Lila statt Rosa: Was an Pinkstinks nicht reicht

Ich habe keinen Bock mehr auf sexistische Werbung, keinen Bock mehr auf die Degradierung von Frauen zum sexuellen Objekt, ich habe keinen Bock mehr auf nackte Brüste, die für Technik oder irgendwas werben müssen, was so nichts mit Brüsten zu tun hat und auch wenn ich die Knochenmarkspenderdatei total gut und wichtig finde: Ich habe keinen Bock darauf, dass die mit einem offenen lasziven Frauenmund wirbt. Als das Ü-Ei plötzlich in Rosa zu haben war, speziell für Mädchen versteht sich, wurde ich wütend aufgrund der Feststellung, dass der Sexismus sich jetzt schon in dieses bis dato total „ungegenderte“ Spielzeug eingefressen hatte. Ich bin dafür, dass Kinder mit Lego, Puppen, Playmobil, Sand und Dreck spielen, dass sie auf Bäume klettern, Fußball spielen, Flick-Flacks auf Schwebebalken machen, backen oder Explosionen mit Chemiebaukästen machen. Also quasi alles für alle. Egal jetzt ob Junge oder Mädchen.

Und genau so stelle ich mir ein mediales Abbild vor. So in meiner Traumwelt nach der feministischen Revolution.

Pinkstinks fand ich deswegen cool. Und ich fand es bewundernswert, wie schnell und enthusiastisch diese Kampagne aufgezogen wurde und zur Organisation wurde. Ich fand es gut und wichtig, dass endlich ein gewichtiges Organ wächst, was diesem ganzen sexistischen Werbeapparat einen Strich durch die – im wahrsten Sinne des Wortes – Rechnung macht.

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Diskriminierung von Roma und Sinti in Deutschland

Die Antidiskriminierungsstelle des Bundes hat eine Studie dazu gemacht und am 3. September vorgestellt. Die Tagesschau berichtete. Die Ergebnisse sind deprimierend, aber nicht überraschend.

Aus der Einleitung:

Im Vergleich zu anderen Minderheiten wird Sinti und Roma die mit Abstand geringste Sympathie entgegengebracht, wie die Studie ergab. Jede/r zweite Befragte denkt, dass Sinti und Roma durch ihr Verhalten Feindseligkeit in der Bevölkerung hervorrufen.

„Gleichgültigkeit, Unwissenheit und Ablehnung bilden zusammen eine fatale Mischung, die Diskriminierungen gegenüber Sinti und Roma den Boden bereiten“, warnte ADS-Leiterin Christine Lüders bei der Vorstellung der Studie. Sinti und Roma würden von einem beträchtlichen Teil der deutschen Bevölkerung nicht als gleichberechtigte Mitbürgerinnen und Mitbürger wahrgenommen. Die Befunde seien dramatisch und der Handlungsbedarf von Politik und Gesellschaft erheblich.

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ISIS – ein vom Westen erschaffenes Monster

Friedenstaube, Taube

via Pixabay, Public Domain CC0

Die so genannten „Islamkritiker“ erleben derzeit wieder Hochsaison, der antimuslimische Rassismus blüht. Mit vermeintlichen Aufrufen zu einem „Sex-Dschihad“ oder einer „Fatwa zur Genitalverstümmelung“ wird Stimmung gemacht.

Manchmal liegen die Dinge jedoch etwas anders als mensch denkt.

Wusstest du, dass…

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Neuer Trend: Foto-Voyeurismus

"Watch out for upskirting" @Akihabara station

by Guilhem Vellutvia Flickr, [CC BY 2.0]

Schon mal im Zug gefahren und eingeschlafen bzw. in eine Zeitung vertieft gewesen? Dabei einen kurzen Rock angehabt oder die Beine nicht ganz geschlossen? Dank einer ganz besonders „netten“ Spezies Mann könnte aus einem kurzen Augenblick bereits per Fotohandy ein Schnappschuss entstanden sein, der dich ohne dein Wissen zur Wichsvorlage für Internetpornofans macht.

Solche Fotos werden ohne das Wissen oder das Einverständnis der jeweiligen abfotografierten Person gemacht und finden sich dann auf einer von Hunderten von Webseiten, die entweder auf dieses Genre spezialisiert sind oder zwischen herkömmlichen Pornobildern in den Kategorien „Upskirt“ „Candid“ und „Voyeur“, wieder. Auch auf Facebook gibt es entsprechende Seiten, auf denen „Schlüpferblitzer“ verbreitet werden.

Ob Einkaufszentren, Flughäfen oder Züge: Die Upskirt-Stalker lauern überall. Und sie nutzen zahlreiche Tricks, um an gute Schnappschüsse zu kommen: an Schuhen befestigte Kameras, Löcher in Rucksäcken, hinter denen iPhones präperiert sind, mangelnder Einfallsreichtum kann ihnen jedenfalls nicht nachgesagt werden.

In Japan wurden im Jahr 2011 bereits über 1.700 Fälle bei der Polizei aktenkundig. Dort wurde der Trend so extrem, dass in U-Bahnen bereits Warnschilder angebracht wurden, um Mädchen und Frauen vor Tätern zu warnen (natürlich mal wieder nicht, um Täter aufzufordern, dies gefälligst zu unterlassen).

„Upskirting“ führte in den USA zu heftigen Diskussionen darüber, ob das heimliche Abfotografieren von Menschen in der Öffentlichkeit erlaubt ist oder illegal ist. Während beispielsweise am 5. März 2014 noch ein Mann im Staat Massachusetts dafür freigesprochen wurde, dass er im Jahr 2010 entsprechende Fotos geschossen und ins Netz gestellt hatte, wurde zwei Tage später ein Gesetz erlassen, welches eben dieses nun verbietet.

Auf so mancher Seite finden sich deshalb so „nette“ Hinweise wie: „Wenn du hier gefeatured wirst, heißt dies sehr wahrscheinlich, dass jemand deine Attraktivität bewundert und deshalb deine Fotos hier eingestellt hat. Sieh es als eine Ehre an. Viele Menschen laufen jeden Tag über die Straße, ohne dass sie von irgendjemandem auch nur wahrgenommen werden. Es ist ja kein Verbrechen jemanden „heiß“ zu finden“. Natürlich entfernen wir die Fotos auf deinen Wunsch hin sofort, wenn du nicht damit einverstanden bist, zum öffentlichen Spektakel zu werden. Maile uns an …“.

Eine kurze Internetrecherche zeigt: Der Trend hat inzwischen auch Deutschland erreicht. Großes Thema war es hierzulande jedoch noch nicht. Wie ein amerikanischer Blog dazu treffend schreibt: „Yet another reason for women to be paranoid in public“ (Ein weiterer Grund für Frauen, in der Öffentlichkeit paranoid zu werden).

„Kulturelle Amnesie“: Was wir nicht wissen dürfen, damit sexuelle Ausbeutung funktioniert

Schema des Faserverlaufes im menschlichen Gehirn und Rückenmark

By Christoph Theodor Aeby [Public domain], via Wikimedia Commons

This information [harms of prostitution, pornography and trafficking] has to be culturally, psychologically, and legally denied because to know it would interfere with the business of sexual exploitation.

Diese Fakten [die Schäden, die Prostitution, Pornografie und Menschenhandel anrichten] müssen kulturell, psychologisch und rechtlich geleugnet werden, denn das Wissen darüber würde das Geschäft mit der sexuellen Ausbeutung stören.

Die Leugnung, Verdrängung, Bagatellisierung und das Ausradieren der offensichtlichen Gewalt und Brutalität, mit der (kommerzielle) sexuelle Ausbeutung verhaftet ist, macht mich in Diskussionen zum Thema Prostitution oft sprach- und ratlos. Wie kann es passieren, ein System wie Prostitution noch zu befürworten, obwohl – so meine ich – gewusst wird, welchen maßlosen „menschlichen Schaden“ es anrichtet?

Melissa Farley1 geht in einem Artikel, der 2006 im Yale Journal of Law and Feminism unter dem Titel: „Prostitution, Trafficking, and Cultural Amnesia: What We Must Not Know in Order To Keep the Business of Sexual Exploitation Running Smoothly2 erschien, der Fragestellung nach, warum es – so sinngemäß zusammengefasst – für das Funktionieren der Sex-Industrie wichtig ist, die Gewalt im Kontext (kommerzieller) sexueller Ausbeutung zu leugnen und auszublenden.

In diesem Beitrag stelle ich die Kernaussagen dieses Artikels heraus.

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Nachbarschaftstreffen im Ausnahmezustand: schwierig aber möglich – und vor allem nicht verboten

Transparent in der Sternschanze während des Gefahrengebiets (Foto: Birgit Gärtner)

Wir erinnern uns: nachdem am 21. Dezember 2013 eine Demonstration zum Erhalt des linken Kulturzentrums Rote Flora im Hamburger Stadtteil Sternschanze völlig aus dem Ruder gelaufen war, und es im Anschluss daran wiederholt zu Auseinandersetzungen im Stadtteil kam, verhängte die Hamburger Polizei am 4. Januar 2014 Januar ein weiträumiges Gefahrengebiet. Schuld waren wie immer die Linken. Alles, was nur im entferntesten im Verdacht stand, links zu sein oder mit links zu sympathisieren, wurde daraufhin kontrolliert, und in Zweifelsfall erst einmal in Gewahrsam genommen. So auch mehr als 50 Personen, die sich am 5. Januar 2014 verabredet hatten, um vor Ort gegen den Ausnahmezustand zu protestieren. Sie wurden eingekesselt, Personalien festgestellt und 44 Personen über Nacht auf der Polizeiwache festgehalten. Das war rechtswidrig! Entschied das Verwaltungsgericht Hamburg Ende vergangener Woche.

Nun ist es aber selbst im Gefahrengebiet so, dass alle Anwohnenden das Recht haben, ein Transparent zu malen, und damit auf die Straße zu gehen, wie Anwalt Andreas Beuth laut taz Hamburg erkäuterte. Wenn sich dann aus der Nachbarschaft spontan andere dazu gesellen, sei es deren gutes Recht, so der Strafverteidiger.

Beuths Kollegin Ingrid Witte-Rohde sah ebenfalls nicht die Ruhe im Gefahrengebiet gestört, sondern in der „Verhinderung der Spontandemo eine grundrechtswidrige Beschneidung des Rechts auf Versammlungsfreiheit“. Eine Sicht, der sich das Gericht anschloss. 17 der Betroffenen hatten gegen den Polizeikessel und die Ingewahrsamnahme geklagt. Nachdem sie nun Recht bekommen haben, wollen Beuth, Witte-Rohde vor Gericht eine Entschädigung für ihre Mandantschaft erstreiten. Die Gegenseite wird vermutlich darauf verzichten, den Rechtsweg gegen dieses Urteil zu beschreiten. Zumindest gaben sich die laut taz die „Polizei-AnwältInnen schuldbewusst“. Weiterlesen

Ein Zeichen setzen gegen die Wegwerfgesellschaft

Give Away Time, Sunflowers, Share

via Iryna Yeroshko via Flickr, [CC BY 2.0]

Du hast Möbel, die du nicht mehr brauchst. Klamotten, die dir nicht mehr passen? Oder das Müsli hat dich so angelacht im Supermarkt, aber trifft so gar nicht deinen Geschmack?

Dann sind diese Initiativen im sozialen Netzwerk Facebook vielleicht etwas für dich:

In immer mehr Städten gibt es „Free your Stuff“-Gruppen, in denen du anderen Dinge anbieten kannst, die dir selbst entweder nicht mehr gefallen oder die einfach nur im Weg rumstehen oder -liegen. Die Chance sie noch binnen eines Tages „aus den Füssen“ zu bekommen ist sehr hoch, wenn du ein Foto mit der Formel GIVE einstellst. In der Regel verläuft die Abgabe nach „Wer zuerst kommt mahlt zuerst“-Prinzip. Das Ganze funktioniert aber auch anders herum. Vielleicht ist deine Kaffeemaschine kaputt gegangen und du brauchst eine neue. Oder dein Telefon hat den Geist aufgegeben. Die Formel um Dinge zu finden lautet ganz einfach NEED.

Das gleiche Prinzip gibt es unter dem Label „Foodsharing“ für nicht mehr gebrauchte oder gesuchte Lebensmittel. Ob zu viel gekocht, keine Zeit mehr zum Aufbrauchen vor dem Urlaub oder jemand der deine Lieblingskekse verschenkt, die du schon überall gesucht hast: Fast alles ist möglich. So gelingt es zum Beispiel auch am Sonntag, wenn alle Geschäfte zu haben, recht einfach, die ausgefallensten Zutaten, Gewürze, etc. zu ergattern.

Das besonders Schöne an dem Konzept: Es gibt keine Bedürftigkeitsprüfungen und damit verbundene Beschämung wie beispielsweise bei den Tafeln, Kleiderkammern oder Sozialkaufhäusern. Jede*r kann mitmachen, ob arm oder reich, ob Student*in, Leistungsberechtigte*r nach dem Sozialgesetzbuch, Refugee, Rentner*in, Unternehmer*in, etc. Ob du aus finanzieller Not auf Geschenke angewiesen bist oder einfach mitmachst, weil du die Schnauze voll hast von unserer Konsum- und Wegwerfgesellschaft – alle sind willkommen.

Wichtig ist einzig zu beachten: Es sind nur Geschenke erlaubt und es darf kein Geld ins Spiel kommen und Dinge werden nicht gegeneinander aufgerechnet, sprich: Wer etwas verschenkt, erwirbt damit keine Ansprüche an Dingen, die andere verschenken möchten.

Neugierig geworden? Probiers doch einfach mal aus!

Trauriger Jahrestag: vor 34 Jahren kamen die beiden Vietnamesen Ngoc Nguyen und Anh Lan Do bei einem Neonazi-Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in Hamburg ums Leben

El Fascismo Mata - Fascism Kills - Graffiti

By Adam Jones, Ph.D. (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Im August 1980 lebten in der besagten Unterkunft im Hamburger Stadtteil Billbrook 240 Menschen: 211 so genannte Boatpeople aus Vietnam und 29 Roma. In der Nacht zum 22. August 1980 warfen Neonazis einen Molotow-Cocktail in eines der Fenster der Unterkunft. In dem Zimmer dahinter schliefen der 22jährige Ngoc Nguyen und der 18jährige Anh Lan Do. Beide erlagen ihren Verletzungen. Die Tat, ausgeübt von der von Anwalt Manfred Roeder gegründeten und später verbotenen Neonazi-Gruppierung Deutsche Aktionsgruppen, gilt als der erste Brandanschlag mit Todesfolge auf ein Asylbewerberheim.

Gedenken an die Opfer

Dieser todbringende Anschlag ist eine Folge der sich ungehindert ausbreitenden militanten neofaschistischeOrganisationen in der alten Bundesrepublik, die Mitte der 1970er Jahre u. a. mit der Gründung der Wehrsportgruppe Hoffmann begann, und allein in den Jahren 1980 – 82 mehr als 20 Menschen das Leben kostete. Mit der Person Manfred Roeder, seines Zeichens u.a. Anwalt von Rudolf Hess, ist die Verbindung geschaffen vom Hitler-Faschismus über die neofaschistischen Umtriebe in den 1970er/80er Jahre und den ersten bekannten rassistischen Mord an den beiden jungen Vietnamesen bis hin zum Nationalsozialistischen Untergrund (NSU), der ja bekanntermaßen in diesem Jahrtausend kreuz und quer durch die gesamte Republik mordete, u.a. auch in Hamburg. Insgesamt kamen seit dieser Augustnacht 1980 in der alten und neuen Bundesrepublik knapp 200 Menschen durch rassistische Anschläge oder gezielte Übergriffe ums Leben. Jedenfalls soweit bekannt – möglicherweise waren es wesentlich mehr: bundesweit sollen 746 ungeklärte Mordfälle wieder aufgerollt werden, um einen eventuellen rechtsextremen Hintergrund zu prüfen. Antifaschistische Gruppen rufen für kommenden Samstag zu einer Gedenkkundgebung auf, als ersten Schritt, einen Ort der Erinnerung an Ngoc Nguyen und Anh Lan Do zu schaffen. 
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Flüchtlinge: Beliebte Opfer von Menschen- und Organhändlern

Wien: Demo für alle

By Haeferl (Own work) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Es gibt einen weltweit florierenden Welthandel mit Organen. Zunehmend wird auch die Notsituation von Flüchtlingen ausgenutzt um an „Nachschub“ zu kommen.

So ist zum Beispiel Ägypten zum regionalen Knotenpunkt für Organhandel geworden. Im Jahr 2010 wurden beispielsweise, wie die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM) berichtet, ca. 14.000 Flüchtlinge aus Eritrea, dem Sudan und Äthiopien von Schleusern über die Grenze nach Israel gebracht und auf dem Weg dorthin von organisierten Kriminalitätsbanden abgefangen um Lösegeld zu erpressen. Zentral sind hier u.a. die Flüchtlingslager Mai Aini in Äthiopien und Shagarab im Sudan. Flüchtlinge, die nicht von ihren Familienmitgliedern freigekauft werden konnten wurden an Banden im Nord-Sinai verkauft, getötet und ihrer Organe beraubt. Ausgelöste Flüchtlingsfrauen berichten u.a. davon mit Elektroschockern traktiert und mit Stöcken vergewaltigt worden zu sein – teilweise mussten die Angehörigen dies zu Hause über das Telefon mit anhören. Ein CNN-Bericht aus dem Jahr 2012 berichtet davon, dass ein Menschenhändler seine eigene, aus einer Vergewaltigung entstandene drei Monate alte Tochter brutalst gefoltert und auf den Kopf geschlagen habe.

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Prostitution und Abolition – (M)eine Historie und ein Standpunkt

Johannessen - Zur Prostitution gezwungen

Aksel Waldemar Johannessen [Public domain], via Wikimedia Commons

Vor einigen Jahren begann relativ unvorhergesehen meine „feministische Sozialisation“. Ich las „Mädchenmannschaft“, zahlreiche Blogs von feministischen Einzelpersonen, abonnierte die Zeitschriften „Missy Magazin“, „an.schläge“ und „Wir Frauen“, kaufte den Unrast- und den Orlanda-Verlag leer und eignete mir sukzessive Wissen an.

In meiner Familie spielten Frauenthemen und Feminismus keine oder eine untergeordnete Rolle. Ganz im Gegenteil wurde ich sehr geschlechtsspezifisch sozialisiert, meine Familie hielt trotz aller Bemühungen an alten und tradierten Rollenbildern fest und war insgesamt sehr konservativ. Wir Mädchen mussten putzen, die Jungs mussten das nicht. Uns Mädchen wurde bestenfalls ein Job in der Care-Arbeit1 zugetraut, die Jungs wurden schon früh auf Wissenschaftswettbewerben für Jugendliche und auf dem Gymnasium gesehen. Mein Großvater war strikter Gegner der gesetzlichen Änderung, dass Vergewaltigung in der Ehe strafbar wurde und propagierte dies entsprechend, meine Mutter übernahm diese Haltung und negierte, dass Vergewaltigungen in der Ehe überhaupt stattfinden. Zugang zu einer akademischen Laufbahn für mich: diese Möglichkeit fand niemals Erwähnung.

Es ist wichtig für mich, diesen Hintergrund zu erwähnen, weil er deutlich macht, dass das feministische Netz und diese „jungen“ Medien mein Nährboden waren und ich als sozusagen Spät-Feministin keineswegs selbstverständlich (durch Familie/soziales Umfeld und/oder anderweitiges Empowerment) in diesen Themenkomplex reinwuchs und ganz im Gegenteil viel Auseinandersetzung und Aneignung von Wissen über feministische Bewegungen und Kämpfe nachholen musste.

Zur „EMMA“ hatte ich kein Verhältnis (erst vor einigen Wochen habe ich mir mein erstes Exemplar als eMagazin gekauft). Das liegt einerseits daran, dass die „EMMA“ und Alice Schwarzer in der feministischen Netz-Community weitgehend als „Geht-Garnicht-Feminismus“ gehandelt werden (und ich das unkritisch übernommen habe), andererseits aber auch daran, dass ich mit einem Teil ihrer Herangehensweisen an bestimmte Themenschwerpunkte nicht d’accord gehe. Es spielt in diesem Artikel keine Rolle, worum es dabei geht.

Der EMMA-Appell

Im Herbst 2013 in Deutschland veröffentlichte die feministische Zeitschrift „EMMA“ ihren Appell gegen Prostitution. Die Thematik zog zunächst weitgehend an mir vorbei, obwohl mich von da an ein permanenentes und untergründig florierendes Unwohlsein begleitete (retrospektiv betrachtet war dies der Vermutung geschuldet, in dieser Debatte irgendetwas Essentielles übersehen zu haben). Weiterlesen