Alle Artikel von Gastbeitrag

Sex als Leistungssport: Ein Workshop für weibliche Ejakulation

Ein Gastbeitrag von Simone

„Lustvoll den Harneingang entdecken“

Seit ich auf einem linken Festival einen Workshop zu weiblicher Ejakulation besucht habe, schwirrt mir diese Aussage im Kopf herum. Der Workshop war zwar mit „weiblicher Ejakulation“ betitelt, wurde aber von Queerfeministinnen abgehalten. Die beiden sind Expertinnen, wenn es um weibliche Ejakulation geht: eine von ihnen besuchte mal einen Workshop zu diesem Thema, bei dem sie praktische Erfahrung sammeln konnte. Dort saßen mehrere Frauen in der Hocke „ganz entspannt“, den Rücken an die Wand gelehnt, in einem Raum, führten zwei Finger ein und …. ejakulierten! Ja, das gibt es offenbar.

Erhofft hatte ich mir eine umfassende Patriarchatskritik, denn im Grunde ist „squirten“ eine Praktik, die wir aus Pornos kennen. Aber ganz in liberal feministischer Manier bestand der Workshop aus Tipps und Tricks wie wir denn nun alle Squirten lernen könnten. Man könne beispielsweise den Harneingang lustvoll entdecken. Aua und
hallo Blasenentzündung. Die weibliche Ejakulation als das wonach wir Frauen zu streben haben. Frei nach dem Motto: Wer für Männer attraktiv sein will, muss leiden. Weiterlesen

Deutsche Zustände

Ein Gastbeitrag von Huschke Mau

Es ist ein Samstag im September. Ich bin extra früh aufgestanden, weil ich zum Sport wollte. Aber das kann ich jetzt knicken, denn vor dem Sport sollte man ein bisschen was essen, und ich krieg jetzt nichts mehr runter. Ein Hoch auf die fatale Angewohnheit, noch vor dem Frühstück in die sozialen Medien zu gucken. Hätte ich mir sparen sollen.

Es ist ein Samstag im September, und ich lese, dass ein Bordellbetreiber, ein verurteilter Menschenhändlermit Kontakten in die organisierte Kriminalität, Prinz Marcus von Sachsen-Anhalt, im Fernsehen aus dem Nähkästchen plaudern darf. Darüber, wie reich ihn die Ausbeutung von Frauen gemacht hat. Darüber, wie das so läuft, wenn er Frauen an andere Zuhälter verkauft. Darüber, wie er die Frauen hat 16 Stunden am Tag schaffen lassen und darüber, wie viel Kohle ihm das gebracht hat. Darüber, dass er sich für einen „guten Luden“ hält. Und darüber, wie lustig das ist, dass die Polizei das alles für Sklaverei hält.

Denn in Deutschland, dem Land mit dem liberalsten Prostitutionsgesetz der Welt, haben im Jahr 15 seit Verabschiedung eben jenen Gesetzes Menschenhändler, Zuhälter und Bordellbetreiber nichts weiter zu fürchten. Sie sitzen gelackt und geschniegelt in Talkshows und können sich offen über ihren Job verbreiten, sie sind angesehene Geschäftsmänner und wenn sie Ärger mit der Justiz bekommen, dann höchstens wegen Steuerhinterziehung. Willkommen in einem Land, für dessen Bevölkerung Zuhälter und Menschenhändler nicht verachtens- und ächtenswert, sondern Unterhaltung sind. In der sie als schillernde Vögel durch ihre Bordelle führen dürfen. In der sie Promis sind, deren Knasterfahrung und Nähe zu den Hells Angels höchstens noch als spannend angesehen werden.
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Burkini – es ist kompliziert

Women in Islam

By Petar Milošević (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Eigentlich wollte ich nichts zur Diskussion über den Burkini beitragen. Es wurde schon sehr viel geschrieben und viele scheinen Antworten zu haben. Ich habe keine Antwort, nicht wirklich.

Ich sehe im Patriarchat nicht wirklich die Freiheit zu tragen, was wir möchten und auch nicht das zu tun, was wir wirklich möchten, nicht wirklich und nirgendwo.

Es gibt auch nicht „die Burkini-Trägerin“: damit fängt das Problem an und wird kompliziert.

Die Entscheidungen einen Burkini zu tragen sind so vielfältig wie Frauen unterschiedlich sind. Eine europäische Burkini-Trägerin hat andere Beweggründe als eine Frau in einem islamischen Land, und auch islamische Länder sind völlig unterschiedlich kulturell geprägt.

Ich kann nur über Algerien wirklich sprechen, aber einige Aspekte sind übertragbar.

Und da die Burkini-Diskussion besonders Frankreich betrifft und hier angefangen hat, ist es unabdingbar über Algerien zu sprechen. Es geht gar nicht anders.

Wir müssen deshalb auch in die Vergangenheit blicken, in die Kolonialzeit, die ein Ende mit dem algerischen Unabhängigkeitskrieg hatte, 1962. Es ist nicht wirklich lange her. Die Gräueltaten der Franzosen sind präsent in Algerien, immer, viele der Mudjahedin, Revolutionskämpfer, leben noch.

Die algerische Nationalhymne spricht Frankreich direkt an: „Oh Frankreich, die Zeit der Unterdrückung ist vorüber, wir schlossen sie wie ein Buch, oh Frankreich, die Zeit der Abrechnung ist gekommen, so bereite Dich auf unsere Antwort vor.“

Algerien spricht von 1 ½ Millionen toten Algerier und Algeriererinnen in der Zeit des Krieges von 1954 bis 1962, Frankreich hat natürlich andere Zahlen. Aber schon 1945 kam es zum Massaker von Setif und Guelma, wo 45.000 Algerierinnen abgeschlachtet wurden von französischen Soldaten.

Das Denkmal der Revolution, le Monument, und das Museum befinden sich in Alger mit nachgestellten Szenen der Folterungen durch das französische Militär. Die FLN, die RevolutionskämpferInnen, hat 154.000 Menschen von insgesamt 336.000 verloren, also die Hälfte der Menschen, die ihr Leben für ein freies Algerien opfern wollten.

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„Sexarbeit“ geht auch indirekt

Sex in progress, do not disturb

By Nevit (Own work) [CC BY-SA 3.0 or GFDL], via Wikimedia Commons

Ein Gastbeitrag von Monika Eiffel-Kortig

Der Begriff „Sexarbeit“  hat sich mittlerweile durchgesetzt, Lobby sei Dank, und immer wieder und unermüdlich fordern Teile der „SexarbeiterInnenorganisationen“ die Anerkennung von „Sexarbeit“ als Arbeit.

Sehr deutlich drückte es Stefanie Klee in der Zeitschrift Luxemburg aus:

Ein Aspekt bleibt, wie so oft, unterbelichtet: Sexarbeit ist in erster Linie Arbeit. Menschen gehen gern oder weniger gern, professionell oder laienhaft, regelmäßig oder als Hobby diesem Beruf nach, verdienen damit ihren Lebensunterhalt und zahlen Steuern auf ihre Einnahmen.

Bei Prostitution handelt es sich um einen Wirtschaftsbereich, und doch wird durch seine moralische Überformung seit Jahrhunderten verhindert, dass er sich ›normalisiert‹.

Stefanie Klee ist organisiert in move. ev, Gründerin des Bundesverbandes für sexuelle Dienstleitungen und Mitglied der so genannten „Care Revolution“. Diese Revolution der „Sorgearbeit“ besteht aus 70 teilnehmenden Organisationen und betrachtet „Sexarbeit“ als einen Teil der „Sorgearbeit“.  „Sexarbeit“ wird auch von dieser Revolution als Arbeit betrachtet und möchte die Rechte von Sexarbeiterinnen unterstützen. Gerne redet Stefanie Klee auch bei Veranstaltungen der Partei „DIE LINKE“ zum Thema häppy sexwork.

Aber es gibt eine endlose Anzahl von weiteren FürsprecherInnen des Modells „Sexarbeit ist Arbeit“ und sie heißt ja auch deshalb „Sexarbeit“ oder „sexwork“, denn natürlich gibt es auch im Ausland häppy Sexwörkerinnen (mehrheitlich weiblich), die sich in entsprechenden Organisationen zusammengetan haben, um gemeinsam die Sprache und das Denken zu verändern. Heißt ja nicht umsonst neurolinguistisches Programmieren.

Die Konsequenzen dieser Forderungen, „Sexarbeit“ als eine Arbeit zu sehen wie jede andere Arbeit auch, übersehen leider viele Menschen. Natürlich könnte man – oder meistens Frau – bei Arbeitslosigkeit und Sozialhilfebezug in Arbeitsstellen der Sexindustrie. vermittelt werden. Eine Ablehnung dieser Tätigkeit hätte eine Leistungskürzung zur Folge oder gleich Streichung der Leistung, wegen fehlender „Mitwirkung“. Natürlich könnte es auch ein Ausbildungsberuf werden, wenn der Beruf „professionalisiert“ wird, was auch immer das heißen mag.

Aber wirken nicht jetzt schon unzählige Frauen in der Prostitution mit, „by proxy“ sozusagen? Weiterlesen

Meinungspluralismus im Feminismus

Grafik mit dem Text: "Think"

Public Domain, via Pixabay

In der letzten Zeit denke ich viel über meine eigene Entwicklung nach, die ich bzgl. des Umgangs mit unterschiedlichen Haltungen im Feminismus durchgemacht habe. Der Text der Initiative für Gerechtigkeit bei sexueller Gewalt sowie auch der Text von Kate Leigh „Abschied vom liberalen Feminismus“ haben mich nun veranlasst, diesen Prozess und meine Gedanken dazu aufzuschreiben:

Ich wurde nicht feministisch sozialisiert, die Thematisierung von Feminismus beschränkte sich in meiner Familie auf das Lächerlichmachen von Alice Schwarzer, wenn diese im Fernseher auftrat. Bei einem kurzen Aufenthalt an einer Fachhochschule, in der ich mich auch an Gremienarbeit beteiligte, kam ich in Kontakt mit dem Frauen- und Lesbenreferat. Ich nahm an einigen Sitzungen teil und merkte, dass ich mich dort nicht „abgeholt“ und „überhört“ fühlte. Diese Frauen schienen irgendwie andere Probleme zu haben als ich, hatten einen gebildeteren Hintergrund, waren feministisch belesen, ich war dies nicht und das habe ich oft in Herablassung zu spüren bekommen. Aus diesem Grunde entfernte ich mich aus diesem Kreis und beteiligte mich nur noch an anderen hochschulpolitischen Themen – Feministin wollte ich mich nicht nennen, wenn Feminismus bedeutet, andere aufgrund ihres Bildungshintergrundes lächerlich zu machen.

Dann vergingen viele Jahre und ich ergriff einen technischen Beruf in der Metallindustrie. Eine Frau unter vielen Männern. Anfangs lachte ich bei dem dort vorherrschenden Sexismus mit, um nicht als spaßbefreite Emanze zu gelten, später lachte ich nicht mehr mit und reagierte nicht und noch viel später ertrug ich es einfach nicht mehr. Da ich dann auch sehr krank wurde, war es mir nur recht, aus diesem Beruf aussteigen zu können.

In dieser Zeit, in der mir Sexismus so deutlich vor die Augen geführt worden war, ich ihn am eigenen Leib erlebte und vor allem immer häufiger überhaupt wahrnahm, wie konditioniert wir Frauen in dieser Gesellschaft eigentlich sind, begann ich im Internet nach Feminimus-Plattformen zu suchen. Die Blogs, die ich fand, waren alle queer-feministisch orientiert und ich musste erst einmal viel recherchieren, um manche Begriffe überhaupt erst einmal zu verstehen. Die meisten der dort vertretenen Meinungen und Haltungen übernahm ich, viele übernahm ich – rückblickend betrachtet – völlig unhinterfragt. Das tat ich etwa eineinhalb Jahre lang, bis ich mich in vielen Situationen, Diskussionen ein ganz merkwürdiges, nicht greifbares, aber sehr ungutes Gefühl beschlich. Da ich auch in Projekte involviert war, machte mir das immer mehr Unbehagen. Dieses ungute Gefühl steigerte sich in absolutes Unwohlsein im Umgang mit einigen Menschen dieser Queer-Szene, aber auch in ein Unwohlsein dabei, wie Debatten geführt wurden. Richtig benennen, was mich da so beschlich, konnte ich damals aber nicht.
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Abschied vom liberalen Feminismus

Liberaler Feminismus vs. Patriarchat (Comic)

Dies ist eine Übersetzung des Textes „Leaving Liberal Feminism“ von Kate Leigh mit freundlicher Genehmigung der Autorin.

Ich kann euch – um ehrlich zu sein, nicht mehr sagen, wann ich damit begann, mich der liberal (ausgerichteten) intersektionell-feministischen Denkweise anzuschließen. Sie war einfach Teil meiner Auseinandersetzungsprozesse und in in Folge dessen mein Alltag – online und offline. Ich folgte allen Blogs und Seiten. Ich steuerte Kommentare bei, teilte Inhalte. Ich wies Menschen darauf hin, ihre Privilegien zu überprüfen und darauf, dass auch Männer Feminismus brauchen. Der liberale Feminismus war der einzige, den ich kannte. Eigentlich habe ich mich aber nie als liberale Feministin bezeichnet, obwohl ich seine Haltungen vertrat. Ich bezeichnete mich als „Feministin“, ohne zu wissen, dass es noch andere (feministische) Ausrichtungen gibt.

Mit meinen noch frischen Erinnerungen an das, was mir durch den Kopf ging, während ich diese Überzeugungen vertrat, möchte ich im nächsten Abschnitt versuchen, meine Erfahrungen aus der Zeit der liberal-feministischen Perspektive zu beschreiben. Im abschließenden Teil erkläre ich,  warum ich meine Haltung änderte und wie es dazu kam.

Die liberal-intersektionelle feministische Mentalität

Empowert durch Wahl(möglichkeitkeiten)

Alle Entscheidungen sind gut und richtig, solange du sie wählst. Agency steht an erster Stelle. Wir dürfen niemals Entscheidungen einer anderen Person in Frage stellen. Wir werden das unveräußerliche Recht jedes Menschen, ihre_seine eigene Entscheidungen zu treffen, bis auf den Tod verteidigen und jede_n verurteilen, die_der es unternimmt, diese Entscheidungen in einem größeren Kontext zu analysieren. Als Frauen ist jede Wahl, die wir treffen, standardmäßig eine femininistische Wahl, sofern wir Frauen sind und uns entscheiden. Folglich ist es feministisch, Stilettos zu tragen oder eine „Sexarbeiterin“ [Anführungszeichen von Störenfriedas] zu werden. Jede_r, die_der es unternimmt, das größere Ganze zu diskutieren, muss zum Schweigen gebracht werden, um individuelle Entscheidungen zu verteidigen.

Weil alle Entscheidungen gut und feministisch sind, bin ich unfehlbar in allem, es ist unerheblich, für was mich entscheide. Es ist mein Recht und niemand darf es mir nehmen. Es ist persönlich empowernd und zu verteidigen.

Selbst-Identifikation

Jeder Mensch hat das Recht, sich selbst zu bezeichnen und niemand hat das Recht, die Identität einer anderen Person in Frage zu stellen. Identität ist angeboren und intern; sie kann nicht verändert werden. Identität ist das, was du wirklich bist und immer gewesen bist; sie ist unabänderlich. Jemandes Identität in Frage zu stellen, ist inakzeptabel. Identitäten müssen angenommen, geglaubt und von allen bekräftigt werden. Jemand, die_der es wagt, das Gegenteil zu tun, wird unhinterfragt ausgebuht. Ich bin das, was immer ich behaupte zu sein. Ich bin allein so, wie ich mich fühle. Jede_r hat mich zu akzeptieren. Ich fühle mich empowert.

Privileg und Privilegien-Check

Es existiert ein riesiges und komplexes Privilegien-System. Wir sind alle in bestimmten Bereichen privilegiert und in anderen nicht. Es liegt in jeder Person selbst, eigene Privilegien zu erkennen und das Überprüfen von Privilegien anderer einzufordern. Die_der Privilegierte darf niemals die_den weniger Privilegierteren hinterfragen. Eine weiße Frau beispielsweise darf niemals die Erfahrungen und Entscheidungen einer Schwarzen Frau hinterfragen. Zu Privilegien gehören – (die Sammlung) ist aber nicht darauf begrenzt: männliches Privileg, weißes Privileg, Thin-Privileg (Privileg, dünn zu sein), Able-Privileg (das Privileg, nicht von einer Behinderung/Krankheit betroffen zu sein), ökonomisches Privileg und: Cis-Privileg (das Privileg der Übereinstimmung von biologischem und sozial konstruierten Geschlecht (Gender).

Ich bin mir meiner eigene Privilegien bewusst und überprüfe sie regelmäßig. Ich stelle Menschen zur Rede, wenn sie ihr eigenes Privileg nicht erkennen. Ich fühle mich überlegen und selbstgerecht dabei, für die Verletzlichsten einzutreten. Ich gehe auf die ein, die weniger Privilegien als ich haben und ich gestatte es niemals jemandem, sie_ihn oder ihr_sein Erleben zu hinterfragen. Weil ich Cis bin, darf ich niemals irgendetwas hinterfragen, was mit dem Leben als Trans-Person zu tun hat. Ich bin besser als Menschen, die ihr Privileg nicht erkennen.

Feminsmus ist für alle da

Feminismus ist nichts Exklusives. Wir schließen alle mit ein und nehmen jede_n mit. Wir sind davon überzeugt, dass auch Männer Feminismus brauchen, auch wenn sie den Begriff weder kennen noch erfassen. Frauen stehen nicht im Zentrum des Feminismus, wir sollen es auch nicht werden. Wir alle sollen gleich sein.

Ich bin aufgeschlossener als die meisten Menschen und wieder: ich fühle mich überlegen. Ich denke, dass ich jede_n unterstütze, auch wenn sie (die ich unterstützen möchte) gar nicht wissen, dass sie meine Hilfe benötigen. Weiterlesen

Ein Nachtrag zur Nachhilfe und anderen Posts

Blumenwiese

Bild via Pixabay, Public Domain

Wisst ihr, ich habe heute Nacht wach gelegen, wie davor die Nacht auch. Eine Sache, die mich umtrieb, war die Frage, ob ich mit meinem letzten Post diesen Blog und meine lieben Redakteurinnen, die mir diese Plattform geben, blamiert habe oder ob ich mich in der Dokumentation dessen, was ich lächerlich finde, nicht selbst lächerlich mache oder mich ins gleiche Fahrwasser begebe. Tausendmal lag meine Maustaste auf dem Schalter, alle meine Beiträge wieder in den Entwurfsmodus zu versetzen. Weil sie auch etwas mit mir anrichten, aber das ist jetzt was anderes. Bei der Frage gestern und vorgestern habe ich mehr im Fokus gehabt, dass es im Grunde relativ sinnfrei ist, einen offenen Fight zu führen und die Leserinnenschaft in Unkenntnis über Details zu lassen. Dafür, das möchte ich betonen, bitte ich um Entschuldigung.

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Nachhilfe für Liberalfeministinnen: Silencing

Ein lachender Bleistift (Comic)

Ich möchte mal kurz damit beginnen, wer ich bin, ich bin eine Prostitutionsüberlebende, wahrscheinlich – so die Glaskugel von Libfem X (nennen wir sie mal so)  –  weiß,  denn als Weiße hab ich es gut,  von unzähligen Typen gefickt zu werden und kenne keine Unterdrückung. Ich bin weiß und eine Frau – so die Glaskugel, wobei bei Frau bin ich mir nicht ganz so sicher – ist aber auch ein recht unwichtiges Kriterium geworden. Den WoC, den Roma-Frauen – ach was, lasst mal diese rassistische Komponente raus. Ist fieß.  AGENCY!!!! Die brauchen diese Überlebensmöglichkeit. Also bitte. Bitte.

Und die Frau mit der Glaskugel ist gerade unfassbar unterdrückt und zwar von Gören wie mir. Gemein.

Ich wollte ein paar Sachen erklären, auch wenn ich wenig Hoffnung in mir trage, dass es etwas nützt (setzt Introspektionsfähigkeit voraus, meine Prognose: ungünstig):

Silencing:

Silencing ist, Menschen mundtot zu machen. Menschen, die auf Realitäten aufmerksam machen. Frauen mundtot zu machen. Insbesondere dann, wenn sie von Gewalt, Vergewaltigung und anderen Widerlichkeiten erzöhlen.

Frauen haben auf gesilencte Stimmen aufmerksam gemacht und ihr formuliert es um. Ziemlich praktisch.

Wisst ihr,  der Grund warum man auf gesilencte Stimmen aufmerksam macht, ist Solidaritat. Das ist aber ein Konzept, das ihr entweder nicht verstanden oder vergessen habt.

Ja, die holde Gefolgschaft der Libfemfraktion betreibt gerade son bisschen Faktenverdrehung, ist ja nicht so, dass ich das nicht kenne, ich kenne ja die Lobby. Weiterlesen

Wenn Frauen Frauen verraten und was das für Gewaltopfer bedeutet

Darkness

Hannu-Pekka Peuranen via Unsplash, Public Domain

Ein Gastbeitrag einer Frau, die anonym bleiben möchte

Es ist mitten in der Nacht und ich starre auf den Bildschirm mit diesem Inhalt. Eigentlich habe ich den ganzen Tag nichts anderes gemacht. Nur gestarrt. Und Fassungslosigkeit gespürt. Und Ohnmacht. Zwischendurch habe ich mich – unter dieser Beeinflussung – über andere Sachen aufgeregt. Wunderbare Nebenschauplätze, die den Schmerz kurz tilgen. Manche Aufreger beziehen sich auf Nichtigkeiten, ich meckere Freundinnen an – wegen Belanglosigkeiten. Ablenkung, die nur kurz funktioniert.

Ich fühle mich betäubt, sprachlos und schaue diesem Geschehen zu, das ich nicht stoppen kann. Ich müsste mir das nicht geben und tue es trotzdem – weil ich fassungslos bin und mir diese Fassungslosigkeit gestatte. Sicher – ich sollte jetzt besser etwas anderes tun. Meine Gefühlsreaktion ist ohnehin übertrieben – hallo patriarchale Infiltrierung.

Kommentare, die mich kräftigen, mich aufbauen, verschwinden – einer nach dem anderen. Kommentare, die für sich sprechen, die darauf aufmerksam machen, wie es Menschen, wie mir geht oder ging.

Ich war noch nie gut darin oder sagen wir besser, ich gestatte es mir ungern, Frauen zu kritisieren: Im Patriarchat ist der Mann unser gemeinsamer Feind und die Frauen, also, die, die es nicht erkannt haben, sie schlafen noch, oder so ähnlich. Irgendwie. Und irgendwann wachen sie auf. „Übe dich in Geduld“, sagt mir mein patriarchal konditioniertes Gehirn, das in diesen Momenten die Fusion mit Frauensolidarität eingeht. Aber es gibt Momente, in denen ich diese Haltung nicht bewahren kann, in denen meine Psyche und mein Körper dieser – im Grunde maßlosen – Anforderung nicht gewachsen sind.

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Deutschland ist das „Bordell Europas“ – und wir sollten uns dafür schämen

Dieser Artikel erschien am 10. Mai in englischer Sprache auf dem kanadischen Blog Feminist Current. Wir freuen uns,eine deutsche Version als Gastbeitrag veröffentlichen zu dürfen.

Wenn wir als deutsche Abolitionistinnen international über die Prostitution in Deutschland sprechen, dann bekommen wir immer wieder das Gleiche zu hören: „Du verarschst mich jetzt aber, oder?“,  oder „Wie kann das alles sein?“. Bei Vorträgen im Ausland kommt es häufig vor, dass Menschen im Publikum in Tränen ausbrechen oder nach 15 Minuten um eine Pause bitten, um etwas frische Luft zu schnappen. Die gleichen Vorträge in Deutschland führen zwar auch zu Entrüstung, jedoch stellen wir fest, dass insgesamt eine stärkere Gewöhnung oder Abstumpfung erkennbar ist. Es ist auch immer wieder erstaunlich wie freimütig – manchmal auch stolz – sich Männer als Sexkäufer outen. Ein Sexkäufer zu sein, ist in Deutschland nichts, wofür mann sich schämen muss. Dies sind für uns besorgniserregende Anzeichen dafür, wie Jahrzehnte legalisierter und liberalisierter Prostitution eine Gesellschaft prägen.

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