugnisse von Jüdinnen, Lesben und Prostitutionsüberlebenden. Das taugt wohl auch unabhängig von der radikalfeministischen Analyse alles nicht zum Unterdrückt-Status.

Den Frauen der Vancouver Women`s Library wird dann auch noch ihr abolitionistischer Standpunkt als „Gewalt gegen Frauen“ vorgeworfen, so zum Beispiel in Bezug auf Zusammenarbeit einer Gründerin mit Frauen vom lokalen Frauenhaus, weil diese sich – wie die Frauenhausbewegung international – für die Abschaffung der Prostitution, die Entkriminalisierung der prostituierten Personen und die Kriminalisierung der Zuhälter und Freier ausgesprochen haben und indigene Frauen dabei unterstützen, dass diesen mehr zusteht als in der Prostitution ausgebeutet zu werden. Vancouver Rape Relief, das Frauenhaus in dem eine Gründerin sich ehrenamtlich engagiert, wird außerdem zum Vorwurf gemacht, dass sie eine Transfrau nicht in ihr Team aufnehmen wollten – und nach einem 12-jährigen Gerichtsstreit diesbezüglich auch Recht bekamen. Der Richter stellte fest, dass diese eine Position zur Unterstützung von Frauen häuslicher Gewalt, die transinklusiv war, verlassen hatte, weshalb davon auszugehen sei, dass sie Vancouver Rape Relief nur aufgrund deren „women-only policy“ zu ihrem Interesse auserkoren habe. Hier wird deutlich, wie  TransaktivistInnen bewusst hart erkämpfte autonome Frauenräume unter Beschuss nehmen.  Frauen aus der Frauenhausbewegung, die seit vielen Jahrzehnten Frauen unterstützen, die Opfer männlicher Gewalt geworden sind, vorzuwerfen sie wären für Gewalt gegen Frauen verantwortlich, ist absurd. Was haben die anonymen AktivistInnen eigentlich im Gegenzug an konkreter Unterstützung für Opfer sexueller Gewalt vorzuweisen? Wie können sie die Realität so verdrehen, dass männliche Gewalt unsichtbar gemacht und stattdessen Frauen die sich kümmern zugeschrieben wird?

Ob es Zufall ist, dass die von den Prostestierenden verwendete Bezeichnung GAG in Pornos dafür steht Frauen so lange mit dem Penis in den Mund penetrieren, bis sie würgen müssen – die Frage kann sich jede und jeder selbst stellen.

Jedenfalls ist es offensichtlich, dass es darum geht Frauen, die sich gegen die Sexindustrie stark machen, und diese als Gewalt gegen Frauen ansehen, mundtot zu machen und den Radikalfeminismus unter einer Meinungsdiktatur durch Einschüchterungsversuche gegen seine Vertreterinnen zum Verstummen zu bringen.

Wir halten die oben durch die gewalttätigen Protestierenden zur Entfernung vorgeschlagenen Bücher für einen guten Vorschlag für eure Leseliste im Jahr 2017.

Eine Petition zur Unterstützung der Bibliothek steht auf change.org zur Verfügung.

Wir dokumentieren abschließend ein Statement von Besucherinnen der Eröffnungsveranstaltung, veröffentlicht auf der Facebook-Seite vom Guerilla Feminist Collective

„Gestern abend mussten wir uns durch physische Einschüchterungsversuche und jede Mengen verbalen Quatsch kämpfen um die Vancouver Women`s Library zu besuchen.

Die Antifeministischen Protestierenden wurden zunächst herzlich willkommen geheißen (es schneite, es war kalt und jeder war willkommen) aber gebeten zu gehen als sie drinnen versuchten feministische Poster herunterzureißen und weiterhin physische Einschüchterungsversuche unternahmen. Die Polizei musste aufgrund der angerichteten Zerstörung und zum Schutz der Gastgeberinnen gerufen werden.  Die Protestierenden hielten Schilder hoch und schrien Besucherinnen an. Sie schütteten Wein über Bücher. Sie rauchten in der Bibliothek obwohl sie gebeten wurden dies nicht zu tun. Sie lösten den Feueralarm aus. Einige versuchten den Eintritt zu versperren und schubsten dann Frauen die versuchten hineinzugelangen. Es machte uns den Anschein als stünde es Männern frei zu kommen und zu gehen wie sie wollten.

Frauen wurde vorgeworfen und sie wurden beschämt dafür, dass sie die Polizei riefen, dafür um ihre eigene Sicherheit besorgt zu sein. Du bist verdammt wenn du es tust, und verdammt wenn du es nicht tust. Frauen, die Opfer von häuslicher Gewalt sind kennen diese Taktiken. Als wir deutlich machten, dass uns der Zutritt versperrt wurde und wie bedrohlich dass auf uns wirkte, wollten die Protestierenden von uns wissen wie wir eine Person genderten, statt über die Ethik der gerade passierenden Gewalt zu diskutieren.

Trotz der klar formulierten Ziele (Schaffung eines Frauenraumes in dem Frauen arbeiten und diskutieren können), Inklusion (alle Frauen), Transparenz der Finanzierung (Eigenfinanzierung und solche durch das UBC women`s centre), harter (unbezahlter) Arbeit und Initiative (um es deutlich zu sagen Sorge und GÜTE des Herzens, und dem Wunsch EINE FRAUENBIBLIOTHEK zu gründen) wurden die Organisatorinnen dämonisiert, zur Zielscheibe erkoren, verleugnet und alles außer auf dem Scheiterhaufen verbrannt.

Es wurden lächerliche Forderungen aufgestellt, zum Beispiel die Gründerin Emily solle zurücktreten (weil sie ehrenamtlich in einem Schutzhaus für Frauen, die vor männlicher Gewalt fliehen, gearbeitet hat und dieses unterstützt hat), die Gründung eines Vorstandes (muss denn alles „mc incorporated“ werden?), und die Entfernung einer Reihe von Büchern (Faschismus 101).

Eine der drei Gründerinnen zog sich in letzter Minute unter dem Hass und der gemeinen verbalen Angriffe, die in aktivistischen Kreisen zirkulieren, zurück. Em und Bec, haben hart daran gearbeitet dennoch wie versprochen zu öffnen. Wir sind stolz diese Frauen zu kennen und zu unterstützen, diesen Raum und die schöne Hoffnung die er für Frauenzusammenkünfte mit sich bringt in der Frauen sprechen und sich gegenseitig aufrichten können  und sich gegenseitig von dem Hass und der Gewalt um uns herum abschirmen können.

Trotz diesem ganzen Scheiß, dem puren Hass, den Lügen, der Gewalt, den Beleidigungen, die Bibliothek war toll als wir es nach drinnen geschafft hatten. Die Unterhaltungen gaben Energie. Die Solidarität und Vielfalt der Frauen, jung und alt, war schön. Kein Wunder, dass man so etwas verhindern will. Frauen die zusammenstehen sind mächtig. Wir dürfen sie nicht gewinnen lassen.

Wir empfinden sehr viel Liebe und Dankbarkeit für die Frauen der Vancouver Women`s Library und wir können es nicht erwarten wie sie wächst und gedeiht. Nicht nur die Sammlung der Bücher, sondern auch die Gemeinschaft von starken und mutigen Frauen, die diesen Ort nutzen und ihren Beitrag dazu leisten werden. Danke euch Frauen, wir sehen uns bald. Seid stolz. Ihr habt etwas Gutes und Wahrhaftiges geschaffen“

 

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