Schlagwort: pornographie

Niemand wurde gezwungen, ein Lächeln für bare Münze zu nehmen

Linda Lovelace

Foto: Bitchflicks

Oralsex ist heute eine jener Sexpraktiken, die zum Standard gehören. Sexpraktiken finden ihren Einzug in das private Sexleben fast immer über die Sexindustrie: Das im Porno gesehene will nachpraktiziert werden, schlägt sich zunächst in der Prostitution in den Freierwünschen und –forderungen nieder, bis eine gesellschaftliche Normalisierung – bis hin zur Normierung – stattgefunden hat. Der Pornofilm, der die Verbreitung des Oralsex eingeleitet hat, war der Film „Deep Throat“. Mit einem Budget von nur 25.000 Euro abgedreht, brachte er den Produzenten bis heute mehrere Milliarden Dollar ein, und hinterließ die Hauptprotagonistin mit einem Schuldenberg.

Ein (liberal-)feministischer Blog bezeichnete die Hauptdarstellerin des Filmes, Linda Lovelace, vor einigen Jahren als „wichtige Akteurin des Blowjobs“ was zu einigem Widerspruch führte, da Linda Boreman, wie sie wirklich hieß, ein Vergewaltigungsopfer und eine zwangsprostituierte Frau war, und sich in den USA den (radikal-)feministischen Kämpfen gegen die Pornographie und die Industrie angeschlossen hatte. Die Kritik wurde erwidert mit der lapidaren Aussage: „„Sie [Linda] ist im Diskurs um das ganze Thema eine wichtige Akteurin. Auch als Betroffene verliert man den Status und die Kompetenz der Handelnden nicht.“

Anlässlich dieser Diskussion hatte ich mir damals vorgenommen, die beiden biographischen Bücher von Linda Boreman, die auch in deutscher Sprache unter den Titeln „Ich packe aus!“ und „Ich bin frei“ erschienen sind, irgendwann einmal zu lesen. Die (lange aufgeschobene) Lektüre hat mir noch einmal eines deutlich gemacht: Die Worte „Vergewaltigung“ und „Zwangsprostitution“ kommen ohne Hintergründe gefüllt fast schon harmlos da her. Sie sind in keinster Weise in der Lage, das unermessliche Leid, was Frauen in unserer Gesellschaft zugefügt wird, in Worte zu fassen und abzubilden. Dass Linda Boreman ihr Martyrium überlebt hat, grenzt für mich an ein Wunder. Der Umgang der Gesellschaft mit ihr ist eine himmelschreiende Ungerechtigkeit.

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Buch: Pornographie. Männer beherrschen Frauen (Andrea Dworkin)

Andrea Dworkin Pornographie

„Pornographie“ wurde 1979 von der radikalfeministischen Vordenkerin und Soziologin Andrea Dworkin geschrieben und erschien 1987 in deutscher Sprache im Fischer Taschenbuch Verlag in der Reihe „Die Frau in der Gesellschaft“. Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich halte dieses Buch für eines der klügsten, scharfsinnigsten und wichtigsten Bücher, die ich jemals gelesen habe. 38, bzw. 30 Jahre später müssen wir feststellen, dass unsere Gesellschaft heute eine andere sein könnte, hätte man Andrea seinerzeit zugehört und die notwendigen Konsequenzen aus den erkannten Fehlentwicklungen gezogen.

In ihrem Vorwort zur deutsche Ausgabe beschreibt Alice Schwarzer die neue Entwicklung wie folgt:

„Wie schon andere Feministinnen vor ihr, entlarvt auch Dworkin (die Feministin mit der linken Vergangenheit) die Rolle der Linken […] als besonders zynisch: Sie benutzt und erniedrigt die Frauen auch noch im Namen der (sexuellen) Freiheit. Ihre konservativen Väter genossen sexuelle Dienstleistungen noch hinter bigott verschlossenen Türen. Ihre Söhne stehen öffentlich dazu: Nutten-Look und Zuhälter-Attitüde beherrschen die Szene, die Mutter-Hure feiert ihre Wiederauferstehung in den Kultfilmen der Intelligenzia […], die Bukowskis bleiben WG-Bestseller, Peep-Shows und Puffs sind „geil““ (S. 11f)

Erst durch Andrea Dworkin (seinerzeit die Lektüre der Rede „Women Hating Left and Right“) habe ich, als linke Feministin, die sich gegen die Sexindustrie engagiert, verstanden, dass der Gegenwind, der einem aus den eigenen politischen Zusammenhängen entgegenschlägt kein Zufall oder eine deutsche Besonderheit ist, sondern, dass sehr viele Feministinnen vor mir / vor uns die gleichen bitteren Enttäuschungen machen mussten.

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Catharine MacKinnon: Von der Praxis zur Theorie, oder: Was ist überhaupt eine „weiße“ Frau

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Nachfolgend die Übersetzung von Auszügen aus einem Text aus dem Jahr 1991 der US-amerikanischen Juristin und Radikalfeministin Catharine MacKinnon zu der Frage der Intersektionalität von Geschlecht, Ethnizität und Klasse und der Frage, ob Unterdrückung „weiße“, „privilegierte“ Frauen vielleicht gar nicht (be)trifft. Der gesamte Text auf Englisch ist hier zu finden.

„Bin ich denn keine Frau?“ – Sojourner Truth

„Schwarze Feministinnen sprechen als Frauen, weil wir Frauen sind…“ – Audre Lorde

Man sagt häufig, dass etwas zwar in der Theorie gut klingt, aber sich in der Praxis anders erweist. Ich wollte dann immer, dass die Theorie dann wohl nicht so gut ist, nicht wahr? […]  Das konventionelle Bild von der Beziehung zwischen den beiden ist, dass man zuerst eine Theorie hat, und dann die Praxis. Du hast erst eine Idee, dann handelst du nach ihr. […]

Die postmoderne Version dieses Verhältnisses zwischen Theorie und Praxis ist Diskurs bis zum Umfallen. Theorie erzeugt nicht Praxis, sondern noch mehr Text. Es erscheint so, als könnte man Machtverhältnisse dekonstruieren, indem man ihre Markierungen im Kopf hin und her schiebt. Wie alle anderen formellen Idealismen, gibt es bei diesem Theorieansatz die unbewusste Tendenz existierende Machtverhältnisse zu reproduzieren, zum Teil weil es sich um eine vollkommen verlagerte Elitentätigkeit handelt. […] Nicht die Welt ist der Antrieb, sondern der Kopf.  Erst denkt man über sozialen Wandel nach, dann handelt man. Bücher beziehen sich auf Bücher, Köpfe unterhalten sich mit Köpfen.  Und nicht Körper pressen sich an Körper oder Menschen bewegen Menschen. […]

Die Bewegung zur Befreiung von Frauen […] funktioniert anders herum. Erst kommt die Praxis, dann die Theorie. […] Feminismus war eine Praxis, lange bevor er eine Theorie war. […] Die Frauenbewegung […], in der Frauen sich entgegengesetzt der Festlegungen in Bezug auf andere Frauen bewegen, bleibt mehr Praxis als Theorie. Das ist der Unterschied zum akademischen Feminismus. […] Die Theorie zu dieser Praxis zu schreiben, bedeutet nicht, sich durch Rätsel zu tüfteln […], nicht über Utopien zu fantasieren, nicht zu moralisieren oder Menschen zu erzählen, was sie zu tun haben. Es geht nicht um die Ausübung von Autorität; die Theorie lenkt die Praxis nicht. Die Aufgabe besteht darin, sich auf das Leben einzulassen durch das Entwickeln von Mechanismen, die identifizieren und kritisieren, anstatt soziale Praktiken der Unterordnung zu reproduzieren und sie besteht darin Werkzeuge aus dem Bewusstsein und dem Widerstand von Frauen zu entwickeln, die den praktischen Kampf gegen Ungleichheit unterstützen. Diese Art von Theorie setzt Bescheidenheit voraus und benötigt Partizipation. […]

Ich möchte untersuchen, wie die Realität von Geschlechterungleichheit, die Erfahrungen von Frauen in dieser Welt, die Konturen von Geschlechterdiskriminierung im Gesetz geformt hat/haben.

Geschlechtergleichheit als rechtliches Konzept wurde traditionell nicht theorisiert unter Einbeziehung von sexueller Belästigung oder Reproduktion, weil die Gleichberechtigungstheorie aus der Praxis von Männern entwickelt wurde, nicht der von Frauen. […] Es gibt Männer, die auf diese Art und Weise geschädigt wurden, aber sie sind wenige, und sie werden nicht als geschädigt angesehen weil sie Männer sind, sondern obwohl sie Männer sind oder als abweichend von ihnen betrachtet werden. […] Deshalb werden Sexualität und Reproduktion nicht als Gleichberechtigungs-Themen im traditionellen Ansatz betrachtet. […]

Mechelle Vinson setzte sexuelle Belästigung am Arbeitsmarkt als Geschlechterdiskriminierung nach dem bürgerlichen Recht durch. […] Ihre Sichtweise, dass das was ihr Vorgesetzter Sidney Taylor ihr antat, sein wiederholtes Penisschwingen in ihrer Anwesenheit im Tresorraum der Bank, ihr deshalb angetan wurde, weil sie eine Frau ist, änderte die Theorie der Geschlechterdiskriminierung für alle Frauen. […] Lillian Garland setzte durch, dass die Garantie von unbezahltem Urlaub für schwangere Frauen nach dem Gesetz keine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts ist, sondern ein Schritt in die Richtung zur Beendigung von Geschlechterdiskriminierung. […] Es war ihr Widerstand gegen ihren Arbeitgeber […], der sich weigerte sie nach ihrer Schwangerschaftspause wieder einzustellen; Es war ihre Identifikation dieser Praxis als gesetzwidrige Behandlung, aufgrund der Tatsache, dass sie eine Frau war, die dem Geschlechter-Gleichberechtigungs-Gesetz einen Schubs in die Richtung von Gleichberechtigung gab […].

Was ist also gemeint, wenn hier von einer Behandlung „als Frau“ die Rede ist? Es meint, ein empirisches Statement über die Realität zu machen, um die Realität der Situation der Frau zu beschreiben. […] Unter Einbeziehung aller Unterschiede, können wir über die Gruppe der Frauen sagen, dass sie eine kollektive, soziale Geschichte der Entmachtung, Ausbeutung und Unterordnung hat, die bis in die Gegenwart reicht. „Wie eine Frau“ behandelt zu werden, bedeutet diesem Sinn nach, auf bestimmte Weise benachteiligt zu sein, rührend aus der Tatsache, dem weiblichen Geschlecht zugerechnet zu werden. […]

Andrea Dworkin sagte vor langer Zeit, dass die Situation der Frauen eine neue Art zu Denken voraussetzt, und nicht nur das Denken neuer Dinge. „Frau“ als Abstraktion, Destillation, gemeinsamer Nenner, oder Idee ist die alte Art zu denken […] aber es ist nicht eine neue Art zu denken. Noch ist das Denken „als Frau“, als Verkörperung einer kollektiven Erfahrung, das gleichbedeutend mit „wie eine Frau“ zu denken, was die Reproduktion der Determinanten und zu denken wie ein Opfer bedeuten würde. […]

Theorie auf die konventionelle abstrakte Art zu machen, wie viele es tun, bedeutet die Annahme zu importieren, dass alle Frauen gleich sind, oder sie sind keine Frauen. Was sie zu einer Frau macht ist ihre Passgenauigkeit zu der Abstraktion „Frau“ oder ihre Konformität zu einer festen, postulierten weiblichen Essenz. Die Konsequenz hieraus ist es, Dominanz zu reproduzieren.  […] Einfacher biologischer Determinismus wird so als kritische Theorie des sozialen Wandels präsentiert. […] Hier fehlt die Berücksichtigung männlicher Dominanz. Es gibt in Bezug auf Vergewaltigung keine biologische Notwendigkeit […] Beide hier benannten Frauen sind schwarz. Dies unterstützt meine Ahnung, dass eine Theorie dann nicht wahr ist, oder dann nicht funktioniert, wenn sie nicht […] für alle Frauen gilt. […]

In den jüngsten Kritiken gegenüber feministischer Arbeit wird gesagt, dass Ethnie (race) oder Klasse nicht ausreichend berücksichtigt werden, und dabei ist es lohnenswert zu erkennen, dass die Tatsache, dass es etwas wie „Rasse“ oder „Klasse“ gibt, angenommen wird, obwohl beides normalerweise eher als Abstraktionen behandelt wird um Geschlecht zu attackieren, denn als konkrete Realitäten, wenn sie denn überhaupt zur Sprache kommen. […] Immer werden „Rasse“ und Klasse als unproblematischer weise real betrachtet, und keiner Erklärung oder theoretischen Konstruktion bedürfend. Nur Geschlecht ist nicht real und muss gerechtfertigt werden. […] Dass es einen Unterschied gibt zwischen den Erfahrungen von Männern und Women of Colour, und von Frauen der Arbeiterklasse und Männern unabhängig ihrer ethnischen Zugehörigkeit, bedeutet nicht zu behaupten, dass „Rasse“ und Klasse keine bedeutsamen Konzepte wären. Ich habe noch niemanden sagen gehört, dass man nicht ohne Geschlechterspezifizierung über „People of Colour“ diskutieren könnte. Jedoch hat die Phrase „People of Colour und „weiße“ Frauen“ das frühere „Frauen und Minderheiten“ ersetzt, von dem Women of Colour zu Recht nicht wahrgenommen haben als würde es sie doppelt beinhalten, und als würden sie einen „weißen“ Standard für Geschlecht verkörpern und einen männlichen für „Rasse“. Aber ich höre zum Beispiel nichts über „alle Frauen und Men of Colour. Es ist bedeutsam darüber nachzudenken, dass wenn Women of Colour sich auf „Menschen, die aussehen wie ich“ beziehen, dass sie Menschen mit anderer Hautfarbe meinen, und nicht Frauen, obwohl sowohl „Rasse“ als auch Geschlecht visuelle Zuweisungen sind, beide sowohl Klarheit als auch Uneindeutigkeit beinhalten, und beide Unterdrückung markieren, und damit Gemeinschaft.

In Verbindung hiermit, habe ich kürzlich mitbekommen, dass es hierbei um die „weiße“ Frau geht, deshalb habe ich mich entschlossen herausfinden zu wollen was das ist. Diese Kreatur ist nicht arm, wird nicht geschlagen, nicht vergewaltigt (nicht wirklich), nicht als Kind sexuell missbraucht, wird nicht als Teenager schwanger, wird nicht prostituiert und auch nicht in die Pornographie gezwungen, sie ist als Mutter nicht von Sozialleistungen abhängig und wird nicht ökonomisch ausgebeutet. Sie arbeitet nicht. Entweder entspricht sie dem Bild, das der „weiße“ Mann von ihr hat – verweichlicht, verhätschelt, privilegiert, beschützt, unbeständig und maßlos – oder sie ist das Bild, das der „schwarze“ Mann von ihr hat – all das genannte, plus das „hübsche weiße Girl“ (was hässlich wie die Nacht bedeutet, aber die ultimative Schönheit bedeutet, weil sie „weiß“ ist). […] Sie schüttelt ihr Haar, fühlt sich immer hübsch, beschwert sich über die Dienste der People of Colour, gibt wenig Trinkgeld, kann nichts, macht nichts, weiß nichts, und fantasiert über Sex mit schwarzen Männern, während sie diese beschuldigt sie vergewaltigt zu haben. Wie Ntozake Shange ausführt, hängt die gesamte Westliche Zivilisation von ihr ab. Und als Krönung besitzt sie die Unverfrorenheit […] zu denken, dass sie befreit werden muss. […]

Dieses Bild ist nur sehr schwer mit der Realität [der „weißen“ Frau] in Einklang zu bringen: Der Tatsache, dass die Mehrheit der Armen „weiße“ Frauen und ihre Kinder sind (mindestens die Hälfte davon sind weiblich); der Tatsache, dass Frauen systematisch in ihrem Zuhause geschlagen werden, von ihnen nahe stehenden Männern und Serienkillern gleichermaßen getötet werden, als Kinder sexuell missbraucht werden, tatsächlich vergewaltigt werden (zumeist von „weißen“ Männern) und dass sogar „schwarze“ Männer, im Durchschnitt, mehr verdienen als sie. Wenn man dies nicht so genau wüsste, dann könnte man durch das Bild des „weißen“ Mannes fehlgeleitet werden. […]

Man könnte meinen, dass der Mythos der „weißen“ Männer, dass sie „weiße“ Frauen schützen, der Wirklichkeit entsprechen würde, und nicht ein rassistisches Cover über ihr exklusives und nicht in Frage gestelltes Recht auf sexuellen Zugriff – was bedeutet, dass sie sie vergewaltigen können, und es auch tun, eine Haltung die sich in dem Ausschluss von Vergewaltigung in der Ehe zeigt und den weitgehend nutzlosen Gesetzen gegen Vergewaltigung im Allgemeinen.  Man könnte meinen, dass die einzigen „weißen“ Frauen in den Bordellen im Süden während des Civil War in „Vom Winde verweht“ existierten. Dies alles soll nicht heißen, dass es so etwas wie Privilegien aufgrund der Hautfarbe nicht geben würde, sondern eher, dass diese „weiße“ Frauen niemals vor der Brutalität und der Frauenverachtung der Männer bewahrt haben, zumeist aber nicht exklusiv von „weißen“ Männern […]. In anderen Worten: Den „weißen Mädchen“ in dieser Theorie geht in der Realität der „weißen“ Frauen und der Praxis der männlichen Vorherrschaft ziemlich viel ab.

Neben der Trivialisierung der Unterordnung der „weißen“ Frau, die implizit in der herablassenden Verspottung „heterosexuelle, weiße, ökonomisch privilegierte Frau“ (Eine Phrase, die zu einem feststehenden Begriff geworden ist […]) deutlich wird, liegt die Auffassung, dass es an sich gar keine Frauenunterdrückung gibt. […]

Drehen wir das Ganze mal rum. Wie ich erwähnt habe, waren sowohl Mechelle Vinson und Lillian Garland afro-amerikanische Frauen. Wurde Mechelle Vinson nicht als Frau sexuell belästigt? Wurde Lillian Garland nicht als Frau schwanger? Sie haben das so gesehen. Der Dreh- und Angelpunkt ihrer Fälle lag darin, dass sie sich als geschädigt „auf der Basis von Geschlecht“ sahen, das heißt, weil sie Frauen sind. Die Täter, und die Gesetze unter denen sie benachteiligt wurden, sahen sie als Frauen. Was ist Frausein, wenn es nicht beinhaltet als eine Frau unterdrückt zu sein? Als die Reconstruction Amendments „Schwarzen das Wahlrecht gaben“, und „schwarze“ Frauen immer noch nicht wählen durften, wurden sie dann nicht „als Frauen“ von der Wahl ausgeschlossen? Wenn afro-amerikanische Frauen doppelt so häufig vergewaltigt werden als „weiße“ Frauen, werden sie dann nicht als Frauen vergewaltigt? Das bedeutet nicht, dass ihre Ethnie irrelevant wäre und es bedeutet auch nicht, dass ihre Verletzungen außerhalb des rassistischen Kontextes verstanden werden können. Es bedeutet vielmehr, dass „Geschlecht“ sich aus den Erfahrungen aller Frauen ergibt, inklusive der ihren. […] Es bedeutet, dass jede Frau, auf ihre Weise, alle Frauen ist.

Die Behandlung von Frauen in der Pornographie zeigt diesen Ansatz in grafischer Weise. Auf irgendeine Weise sind alle Frauen im Porno. Afro-amerikanische Frauen werden dargeboten in Fesseln, sich wehrend, in Käfigen, als Tiere, unersättlich. Wie Andrea Dworkin gezeigt hat, macht die sexualisierte Feindschaft ihnen gegenüber ihre Haut zu einem Geschlechtsorgan […]. Asiatische Frauen sind passiv, träge, so wie tot, grausam gefoltert. Latinas sind heiße Mommas. Fülle den Rest der abwertenden und feindseligen rassistischen Stereotype, die du kennst, ein; dort [im Porno] ist es Sex. Dies wird nicht den Männern angetan, nicht in heterosexueller Pornographie. Was „weißen“ Frauen angetan wird ist eine Art Boden; es ist die beste Weise wie jemand behandelt wird und das reicht von Playboy über SM bis hin zu Snuff. Was „weißen“ Frauen angetan wird, das kann allen Frauen angetan werden […] Das macht „weiße“ Frauen nicht zur Essenz der Weiblichkeit. Es ist eine Realität, dass hieran beobachtet werden kann, was den am meisten privilegierten Frauen angetan werden kann und angetan wird. Dies ist es, was das Privileg als eine Frau dir einbringen kann: am meisten wertgeschätzt zu sein als totes Fleisch. […]

„Weiß“ ist nicht unmarkiert; es ist ein spezifischer Geschmack. So definiert und benutzt zu werden, definiert was Frau sein in der Praxis bedeutet. […]

Meiner Meinung nach ist der Subtext von der Kritik an Unterdrückung „als Frau“, dass die Kritik davon ausgeht, dass es so etwas nicht gibt, und dies ist Ent-Identifizierung mit Frauen. Eine der Konsequenzen daraus ist die Zerstörung jeglicher Basis für eine Rechtsprechung für Geschlechtergleichberechtigung. Ein Argument, dass von vielen WoC vorgebracht ist, ist, dass die Theorie über Frauen alle Frauen einschließen muss, und wenn dies der Fall ist, dann wird die Theorie sich ändern. Auf einer Ebene ist das notwendigerweise richtig. Auf der anderen Seite ignoriert dies die gestaltenden Beiträge von WoC zu feministischer Theorie, seit deren Beginn. Ich habe jedoch das Gefühl, dass viele Frauen, nicht nur WoC und nicht nur Akademikerinnen, nicht einfach „nur Frauen“ sein wollen, [….] weil dies bedeutet in einer Kategorie mit „ihr“ zu sein, der nutzlosen „weißen“ Frau, deren erste Reaktion es ist, wenn es ein bisschen grober wird, in Tränen auszubrechen. Ich habe das Gefühl, dass Menschen mehr Würde darin ausmachen, in einer Gruppe zu sein, die auch Männer beinhaltet, als in einer Gruppe zu sein, die die ultimative Reduzierung auf die Vorstellung von Unterdrückung einschließt, diese Anstifterin von Lynchmobs, diese lächerliche Quenglerin, […] die „weiße“ Frau. Es scheint, dass wenn die Unterdrückung auch einen Mann betrifft, dass du wahrscheinlicher auch als unterdrückt anerkannt wirst, im Gegensatz zu minderwertig. […]

Ungleich zu anderen Frauen teilt die „weiße“ Frau, die nicht arm oder aus der ArbeiterInnenklasse ist, oder lesbisch, oder jüdisch, oder mit Behinderung, oder alt oder jung, ihre Unterdrückung nicht mit einem Mann.  Das macht ihren Zustand in keinster Weise maßgeblicher für die Definition von Frau, als die Situation irgendeiner anderen Frau. Ihre Unterdrückung jedoch zu trivialisieren, weil es nicht potentiell rassistisch oder klassenbasiert oder heterosexistisch oder antisemitisch ist, definiert die Bedeutung von „anti-Frau“ mit einer besonderen Klarheit. Die Vorstellung, Konstruktion und Behandlung der „weißen“ Frau wird zu einem sehr sensitiven Indikator für das Maß in dem Frauen, als solche, verachtet werden. […]

Andrea Dworkin: Abtreibung

Andrea Dworkin

By Open Media Ltd. (Uploaded by Open Media Ltd. (AnOpenMedium)) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Bei dem nachfolgenden Text handelt es sich um eine Übersetzung von Auszügen aus dem Kapitel „Abortion“ aus Andrea Dworkins Buch „Right-Wing Women. The Politics of Domesticated Females„.

Frauen reden nicht über ihre Abtreibungen, illegale Abtreibungen, weil sie beschämt sind, von der Erinnerung an diese Abtreibungen; Sie sind beschämt, bei der Erinnerung an ihre Verzweiflung, ihre Panik, das Geld aufzutreiben, einen Abtreibungsarzt zu finden, den Schmutz, die Gefahr, die Verschwiegenheit. Frauen sind beschämt, bei der Erinnerung daran, dass sie um Hilfe bitten mussten, um Hilfe flehen mussten, bei der Erinnerung an jene, die sich abwandten, und sie im Regen stehen ließen. Frauen sind beschämt, bei der Erinnerung an die Angst. Frauen sind beschämt, bei der Erinnerung an das physische Eindringen, die Penetration, den Schmerz, den Übergriff; unzählige Frauen wurden von ihrem Abtreiber vor oder während der Abtreibung sexuell missbraucht; sie hassen es sich daran zu erinnern. […] Frauen hassen es, sich an illegale Abtreibungen zu erinnern, weil sie fast daran gestorben sind, daran hätten sterben können, sterben wollten, hofften sie würden nicht sterben, Versprechen an Gott machten und ihn anflehten sie nicht sterben zu lassen, sie hatten Angst zu sterben vorher, währenddessen oder danach […] Frauen hassen es auch deshalb, sich an illegale Abtreibungen zu erinnern, weil ihre Ehemänner nichts davon erleben mussten […]

Frauen schweigen auch deshalb über Abtreibungen, weil sie das Kind haben wollten, aber der Mann nicht; weil sie weitere Kinder haben wollten, aber sie nicht haben konnten; weil sie die Abtreibung niemals bereuten aber die nachfolgenden Kinder; weil sie mehr als eine Abtreibung hatten […]. Frauen schweigen über Abtreibungen, weil Abtreibung in der Ehe egoistisch und unbarmherzig ist, und die Frau als herzlos und lieblos markiert – und sie es dennoch getan hat. […]

Erzwungener Sex, in der Regel Geschlechtsverkehr, ist ein zentrales Thema im Leben jeder Frau. Sie muss ihn mögen, oder kontrollieren, oder manipulieren, oder sich dagegen zur Wehr setzen oder ihn vermeiden; sie muss eine Beziehung dazu entwickeln, zu dem männlichen Bestehen auf Geschlechtsverkehr, zu dem männlichen Bestehen auf ihrer sexuellen Funktion in Beziehung zu ihm. Sie wird gemessen und beurteilt werden an der Natur und Qualität ihrer Beziehung zu Geschlechtsverkehr. Ihr Charakter wird bemessen an ihrer Beziehung zu Geschlechtsverkehr, da Männer diese Beziehung evaluieren. […] Geschlechtsverkehr kann nicht außerhalb dieses Systems des Zwangs analysiert werden. Aber der Zwang wird versteckt und verleugnet durch einen Staudamm der Propaganda, durch Pornographie bis hin zu sogenannten Frauenmagazinen, die anstreben uns zu überzeugen, dass  Anpassung Weiblichkeit bedeute, oder dass Anpassung Freiheit sei, oder dass Anpassung ein strategischer Weg sei, ein bestimmtes Maß an Selbstbestimmung zu erreichen.

Die Propaganda für Weiblichkeit (Weiblichkeit als offensichtliche Akzeptanz von Sex nach männlichen Bedingungen mit Wohlwollen […]) wird produziert im Einklang mit dem gefühlten Bedürfnis von Männern Geschlechtsverkehr zu haben. In Zeiten feministischen Widerstandes, erreicht eine solche Propaganda geometrische Dimensionen. Die Propaganda betont, dass Geschlechtsverkehr einer Frau Vergnügen bereiten kann, wenn sie es richtig macht; vor allem dann, wenn ihre Einstellungen dazu und zum Mann stimmen. Die richtige Einstellung ist es,  ihn zu wollen. Die richtige Einstellung ist es, diese Männer zu begehren, WEIL sie sich auf phallische Penetration einlassen. Die richtige Einstellung ist es, Geschlechtsverkehr zu wollen, weil Männer ihn wollen. Die richtige Einstellung ist es, nicht egoistisch zu sein, insbesondere in Bezug auf Orgasmen. Dies verbietet eine Sexualität für Frauen außerhalb der Grenzen männlicher Dominanz. Dies macht eine frauenzentrierte Sexualität unmöglich. Was es ermöglicht, ist eine Existenz der Frau in einem System, in dem Männer die Bewertung ihrer Existenz als Individuum kontrollieren. Diese Bewertung basiert auf ihrer sexuellen Konformität in einem sexuellen System, welches auf seinem Recht sie zu besitzen beruht. […] Frauen wird beigebracht, Männer zu brauchen, nicht sexuell, sondern metaphorisch betrachtet. […] Die Regeln werden gelehrt, die Handlungen versteckt. […]

Die Propaganda für Weiblichkeit lehrt Frauen immer und immer wieder, unendlich, dass sie Geschlechtsverkehr mögen müssen; Und diese Lektion muss sie immer und immer wieder gelehrt werden, weil Geschlechtsverkehr im Allgemeinen nicht ihre Sexualität ausdrückt und die männliche Benutzung von Frauen nur sehr selten etwas mit der Frau als einem Individuum zu tun hat. Die Sexualität, die sie mögen sollen, erkennt ihre Individualität nicht in bedeutsamer Weise an, oder ehrt diese. […] Ungeachtet all dieser Propaganda, den Bergen davon, benötigt Geschlechtsverkehr Zwang; Zwang ist immer noch essentiell um Frauen dazu zu bringen, Geschlechtsverkehr zu haben – zumindest auf eine systematische und nachhaltige Art und Weise. […] Wenn der Zwang nicht essentiell wäre, dann wäre er nicht so vorherrschend. […]

Die erste Art des Zwangs ist physische Gewalt: vorherrschend bei Vergewaltigung, häuslicher Gewalt, Misshandlungen.

Die zweite Art des Zwangs ist das Machtungleichgewicht zwischen männlich und weiblich, welches jede sexuelle Handlung an sich zu einem Akt des Zwangs macht: zum Beispiel der sexuelle Missbrauch von Mädchen in ihren Familien.

Die dritte Art des Zwangs ist ökonomisch: Frauen werden arm gehalten um Frauen sexuell verfügbar und sexuell gefügig zu halten

Die vierte Art des Zwangs ist kulturell und breitenwirksam: frauenverachtende Propaganda, die Frauen zu legitimen und begehrenswerten sexuellen Zielscheiben macht; frauenverachtende Gesetze, die entweder die sexuelle Gewalt gegen Frauen sanktionieren oder in ihrer tatsächlichen Anwendung erlauben; frauenverachtende Praktiken der verbalen Belästigung, unterstützt von drohender physischer Gewalt auf den Straßen oder am Arbeitsplatz; frauenverachtende Lehrbücher, die benutzt werden um Frauenhass in der Ausbildung von Ärzten, Juristen und anderen Professionellen als zentrales Element der Praxis dieser Professionen beizubringen; frauenverachtende Kunst, die sexuelle Gewalt romantisiert, stilisiert und feiert; frauenverachtende Unterhaltung, die Frauen als Klasse lächerlich, dumm, verachtenswert und zum sexuellen Eigentum von Männern macht.

Da Frauen als geschlechtliche Klasse für Sex ausgebeutet werden, ist es unmöglich über die Sexualität von Frauen außerhalb des Kontextes von erzwungenem Sex zu sprechen, oder zumindest, ohne auf erzwungenen Sex Bezug zu nehmen. Und dennoch, um erzwungenen Sex unsichtbar und gleichzeitig am Leben zu erhalten, wird es jedes Mal auf jede erdenklich andere Weise diskutiert. […]

Es ist insbesondere durch Geschlechtsverkehr, dass Männer ihre Macht und Dominanz über Frauen ausdrücken und erhalten. Das Recht von Männern auf Frauenkörper zum Zweck des Geschlechtsverkehrs bleiben das Herz, die Seele und die Eier männlicher Vormachtstellung: das gilt unabhängig davon, welcher Stil zur Verteidigung des koitalen Zugriffs verwendet wird, der rechte oder der linke.

Jede Frau – ganz egal welcher sexuellen Orientierung, persönlichen Vorlieben, persönlicher Geschichte, politischer Ideologie – lebt in diesem System erzwungenen Sexes. Dies gilt auch dann, wenn sie niemals irgendeine sexuelle Nötigung erfahren hat, oder ob sie Geschlechtsverkehr als Form der Intimität mag oder nicht, oder ob sie als Individuum Erfahrungen mit Geschlechtsverkehr hat, die, ihrer Meinung nach, das Diktum der Geschlechter oder die Institutionen des Zwangs überwinden. Dies ist auch dann wahr, wenn – in ihren Augen – der Zwang erotisch, essentiell, zentral, heilig, bedeutungsvoll, großartig ist. Das ist sogar dann wahr, wenn – in ihrem Fall – sie Geschlechtsverkehr zurückweist und sich verbittet: wenn sie subjektiv außerhalb der Gesetze der Schwerkraft lebt, werden sich die Gesetze der Schwerkraft offensichtlich aufdrängen. Jede Frau wird von diesem System erzwungenen Sexes umgeben und von ihm eingeschlossen. Es wirkt auf sie, es formt sie, es definiert ihre Grenzen und ihre Möglichkeiten, es zähmt sie, es domestiziert sie, es bestimmt die Natur und Qualität ihrer Privatsphäre: es schränkt sie ein. Sie funktioniert in ihm und mit unablässigem Bezug zu ihm. Das gleiche System, in welchem sie ist, ist in ihr.  […]

Norman Mailer hat in den 60er Jahren angemerkt, dass das Problem mit der Sexuellen Revolution das war, dass sie in die Hände der falschen Leute gekommen ist. Er hatte Recht. Nämlich in die Hand der Männer.

Die populäre Idee war, dass Ficken gut ist, so gut, dass je mehr davon, desto besser. Die populäre Idee war, dass die Leute ficken sollten, wen sie wollten, übersetzt für die Mädels bedeutete dies, dass sie gefickt werden wollten – so oft wie nur irgendwie menschlich möglich. Für Frauen ist dies nur möglich mit ausreichend Partnerwechseln. Die Frequenz der Männer ergibt sich aus deren Vorlagen von Erektion und Ejakulation. Frauen wurden sehr viel häufiger gefickt als Männer fickten.

Die Philosophie der Sexuellen Revolution ist auf vor die 60er Jahre zu datieren.  Sie zeigte sich regelmäßig in linken Ideologien und Bewegungen […] Es war sehr einfach. Ein Haufen gemeiner Bastarde, die Liebe machen hassten, machten Krieg. Ein Haufen von Jungs, die Blumen mochten, machten Liebe und lehnten das Krieg machen ab. Diese Jungs waren wundervoll und schön. Sie wollten Frieden. Sie redeten über Liebe, Liebe, Liebe, nicht romantische Liebe, sondern Liebe zur Mannheit (von den Frauen als Liebe zur Menschlichkeit übersetzt) Sie ließen ihre Haare lang wachsen, malten ihre Gesichter an, trugen bunte Kleidung und riskierten es wie Mädchen behandelt zu werden. Weil sie es ablehnten in den Krieg zu ziehen, waren sie feige und Sissies und schwach, wie Mädchen. Kein Wunder, dass die Mädchen in den 60ern dachten, diese Jungs wären ihre speziellen Freunde, ihre speziellen Verbündeten, jeder einzelne ein Liebhaber. […]

Die Mädchen waren richtige Idealistinnen. Sie hassten den Vietnam-Krieg und ihre eigenen Leben standen, anders als die der Jungs, auf dem Spiel, denn viele von ihnen waren vergewaltigt worden. Sie waren insbesondere idealistisch, weil sie so sehr an Frieden und Freiheit glaubten, dass sie dachten, diese seien auch für sie intendiert. Sie wussten, dass ihre Mütter nicht frei waren – sie sahen die kleinen, beschränkten, weiblichen Leben – und sie wollten nicht wie ihre Mütter sein. Sie akzeptierten die Definition der Jungs von sexueller Freiheit, denn es machte sie mehr als jede andere Idee oder Praxis, anders als ihre Mütter. Während die Mütter Sex geheim und privat halten mussten, verbunden mit Angst und Scham, riefen die Mädchen Sex als ihr Recht aus, als ihr Vergnügen, ihre Freiheit. Sie prangerten die Dummheit ihrer Mütter an und schlossen sich mit den langhaarigen Jungs zusammen, die Frieden, Freiheit und überall ficken wollten.  […]

Sexuelle Radikalität wurde nach klassisch männlichen Bedingungen definiert: Die Anzahl der PartnerInnen, die Häufigkeit von Sex, die Arten von Sex (zum Beispiel Gruppensex), der Eifer an Sex teilzunehmen. […] Erzwungener Sex kam vor – sogar oft; aber der Traum lebte weiter. Lesbentum wurde nie eigenständig als Liebe machen anerkannt, sondern immer nur als kinky Gelegenheit für männlichen Voyeurismus und die Möglichkeit zwei feuchte Frauen zu ficken; trotzdem, der Traum lebte weiter.  Mit männlicher Homosexualität wurde gespielt, sie wurde unbestimmt toleriert, aber größtenteils verachtet und gefürchtet, denn die heterosexuellen Männer mit ihren Blumen konnten es nicht ertragen „wie Frauen“ gefickt zu werden; aber der Traum lebte weiter. […]

Die Mädchen der 60er lebten, was Marxisten einen „Widerspruch“ nennen, aber gleichzeitig nicht als solchen erkannten. Indem die Grenzen der Geschlechter durch einen offensichtlich einzigen Standard an sexueller Befreiungspraxis abgeschafft werden sollten, partizipierten sie zunehmend in dem am meisten Geschlechter-festschreibenden Akt: Ficken. Die Männer wurden männlicher. Die Welt der Gegenkultur wurde mehr und mehr und aggressiv männlich-dominiert. Aus den Mädchen wurden Frauen – die sich im Besitz von einem oder einem Mann und seinen Kumpels wiederfanden […], sie wurden getauscht, gruppengefickt, gesammelt, kollektiviert, objektifiziert, in den heißen Scheiß aus der Pornographie verwandelt, und sozial neu in ihre traditionell weiblichen Rollen abgetrennt. Empirisch betrachtet, wurde sexuelle Befreiung in den 1960er Jahren im großen Stil von Frauen praktiziert und es funktionierte nicht: meint, es befreite die Frauen nicht. Das Ziel – so stellte sich heraus – war Männer zu befreien, damit sie Frauen ohne bürgerliche Einschränkungen benutzen können, und darin war sie erfolgreich. Eine Konsequenz für Frauen war die Intensivierung der Erfahrung sexuell weiblich zu sein – genau das Gegenteil von dem, was diese idealistischen Mädchen sich für sich selbst erträumt haben. Indem sie eine Vielzahl von Männern in einer Vielzahl von Umständen erlebten, entdeckten Frauen, die keine Prostituierten waren, die unpersönliche und klassenbedingte Natur ihrer sexuellen Funktion. Sie entdeckten die absolute Irrelevanz ihrer eigenen individuellen, ästhetischen, ethischen oder politischen Befindlichkeiten […] im Sex, wie er von Männern praktiziert wurde. Der sexuelle Standard war der Mann-fickt-Frau-Fick, und Frauen dienten ihm – es diente nicht den Frauen.

In der sexuellen Befreiungsbewegung der 1960er Jahre waren Zwang oder untergeordneter Status von Frauen kein Thema, weder in der Ideologie, noch in der Praxis. Es wurde angenommen, dass in einem nicht unterdrückten Status, jeder jederzeit Geschlechtsverkehr wollen würde […] und es wurde angenommen, dass wenn Frauen Geschlechtsverkehr ablehnten, keinen Orgasmus vom Geschlechtsverkehr bekämen oder Geschlechtsverkehr nicht zu einer bestimmten Zeit mit einem bestimmten Mann wollen würden, oder mit weniger Partnern als verfügbar, oder wenn sie müde wurden, oder verärgert waren, dass dies alles Zeichen oder Beweis für sexuelle Unterdrückung wären. Ficken an sich war Freiheit an sich. Wenn Vergewaltigung – offensichtliche, klare, brutale Vergewaltigung –  auftrat, dann wurde sie ignoriert. […] Implizit gab es die Überzeugung, dass Zwang nicht notwendig wäre, wenn Frauen nicht unterdrückt wären; Frauen würden ficken wollen und müssten nicht dazu gezwungen werden; also war es ihre Unterdrückung, und nicht der Zwang, welcher der Freiheit im Weg stand. […] Niemand wurde für erzwungene sexuelle Handlungen, Vergewaltigungen, Schläge gegen Frauen zur Rechenschaft gezogen, wenn es nicht die Frauen selbst waren, denen die Schuld in die Schuhe geschoben wurde – in der Regel dafür, dass sie sich nicht fügen wollten. Das waren vor allem Frauen, die sich fügen wollten – die das versprochene Land der sexuellen Freiheit wollten – und trotzdem ihre Grenzen hatten, ihre Vorlieben, ihre Geschmäcker, ihr Verlangen nach Intimität mit bestimmten Männern und nicht anderen, Launen, die nicht notwendigerweise von der Menstruation oder dem Mond abhingen, Tage an denen sie lieber arbeiten oder lesen wollten; und sie wurden für [all das] bestraft. […] Zwang wurde gegen sie ausgeübt, oder sie wurden bedroht und erniedrigt oder rausgeworfen. […]

In den Garten der irdischen Freuden, der als 60er Gegenkultur bekannt war, drang die Schwangerschaft ein, fast immer grob. Und selbst dann und dort [sah man in ihr] eine der echten Hürden für weibliches Ficken auf männliche Nachfrage. Schwangerschaften machten Frauen ambivalent, zögerlich, besorgt, mürrisch, beschäftigten sie; sie führten sogar dazu, dass Frauen nein sagten. In den 1960er Jahren war die Pille nicht einfach zu bekommen, und nichts anderes versprach Sicherheit. Insbesondere unverheiratete Frauen hatten Probleme Kontrazeptiva, inklusive dem Diaphragma, zu bekommen, und Abtreibung war illegal und gefährlich. […] Besonders schwer zu beeinflussen waren Frauen, die bereits illegale Abtreibungen gehabt hatten. Egal was sie über Ficken dachten, egal wie sehr sie es liebten oder tolerierten, sie wussten es hatte Konsequenzen für sie, verbunden mit Schmerzen und Blut, und sie wussten es kostete die Männer so gut wie nichts, außer vielleicht manchmal ein bisschen Geld. Schwangerschaft war eine materielle Realität und sie konnte nicht wegdiskutiert werden. […]

Schwangerschaft, als Tatsache, war ein Anti-Aphrodisiakum. Schwangerschaft, die damit verbundene Last, erschwerte es den Blumenjungen die Blumenmädchen zu ficken […]. Es war die Bremse, die Schwangerschaft dem Ficken auferlegte, die Abtreibung zu einem hochprioritären Thema für Männer in den 1960er Jahren machte – nicht nur für die jungen Männer, auch für die älteren linken Männer, die von der Gegenkultur Sex abschöpften, und sogar für traditionellere Männer, die ab und zu in den Pool der Hippie-Mädchen tauchten.  Die Entkriminalisierung der Abtreibung – das war das politische Ziel – wurde als letzter freudiger Ansporn gesehen: Sie würde Frauen absolut verfügbar, absolut „frei“ machen. Damit die sexuelle Revolution funktionieren konnte, musste Abtreibung für Frauen jederzeit verfügbar sein. Wenn sie es nicht war, dann würde Ficken für die Männer nicht jederzeit verfügbar sein. Flachlegen stand auf dem Spiel. Nicht nur das Flachlegen an sich, sondern die Art und Weise des Flachlegens, die eine große Zahl von Männern und Jungs immer gewollt hatte – viele Mädchen, die es jederzeit wollten, außerhalb der Ehe, kostenlos. Die männlich-dominierte Linke agitierte und kämpfte und argumentierte und organisierte sogar für die Abtreibungsrechte für Frauen, und stellte sogar politische und finanzielle Ressourcen dafür zur Verfügung. Die Linke war militant bei diesem Thema.

Aber dann, Ende der 1960er Jahre, wurden Frauen, die sowohl politisch als auch sexuell aktiv waren, auf neue Weise radikal: Sie wurden Feministinnen. Sie wurden nicht Betty Friedans Hausfrauen. […] Robin Morgan schrieb 1970:

„Wir haben den Feind getroffen und er ist unser Freund. Und gefährlich. […] Es tut weh zu verstehen, dass eine Frau in Woodstock oder Altamont als verklemmt oder zur Spielverderberin erklärt werden konnte, wenn sie nicht vergewaltigt werden wollte.“

Das waren die Anfänge: Anzuerkennen, dass die brüderlichen Liebhaber sexuelle Ausbeuter waren, die genauso zynisch waren wie die anderen Ausbeuter. […] Es war die grobe und schreckliche Realisierung, die sich als explosiv erwies, dass Sex nicht brüderlich-schwesterlich war, sondern Herrscher-Sklave – und dass dieser mutige neue Radikale nicht nur Meister in seinem eigenen Heim sein wollte, sondern Pascha in seinem eigenen Harem. Die Frauen wurden entfacht durch die Realisierung, dass sie sexuell benutzt worden waren. Diese Frauen diskutierten Sex und Politik miteinander und reichten damit über die männliche Agenda der sexuellen Befreiung hinaus  […] – und sie entdeckten, dass ihre Erfahrungen erstaunlich gleich waren und von erzwungenem Sex zu sexueller Erniedrigung bis hin zum Verstoß und zynischer Manipulation, sowohl als Dienstgesinde als auch als Stück Hintern, reichten. Und dass die Männer tief verwurzelt waren in Sex als Macht: Sie wollten die Frauen zum ficken und keine Revolution. Die Männer weigerten sich, sich zu ändern und, noch bedeutender als das, sie hassten die Frauen dafür, dass sie ihnen, nicht mehr als nach den alten Bedingungen, dienen wollten – da hatten wir [die sexuelle Revolution] enthüllt, für das was sie war. Und die Frauen verließen die Männer – in Scharen. Die Frauen formten eine autonome Frauenbewegung, eine militante feministische Bewegung, um gegen die sexuellen Grausamkeiten, die sie erfahren mussten, anzukämpfen und um für die sexuelle Gerechtigkeit, die ihnen verwehrt worden war, zu kämpfen.

Aus ihren eigenen Erfahrungen […] fanden die Frauen ihre erste Prämisse für ihre politische Bewegung: Dass die Freiheit für eine Frau von ihrer absoluten Kontrolle über ihren eigenen Körper in Bezug auf Sex und Reproduktion abhängig ist, und nicht ohne diese existieren kann. Dies beinhaltete nicht nur das Recht eine Schwangerschaft zu terminieren, sondern auch das Recht keinen Sex zu haben, nein zu sagen, nicht gefickt zu werden. Für Frauen führte dies zu vielen […] sexueller Entdeckungen, auch über die Natur und Politik ihre eigenen sexuellen Begierde, aber für Männer handelte es sich dabei um eine Einbahnstraße – viele von ihnen erkannten Feminismus niemals außerhalb ihres eigenen sexuellen Verlustes an; Feministinnen nahmen ihnen den einfachen Fick weg. Sie taten alles um der feministischen Bewegung das Rückgrat zu brechen – und in Wahrheit haben sie damit bis heute nicht aufgehört. Besonders bedeutend war dabei die Veränderung in Bezug auf die politische Positionierung gegenüber Abtreibung. Das Recht auf Abtreibung, definiert als intrinsischer Teil der sexuellen Befreiung war für sie essentiell gewesen […] Das Recht auf Abtreibung, definiert als intrinsischer Teil des Rechts der Frau auf Kontrolle über ihren Körper, auch in Bezug auf Sex, war eine Angelegenheit von höchster Indifferenz.

Die materiellen Ressourcen wurden eingefroren. Feministinnen kämpften den Kampf für entkriminalisierte Abtreibung […] auf der Straße und in den Gerichtssälen mit schwindender männlicher Unterstützung. 1973 gab der Supreme Court Frauen die legalisierte Abtreibung: Abtreibung, die vom Staat reguliert wird.

Wenn bis 1973 die linken Männer noch eine heftige Indifferenz gegenüber Abtreibungsrechten zu feministischen Bedingungen an den Tag gelegt hatten, schwang diese Gleichgültigkeit nach 1973 in offene Feindseligkeit um: Feministinnen hatten jetzt das Recht auf Abtreibung und sagten immer noch nein – nein zu Sex zu männlichen Bedingungen und zu einer Politik, die von diesen Männern dominiert wurde. Legalisierte Abtreibung machte diese Frauen nicht verfügbarer für Sex; im Gegenteil gewann die Frauenbewegung an Größe und Bedeutung und das männliche sexuelle Privileg wurde immer intensiver  in Frage gestellt, mit immer größerer Leidenschaft und immer größerem Ehrgeiz. Die linken Männer wandten sich vom politischen Aktivismus ab: ohne das einfache Flachlegen, waren sie nicht in der Lage sich für radikale Politik einzusetzen. In der Therapie entdeckten sie, dass […] sie Trauma im Mutterleib erfahren haben. Fetale Psychologie […] entwickelte sich auf der therapeutischen Linken (dem Nachlass der männlichen gegenkulturellen Linken), noch bevor irgendein rechter Minister oder Gesetzgeber jemals auf die Idee gekommen ist, sich politisch für fertilisierte Eizellen als Personen unter dem Schutz des Fourteenth Amendment einzusetzen […]. Auf der gewaltfreien Linken wurde Abtreibung zunehmend als Mord angesehen […] „Abtreibung ist die heimische Seite des nuklearen Rüstungswettkampfs“, schrieb ein männlicher Pazifist im Jahr 1980 […] Ohne einfachen Fick hatten sich die Dinge auf der Linken offensichtlich geändert.

Die Demokratische Partei, das Heim des linken Establishments, […] hat die Abtreibungsrechte schon 1972 aufgegeben, als George McGovern, der gegen Richard Nixon kandidierte, sich weigerte sich zu Abtreibung zu bekennen […] Als 1976 durch den Hyde Amendment die Medicaid-Finanzierung für Abtreibungen gestrichen wurde, fand dies Jesse Jacksons Unterstützung […]. Gerichtliche Auseinandersetzungen verzögerten die Implementierung, aber Jimmy Carter, der mithilfe von feministischen und linken Gruppen in die Demokratische Partei gewählt worden war, hatte seinen Mann Joseph A. Califano, Jr., den Kopf des Deparment of Health, Education und Welfare, der die Bundesfinanzierung für Abtreibung via administrativem Befehl blockierte. […]

Die männliche Linke wandte sich von Abtreibungsrechten aus besonders furchtbaren Gründen ab: Die Jungs wurden nicht flachgelegt; es herrschte Bitterkeit und Ärger gegenüber den Feministinnen, weil sie eine Bewegung zum Erliegen brachten (indem sie sich ihr entzogen), die sowohl Macht als auch Sex für Männer bedeutete; und es gab auch diese bekannte, kaltschnäuzige Gleichgültigkeit des sexuellen Ausbeuters – wenn er sie nicht ficken konnte, dann war sie nicht real.

Die Hoffnung der männlichen Linken ist es, dass der Verlust der Abtreibungsrechte Frauen wieder ihrem Rang zuführt – oder auch die Angst davor. Und die männliche Linke hat alles was ihnen möglich war für diesen Verlust getan. Die Linke hat ein Vakuum geschaffen, dass die Rechte sich anschickt zu füllen. […] Aber die Linke hat nicht nur mit Abwesenheit geglänzt, sondern war auch präsent, außer sich darüber, dass Frauen ihre eigenen Körper kontrollieren, außer sich darüber, dass sie sich gegen sexuelle Ausbeutung organisieren, was per Definitionem meint, dass Frauen sich gegen die sexuellen Werte der Linken organisieren. Wenn die feministischen Frauen ihre Abtreibungsrechte verloren haben, dann werden sie von den Linken Männern zurückerwartet – um um Hilfe zu betteln […], bereit einen Deal zu schließen, bereit ihre Beine wieder zu spreizen. Auf der Linken werden Frauen Abtreibung zu männlichen Bedingungen erhalten, als Teil der sexuellen Befreiung, oder Frauen werden keine Abtreibung haben, oder nur mit Todesrisiko.

Und die Jungs der 60er sind auch erwachsenen geworden. Sie sind älter geworden. Sie sind nun Männer im Leben, nicht nur im Fick. Sie wollen Babies. Obligatorische Schwangerschaft ist fast der einzige Weg, der sicher stellt, dass sie sie bekommen. […]

Die Mädels der gegenkulturellen Linken lagen falsch: nicht über BürgerInnenrechte, den Vietnamkrieg oder das imperialistische Amerika, aber über Sex und Männer. Es ist fair zu sagen, dass das Schweigen der Mütter ein reales, toughes und unsentimentales Wissen über Männer und Geschlechtsverkehr versteckte, und dass die laute Sexualität der Töchter romantische Ignoranz verdeckte.

Die Zeiten haben sich geändert. Das Schweigen wurde erschüttert – bzw. Teile des Schweigens wurden erschüttert. Rechte Frauen verteidigen die traditionelle Familie öffentlich; sie sind laut und sie sind zahlreich. Sie sind besonders laut über legale Abtreibung, die sie verabscheuen; und was sie über legale Abtreibung zu sagen haben, steht in Verbindung zu dem, was sie über Sex wissen. […] Die 60er Jahre sind nicht spurlos an ihnen vorbeigezogen. Sie haben von dem, was sie gesehen haben, gelernt. Sie sahen die zynische männliche Benutzung von Abtreibung um Frauen zu leichteren Ficks zu machen – zunächst die politische Nutzung des Themas, und dann, nach der Legalisierung, die tatsächliche Benutzung der medizinischen Prozedur. Als Abtreibung legal geworden war, sahen sie eine massive soziale Bewegung um den sexuellen Zugriff auf Frauen zu männlichen Bedingungen zu sichern – die Schwemme an Pornographie; und in der Tat verknüpfen sie die beiden Themen, und sie tun dies nicht aufgrund von Hysterie. Abtreibung, so sagen sie, floriert in einer pornographischen Gesellschaft. Pornographie, sagen sie, floriert in dem, was sie Abtreibungsgesellschaft nennen. Was sie meinen ist, dass beides Frauen zum Fick degradiert. Sie haben gesehen, dass die Linke sich für Frauen nur zu ihren eigenen sexuellen Bedingungen einsetzt – als Ficks; Sie finden das rechte Angebot ein klein wenig generöser. Sie sind nicht geblendet von dem Versprechen der Abtreibung als Wahlmöglichkeit, als sexuelle Selbstbestimmung, als weibliche Kontrolle über den eigenen Körper, weil sie wissen, dass dieses Versprechen Unsinn ist; so lange Männer Macht über Frauen haben, werden Männer Abtreibung nur zu ihren Bedingungen erlauben.

Rechte Frauen sehen in Promiskuität, die legale Abtreibung vereinfacht, die Generalisierung von Zwang. Sie sehen Zwang in der Ehe als essentiell eindämmbar – eingedämmt in der Ehe, limitiert auf einen Mann zur gleichen Zeit. Sie versuchen mit ihm „klarzukommen“. Sie sehen diese Limitierung – ein Mann zur gleichen Zeit – als notwendigen Schutz vor den vielen Männern, die das Gleiche tun würden und für die sie zu sexual-liberalen Bedingungen verfügbar sein müssten, Bedingungen […] die durch Abtreibungsrechte möglich gemacht wurden. Mit diesem ganzen öffentlichen Gerede führen sie die traditionelle Stille von Frauen über Zwang in der Ehe fort: aber alles was sie tun beruht auf ihrem Wissen darüber, und sie sehen nicht, wie mehr Zwang besser sein sollte als weniger Zwang – und mehr Männer bedeutet mehr Zwang gegenüber ihnen.

Rechte Frauen beschuldigen Feministinnen der Doppelmoral und der Grausamkeit weil sie für legale Abtreibung eintreten, weil, ihrer Meinung nach, legale Abtreibung sie zu verfügbaren Ficks macht, ohne Konsequenzen für die Männer. In ihrer Sicht, ist Schwangerschaft die einzige Konsequenz des Sex, die Männer dafür zur Verantwortung zieht, was Männer Frauen antun. Dieser Zwangsläufigkeit beraubt, werden Frauen ihrem überzeugendsten Argument, nein zu Geschlechtsverkehr zu sagen, beraubt.  Die Ablehnung von Empfängnisverhütung beruht auf dem gleichen Prinzip.

Rechte Frauen haben den Zynismus der Linken bei der Benutzung von Abtreibung um Frauen sexuell verfügbar zu machen gesehen, und sie haben ebenfalls gesehen, wie die Linke Frauen fallen ließ, die nein sagten. Sie wissen, dass Männer keine Prinzipien oder politischen Agenden haben, die nicht kongruent sind mit dem Sex, den sie wollen.  […] Sie wissen, dass jede Frau versucht, den für sich besten Deal zu machen. Sie stellen sich der Realität und was sie sehen, ist, dass Frauen gefickt werden, egal ob sie wollen oder nicht. Rechte Frauen werden von weniger Männern gefickt; Offene Abtreibung nimmt Frauen die Schwangerschaft als soziale und sexuelle Kontrolle über Männer; sobald eine Frau Schwangerschaft einfach und offen und ohne Todesrisiko planen kann, wird sie ihrer besten Möglichkeit nein zu sagen entledigt […]. Die Konsequenzen einer Schwangerschaft könnten ihn abhalten […] Die rechte Frau macht den aus ihrer Sicht besten Deal. Ihr Deal verspricht, dass sie nur von ihm gefickt werden muss, und nicht von all seinen Kumpels auch noch; dass er für die Kinder bezahlen wird; dass sie in seinem Haus auf seinem Einkommen leben kann; und sie lächelt und sagt, dass sie eine Mami sein will und Hausfrau spielen will.  […]

Andrea Dworkin: Widerstand

Andrea Dworkin

By Open Media Ltd. (Uploaded by Open Media Ltd. (AnOpenMedium)) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Auszüge aus einer Rede, gehalten am 8. April 1987 an der New York University Law School, veröffentlicht im Sammelband “The Sexual Liberals and The Attack on Feminism“, herausgegeben von Dorchen Leidholdt und Janice G. Raymond im Jahr 1990. Vollständiger Text „Resistance, Andrea Dworkin“ (auf englisch) auf radfem.org.

Es hat sich wirklich so angefühlt, dass die Pornographen gewinnen würden. Und was so eigenartig dabei ist, ist, dass sie zum ersten Mal Angst haben. Und sie haben allen Grund dazu, denn wir haben ihr Geschäft gestört. Sie haben niemals geglaubt, dass wir das könnten. Sie sind die Kaiser des Profits und der Schmerzen. Sie sind unantastbar.

Ganz am Anfang, als die Frauenbewegung damit anfing die Pornoindustrie ins Visier zu nehmen, haben die Leute gesagt: „Es ist sinnlos. Es ist hoffnungslos. Gegen die kommt man nicht an. Es gibt’s nichts was wir ausrichten können.“ Ihre Macht schien so  unermesslich, weil ihr Geld unermesslich ist. Die Tatsache, dass die Medien ihnen gehören, machte sie zu einem respekteinflößenden Feind. Wir hatten nicht viel …

Wir nahmen unsere ziemlich zerlumpten kleinen Schilder und marschierten 10.000 Meilen im Kreis. Wir waren müde und tot und besiegt, und wir sagten „Wir erreichen nichts.“ Und am nächsten Tag gingen wir wieder raus, und marschierten weitere 10.000 Meilen, irgendwo in einem anderen Kreis. Überall in diesem Land, in den Städten und Dörfern, überall, waren Frauen Aktivistinnen gegen die Pornographie.

Die Medien haben davon niemals etwas berichtet. Eine ganze Menge von Leuten hat sich nicht dafür interessiert. Aber Feminismus lebte … und wir benutzten Pornographie um uns ein sehr anspruchsvolles, neues Verständnis von der Realität der sexuellen Gewalt anzueignen: Wie die verschiedenen Formen zusammenhängen um uns weh zu tun, uns unten zu halten und uns in Gebrauchsgegenstände zu verwandeln.

In Minneapolis haben wir ein Gesetz entwickelt, und plötzlich verstanden die Pornographen, dass wir ihnen ihr Geld nehmen wollten. Diese merkwürdigen kleinen Frauen liefen nicht mehr nur noch im Kreis und machten sich selbst schwindelig, sondern wir dachten tatsächlich, dass wir in diesen Gerichtssaal gehen und sagen würden: „Wir schlachten eure Sparschweine, wir nehmen euer ganzen Geld und verwenden es für Frauen. Genau das werden wir machen.“

Ihre Reaktion … war spektakulär. Und sie war nicht spektakulär weil sie dachten, dass dieses Gesetz nicht funktionieren würde. Ihr Ärger, ihre Feindseligkeit, ihre Frustration, ihre Aggression, kamen zustande, weil sie uns ernst nahmen, als eine politische Präsenz, die ihnen schaden kann.

Und, schrecklicherweise, genau in dem Moment, verlor die Frauenbewegung den Boden unter ihren Füßen. Alle wurden zu Feiglingen und rannten. Wir versuchen ihnen das nicht zu sagen. …

Aber die Wahrheit ist, dass der Wille sie zu besiegen aus der Mode gekommen ist, denn sie zu zerstören sei schlecht, denn sie zu zerstören sei Zensur. Und wenn der kleine Bob Guccione sagen will, was er sagen will – auch wenn er Frauenkörper braucht um das zu sagen – dann sei das Land ärmer an Ideen, an politischer Freiheit – unserer politische Freiheit, so sagt man uns. …

Und der Horror ist, dass Frauen dem auf den Leim gegangen sind, dass Frauen dem Glauben schenken, dass Frauen eingeschüchtert wurden, dass Frauen zum Schweigen gebracht wurden, mit der Verteidigung des First Amendment [erster Artikel der US-amerikanischen Verfassung], welcher nicht mal für uns gilt. …

Ich glaube, dass es in diesem System nicht überraschend ist, dass Frauen gelernt haben die Machtlosigkeit zu erotisieren. Es ist eine Tragödie, aber es ist keine Überraschung. …

Ich weiß nicht, warum wir nicht denken, dass wir ein Recht auf Existenz haben, einfach nur zu existieren. Die Pornographen können sich sicher fühlen, wenn sie die Straße entlang laufen. Ich weiß nicht, warum die Läden, die Pornographie verkaufen, sich Tag für Tag sicher fühlen können. Ich fühle mich nicht sicher, aber die schon. Die sorgen sich um nichts und niemanden. Wir könnten so viel tun, aber wir tun nichts.

Deshalb bitte ich euch, bitte ich euch inständig, um einen konsistenten und militanten Aktivismus gegen jene Institutionen und Systeme der Ausbeutung, die Frauen Leid zufügen. Ich bitte euch in der Pornographie, die primäre Institution, die das tut, zu sehen. Aber wo auch immer ihr euch einbringen wollte, euer Herz, euren Geist und eure Körper im Kampf für die Befreiung der Frau einsetzen wollt, müsst ihr anderen davon erzählen, müsst ihr es anderen zeigen. Ihr könnt das nicht in eurem Kopf behalten und ein gutes Herz beweisen. Ihr müsst  den Willen dazu haben ein wenig heroisch zu sein, und den Gegenwind zu ertragen, der kommen wird wenn ihr das seid, und die Bestrafungen akzeptieren – ihr werdet so oder so dafür bestraft eine Frau zu sein, euch wird so oder so Leid zugefügt werden.

Der Unterschied ist, dass wenn ihr politisch aktiv werdet, dann werden sie euren Namen lernen, wie viele von euch wissen. Und dann werden sie sagen: „Schnapp sie dir. Nimm sie. Schnapp dir die da.  Stell sie sicher.“ Sie schreiben deinen Namen auf. Sie verstehen. Sie haben eine Liste von Prioritäten. Und wenn sie deinen Namen kennen, dann stehst du ganz oben auf dieser Liste, und nicht an deren Ende. Und damit riskierst du was, denn du wirst mehr bestraft als andere.

Ich bitte euch, dass wir nicht vergessen, was wir in den letzten 15 Jahren gewonnen haben, einen Versuch sexuelle Gewalt zu verstehen, einen Versuch zu verstehen, wie sexuelle Gewalt in dieser Gesellschaft zur Norm wird, jeden Versuch, den wir unternommen haben jene Leute zu bekämpfen, die uns ganz bewusst Leid zufügen wollen. Darüber gibt es keine Unklarheit. Sie lügen darüber nicht. Sie wollen einfach nur nicht, dass ihr euch darüber Gedanken macht, oder etwas dagegen tut, oder denkt ihr könntet etwas dagegen tun.

Wir haben gewaltige Fortschritte gemacht. Wenn es keine Frauenbewegung gibt – keinen echten, politischen, organisierten Widerstand, aktiv und militant – dann werden wir keine weiteren Fortschritte machen. … Ich bitte euch darum euren Kampf neu zu beleben, gegen Frauenhass, gegen sexuelle Gewalt gegen Frauen – und nicht ein Teil der Frauenbewegung zu sein, die als Schutzschild dient für all die sexuellen Praktiken, die Frauen ganz klar Leid zufügen.

Evelina Giobbe: Den liberalen Lügen über Prostitution entgegentreten

Evelina Giobbe - Foto: Privat

Auszüge aus einem Text, veröffentlicht im Sammelband “The Sexual Liberals and The Attack on Feminism“, herausgegeben von Dorchen Leidholdt und Janice G. Raymond im Jahr 1990. Vollständiger Text „Confronting the Liberal Lies About Prostitution“ (auf englisch) auf radfem.org

WHISPER  (Women Hurt In Systems Of Prostitution Engaged In Revolt) ist eine nationale Organisation von Frauen, die die Sexindustrie überlebt haben. … Wir haben dieses Akronym gewählt, weil Frauen im System der Prostitution untereinander über den Zwang, die Erniedrigung, die sexuellen Misshandlungen und die Gewalt auf denen die Prostitution gründet, flüstern, während die Mythen über die Prostitution in der Pornographie und den Mainstream-Medien geradezu herausgeschrien werden – und das von selbsternannten „ExpertInnen“. Diese Mythologie (…) wird illustriert durch die Ideologie der Sexualliberalen, die fälschlicherweise behaupten, dass Prostitution eine Wahl sei; dass Prostitution der Inbegriff der sexuellen Befreiung der Frau sei; dass die Prostituierten die sexuellen und ökonomischen Bedingungen ihrer Interaktionen mit Freiern bestimmen würden; dass Zuhälter/Prostituierte für beide Seiten förderliche soziale und Wirtschaftsbeziehungen seien, in die Frauen sich freiwillig begeben würden … .

Die Sexualliberalen haben drei wesentliche Argumente entwickelt, die die zentrale Rolle von Zuhältern bei der Rekrutierung von Mädchen und Frauen in die so genannte freiwillige Prostitution wegerklären sollen: „Der Zuhälter als Manager“; „Der Zuhälter als stigmatisierte Minderheit“; „Der Zuhälter als Liebhaber und Freund“.  Alle drei Modelle machte sich Priscilla Alexander  [die niemals selbst in der Prostitution war] von der NTFP (National Task Force on Prostitution) und COYOTE (Cast Off Your Old Tired Ethics) zu eigen, ebenso  Arlene Carmen und Howard Moody, die dies von der Kanzel der Judson Memorial Church predigten und in ihrem Buch „Working Women: The Subterranean World of Street Prostitution“ (1985) vertraten. Da deren kollektiven Ansichten repräsentativ für die Förderung von und Entschuldigung für die kommerzielle sexuelle Ausbeutung von Frauen in der Pornographie und Pornographie sind, möchte ich mich damit befassen.

… Zunächst müssen wir uns den Mythos anschauen, nach dem Prostitution einfach ein Job wie jeder andere sei. Wenn es nach den Sexualliberalen geht, dann ist „Prostitution eine traditionelle weibliche Beschäftigung, die alltäglich auftritt und bei der biologisches Verlangen und ökonomische Bedürfnisse sich treffen“. Genauso doppelzüngig empfehlen sie uns es als „Akt, der in erster Linie persönlich und intim ist“ zu sehen und gleichzeitig „eine der letzte Bastionen des kleinen, selbstständigen, wirtschaftsliberalen Kapitalismus“ (Carmen / Moody, 1985). Die Tatsache, dass Prostitution die Objektifizierung des weiblichen Körpers, der auf dem Markt verkauft wird, voraussetzt, entzieht sie dem persönlichen Bereich. Vielmehr haben Überlebende den Akt der Prostitution als „ekelhaft“, „missbräuchlich“ und „wie Vergewaltigung“ beschrieben, und erklärt, dass sie lernen mussten ihren Geist von ihren Körpern abzutrennen oder Drogen und Alkohol konsumieren mussten, um ihre physischen und emotionalen Schmerzen zu  betäuben (WHISPER 1988). Dementsprechend wäre es richtiger Prostitution als zudringlich, ungewollt und oftmals offen gewalttätigen Sex zu sehen, den Frauen aushalten, statt es als „persönlichen und intimen Akt“ zu betrachten.

…Die Sexualliberalen (…) ignorieren, dass Prostitutionsüberlebende wiederholt gesagt haben (…), dass sie Prostitution nicht als Beruf betrachten. (…) Außerdem berücksichtigt diese Analyse nicht die soziale Funktion der Prostitution: das Recht auf bedingungslosen sexuellen Zugriff auf Frauen und Mädchen auf alle Männer auszuweiten, zusätzlich zu den Privilegien, die Ehemänner und Väter innerhalb der Institution der Ehe genießen. Diese Dynamiken werden von den Frauen, die im System der Prostitution benutzt werden verstanden, (…) so äußerte eine Überlebende (…) : „Ich habe gedacht, dass Frauen auf dieser Erde seien um das sexuelle Vergnügen der Männer sicherzustellen, im Tausch gegen ein Dach über dem Kopf und Essen in deinem Magen.“

Manche Sexualliberalen rechtfertigen Prostitution als eine altruistische Kreation von Women of Color:  „Prostitution ist schwarzen Frauen nicht fremd“, schreiben Carmen und Moody. „In den 1920er und 1930er Jahren gab es in jeder südlichen Stadt einen Rotlichtbezirk gegenüber dem schwarzen Ghetto, in dem junge weiße Jungs ihre Männlichkeit mit Hilfe einer „Zwei-Dollar-Hure“ entdeckten. (…) Prostituierte (…) haben Weiße und Schwarze lange vor der Bürgerrechtsbewegung integriert“ Erstaunlicherweise betrachten Carmen und Moody den Kauf und Verkauf von „schwarzen“ Frauen durch weiße Männer und ihre Söhne als Vorhut der Aufhebung der Rassentrennung. (…)

Eine WoC, die Prostitution überlebt hat, dazu:

„Sie haben [in der Stahlindustrie von Indiana] Männer angestellt. Alle Männer bekamen Jobs in den Stahlfabriken dort; jedoch nur wenige Frauen. Du musstest wirklich süss sein oder jemanden kennen, also gab es keine Jobs auf dem Feld, keine Jobs in den Büros, es sei denn du kanntest jemanden; aber es gab jede Menge Jobs für dich in den Stripclubs, als Tänzerin oder in den Restaurants und Bars vor den Fabriken, für wenn die Jungs reinkamen.“

Rassistische Stereotype von WoC in der Pornographie und rassistische Politiken, die pornographische Buchläden, Peep Shows, Oben-Ohne-Bars und Prostitution in die armen Nachbarschaften der Schwarzen und ethnischen Minderheiten legen, erschaffen eine Umgebung, in der WoC besonders verletzlich sind. (…)

Die Rolle des Rassismus bei der Rekrutierung von Frauen in das System der Prostitution und als Hindernis für ihr Entkommen daraus, ist komplex und facettenreich. …

„Prostitution beinhaltet eine Gleichung von Sex und Macht“, sagt COYOTE. Aber statt die Macht der Zuhälter und Freier über Frauen, die in der Prostitution benutzt werden, halten anzuerkennen, behauptet COYOTE ein gegensätzliches Arrangement: „Für die Frau / Prostituierte, besteht die Macht  in der Möglichkeit ihre Bedingungen für Sexualität zu bestimmen, sowie eine Bezahlung für ihre Zeit und Fähigkeiten zu verlangen“ (Priscilla Alexander) Den Feminismus grob entstellend,  behaupten Carmen und Moody: „In einer Gesellschaft, in der Frauen an der Schwelle zur Gleichheit mit Männern stehen, und den Sex nicht nur zu genießen beginnen, sondern auch entscheiden wann und mit wem sie ihn haben, wird die Prostituierte die Verkörperung der Freiheit, die bisher nur eine Fantasie war“. Sie erweitern ihre Unterstützung des männlichen sexuellen Imperativs zum Maß der sexuellen Freiheit von Frauen jedoch, wenn sie die vordergründige Funktion der Prostituierten beschreiben als „(…) sich für Bezahlung der sexuellen Fantasien unserer Brüder, Väter und Söhne ergeben“. (…)

Tatsächlich wird die Ausbeutung durch Zuhälter von Alexander umdefiniert in eine „Arbeitgeber-Arbeitnehmer Beziehung, in der mehrere Prostituierte einen Teil oder ihre ganzen Einnahmen einem Dritten übergeben“. (…)

In einem Versuch Stroh in Gold zu verwandeln, spinnen die Sexualliberalen sich eine Argumentation zur Verteidigung der Prostitution, die auf falschen Annahmen und regelrechten Lügen beruht. Sie behaupten Prostitution sei sowohl eine Manifestation der sexuellen Freiheit der Frauen und von Geschlechtergleichheit. Sie behaupten Frauen würden Prostitution als Beruf wählen. Sie behaupten, dass Frauen sowohl die sexuellen als auch die finanziellen Interaktionen zwischen sich und den Freiern bestimmen würden. Sie behaupten Zuhälter seien kleine Geschäftsführer, die man durch Gewerkschaftsverhandlungen zur Verantwortung ziehen kann und sollte.

Bei der Auswertung der Daten, die im WHISPER Oral History Projekt gesammelt wurden, haben sich kulturell unterstützte Taktiken von Macht und Kontrolle herausgestellt, die die Rekrutierung oder den Zwang von Frauen und Kindern in die Prostitution befördern und effektiv ihren Ausstieg verhindern. These Taktiken beinhalten sexuelle Gewalt im Kindesalter, Vergewaltigung, häusliche Gewalt,  Mangel an Bildung, Diskriminierung am Arbeitsplatz, Armut, Rassismus, Klassismus, Sexismus, Heterosexismus und ungleiche Durchsetzung des Gesetzes. Dieselben Taktiken werden von einzelnen Männern verwendet um Frauen in missbräuchlichen Beziehungen außerhalb der Prostitution zu halten.

90% der Frauen, die am Oral History Projekt von WHISPER teilnahmen berichteten von einem ungeheuren Maß an erlebter physischer und sexueller Gewalt in ihrer Kindheit. 90% waren in ihren Familien geschlagen worden. 74% haben zwischen ihrem 3. und 14. Lebensjahr sexuelle Gewalt erfahren. In dieser Gruppe haben 57% wiederholt sexuelle Gewalt über einen Zeitraum von fünf Jahren erfahren. 43% wurden von zwei oder drei Tätern viktimisiert; 93% wurden von einem Familienmitglied sexueller Gewalt ausgesetzt. Zusätzlich wurden 50% aus dieser Gruppe von einem Nicht-Familienmitglied sexueller Gewalt ausgesetzt.  (…)

Carmen und Moody versuchen die Zuhälter freizusprechen, indem sie ein pseudo-psychologisches Profil dieser Männer erstellen. Was wirklich wichtig sei, schreiben sie, sei „das Selbstbild dieses Mannes, die Art und Weise wie er sich selbst wahrnimmt in seiner Beziehung zur Prostituierten. (…) Er sieht sich nicht als Sklavenhalter von Frauen; Er sieht sich eher als ein Geschäftsmann. (…) Er führt einen kleinen Betrieb.“ Und wenn wir weiterlesen, dann lernen wir, dass in diesem Betrieb „er sich normalerweise entscheidet die Frauen eher mit Sach- und Dienstleistungen zu bezahlen, statt mit Geld.“  Dies ist äquivalent dazu eine Analyse von sexueller Gewalt zu konstruieren, indem man den Sexualstraftäter fragt wie er sich selbst in Relation zu seinem Opfer sieht: Er wird sich selbst nicht als Vergewaltiger sehen, sondern er wird sich eher als ein Liebhaber betrachten.

Carmen und Moody schreiben über den Blick der Gesellschaft auf den Zuhälter: „Der Zuhälter als eine Kategorie Mensch erleidet das gleiche Schicksal wie andere Mitglieder von devianten und Minderheits-Subkulturen.“ (…) Sie fahren fort mit dem was sie als die wahre Erniedrigung durch die Sklaverei empfinden: „Weiße Meister haben schwarze Männer sozial kastriert, indem sie ihnen nicht erlaubten einem eigenen Haushalt vorzustehen, und ihnen den Zugriff auf weiße Frauen verwehrt haben.“ Für Carmen und Moody ist die zeitgenössische Zuhälterei durch schwarze Männer eine Korrektur einer historischen Ungerechtigkeit: „Der schwarze Zuhälter hat die Geschichte umgekehrt“, erklären sie. „Er dominiert schwarze und weiße Frauen [und hat] so den weißen Mann erniedrigt, indem er ihn dafür zahlen lässt für das, was weiße Frauen dem schwarzen Mann freigiebig geben.“

Das rassistische Paradigma (…) lenkt die Aufmerksamkeit von dem organisierten Handel mit Frauen durch weiße Geschäftsmänner in Amerika – den Bordellbetreibern in Nevada; Betreibern von Massagesalons und Escort-Services in den ganzen Vereinigten Staaten; Besitzern und Geschäftsführern von Bars, Nachtclubs und „Tanzstudios“, in denen Prostitution gefördert wird; Betreibern von „Mail Order Bride“-Agenturen; von organisierten, kriminellen Netzwerken, die im geheimen Einverständnis mit amerikanischen GI`s betrügerisch asiatische Frauen in dieses Land handeln und sie in Massagesalons einsperren; von den Pornographen und den Betreibern der „Peep Shows“ und „Live Sex Shows“; und von den linken, selbsternannten Revolutionären, die ihre weiblichen Genossinnen in den 1960er und 1970er Jahren „rausgeworfen“ haben. (…)

Die Familie dient als Übungslager für die Prostitution. Es ist im Interesse der Sexualliberalen, die meisten von ihnen Ehemänner und/oder Väter, diese Institution intakt zu halten. Sie schützen sie durch die Erzwingung von Gesetzen der Privatsphäre, die den Mann vorm Eingriff in seine absolute Autorität zu Hause schützen – ebenso wie diese Gesetze ihr Recht schützen Frauen durch die Pornographie öffentlich zu handeln.

In einem Versuch den Männern jegliche Verantwortung für den Handel mit Frauen abzusprechen, argumentieren Carmen und Moody, dass es „ein Mythos [ist], dass der Zuhälter der vorrangige Grund ist warum Frauen sich in diesem Leben befinden.“ Sie behaupten für die Prostituierten zu sprechen, wenn sie sagen: „(…) die Frauen wählen sehr viel häufiger als nicht den Mann mit dem sie sein wollen und dem sie ihr Geld geben) …. )Frauen verlassen den einen Zuhälter für einen anderen.“ (…) Alexander geht so weit, dass sie behauptet, dass „junge Mädchen (Ausreißerinnen) vorsätzlich in die großen Städte gehen um Zuhälter zu finden….“. (…)

Carmen und Moody beschreiben den Zuhälter als gütig. Sie schreiben: „Der Zuhälter spielt eine vielfältige Rolle (…) in Bezug auf seine Frauen: (…) als Vater, der seine eigensinnige Tochter erzieht … [als] Bruder … [als] Liebhaber. Die vielleicht wichtigste Rolle ist vermutlich, die (…) wenn er den Ehemann mimt:“ Sie behaupten: „Er ist begehrenswert, weil sie glaubt, dass er ein guter Versorger ist, der ihr die Dinge gibt, die sie braucht (…) und das was sie begehrt (…)  und er ihr das ultimative Geschenk machen wird – und sie sei Kind gebären lässt.“ Sie schieben die Schuld auf die Frauen, wenn sie sagen: „In der Subkultur der Prostitution ist der Mann immer noch der König auf einem Berg, während die Frau eine unterwürfige Dienerin ist, wenngleich auch zum größten Teil eine willige.“

Was Carmen und Moody hier beschreiben ist die traditionelle, patriarchale Familie, und indem sie das getan haben, haben sie unbewusst die Wahrheit über Prostitution entlarvt. Prostitution wird zu Hause gelehrt, sozial validiert durch die sexualliberale Ideologie und sowohl durch die Kirche und den Staat durchgesetzt. Das sind sozusagen die männlichen Hierarchien sowohl der konservativen Rechten und der liberalen Linken die hier zusammenwirken und Frauen Prostitution lehren und sie darin halten: die Rechte, indem sie fordert, dass Frauen sozial und sexuell dem  einen Mann in der Ehe untergeordnet sein sollen, und die Linke, indem sie fordert, dass Frauen sozial und sexuell allen Männern durch die Prostitution und die Pornographie untergeordnet sein sollen. Das gemeinsame Ziel ist es ihre Macht zu erhalten Frauen zu besitzen und zu kontrollieren, sowohl in der privaten als auch der öffentlichen Sphäre.

Prostitution ist nicht wie irgendetwas anderes. Vielmehr ist alles andere wie Prostitution, denn sie ist das Modell für die Lage der Frau. Die Trennlinie zwischen der Ehefrau und der Prostituierten – Madonna und Hure – verschwimmt zunehmend, beginnend mit den Versuchen der Frauen sich selbst aus dieser Doppelmoral zu befreien, die enttäuscht wurden durch die Übernahme und Forcierung der „Playboy Philosophie“ durch die liberale Linke.  Dies resultierte in der Ersetzung der Doppelmoral durch einen einzigen männlichen Standard, in dem sexuelle Befreiung ein Synonym für die männliche, sexuelle Objektifizierung von und den bedingungslosen sexuellen Zugriff auf Frauen wurde. Mit dem Eindringen der pornographischen Kabelprogramme und Videokassetten ins eigene Heim wird die „gute Ehefrau“ zunehmend gleichgesetzt mit der „guten Hure“, da immer mehr Frauen gedrängt werden die Szenen aus der Pornographie nachzuahmen. In diesem Kontext wird die Ehefrau bedrängt, verführt und/oder gezwungen die Rolle der Prostituierten zu übernehmen, während der Ehemann die Rolle des Freiers einnimmt. Wettbewerbe von Pornographen, wie Hustler (…) und High Society (…) haben zu einer starken Zunahme von Heim-Pornos geführt. In dieser Situation wird die Frau dazu verpflichtet sich in die Rolle der „Pornoqueen“ zu versetzen, während der Ehemann die Rolle des Pornographen übernimmt. Die Zunahme der „Swinger-Magazine“ und „Frauentausch-Clubs“ ermöglicht Männern sich gleichzeitig in die Rolle des Freiers und Zuhälters zu begeben, indem sie für die Benutzung der Partnerin des einen Mannes zahlen, und im Austausch ihre Ehefrau verfügbar für andere machen.  Die letzte Barriere der Trennung der Rolle von Ehefrau und Prostituierten wird eingerissen, wenn Männer sexuelle Begegnungen mit Prostituierten, die ihre Ehefrauen mit einbeziehen, arrangieren. Eine Prostitutionsüberlebende beschreibt die Dynamiken einer solchen Erfahrung:

„Viele Männer haben es genossen mich mit ihren Ehefrauen als dritte Person einzubringen. Normalerweise endete das damit, dass wir einen Porno anschauten und er dann sagen würde: „Ok, ich möchte, dass du das jetzt mit meiner Frau machst.“ Bei diesen Begebenheiten habe ich die Frau als Opfer empfunden, und dass meine Aufgabe darin bestand ihr weh zu tun. Ich habe ein echtes Machtspiel gespürt, bei dem der Mann seiner Frau offensichtlich sagte: „Wenn du das nicht machst, dann werde ich dich verlassen.“  Da gab es viele Zwischentöne, die für Manipulation und Zwang sprachen.“

Auf jede dieser Weisen symbolisiert Prostitution den Wert der Frauen in der Gesellschaft. Sie ist paradigmatisch für die soziale, sexuelle und ökonomische Unterordnung insofern, dass ihr Status die Basis ist, an dem der Wert aller Frauen gemessen ist, und auf den alle Frauen reduziert werden können. Die Bezahlung, die ein Mann bezahlt um die am meisten verachteten Frauen – Prostituierte – zu schädigen  – setzt den Standard nach dem er die Frauen unter seiner Kontrolle behandeln kann – seine Frau und seine Töchter. (…)

Die Rolle der Prostituierten wird Frauen individuell und als Klasse beigebracht durch die soziale Sanktionierung von kommerzieller sexueller Ausbeutung von Frauen durch Pornographen, die unseren Status zweiter Klasse aufrecht erhält und dennoch von den Sexualliberalen als Befreiung der Frau  angepriesen wird. Die vom Oral History Projekt erhobenen Daten widersprechen dem Argument der Sexualliberalen, dass Pornographie eine harmlose Fantasie sei oder sexuell befreiende Unterhaltung, sondern legen stattdessen nahe, dass Pornographie ein wichtiger Faktor ist in Bezug auf die Gewöhnung von Frauen an die Prostitution. 52% der interviewten Frauen enthüllten, dass Pornographie eine bedeutende Rolle dabei spielte ihnen beizubringen was von ihnen als Prostituierte erwartet würde. 30% gaben an, dass ihre Zuhälter sie regelmäßig pornographischem Material aussetzten um ihnen eine Akzeptanz der dargestellten Praktiken zu indoktrinieren. Eine Überlebende erklärte:

„Er hat Pornographie benutzt um mir Rollenbilder vorzugeben … Er sagte Dinge wie „Ich möchte, dass du so aussiehst“.

Vervollständigt wird die Angelegenheit durch die Benutzung von Pornographie durch Freier. 80% der Überlebenden berichteten, dass ihre Kunden ihnen Pornographie gezeigt haben um die sexuellen Aktivitäten zu illustrieren, die ihnen vorschwebten, inklusive Sadomasochismus, Bondage, Analverkehr, Urin und Kot, die Entfernung von Schambehaarung für die Illusion der Pubertät. Diese Information passt zu der Aussage von Prostitutionsüberlebenden in öffentlichen Anhörungen und vor Kommisionen:

„Pornographie war unser Lehrbuch. Wir haben die Tricks des Gewerbes gelernt, in dem Männer uns Pornographie ausgesetzt haben und uns dazu bringen wollten nachzuahmen was wir sahen. Wir können gar nicht genug betonen was für einen großen Einfluss das hatte.“

53% der Interviewten berichteten, dass  ihre Kunden pornographische Bilder schossen, zusätzlich zu den sexuellen Aktivitäten….

Wir, die Frauen von WHISPER, sind der Brutalität der patriarchalen Familie entkommen, nur um uns selbst den Zuhältern, Kupplern und Vermittlern auf Gedeih und Verderb ausgesetzt zu sehen, die eine Milliarden-Dollar-Industrie geschaffen haben, um zu verkaufen, was uns unsere Väter und Ehemänner ursprünglich von uns gestohlen haben. Wir sind hier um die Lüge über Prostitution zu entlarven, dass Prostitution die Antwort auf die soziale, sexuelle und ökonomische Unterordnung der Frau sei. Prostitution ist KEIN „Beruf“.

„Wenn ich auf mein Leben blicke, dann denke ich wie ich in diese Welt kam, als Kind, und erwartete gefüttert zu werden, angezogen zu werden, beschützt zu werden und mit Respekt und Güte behandelt zu werden, wie jedes andere menschliche Wesen … Ich glaube nicht, dass ich mit dem Wunsch auf diese Welt gekommen bin, eine Prostituierte zu sein. Ich denke, das ist etwas, was mir von den Dynamiken der Gesellschaft auferlegt wurde. Etwas, dass mir beigebracht wurde.“

Prostitution ist kein „Verbrechen ohne Opfer“

„Prostitution ist Gewalt gegen Frauen … es ist die schlimmste Form von Gewalt gegen Frauen, denn du wirst von den Freiern misshandelt, von den Zuhältern, und von der Polizei. Die gesamte Gesellschaft kehrt dir den Rücken zu.“

Prostitution ist ein Verbrechen, dass Frauen von Männern angetan wird (…). Es ist nicht weniger als die Kommerzialisierung der sexuellen Gewalt und Ungleichheit, die Frauen in der traditionellen Familie erleiden, und sie kann auch nichts anderes sein.

„Die Gesetze werden von Männern gemacht und Männer wollen Frauen in der Prostitution halten, weil sie sie kontrollieren wollen, also ist das, was Prostitution ändern könnte, sie nicht zu legalisieren, sondern sie zu beenden und zu stoppen, und ich glaube nicht, dass Männer dies tun wollen. Ich denke Frauen müssen das tun.“

Der Abbau der Institution der Prostitution ist die anspruchsvollste Aufgabe für den zeitgenössischen Feminismus.

 

Andrea Dworkin: Rechter und linker Frauenhass

Andrea Dworkin

By Open Media Ltd. (Uploaded by Open Media Ltd. (AnOpenMedium)) [CC BY-SA 3.0], via Wikimedia Commons

Auszüge aus einer Rede, gehalten am 8. April 1987 an der New York University Law School, veröffentlicht im Sammelband “The Sexual Liberals and The Attack on Feminism“, herausgegeben von Dorchen Leidholdt und Janice G. Raymond im Jahr 1990. Vollständiger Text „Woman-Hating Right and Left, Andrea Dworkin“ (auf englisch) auf radfem.org.

Es ist lange her, dass wir zusammengekommen sind, um zu sagen, was wir meinen, was Feminismus ist und warum der Kampf für die Freiheit der Frau so bedeutsam für uns ist, dass wir ihm unser ganzes Leben widmen: nicht drei Stunden am Samstagnachmittag; nicht ein gelegentlicher Brief hier und da; nicht ein empörtes „Oh mein Gott, das meinst du nicht wirklich!“. Wir denken tatsächlich nicht, dass unsere Leben trivial sind. Stellt euch das vor. Und wir denken nicht, dass die Verbrechen, die an uns begangen werden, unbedeutend und klein sind. Das bedeutet, dass wir einen phänomenalen Fortschritt darin gemacht haben zu verstehen, dass wir menschliche Wesen sind, die Rechte haben; dass niemand uns diese Rechte nehmen darf; dass wir geschädigt werden durch eine systematischen Unterordnung von Frauen und dadurch, dass wir systematisch sexueller Gewalt ausgesetzt sind. Wir haben uns politisch organisiert um zurückzuschlagen und die Gesellschaft, in der wir leben, von Grund auf zu verändern.

Ich denke, als Feministinnen schauen wir auf eine Art und Weise auf Probleme, die andere Menschen nicht zu verstehen scheinen. Um Namen zu nennen, die Rechten und die Linken scheinen nicht zu verstehen, was wir Feministinnen zu tun versuchen. Wir versuchen eine Geschlechterhierarchie zu zerstören, eine Rassenhierarchie (race hierarchy), eine ökonomische Hierarchie, in der Frauen geschädigt werden, entmachtet sind und in der die Gesellschaft eine Brutalität an uns zelebriert und uns die körperliche Integrität und unsere Würde verweigert.

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Catharine MacKinnon: Liberalismus und der Tod des Feminismus

No machine-readable author provided. Crunk~commonswiki assumed (based on copyright claims). [Public domain], via Wikimedia Commons"

Auszüge aus einer Rede, gehalten am 8. April 1987 an der New York University Law School, veröffentlicht im Sammelband “The Sexual Liberals and The Attack on Feminism“, herausgegeben von Dorchen Leidholdt und Janice G. Raymond im Jahr 1990. Vollständiger Text „Liberalism and the Death of Feminism, Catharine A. MacKinnon“ (auf englisch) auf radfem.org.

Es gab eine Frauenbewegung, die sozialbasierte Taten, wie Vergewaltigung als männliche Gewalt gegen Frauen kritisierte, und als eine Form von sexuellem Terrorismus.  Sie kritisierte Krieg als männliche Ejakulation. … Wenn diese Bewegung Vergewaltigung kritisierte, dann meinte sie Vergewaltiger und die Ansicht, die Vergewaltigung als Sex betrachtete. Wenn sie Prostitution kritisierte, dann meinte sie die Zuhälter und Freier und die Ansicht, dass Frauen geboren seien um Sex zu verkaufen. Wenn sie Inzest kritisierte, dann meinte sie die, die uns das antaten, und die Ansicht, die unsere  Verletzlichkeit und unser erzwungenes Schweigen sexy fand. Wenn sie Körperverletzung kritisierte, dann meinte sie die Schläger, und die Ansicht, dass Gewalt die Intensität der Liebe ausdrücke. Niemand dachte, dass diese Praktiken zu kritisieren, in irgendeiner Weise jemals ihre Opfer meinte.

Die Bewegung kritisierte auch heilige Konzepte vom Standpunkt der materiellen Existenz der Frauen aus, also unserer Realität, Konzepte wie das der „Choice“ zum Beispiel. Es war eine Bewegung, die wusste, dass wenn die materiellen Bedingungen 99% unserer Optionen vorherbestimmten, es nicht sinnvoll ist für das übrige Prozent von „Wahl“ zu sprechen. Diese Bewegung übernahm Konzepte wie „Choice“ nicht. Denn sie wusste, dass wenn Zwang ein normalisierter Teil von Sex ist, wenn ein Nein als ein Ja betrachtet wird, wenn Angst und Verzweiflung Duldung produzieren und Duldung dann Konsens meint, dass Konsens kein bedeutungsvolles Konzept ist. …

Sie kritisierte auch das Konzept der Freiheit, insbesondere der sexuellen Freiheit, und entpackte und demaskierte dieses als ein Cover für die Freiheit zu misshandeln. Wenn Menschen mit Macht ihre Unterdrückung  von Frauen als Freiheit verteidigten, dann wusste die Bewegung um den Thrill der Macht, den sie damit verteidigen. Diese Bewegung war kritisch gegenüber der Freiheit zu unterdrücken, und keine Bewegung, die Frauen erzählte wir seien frei, wenn wir mehr von dieser Unterdrückung bekämen. …

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#Ausnahmslos ALLE Opfer sexueller Gewalt benennen – #Frauenfrieden jetzt!

Mehr als 400 Unterzeichnerinnen haben heute eine Initiative unter dem Hashtag #Ausnahmslos und einen entsprechenden Aufruf gestartet. Wir begrüßen, dass drei Jahre nach #Aufschrei – endlich – eine längst überfällige, breite Diskussion über alltägliche sexuelle Gewalt in Deutschland,  und über den oft verschwiegenen Zusammenhang mit Sexismus, stattfindet. Jede Aktion, die sexuelle Gewalt zum Thema macht ist wichtig und verdient unsere Anerkennung.  Sexismus mündet in sexuelle Gewalt – wer diese vermeiden will, muss auch Sexismus deutlich kritisieren.

Trotzdem geht uns der Aufruf nicht weit genug. Wer das Übel nicht an der Wurzel packt, betreibt am Ende nur Schadensbegrenzung. Eine notwendige  grundsätzliche gesellschaftliche Veränderung wird auf diesem Wege nicht erreicht.  Das große Ausmaß sexueller und körperlicher Gewalt gegenüber Frauen zeigt uns, dass politische Ziele noch deutlicher sein müssen.

Wir möchten deshalb noch weitergehen und forden Frieden, Freiheit und das Recht auf körperliche und mentale Unversehrtheit  für alle Frauen. Sexuelle Gewalt begegnet uns nicht nur im Alltag, auf öffentlichen Plätzen wie in #Köln in der Silvesternacht, sondern sie ist auch institutionalisiert in Porno und Prostitution. Solange wir hier noch Ausnahmen machen, kann es keinen Frauenfrieden geben. Es darf nicht das Ziel sein, dass die Gesellschaft eine Gruppe Frauen für Männer zur Verfügung stellt, an denen all die Taten legal begangen werden dürfen, um auf diese Weise das Gros der übrigen Frauen zu schützen.

Es gehts um’s Ganze: Der Kampf um Rechte für Frauen muss ein Kampf mit Blick auf das große Ganze sein. Gewalt gegen Frauen ist kein „Ausrutscher“, sondern hat System. Frauen werden als Waren verdinglicht und entmenschlicht, sowohl in sexistischer Werbung, im Pornorap, aber auch gezielt in Porno und Prostitution. Diese überall sichtbare Entmenschlichung von Frauen schafft das gesellschaftliche Klima, in dem Sexismus und sexuelle Gewalt weiter gedeihen.  Wer gegen sexuelle Gewalt eintritt, darf davor nicht die Augen verschließen. Patriarchale Unterdrückung ist Realität und diese gilt es in all ihren Facetten zu enttarnen und zu überwinden.

„Niemand ist frei, während andere unterdrückt sind“: Der Kampf um die Rechte der Frauen muss das Gesamtwohl ALLER Frauen in den Fokus stellen. Es dürfen keine Ausnahmen gemacht werden, die einzig und allein männlicher Freiheit und Machtausübung dienen. Ein Kampf nur für individuelle Freiheiten der Privilegierten reicht nicht.

Konkret für die Themen Sexismus und (sexuelle) Gewalt gegen Frauen bedeutet das:

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