Rachel Moran: Prostitution ist ein mentales und emotionales Massaker

Buchcover: Was vom Menschen übrig bleibt

Rachel Moran: Was vom Menschen übrig bleibt - Die Wahrheit über Prostitution, Tectum Verlag, 2015

Buchrezension:  Was vom Menschen übrig bleibt. Die Wahrheit über Prostitution

Endlich ist es soweit: Am Mittwoch, dem 11. März erscheint sie nun, die deutsche Ausgabe des Buches der wundervollen Prostitutionsüberlebenden Rachel Moran aus Irland (Originaltitel „Paid for – My journey through Prostitution“).

Für dieses Buch könnte man sie mit Adjektiven und Superlativen überschütten: wertvoll, augenöffnend, tief bewegend, brilliant analysierend, fesselnd, erschütternd, Mut machend …

Mich hat das Buch auch bei der zweiten Lektüre auf Deutsch so gepackt, dass ich es nicht aus der Hand legen konnte. Rachel Moran erlaubt uns nicht nur einen weitreichenden Blick in ihre Lebensgeschichte, sondern auch einen Blick bis ganz tief in ihre Seele. Sie hat nicht nur eine Autobiographie geschrieben, sondern ihre ganz eigene Geschichte in das „große Ganze“ eingeordnet und es gelingt ihr sehr gut darzustellen wie all die Einzelschicksale zusammenhängen, die großen Mythen der internationalen Prostitutionslobby zu entschlüsseln und zu enttarnen, und schließlich zu vermitteln welchen Weg wir einschlagen müssen um zu einer humaneren Gesellschaft zu schaffen, in denen Frauen keine Objekte für den männlichen Konsum, sondern ebenbürtige Menschen sind. Es ist die Gesamtbetrachtung des Systems Prostitution durch eine, die in ihm gelebt hat.

Dabei bedient sie sich einer so bildhaften Sprache, die dazu geeignet ist die Leserin / den Leser zu berühren und an dem Schicksal der prostituierten Personen teilzuhaben und es nachfühlen zu können – auch dann wenn einem die Erfahrung am eigenen Leib zum Glück erspart geblieben ist.

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(Internalisierter) Neoliberalismus: Jetzt reiß dich halt zusammen!

Gleise Bahnhof Köln-Deutz

Gleise Bahnhof Köln-Deutz

Anmerkung: Dieser Text ist stellenweise zynisch. Das ist nicht unbedingt ein „literarisches Mittel“, sondern in erster Linie eine Überlebensstrategie.

Mein Rentenversicherungsträger hat mir kürzlich mitgeteilt, dass ich weder arbeits- noch rehabilitationsfähig bin. In der Konsequenz heißt das, dass er mich in Rente (auf Zeit) schickt. Das gibt Mitmenschen Anlass mir mitzuteilen, dass ich entweder faul bin oder mich nicht so anstellen soll oder zu sagen: „Ich schaffe es schließlich auch.“

In meinem Leben gibt es im Moment ein Tabu, einen Teil Alltag, den ich am liebsten immer und überall verschweigen möchte: Ich lohn-arbeite nicht, denn ich bin nur begrenzt gesellschaftlich verwertbar arbeitsfähig. Als ich vor ca. einem Jahr an einer schweren Depression erkrankte und sich zeitgleich die Symptomatik meiner Posttraumatischen Belastungsstörung (in der Ausprägung einer Dissoziativen Identitätsstruktur1) drastisch verschlechterte, musste ich ins Krankenhaus, in ein psychiatrisches versteht sich. Nach wenigen Monaten kündigte mir mein Arbeitgeber und meine Kund_innen aus selbstständiger Tätigkeit suchten sich eine andere Dienstleisterin (verständlich, zumindest Letzteres). Ca. 5 Monate war ich von der Bildfläche verschwunden, mein mir ohnehin nur spärlich möglicher (wegen meiner Erkrankung/en) politischer Aktivismus fror ein, soziale Kontakte brachen ab und Freund_innen (nicht alle! Es verfestigten sich zeitgleich andere <3.) suchten (mal wieder) das Weite. Als ich Mitte August nach Hause kam, war ich in noch desolaterem Zustand als vorher, denn ich hatte eine abgebrochene, versuchte Traumatherapie hinter mir (hierzu wird in nächster Zeit ein weiterer Artikel erscheinen, in dem dezidiert über das Erlebnis mit – missglückter – Traumatherapie berichtet wird). Diese wurde mir im Krankenhaus empfohlen, weil monatelanges Rumdoktern an meiner Psyche erfolglos blieb; hätte ich eine Traumatherapie erst einmal hinter mir, würde auch alles andere nach und nach besser.

Fehlsch(l)uss.

Dieser Tiefschlag im letzten Jahr war nicht der erste in den letzten Jahren. Er war vielmehr der dritte innerhalb der letzten 4 Jahre. Davor ging es mir lange Zeit einigermaßen gut (so gut es einer eben gehen kann mit Traumafolgestörungen und rezidivierender depressiver Erkrankung) und ich führte ein stabiles und gesellschaftlich (einigermaßen) unauffälliges Leben. Vor vier Jahren erreichte mich dann nach langer Zeit wieder ein massiver gesundheitlicher Einbruch. Von der Traumafolgestörung abgesehen: Eine schwere Depression ist unendlich schmerzhaft und mit ihr geht einher, dass eine sich genauso unendlich schämt. Dafür, einfach nichts mehr zu schaffen. Auch nicht, eine Packung Pommes in den Ofen zu schieben. Depressionen erzeugen Schmerzen in Körper und Seele, die unerträglich sind. Wenn ich jetzt an diese Zeit zurück denke, breche ich in Tränen aus, Tränen, die ich während der Depression nicht weinen konnte (ich hätte so gerne gewollt!). Und nachdem es mir wieder besser ging, dauerte es kein Jahr, bis der nächste Schub kam. Und dann, dann wurden die Abstände immer kürzer, die Abstände zwischen gut und schlecht gehen und durch einen Auslöser in meinem familiären Umfeld fiel ich Anfang des letzten Jahres so tief, dass ich, im Rahmen einer dissoziativen Amnesie, einen Haufen Medikamente aus meinem Tablettenfundus – von dem ich bis dato nicht mal wusste, dass er existiert – in mich reinstopfte.

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Sojourner Truth – ein Leben als Kampf für ihre Wahrheit

Sojourner Truth

By Unidentified Artist (Details of artist on Google Art Project) [Public domain], via Wikimedia Commons

[…] If the first woman God ever made was strong enough to turn the world upside down all alone, these women together ought to be able to turn it back and get it right-side up again. […]”Sojourner Truth (1851)Ain’t I a Woman?

[…] wenn die erste Frau, die Gott je schuf, stark genug war, die Welt von oben nach unten zu drehen, dann sollten diese Frauen zusammen in der Lage sein, sie wieder richtig zu drehen und die richtige Seite nach oben zu kriegen.[…]

Sojourner Truth war eine Abolitionistin der Sklaverei und eine Frauenrechtlerin, die allerdings auch streng religiös war. Ihre eigene Lebensgeschichte war von schrecklichem Leid und Gewalt geprägt.

Sie hat durch ihre Verbissenheit einen wichtigen Baustein für das Frauenwahlrecht für schwarze Frauen gelegt, auch wenn dieses Ziel erst lange nach ihrem Tod erreicht wurde.

Sojourner wurde ca. 1797 als Isabella Baumfree geboren. Sie war eines von ungefähr 12 Kindern der Sklaven James und Elisabeth Baumfree in New York. Die Familie  befand sich im Besitz des Colones Hardenbergh, der nur holländisch sprach.

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Unter „Kinderfreunden“: Edathy und der Kinderschutzbund

Quelle: Facebook

Paukenschlag im Fall Edathy! Es kommt nun so, wie es sich schon in den letzten Tagen und Wochen angedeutet hat: Edathy hat ein Geständnis abgelegt, nun wird gegen Zahlung einer Geldauflage von € 5000,- (nein da wurden leider keine Nullen vergessen) das Verfahren eingestellt. Edathys Vorstrafenregister bleibt damit blütenweiß und rein.

Die Tatsache, dass er für den Konsum von so genannten „kinderpornographischen Schriften“ (passender: Kinderfolterdokumentationen1 oder visuelle Darstellungen sexueller Gewalt) mit € 5000,- (in Worten: FÜNFTAUSEND) viel zu „billig“ davon kommt, gemessen an den gravierenden Schädigungen, mit denen die Opfer seiner Taten bis an ihr Lebensende leben müssen, ist schlimm genug.

Die Vorwürfe treffen zu

erklärte Verteidiger Christian Noll im Namen Edathys.

Ich habe inzwischen eingesehen, dass ich einen Fehler gemacht habe

hieß es in der Erklärung weiter. Er bereue, was er getan habe. Mehr braucht es offenbar nicht.

Einsicht? Tatsächliche Reue? Sieht irgendwie anders aus als das hier:

Quelle: Facebook

Quelle: Facebook

Ich begrüße die Einstellung des Verfahrens durch das Landgericht Verden. Eine Fortsetzung wäre unverhältnismäßig gewesen. – Ich weise darauf hin, dass ein „Geständnis“ ausweislich meiner heutigen Erklärung nicht vorliegt. Die Staatsanwaltschaft war mit dem Wortlaut der Erklärung einverstanden. Eine Schuldfeststellung ist damit ausdrücklich nicht getroffen worden.

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Prostitution ist nicht kompatibel mit Anarchismus

Anarchistische Flagge

By user:Boris23 (Own work) [Public domain], via Wikimedia Commons

Das Konzept der „freien Wahl“ von Frauen, Sex zu verkaufen, steht im gedanklichen Zusammenhang zu neoliberalem Denken und der Vorstellung des „freien Marktes“; es gehört zu der gleichen Denkschule, die die Meinung vertritt, dass ArbeitnehmerInnen eine „Wahlfreiheit“ und die Kontrolle über ihre Arbeit haben. Es wird angenommen, dass Frauen sich dazu entscheiden, Sex zu verkaufen und wir uns deshalb in Bezug auf die „Sexarbeiterinnen“ um Sicherheit, die Möglichkeit, Geld zu verdienen und die Verfolgung durch den Staat kümmern zu kümmern haben. Während die Sicherheit von Frauen und Frauenrechte von höchster Bedeutung sind, ist die Forderung nach staatlich regulierten Bordellen und Gewerkschaften im besten Falle reformistisch, naiv und rückschrittlich. Selbst der Vorschlag nach „Kollektivbordellen“ ignoriert die geschlechtsspezifische Natur der Prostitution und ihre Funktion, männliche Herrschaft zu stärken.

Eine anarchistische Antwort sollte die Ausrottung aller ausbeuterischen Praktiken fordern und nicht suggerieren, man könnte sie „sicherer“ oder „besser“ machen.

Anarchistische Perspektiven

Anarchismus kommt aus dem Griechischen und bedeutet „frei von Herrschaft“. Er gründet auf der unveräußerlichen Menschenwürde, dem Verlangen nach individueller Freiheit und der Intoleranz gegenüber Herrschaft (Woodcock). Er fordert radikalen und revolutionären sozialen Wandel, nicht Reformismus. Untermauerende Vorstellungen beinhalten:

  • die Ablehnung jeglicher Herrschaft und aller Hierarchien, inklusive Geschlechterhierarchien (Goldman)
  • kein Staatsapparat wird benötigt (Kropotkin)
  • soziale Gerechtigkeit ist Teil unserer menschlichen Natur (Godwin)
  • sozialer Wandel wird durch kollektive Aktion herbeigeführt (Bakunin)
  • jene in Machtpositionen werden diese für das gemeinsame Wohl aufgeben (Godwin)
  • Nachbarschaftshilfe und Gegenseitigkeit resultieren aus einem Austausch zwischen Gleichen (Proudhon)
  • Menschen können souveräne Individuen sein, die frei in Zusammenschlüssen beteiligt sind (das bedeutet ohne Bezahlung) (Kropotkin)
  • die Emanzipation der Frauen wird von ihnen selbst herbeigeführt: „Zunächst, in dem sie sich selbst durch eine Persönlichkeit Geltung verschaffen, nicht als ein Sexobjekt. Zum Zweiten, in dem sie jedem das Recht an ihrem Körper verweigern.“ (Goldman)

Fragen aus anarchistischer Perspektive

Die Frage: Warum glauben Männer, das Recht zu haben, Sex zu kaufen?

Analyse

Gender basiert auf Machthierarchien, und Prostitution ist die Manifestation dieser Machtungleichheit. Die hauptsächlichen Sexkäufer (von Frauen und Männern) sind Männer. Der Anspruch von Männern, Sex zu kaufen resultiert aus ihrer privilegierten hierarchischen Position und der untergeordneten Position der Frauen. Frauen aus ärmeren sozio-ökonomischen Verhältnissen sind in der Sexindustrie überrepräsentiert.

Lösung

Männer sollten aufgefordert werden, ihre hierarchische Macht abzugeben und nicht darin unterstützt werden, sie zu erhalten.

Die Frage: Warum zahlen Männer für Sex?

Analyse

Prostitution ist „eine finanzielle Transaktion für Sex“. Sex ist frei verfügbar, sogar im aktuellen kapitalistischen System! Konsensualer Sex kann zwischen allen Erwachsenen jederzeit ohne finanziellen Austausch ausgeübt werden. Deshalb dient der Zahlungsvorgang für Sex einem anderen Zweck: Er ermöglicht Männern, Macht und Kontrolle über jene Person auszuüben, die er gekauft hat. Die Geltendmachung von Macht und Kontrolle durch den Mann und die Beherrschung der Frau sind Bestandteil der Bezahlung. Es geht nicht um Sex.

Lösung

Männer, die Sex kaufen, sollten für ihren Missbrauch von Macht und Kontrolle gegenüber Frauen zur Rechenschaft gezogen werden

Die Frage: Sind „Sexarbeitsgewerkschaften“ oder „Sexarbeitskollektive“ die Antwort?

Analyse

Die absolute Mehrheit der Frauen verkauft Sex in erster Linie aus Mangel an Alternativen. 90% der Frauen in der Prostitution wollen aussteigen, aber ihnen fehlen die Möglichkeiten dazu (Farley). Wenn Menschen ausgebeutet werden, dann unterstützen wir sie und nicht die AusbeuterInnen. Gewerkschaften sind notwendig für die grundsätzliche Produktion: Sex ist keine Ware – sondern frei verfügbar für jede/n. Gewerkschaften oder Kollektive von Menschen, die Sex an Männer verkaufen, ignorieren die Tatsache, dass der Sexkauf problematisch ist innerhalb der anarchistischen Analyse. Machtungleichheiten und Ungleichheiten zu normalisieren, macht diese weder kleiner, noch bringt es sie zum verschwinden; sie werden stattdessen verstärkt.

Lösung

Menschen sollten gerechte Möglichkeiten haben, wie sie ihr Leben leben können. Die Mehrheit der Frauen in der Prostitution haben keine Auswahl zwischen gerechten Wahlmöglichkeiten. Männer, die Sex kaufen, haben hingegen die Wahl. AnarchistInnen sollten den Status Quo von Geschlechterhierarchien in Frage stellen, indem sie das Recht des Mannes, Sex zu kaufen, in Frage stellen und nicht Wege unterstützen, die es Männern leichter (!) machen, ihre Macht und Kontrolle über Frauen auszuüben und sich selbst damit von der menschlichen Natur zu entfremden.

Andere radikale Ideen

  • Wenn Frauen limitierte Wahlmöglichkeiten haben, dann tun Männer ihnen keinen Gefallen damit, Geld für Sex anzubieten: Schenkt ihnen euer Geld doch einfach (ohne eine Gegenleistung dafür zu verlangen)
  • Menschen, die denken, dass Prostitution ein Service ist für einsame Männer, sollten diesen Männern einfach selbst Sex ohne Geld anbieten
  • Menschen, die denken, dass Prostitution das Gleiche ist wie jede andere Handarbeit, nur besser bezahlt, sollten versuchen ihren Lebensunterhalt auf der Romford Road zu bestreiten (Die Mehrheit der Frauen arbeitet nicht als „gutbezahlter Escort“) (Romford Road = Straßenstrich in London)
  • Jene, die den Sex gegen Geld fetischisieren (!), sind keine AnarchistInnen … oder in sonst einer Art und Weise radikal, sondern sie unterstützen die Entfremdung der menschlichen Wesen (sic!) voneinander

Ein Nachtrag zum Feminismus

Der Feminismus brachte die Ansicht ins Bewusstsein, dass „das Private politisch ist“. Die Voraussetzung einer feministischen Analyse, zwischenmenschliche Interaktionen danach zu untersuchen, ob sie Geschlechterungleichheit befördern oder in Frage stellen, resultiert im gleichen Ergebnis: Wenn Männer Sex kaufen, machen sie sich an der Unterordnung der Frauen als eine Gruppe mitschuldig.

Dieser Beitrag erschien 2001 auf dem englischen Blog Rancom

Kampagne gegen das Nordische Modell – „Deutschland und der gekaufte Sex“

Girls in Red

Trey Ratcliff via Flickr, [CC BY-NC-SA 2.0]

Man stelle sich vor, im ZDF Zoom würde eine Reportage über Morde in Deutschland laufen. Mörder würden ebenso interviewt wie Hinterbliebene, um dann am Ende festzustellen: „Die Kriminalisierung von Mord ist gescheitert. Morde passieren, trotz Verbot, überall in Deutschland. Die Polizei hat nicht genug Ressourcen, um alle Morde aufzuklären.“ Ein deutschlandweiter Aufschrei wäre wohl die Folge. Umso irritierender ist die letzte Woche erschienene Reportage von Rita Knobel-Ulrich „Deutschland und der gekaufte Sex“ auf ZDF Zoom. Darin interviewt sie prostituierte Frauen, begleitet Polizisten von der Sitte, verfolgt einen Menschenhandelsskandal und fährt schließlich nach Malmö, um dort Prostituierte aufzuspüren. Sie besucht den im Dezember des vergangenen Jahres stattgefundenen Kongress „Stop Sexkauf“ in München. Auf diesem spricht sie mit den Initiatorinnen des gleichnamigen Netzwerkes und weiteren GegnerInnen der Prostitution in Deutschland wie Sabine Constabel aus Stuttgart und Journalistinnen der EMMA; auch mit MitarbeiterInnen aus dem Bundesministerium für Soziales und Familie kömmt sie ins Gespräch. Die Reporterin, die 2012 bereits eine Reportage über Menschenhandel drehte, müsste also eigentlich verstanden haben, was Prostitution in Deutschland bedeutet und was die Kernpunkte des Nordischen Modells sind. Dennoch kommt sie zu dem erstaunlichen Schluss:

Prostitution lässt sich nicht verbieten.

Die Reportage ist bei näherer Betrachtung eine Kampagne gegen das Nordische Modell.

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Die große Kröte – Care Revolution

Red Light District

Baptiste Pons via Flickr, [CC BY-NC-ND 2.0]

In wenigen Wochen, am 18 März, findet Blockupy in Frankfurt statt und natürlich darf die „Care Revolution“ hier nicht fehlen.

Auch am 08 März 2015 möchte die „Care Revolution“ leider ihr Gesicht zeigen und auf die Straße gehen.

Anfang März wird ebenso voraussichtlich das Buch „Care Revolution“ von Prof. Gabriele Winkler im Transcript Verlag erscheinen. Sie ist Mitbegründerin des Feministischen Institutes Hamburg. Dieses Institut hat so revolutionäre Äußerungen zum Thema Prostitution (hier natürlich: Sexarbeit) von sich gegeben wie: ….“Die Kriminalisierung und Stigmatisierung von Sexarbeit, die nicht zuletzt durch Feminist_innen wie Alice Schwarzer vorangetrieben werden, schaden den Sexarbeiter_innen. Denn der Diskurs unterschlägt, dass viele Frauen Sexarbeit als Tätigkeitsfeld für sich frei gewählt haben…“ http://www.feministisches-institut.de/statement-zur-aktuellen-diskussion-um-sexarbeit-vom-ak-reproduktion-und-dem-feministische-institut-hamburg.

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Feminismus in Zeiten der Austerität

End Patriarchy

istolethetv via Flickr, [CC BY 2.0]

Karen Ingala Smith (KIS, auf dem Bild) ist die Vorstizende von nia, einer Wohltätigkeitsorganisation mit einem feministischen Ethos, die Frauen mit sexueller und häuslicher Gewalterfahrung unterstützt. In diesem Interview mit Socialist Resistance (SR) geht es um männliche Gewalt gegen Frauen, die Auswirkungen der Austerität auf Unterstützungsprojekte für Frauen und die Wichtigkeiten von Räumen ausschließlich für Frauen.

SR: Du betreibst den Blog „Counting Dead Women„. Tödliche, männliche Gewalt ist wahrscheinlich der am leichtesten zu messende Indikator von Gewalt gegen Frauen. Wie groß sind die Ausmaße dieses Problems gemessen an offiziellen Daten und deiner Kenntnis zum Thema?

KIS: Ich habe mit dem Zählen der ermordeten Frauen Anfang 2012 angefangen, als 8 Frauen in Großbritannien in den ersten drei Tagen des Jahres ermordet wurden. Ich war frustriert, weil keine Schlüsse gezogen wurden und die systematische männliche Gewalt gegen Frauen ignoriert wurde. Als ich einmal angefangen hatte zu zählen, konnte ich nicht mehr aufhören, zum einen, weil ich durch dieses Dokumentieren Dinge gelernt habe, die nicht in offiziellen Statistiken zu finden sind. Außerdem nehmen diese offiziellen Statistiken in der Art, wie sie präsentiert werden, den Frauen ihre Menschlichkeit und es ist zu einfach, nicht davon berührt zu sein, was Frauen durch die Hände von Männern angetan wird. Ich bin mir nicht sicher, ob tödliche, männliche Gewalt der am einfachsten zu messende Indikator ist, und zwar, weil die offiziellen Statistiken das ganze Ausmaß des Problems verdecken und ich weiß, wie viel Zeit ich damit verbracht habe, abseits von offiziellen Statistiken, eine Dokumentation von Frauen, die durch Männer getötet wurden, zu erstellen.

Die vorhandenen Statistiken sagen uns eine Menge über die Beziehung zwischen einem Mordopfer und seinem Killer. Wir kennen das Geschlecht des Opfers und ob es durch den Partner oder Ex-Partner getötet wurde, durch ein Elternteil, einen anderen Verwandten, Bekannten oder einen Fremden, aber das Geschlecht des Täters wird in diesen Kategorien nicht dargestellt. Zum Beispiel sagen uns die offiziellen Statistiken, dass zwischen 2001 und 2012 im Durchschnitt 11 Frauen pro Jahr durch ihr Kind getötet wurden. Durch Counting Dead Women habe ich herausgefunden, dass im Jahr 2012 16 Frauen durch ihren Sohn getötet wurden, 2013 waren es 13 Frauen und 2014 bis zum September (Zeitpunkt des Interviews, Anm. der Übersetzerin) waren es 9 Frauen. Es wurden also die meisten – fast alle – Frauen, die von ihrem Kind getötet wurden, von ihrem Sohn getötet; und das wird in den offiziellen Statistiken völlig verdeckt.

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Neues Prostitutionsschutzgesetz zum Schutz von Männern Schall und Rauch: das neue Prostitutionsschutzgesetz

Prostitution is Human Trafficking

Markus Walker via Flickr [CC BY-NC-SA 2.0]

Endlich haben sich CDU und SPD über ein „Prostitutionsschutzgesetz“ geeinigt, über das so lange und viel geredet wurde. Natürlich könnte man eher sagen, dass lange und viel zerredet wurde. Wahrscheinlich wurde viel Rauch um Nichts mit der Zielsetzung gemacht, dass niemand merken sollte, welches völlig lächerliche Gesetz verabschiedet werden soll. Das Gesetz wird ausschließlich zum Ziel haben wirkungslose Pseudomaßnahmen einzurichten um die Milliardenindustrie der Prostitution und Pornographie weiter zu schützen.

Bundesfrauenministerin Manuela Schwesig (SPD) dagegen begrüßte die koalitionsinterne Einigung. „Es wird erstmalig klare Regelungen für die legale Prostitution in Deutschland geben, die dem Schutz der Frauen dienen“, sagte sie. Marcus Weinberg, frauenpolitischer Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, sprach von einem „schlechten Tag für die Menschenhändler und Ausbeuter von Prostituierten“.(http://www.zeit.de/politik/deutschland/2015-02/prostitutionsgesetz-koalition-durchbruch). Durch was wer geschützt werden soll, bleibt aber rätselhaft.

Wenn beispielsweise die SPD  befürchtet, dass eine Heraufsetzung des Mindestalters auf 21 Jahren junge Frauen in die Illegalität treiben würde ist uns  unklar was sich in der Illegalität verschlimmern sollte. Die Preise liegen teilweise bei 20 Euro in einigen Gebieten und sexuelle Handlungen umfassen potentiell immer auch Praktiken wie Analverkehr, teilweise Ass-to-Mouth oder Urin und Fäkalienspiele. Wie es hier mit der zukünftigen Kondompflicht aussieht ist spannend. Gibt es Kondome für Fäkalien? Weiterlesen

Zwischen Freiheit und Ersticken

Blume Jasminum officinale

By B.traeger (Own work) [GFDL or CC BY 3.0], via Wikimedia Commons

Weil ich immer wieder gerne von den gravierenden gesellschaftlichen Unterschieden in Skandinavien und Deutschland erzähle wurde ich gebeten dazu mal einen Text zu schreiben. Ich habe das große Glück, dass ich aus verschiedenen Gründen regelmäßig in Schweden und Norwegen sein bin, so dass ich mich nicht nur auf einen flüchtigen und zufälligen Urlaubs- oder Kurzaufenthalt beziehen muss.

Ausgehen

Um es kurz zu machen: Ich gehe in Deutschland kaum mehr abends weg. Und wenn doch, dann weiß ich schon nach spätestens einer halben Stunde wieder warum.

Stenogramm eines typischen Abends mit Freundinnen:

Hinsetzen, nach wenigen Minuten im Gespräch unterbrochen werden, ungefragt ein Bier vor mich auf den Tisch geknallt bekommen (btw: ich hasse Bier!), „Ey Süsse, hier für dich“ – „Nein danke“ – „Wieso?“ – „Ich würde mich gerne mit meinen Freundinnen unterhalten und ich finde es unhöflich wenn du hier einfach so in das Gespräch reinplatzt“ – „Gibst du mir deine Telefonnummer?“ – „Nein“ – Wieso? – „Ich bin dir keine Rechenschaft schuldig“ – [….] – Irgendwann nach unzähligen weiteren „Wieso?s“ ist man den Nervtöter endlich los und das Ganze wiederholt sich im Laufe des Abends in ähnlicher Weise noch zig Mal.

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